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Auf den Spuren von Sirona und Apollo-Grannus durch den Hunsrück
Heute möchten wir Euch auf einen Ausflug in den Hunsrück mitnehmen: Von der Ausoniusstraße zum Sirona- und Apollo-Grannus-Quellheiligtum von Hochscheid!
Einleitung: Antike Stätten?
Unser heutiger Reiseartikel fällt etwas aus dem Rahmen, denn es geht zwar um eines der wichtigsten und größten gallo-römischen Quellheiligtümer, aber einige Stationen auf unserer Reise fallen nur im weiteren Sinne unter die Kategorie „Antike Stätten„.
Daher stellte sich uns die Frage: wie gehen wir mit Orten um, die sich zwar auf eine antike Stätte beziehen (wie ein Pavillon im römischen Stil, in dem originalgetreue Repliken der Standbilder von Sirona und Apollo-Grannus aus dem Quellheiligtum bei Hochscheid stehen), die aber erst in der jüngeren Vergangenheit errichtet wurden?
Für den Cultor, das heißt, den heutigen Praktizierenden der Religio Romana, kann auch ein solcher Ort vom Numen der hier dargestellten Gottheiten erfüllt sein und als Tempel, Wegeschrein und Ort der Verehrung genutzt werden. Deswegen haben auch solche Orte für uns eine Berechtigung und gehören unserer Ansicht nach auch in die Auflistung „römischer Stätten“ auf unserer Website.
Gleichzeitig wollen wir bei unseren Ausflugszielen keine neue Kategorie einführen, auch, da die Grenzen nicht immer scharf zu ziehen sind, denn immerhin stehen die von uns bereisten Sirona- und Apollo-Grannus-Schreine in der unmittelbaren Umgebung des einstigen Quellheiligtums und erfahren heute durch Einheimische Pflege und Wertschätzung, dienen gleichzeitig dazu, die Erinnerung an eine so wichtige Pilgerstätte des 2. und 3. Jahrhunderts n. Chr. wachzuhalten und archäologisch interessierten Besuchern Informationen zu vermitteln.
Insofern macht es eigentlich keinen Unterschied, ob sich (wie z.B. im Matronentempel in Nettersheim) originalgetreu replizierte Weihesteine an der originalen Stelle direkt neben den Fundamenten des alten Umgangstempels befinden, oder ob originalgetreu replizierte Statuen aus der Cella eines leider nicht mehr erhaltenen Heiligtums so nah wie möglich an die Originalstelle gebracht wurden, um dort die Bedeutung dieses Ortes zu würdigen. Die ganze, über 1000-jährige römische Geschichte hindurch wurden ständig neue Tempel und Orte für Götter errichtet, und auch heute laden wir wie damals die verschiedenen Gottheiten und anderen Wesen, wie Laren, Genius oder Juno, ein, in unserem heimischen Lararium Platz zu nehmen.
Wenn heute also neue Heiligtümer errichtet werden, selbst wenn sie eher der touristisch-archäologischen Wissensvermittlung dienen, als religiösen Zwecken, gibt es keinen Grund dafür, diese als „modern“ abzulehnen, das wäre eine absolut unrömische Haltung – wenn die Götter Gefallen daran finden und regelmäßig dort Wertschätzung erfahren (selbst durch christliche Einheimische, die Blumen vor ihre Statuen stellen), dann akzeptieren sie diesen Ort wie jeden anderen Tempel, Wegeschrein oder Hausschrein, der für sie errichtet wird. Und Sirona wird im Hunsrück tatsächlich noch heute sehr geehrt und ihre Pavillons werden nicht nur von römischen Heiden, sondern auch von Heiden anderer Richtungen besucht (z.B. von Celtoi, keltischen Rekonstruktionisten (CR) aber auch von Vertretern eines allgemeinen Neopaganismus verschiedenster Richtungen, wie z.B modernen Hexen, Vertretern der sog. Göttinnen-Spiritualität etc.).
Deswegen soll dieser Reisebericht ein Kompromiss sein: Er ist zwar in der Kategorie „Antike Stätten“ gelistet, folgt in seinem Aufbau aber nicht dem üblichen Schema. Stattdessen möchten wir Euch heute eine kleine Reiseroute vorschlagen, auf der Ihr selbst auf den Spuren der gallo-römischen Heilgötter Sirona und Apollo-Grannus wandeln könnt und auch Gelegenheit habt, Euch mit Anliegen an diese beiden Gottheiten zu wenden und ihnen Opfergaben darzubringen – etwas, was die Menschen, die vor uns in dieser Region unterwegs waren resp. hier lebten, seit alters her getan haben.
