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Antike Stätten: Kybele-Kultstätte Neuss (Fossa Sanguinis)

Der Schutzpavillon am Gepaplatz

Der Schutzpavillon am Gepaplatz

Anschrift: 

Kybele-Kultstätte, Gepaplatz, 41468 Neuss-Gnadental.

Anfahrt:

Die Kultstätte befindet sich aus Schutzgründen in einem eigenen bungalowartigen Betongebäude am Ende des Gepaplatzes (Sackgasse in einem Wohngebiet).

Parkmöglichkeit besteht im Wendehammer der Sackgasse.

Weiterführende Informationen:

Hintergrund:

Die Grube

Die Grube

Der spätantike Keller wurde 1956 bei einer Notgrabung des Rheinischen Landesmuseums Bonn im Bereich des ehemaligen römischen Militärlagers in Novaesium (Neuss) entdeckt. Dabei handelte es sich um einen quadratischen Keller von 1,80 Meter Breite, dessen Wände aus älterem Baumaterial aus diversen anderen sakralen Orten gemauert wurden. Unter anderem fand man im Baumaterial Reste einer wiederverwerteten Jupitersäule sowie zwei Weihealtäre für unbekannte Gottheiten und einen Weihealtar für Jupiter optimus maximus.

Der merkwürdige Aufbau des Kellers, in den auf zwei Seiten jeweils einige Treppenstufen hinabführen wie in ein Becken, gab seinerzeit Anlaß zu der Vermutung, daß es sich um einen Taufkeller  („Blutgrube“) des Magna-Mater-Kultes (die römische Entsprechung der kleinasiatischen Kybele) gehandelt hatte. Der Boden bestand aus Stampflehm und war mit Dielen ausgelegt. Das Becken deutete man als Taurobolium, das für Bluttaufen innerhalb des Mysterienkultes verwendet wurde. Hierbei wurde der Aspirant (nach Prudentius) in die Grube gestellt, diese wurde dann mit Holzplanken bedeckt, in die Löcher gebohrt waren und dann wurde über ihm im Rahmen des Initiationsrituals ein Stier getötet, so daß er mit dessen Blut getränkt wurde. Ob die Kulthandlung der „Stierniederwerfung“ tatsächlich so durchgeführt wurde, wie von Prudentius beschrieben, ist mittlerweile umstritten; neuere Interpretationen anhand von Inschriften deuten die Handlungen als symbolisch im Rahmen der Kastration des Stieres.

Im Umfeld des Tempels wurden zwei tönerne Votivfiguren gefunden, sowie die Statue einer sitzenden Göttin. Ob es sich hierbei um Kybele handelt, ist unklar. Heute geht man eher davon aus, daß es sich um die lokale westgermanische Muttergöttin Sunuxal handelt, die am ganzen Niederrhein verehrt wurde.

Um die Grube herum führt ein Rundweg mit Infotafeln und Vitrinen

Um die Grube herum führt ein Rundweg mit Infotafeln und Vitrinen

Das verbaute Mauerwerk deutet darauf hin, daß der Keller um ca. 300 erbaut wurde. Anhand von zahlreichen Münzfunden weiß man außerdem, daß er um 346 n.Chr. wieder verfüllt wurde. Die Nutzung fiel in die Zeit massiver Frankeneinfälle am Niederrhein, die bereits zu einem dramatischen Niedergang der römischen Kultur, Technik und Wirtschaft in der Region geführt hatten.

Eine sakrale Nutzung wird auch von der neueren Forschung vermutet, jedoch gilt die ursprüngliche These, daß es sich um eine Fossa Sanguinis des Kybele-Kultes handelte, heute als fragwürdig. Es könnte sich auch um eine frühchristliche oder heidnische Anlage (zum Beispiel für Sunuxal oder Matronae) gehandelt haben. Für letzteres sprechen die eingemauerten Reste von Weihealtären und der Jupitersäule, die durchaus von Germanen verschleppt worden sein könnten.

Dennoch gilt dieser Bau als einzigartig; nirgendwo sonst im Römischen Reich wurde ein ähnliches Gebäude entdeckt. Der Kult der Kybele selbst ist auch für die Nordprovinzen nicht ungewöhnlich, da er mit Legionären in alle Teile des Reichs verbreitet wurde, wie auch zum Beispiel nach Mainz, wo sich ein großer Magna-Mater-Tempel befindet.

Zu weiterführenden Informationen bezüglich der welchselhaften Interpretationsgeschichte der Kultstätte empfehlen wir den fundierten Artikel „Kultkeller und Heiliger Bezirk“ des Archäologen Jürgen Franssen.

Erhaltungszustand:

In den Vitrinen sind Fundstücke aus der Umgebung ausgestellt (Repliken)

In den Vitrinen sind Fundstücke aus der Umgebung ausgestellt (Repliken)

Um die Ausgrabungsstelle zu schützen, errichtete das Clemens-Sels-Museum in Neuss einen Pavillon aus Beton als Schutzbau über der freigelegten Grube.

Darin wurde rund um die Grube ein Umgang angelegt, der es erlaubt, sie von allen Seiten zu betrachten (Betreten der Grube selbst ist aus konservatorischen Gründen nicht möglich). Außerdem befinden sich an den Wänden im Inneren des Pavillons zahlreiche gut aufbereitete Informationstafeln, die über den Kybele-Kult informieren, sowie über den Stand der Forschung bezüglich dieser Ausgrabungsstelle. Vitrinen zeigen außerdem einige Fundstücke aus der Region (als Repliken).

Die Erhaltung ist, dank des geschützten Ortes, sehr gut. Die Anlage wurde im Jahr 2001 nach einem Einbruch restauriert, bei dem Repliken aus den Vitrinen gestohlen wurden und zudem ein Teil des oberen Mauerrandes beschädigt worden war.

Im Außenbereich des Pavillons befindet sich zudem eine Jupitersäule.

Eintrittspreise, Zugänglichkeit und Führungen:

Jupitersäule vor dem Pavillon

Jupitersäule vor dem Pavillon

Der Eintritt ist frei.

Das Gebäude ist abgeschlossen, aber den Schlüssel kann man sich bei Familie Heischkamp, Gepaplatz 3, abholen und nach dem Ende der Besichtigung einfach wieder in ihren Briefkasten werfen. Eine vorherige telefonische Terminabsprache unter 02131-120669 oder 02131-101203 wird empfohlen, damit man nicht vor verschlossenen Türen steht. Ansonsten kann man sein Glück täglich (auch samstags und sonntags!) zwischen 10 und 18 Uhr versuchen.

Da das Gebäude zur archäologischen Abteilung des Clemens-Sels-Museums in Neuss gehört, können mit diesem auch archäologische Fachführungen vereinbart werden: Telefonisch unter 02131-904141 oder per E-Mail an: museum@stadt.neuss.de.

Da man sich alleine im Tempel befindet, ist Fotografieren kein Problem.


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