Als Bonus streift unsere Route auch einige „echte“ antike Stätten in situ und zwei Archäologische Parks. Dabei schlagen wir einen weiten Bogen von der vor-römischen, keltischen Vergangenheit des vom Stamme der Treveri bewohnten Teil Ostgalliens bis in die römische Spätantike.
Übersicht über unsere Reiseroute auf google Maps
Die Reise ist mit dem Auto an einem Tag gut und ohne Hektik zu bewältigen. Wer die Stätten zu Fuß erwandern will, zum Beispiel über den hier verlaufenden „Sirona-Weg“, sollte zwei Tage einplanen.
Hintergrundinformation: Das Quellheiligtum von Hochscheid
Bevor wir mit unserer Reisebeschreibung beginnen, ein paar Worte, um die Bedeutung des gallo-römischen Quellheiligtums von Hochscheid darzustellen.
Hochscheid liegt im Hunsrück am Fuße des 745 Meter hohen Idarkopfes im Landkreis Bernkastel-Wittlich in Rheinland-Pfalz. Ganz in der Nähe verläuft die Hunsrückhöhenstraße, eine Bundesstraße, die hier noch heute der alten römischen Fernstraße zwischen Trier (Augusta Treverorum) und Bingen (Bingium) folgt. Die zweispurig ausgebaute „Ausoniusstraße“ aus römischer Zeit war eine wichtige Schnellreiseroute, die die zweitgrößte Stadt des Reichs – Trier – mit dem Rhein verband und dadurch in der Verlängerung über Bingen bis nach Mainz reichte, das als Mogontiacum eine wichtige Provinzhauptstadt am Rhein war.
Ein wichtiger Handelsknotenpunkt auf dieser Schnellstraße durch den Hunsrück war die Siedlung vicus Belginum, die ein Zentrum des Fernhandels auf dieser West-Ost-Achse war, durch den Waren aus dem Mittelmeerraum und dem westlichen Gallien bis hoch in den Norden transportiert wurden, wie Olivenöl aus Spanien und Afrika. Gleichzeitig gelangten über Händler regionale Produkte und hier anstehende Rohstoffe wie der hochwertige Hunsrück-Schiefer und Metalle in den Süden und Westen des Reichs.
Der vicus Belginum zeichnete sich durch reges Markttreiben, Handel, Pferdewechselstationen, Herbergen und Tavernen aus – sprich, er bot alles, was ein Fernreisender benötigte. Daneben gab es hier einen großen Tempelkomplex mit Kulttheater und mehreren Umgangstempeln, in denen unter anderem die gallo-römische Göttin Epona verehrt wurde, die Schutz auf Reisen gewährte, aber auch eine Patronin aller war, die mit Pferden zu tun hatten. Sie war eine der wichtigsten Gottheiten der hier lebenden Treverer.
Daneben gab es in Belginum alle Arten von Handwerkern, die an einer solchen Fernstraße ein Geschäft machen konnten: Sattler, Wagen- und Radmacher, Schmiede.
In etwa 5 km Entfernung dieses vicus befand sich das Quellheiligtum beim heutigen Ort Hochscheid. Es war ein überregional bedeutsames Pilgerheiligtum, zu dem man oft von weither pilgerte, um Heilung von Krankheiten zu erbitten.

Überblick über die Gebäude des Quellheiligtums von Hochscheid (aus: Cüppers, die Römer in Rheinland-Pfalz)
In ihm wurde das keltische Götterpaar Sirona und Grannus – zwei Heilgötter – in ihrer gallo-römischen Form als Sirona und Apollo-Grannus verehrt, wie durch Weiheinschriften, aber auch gut erhaltene Statuen und Figuren einwandfrei belegt ist. Diesen Ort kann man sich wie ein Kur- oder Heilbad vorstellen: es gab Umgangstempel, Heilquellen, Pilgerherbergen, Priesterwohnungen und Wandelgänge. Beheizbare Becken erlaubten es, Heilbäder zu nehmen, aber auch Trinkkuren wurden durchgeführt. War eine Heilung erfolgreich oder wurde ein Anliegen erhört, pilgerte man erneut dorthin, um sein gegebenes Versprechen einzulösen, das zum Beispiel in der Stiftung einer Weihetafel bestand, oder darin, eine unbenutzte Münze zu opfern oder in der Opferung kleiner Terrakottefiguren, Schmuck oder anderer Weihegaben. Die Größe und Art der „Bezahlung“ für die geleistete Hilfe richtete sich nach den finanziellen Mitteln der Hilfesuchenden und dem kulturellen Kontext.
Denn der Tempelkomplex wurde sowohl von einheimischen Kelten aus dem ganzen Hunsrück, Eifel- und Moselraum aufgesucht, die den Ort wahrscheinlich schon in vorrömischer Zeit als Quellheiligtum nutzten (daher auch die dort verehrten lokalen, keltischen Gottheiten und keine römischen Äquivalente wie Aesculapius oder Hygieia), als auch von zugezogenen oder durchreisenden Römern oder Besuchern aus anderen Teilen des Reichs.
Beide Heilgötter spielten in der gallo-römischen Mischform der hier praktizierten Religion eine große Rolle; überall in der Region, in Hunsrück, Eifel- und Moselraum, finden sich Quellheiligtümer und Widmungen für Sirona alleine oder in Kombination mit Apollo-Grannus.
Der Tempel im Quellheiligtum war ein Umgangstempel, wie er typisch für den gallo-römischen Kulturraum ist (südlich der Alpen ist diese Form nicht üblich, es gibt ihn nur nördlich der Alpen bis hoch nach Britannien). Er trägt den speziellen keltischen Kultbedürfnissen Rechnung, indem die Gottheit in einer zentralen Cella verortet wird (dargestellt durch ein oft überlebensgroßes Standbild), die von Gläubigen nicht betreten wird. Um die Cella herum gibt es einen überdachten Säulengang (als offener Portikus) oder einen geschlossenen Umgang. In diesem wird von den Gläubigen die Cella umrundet oder umschritten, woher auch die Bezeichnung „Umgangstempel“ stammt.
Dieser Umgangstempel war nach römischem Geschmack weiß verputzt und wahrscheinlich mit dem örtlichen Schiefer gedeckt, wie die meisten Gebäude in dieser Region.
Das Quellheiligtum wurde im Jahr 1939 bei der Erschließung von Quellen für die örtliche Wasserversorgung entdeckt. Es lag in 645 Metern Höhe. Das Zentrum bildete der quadratische Umgangstempel, in dessen Cella sich eine gemauerte Vertiefung aus Sandstein- und Quarzitblöcken fand, aus der eine Quelle des hier fließenden Koppelbachs trat. Im Gegensatz zu sonstigen Umgangstempeln, war das Betreten der Cella hier nicht nur erlaubt, sondern sogar zum Schöpfen des Wassers erforderlich. Im Brunnen wurden zahlreiche Becherscherben und Scherben anderer Trinkgefäße gefunden.
Ab 1962 wurde die Stätte durch das Landesmuseum Trier archäologisch genauer untersucht. Hierbei kamen die wahren Dimensionen des Tempelkomplexes zum Vorschein: eine Pilgerstätte mit angeschlossenem Kur- und Heilbad. Durch die unmittelbare Nähe zum vicus Belginum geht man davon aus, daß dieses Heilbad als Kultstätte zum Ort gehörte.
Das große Badehaus verfügte über Kaltbad, Laubad, Heißbad, Fußwaschbecken, Ankleideräume, einen großen offenen Raum nach Südwesten, Heizräume und mehrere Räume für das Personal.
Für den Cultor interessant sind vor allem die Gottheiten, die in diesem Heilbad angerufen und verehrt wurden. Hauptgötter waren, wie bereits beschrieben, Sirona und Apollo-Grannus. Von beiden wurden sehr gut erhaltene, lebensgroße Statuen aus gelbem Sandstein im Tempel gefunden, deren Attribute eindeutig zuzuordnen sind (die Originale befinden sich heute im Landesmuseum Trier): Sirona trägt ihr Sterndiadem, ein langes Gewand, um ihren Arm schlägelt sich eine Schlange, deren Kopf in einer Schale in ihrer Hand endet, in der sich drei Eier befinden – eine typische Darstellung. Apollo-Grannus ist auf klassisch-römische Art als nackter Jüngling dargestellt, der sich auf eine Kithara stützt, das ihm zugeordnete Musikinstrument, und neben ihm liegt ein Greif. Ihre Namen sind zudem durch Weihealtäre und Inschriften belegt, die Pilger im Tempel hinterlassen haben.
Ein Altar, der vom freigelassenen Sklaven Tiberius Claudius Reburrus gestiftet wurde, ist Apollo geweiht. Ein zweiter Altar enthält eine Weiheinschrift für Apollo-Grannus und „Sancta Sirona“.
Neben diesen beiden Hauptgottheiten wurden etwa 30 kleine Terrakotten als Opfergaben gefunden. Hierbei waren folgende zweifelsfrei bestimmbar (die anderen waren so bruchstückhaft, daß eine Zuordnung nicht vorgenommen werden konnte): Merkur, Apollo mit Kithara, Silvanus mit Hiebmesser an einem Baum, Minerva, Diana, Venus, Fortuna mit Füllhorn, mehrere sitzende Muttergottheiten oder Matronen mit auffälligem Kopfschmuck, die auf ihrem Schoß Tiere oder kleine Kinder halten.
Das Wasser schöpften die Pilger mit Glasflaschen oder Tongefäßen; zu den bemerkenswertesten Funden gehört die Unterseite einer Glasflasche, in die ein kleiner Merkur geprägt ist.
Vor dem Tempel stand ein Altar aus Sandstein, der – wie die anderen Steine des Tempels – aus dem in der Region anstehenden Sandstein der Tholeyer Schichten (Unterrotliegendes) stammt. Altäre standen immer außerhalb des Tempels vor der Cella, so daß jeder sie für seine Kulthandlungen nutzen konnte, denn Religion und damit verbundene kultische Handlungen waren in der römischen Kultur eine öffentliche Angelegenheit für jeden und wurden – von Mysterienkulten einmal abgesehen – nicht versteckt oder im Geheimen fernab der Augen anderer praktiziert – was im Übrigen auch der Grund dafür war, das die neuen Mysterienkulte vom römischen Staat und von den Vertretern der angestammten römischen Religion oft beargwöhnt wurden.
Die erste Fassung der Quelle wurde auf die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. datiert, als auch die erste Herberge errichtet wurde. Weitere Umbauten und Erweiterungen der Anlage erfolgten im 2. Jahrhundert, hier unter anderem erwähnenswert die Erbauung des großen Heilbades. Auch an der in Fachwerktechnik gebauten Herberge wurden in dieser Zeit großangelegte Erweiterungen vorgenommen, an denen abzulesen ist, daß die Pilgerströme nicht mehr von die bisherigen Unterkünfte aufgenommen werden konnten. Die Wände der Herberge waren bemalt und es gab Holzfußböden. Auch bezeugten die Ausgrabungen verschiedene Qualitätsstufen der Gästezimmer – gefunden wurden einfache Sammelräume bis hin zu Luxuszimmern, so daß Pilger aller Gesellschaftsschichten entsprechend ihrem Stand und ihrem Geldbeutel übernachten konnten.
Die Blüte des Quellheiligtums von Hochscheid lag im 2. Jahrhundert n. Chr.. Im Laufe des 3. Jahrhunderts zeigten sich erste Verfallserscheinungen, die einerseits auf das harsche Klima im Hunsrück zurückzuführen sind – der 645 Meter hoch gelegene Tempel im Idarwald war im Winter oft durch Schnee von der Außenwelt abgeschnitten. Andererseits bedingt durch die ab dem 3. Jahrhundert einsetzenden Germaneneinfälle, als etwa die Alamannen die Region heimsuchten, was dazu führte, daß die Bevölkerung abwanderte. Es gab zahlreiche sicherere und besser zu erreichende Quellheiligtümer in der Region (zum Beispiel die Bäder von Aachen, Aquae Granni, oder die Thermalquellen von Bad Bentrich – Bentriacum). Auch das nahe Belginum wurde durch Germaneneinfälle gebeutelt. Nach dem 3. Jahrhundert geriet das Heiligtum in Vergessenheit und wurde offenbar nicht mehr aufgesucht.
Der Tempelkomplex verfiel, wurde aber nie von Germanen verwüstet, weil er wahrscheinlich zu abgelegen lag. Eine mutwillige Zerstörung der Anlage fand erst später statt, wahrscheinlich im Zuge der Christianisierung, indem Statuen zerstört und die Quelle verstopft und damit zum Überlaufen gebracht wurde. Das ganze Gebiet wurde überflutet, so daß sich über dem Tempel ein Hochmoor bildete. Diesem haben wir es allerdings zu verdanken, daß die Statuen bei ihrer Entdeckung in einem so guten Erhaltungszustand waren.
Heute ist vom Tempelkomplex nichts mehr zu sehen, da das ganze Gelände nach dem Abschluß der Grabungen und Untersuchungen wieder zugeschüttet wurde, um die Fundamente zu konservieren und vor Witterung zu schützen. Es gibt keine Beschilderung oder Beschriftung, so daß der Ort heute im Gelände nicht mehr erkennbar ist.
Auf den Spuren von Sirona und Apollo-Grannus rund um Hochscheid
Wer heute die Gegend des ehemaligen Quellheiligtums besucht, sollte mit der Reise im Archäologiepark Belginum beginnen. Hier gibt es gute Hintergrundinformationen zur Bedeutung der Region, die schon in keltischer Zeit ein wichtiger Verkehrsweg und Handelszentrum war. Ein Highlight ist hier das fast 800 Jahre lang kontinuierlich genutzte keltische und römische Gräberfeld vor Belginum, das mit seinen über 2500 Gräbern den Wandel der Bestattungsbräuche von der keltischen zur gallo-römischen Epoche zeigt. Insbesondere die alten keltischen Hügelgräber sind sehenswert.
Eine ausführliche Beschreibung des Archäologieparks Belginum mit praktischen Tipps zur Anreise findet Ihr in unserem Belginum-Artikel!
Nach einem Besuch von Belginum empfiehlt sich die Weiterfahrt zum 5 km entfernten Dorf Hochscheid. Hierzu muß man nur der Hunsrückhöhenstraße weiter folgen, Hochscheid ist der nächste Ort.
Hochscheid
In Hochscheid gibt es in der Ortsmitte eine lebensgroße, detaillierte Replik der im Quellheiligtum gefundenen Statue der Sirona. Sie steht an der Kreuzung der Hauptstraße mit der Römerstraße, in der Nähe der Bushaltestelle und schräg gegenüber der Gaststätte „Römerstube“ (ja, man pflegt sein römisches Erbe im Hunsrück 😉 ). Parken ist am Wegesrand möglich, hier ist nicht sonderlich viel Verkehr.
Die Statue steht in einem Holzunterstand, wo sie vor Regen geschützt ist. Darin hängt auch eine kleine Informationstafel, die leider sehr verwittert ist und eine Generalüberholung vertragen könnte. Sie ist eine verkleinerte Kopie der Informationstafel zum Quellheiligtum Hochscheid des Fernwanderwegs „Sirona-Weg“, die in der Umgebung aber noch mehrere Male zu finden ist.

Das Wappen von Hochscheid bezieht sich auf das Quellheiligtum: Kithara und Lorbeer des Apollo über dem Wasser der Quelle
Uns gefiel gut, daß die gepflegte und schön inszenierte Statue hier im Dorf offenbar Respekt genießt. Eine Pflanzschale mit frischen, leuchtenden Blumen steht neben der Göttin, so daß man sieht, daß das Dorf sein römisches Erbe pflegt. Das Wappen des Dorfes zeigt die Attribute des Apollo-Grannus, die Kithara und Lorbeer, darunter das Wasser der Quelle.
Nach dem Besuch der Sirona im Inneren des Ortes folgt man der Hauptstraße weiter nach Süden aus dem Ort hinaus, in Richtung Stipshausen. Die Straße schlägelt sich etwa 8 Kilometer durch den dichten Hunsrückwald.
Sirona-Hütte an der Landstraße nach Stipshausen
Hier, an der Landstraße, etwa auf halber Strecke zwischen beiden Dörfern, befindet sich die sogenannte „Sirona-Hütte„. Ab dem Ortsausgang Hochscheid sollte man seine Augen offenhalten und den Waldrand auf der linken Seite beobachten. Immer wieder zweigen Forstwege und Wanderwege ab, von denen man sich nicht beirren lassen darf. Es empfiehlt sich, nicht mit Vollgas über diese Straße zu brettern, da man das nächste Ziel auf der Reise sonst leicht übersieht, da es etwas versteckt liegt. Langsames Fahren ist aber auch kein Problem, wir waren die einzigen Autofahrer weit und breit auf dieser entlegenen Landstraße.
Antike Stätten: Quellheiligtum mit Sauer- und Schwefelquelle bei Heckenmünster
Anschrift:
Das Quellheiligtum liegt mitten im Wald. Keine postalische Anschrift.
Angabe für das Navigationsgerät: Viktoriaweg, 54518 Heckenmünster
Anfahrt:
Das gallo-römische Quellheiligtum befindet sich auf einem Hügel im Meulenwald in der Vulkaneifel, 2,2 km vom Dorf Heckenmünster entfernt.
Wir empfehlen die Anreise nach Heckenmünster mit dem Auto, da das 120-Einwohner-Dorf in einem abgelegenen Tal im Meulenwald liegt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur umständlich zu erreichen ist.
Wer auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist, kann mit der Bahn bis Bahnhof Sehlem fahren. Dieser wird von Regionalbahnen aus Wittlich, Koblenz, Trier, Luxembourg und Perl angefahren. Von dort aus fährt die Buslinie 212 nach Heckenmünster, diese Strecke wird allerdings nur einmal am Tag bedient, so daß man seinen Besuch zeitlich sehr gut planen muß.
Alternativ kann man direkt vom Bahnhof Sehlem zur Quelle wandern, die Entfernung beträgt ca. 4,5 km.
Eine andere Alternative ist es, von Wittlich Hauptbahnhof den Bus 325 nach Dierscheid zu nehmen; dieser verkehrt 6x täglich werktags und 2x samstags. Von Dierscheid aus führt der „Karl-Kaufmann-Weg“ zum Quellheiligtum. Die Entfernung beträgt etwa 2,7 km.
Wir beschreiben den Weg vom Ausgangspunkt Heckenmünster, von wo aus der Tempelbezirk über einen Wanderweg (Quellenweg) erwandert werden kann. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten:
Ausgangspunkt sollte jeweils die „Straßen der Römer“-Informationstafel an der Hauptstraße des Dorfes („Am Bendersbach“) sein. Dort befindet sich ein 2006 errichteter, auffälliger Brunnen und eine Tafel, die über die Hintergründe des Quellenlandes rund um Heckenmünster informiert und den 7,5 km langen Rundwanderweg „Quellenweg“ zum römischen Quellheiligtum beschreibt.
Steht man vor dem Brunnen, so befindet sich etwa 100 Meter links davon ein gut beschrifteter Aufstieg für Wanderer mit dem Wegweiser „Viktoriaquelle 2,2 km“. Der Weg ist durchgängig gut mit modernen Wegweisern ausgeschildet, die an jeder Abzweigung zu finden sind und (wie bei Eifelsteig, Ahrsteig oder Traumpfaden) immer auch die Entfernung in Kilometern angeben.
Wer es nicht ganz so sportlich mag oder weniger Zeit hat, sollte vom Brunnen aus nach rechts der Straße folgen. Nach einigen hundert Metern zweigt scharf links die Viktoriastraße ab, die direkt in den Wald führt. Der schmale Waldweg ist zwar mit einem „Durchfahrt verboten, Anlieger frei“-Schild gekennzeichnet, ist aber durchweg asphaltiert und kann mit einem normalen PKW befahren werden. Man folgt der Straße den Berg hinauf (hierbei auf Wanderer und Spaziergänger achten, die im Meulenwald unterwegs sind), bis man nach einer Weile einen mit einem blauen P-Schild gekennzeichneten Wanderparkplatz erreicht. Hier kann man das Auto abstellen. Ein moderner Wegweiser weist hier in den Wald hinein zur „Viktoriaquelle 1 km“. Auch markieren weiße „Q“-Schilder an den Bäumen den Rundwanderweg, so daß die Quelle nicht zu verfehlen ist.
Vom Parkplatz aus muß zu Fuß gegangen werden. Der Waldweg ist jedoch nicht sonderlich anspruchsvoll, es gibt keine Steigungen oder starkes Gefälle und der Weg ist breit und gut begehbar. Festes Schuhwerk wird empfohlen, jedoch ist keine spezielle Wanderausrüstung erforderlich.
Der Weg führt nach wenigen Metern an einer Schutzhütte vorbei und schlängelt sich von dort auf einen breiten Hauptwanderweg. Auf diesem Teilstück ist im Sommer, vor allem nach ausgiebigem Regen, ein intensives Fliegenaufkommen zu bemerken, die den Wanderer dicht umschwirren, so daß wir empfehlen, sich zum Wedeln einen Zweig oder ähnliches mitzunehmen, da die Fliegen nach einigen hundert Metern penetrant werden können.
Die „Viktoriaquelle“, der eisenhaltige Sauerbrunnen des römischen Quellheiligtums, liegt auf der rechten Seite und ist durch seine Schutzhütte sowie den Schutzbau des Brunnens gut zu erkennen.
Um zur ebenfalls zum Tempelkomplex gehörenden Schwefelquelle zu gelangen, folgt man dem Hauptweg weiter bis zur nächsten Kreuzung, wo ein Holzschild „Schwefelquelle“ nach rechts zeigt. Der Fußweg dauert nur wenige Minuten, der Brunnen liegt auf der linken Seite und ist, je nach Wetterlage, schon aus einiger Entfernung zu riechen. Auch wird von toten Tieren berichtet, die gelegentlich in seinem Umfeld liegen, da die Schwefelgase auch aus dem Waldboden um die Quelle herum austreten.
Hintergrundinformationen:
Die „Viktoriaquelle“ (deren Name erst 100 Jahre alt ist und nichts mit der römischen Göttin Victoria zu tun hat) und die Schwefelquelle „Wallenborn“ liegen auf dem Gelände eines großen gallo-römischen Quellheiligtums.

Das Wasser des Sauerbrunnens kann direkt mit der Hand geschöpft oder in eine Flasche abgefüllt werden
Das Quellheiligtum wurde bereits in vorrömischer Zeit von den einheimischen Kelten (in diesem Gebiet der gallische Stamm der Treverer) genutzt und in römischer Zeit zu einer großen Pilgerstätte ausgebaut. Die Quellen waren auffällig, weil immer wieder tote Tiere im Wald gefunden wurden und Schwefelgeruch in der Luft lag.
Es handelt es sich bei beiden Quellen um Mofetten, bei denen durch eine darunterliegende Magmakammer CO2-Gase an die Oberfläche treten und in den Brunnen ein intensives, weithin hörbares Blubbern und sichtbares Blasenschlagen verursachen.
Der Quellreichtum der Gegend, in der es noch einige weitere Quellen gibt, ist darin begründet, daß sie sich auf einer geologischen Verwerfung oder Bruchkante in der Wittlicher Senke befindet, so daß hier das Gestein um 900 Meter abgeschoben wurde. Dadurch kann die im Untergrund liegende Magmenkammer unter der Vulkaneifel Kohlendioxid durch Gesteinsklüfte an die Oberfläche steigen lassen, wo das Gas auf das Grundwasser trifft und die typischen, blubbernden Mofetten bildet. Heute werden die Quellen unter anderem von der Universität Potsdam regelmäßig untersucht, um daraus Rückschlüsse auf die immer noch vorhandene Vulkanaktivität der Vulkaneifel zu ziehen.
Der Tempelkomplex war 78 x 36 Meter groß und mit einer Mauer umfasst. Die Viktoriaquelle, ein gut schmeckender Sauerbrunnen, befand sich im Zentrum der Anlage, während die Schwefelquelle in ein Nebengebäude eingebettet wurde. Es gab drei Tempel, wobei es sich bei zweien um typisch gallo-römische Umgangstempel handelte. Der dritte Tempel war ein offener Achteckbau in der Nähe der Schwefelquelle, eine Bauform, die nördlich der Alpen selten vorkommt.
Den Tempeln vorgelagert waren zwei 30 x 20 und 30 x 5 Meter große Herbergen und Pilgerunterkünfte. Außerdem gab es hier, wie auch beim Sirona- und Apollo-Grannus-Quellheiligtum bei Hochscheid im Hunsrück, ein halbkreisförmiges Kulttheater mit Bühnenhaus.
Daß die Quellen nicht nur der Trinkkur dienten, sondern hier auch Heilbäder durchgeführt wurden, zeigen die großen, mit Hypokausten beheizbaren Becken, die auf dem Gelände gefunden wurden. Hier gab es ebenfalls, wie man es auch vom Lenus-Mars-Heiligtum auf dem Martberg kennt, ein langgezogenes Gebäude mit einem Wandelgang.
Die gut ausgebaute, 2,75m breite Straße zwischen den Pilgerherbergen und den Quellen im Inneren des Tempels ist vollständig erhalten und legt die Vermutung nahe, daß Kranke hier liegend bis zur Quelle oder zum Bad transportiert werden konnten.
Der Sauerbrunnen war in ein offenes, auf Säulen stehenden Gebäude aus einheimischem Buntsandstein eingefasst, dessen Dach mit Schieferplatten gedeckt war.
Der römische Tempelkomplex war vom 1. bis zur zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. ein bedeutsames Quellheiligtum, was anhand von Münzfunden eindeutig nachgewiesen werden konnte. Die römischen Gebäude sind durch dendrochonologische Untersuchungen einer hölzernen Wasserrinne auf das Errichtungsjahr 129 n. Chr. datiert.
Es wird angenommen, daß vor allem Bewohner des Eifel- und Moselraumes hierher pilgerten, die aus romanisierten Treverern und zugereisten Römern bestanden. Die Reisezeit aus dem nahegelegenen Trier – Augusta Treverorum, zweitgrößte Stadt des Römischen Reichs -, dauerte einen Tag.
Zu den Funden gehörten neben Scherben und Terrakotta-Figuren einer weiblichen Gottheit auch mehrere unbearbeitete Bergkristalle.
Welchen Gottheiten dieses Quellheiligtum genau geweiht war, ist nicht bekannt, da – anders als in Hochscheid – keine Statuen, Standbilder oder Weiheinschriften gefunden wurden, die einen Namen nennen oder anhand ihrer Attribute eindeutig zuzuordnen sind. Daß es sich bei den hier verehrten Quellgöttern um die von den Treverern hauptsächlich in Quellheiligtümern verehrten Sirona und Grannus handelte, ist möglich, da es sich bei diesem Götterpaar – neben Lenus-Mars – um die wichtigsten Heilgötter handelte und sie stets in Verbindung mit Quellen und Bädern erscheinen, aber es ist nicht archäologisch belegbar und bleibt deshalb spekulativ, auch wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit gegeben ist.
Archäologische Belege für eine keltische Nutzung dieser Quellen in vorrömischer Zeit wurden nicht gefunden, eine solche Nutzung wird jedoch in der Forschung wegen des ungewöhnlichen Ortes für wahrscheinlich gehalten, zumal einheimische Kelten den Ort auch nach der Errichtung der römischen Gebäude weiter nutzten.
Das Heiligtum wurde im Rahmen der Germaneneinfälle um 275 n. Chr. aufgegeben. Nach Zerstörungen wurde der Komplex nicht mehr aufgebaut und die Nutzung des Ortes als Heilbad nicht fortgesetzt, auch, weil die Bevölkerung in diesem unruhigen Gebiet danach stark zurückging. Wahrscheinlich liefen „sicherere“ Bäder und luxuriöse Kurbetriebe der Spätantike, wie Aachen (Aquae Granni), Hochscheid oder die heißen Quellen von Bad Bertrich (Bertriacum), diesem weiter östlich gelegenen Heiligtum mit der Zeit den Rang ab.
Der Ort wurde jedoch auch nach dieser Zeit bis Mitte des 4. Jahrhunderts von einzelnen Besuchern und Pilgern aufgesucht, was unter anderem durch Münzfunde aus der Zeit Konstantins des Großen, nachgewiesen wurde.
Die Schwefelquelle wurde urkundlich erstmalig 1415 als „Wallenburren“ erwähnt: „Item eyn velt by dem Wallenburren uff deme reine gelegen“.
Das Wasser wurde auch in der Neuzeit und wird bis heute von Einheimischen genutzt. Die Quellen gelten in der Volksüberlieferung als heilsam gegen Hautkrankheiten, Kinderkrankheiten und Magenbeschwerden und dienen auch zur Behandlung von krankem Vieh und bei Wurmbefall. Ein bekanntes einheimisches Rezept beinhaltet die Verwendung des kohlensäurehaltigen Wassers zur Herstellung von besonders luftigen Buchweizenpfannkuchen, den sogenannten „Heddelichkuchen“.
Die ersten Ausgrabungen an der Quelle fanden im 1887 durch das Museum Trier statt, wobei römische Mauerreste zum Vorschein kamen. Durch die Nähe der bereits bekannten Quellen wurde schon damals ein römisches Quellheiligtum vermutet.
Das Wasser des schmackhaften, kohlensäurereichen Sauerbrunnens wurde von 1880 bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Steinflaschen abgefüllt und als „Viktoriaquelle Hetzerath“ verkauft. Das Wasser, von dem jährlich 50.000 Flaschen abgefüllt wurden, wurde bis in die USA exportiert. Die kommerzielle Wassergewinnung wurde aufgrund von Mißwirtschaft des Unternehmens jedoch eingestellt.
Im Jahr 1966 wurde die Stätte im Rahmen von großangelegten Rodungsarbeiten im umgebenden Wald erstmalig archäologisch untersucht und aufgenommen. Die Grabungen wurden vom Landesmuseum Trier unter der Leitung von Dr. Wolfgang Binsfeld durchgeführt. In Trier befindet sich heute auch ein Modell mit einer Rekonstruktion des Tempelkomplexes.
Um die Stätte zu konservieren, wurde der Tempelkomplex nach Abschluß der Grabungen wieder zugeschüttet.
Wie auf der Infotafel an der Viktoriaquelle zu lesen ist, plante die Gemeinde, den Tempelkomplex im Jahr 2008 wieder freizulegen und die Grundmauern aufzumauern, um das Heiligtum der Öffentlichkeit nahezubringen und als touristische Attraktion in das beliebte Feriengebiet in der Vulkaneifel zu integrieren. Dazu sollte auch ein mit Informationstafeln versehener Quellenrundweg errichtet werden. Die Genehmigungen hierfür waren bereits erteilt und die Gelder – 75.000 Euro – durch Finanzierungszusagen der Verbandsgemeinde Wittlich-Land gesichert. Dieses Projekt scheiterte jedoch daran, daß sich die Tempelanlage nicht auf öffentlichem Grund befindet, sondern der Wald in privater Hand eines Unternehmers aus Idar-Oberstein ist. Dieser verlangte – als Entschädigung für vermutete Jagdausfälle durch die angezogenen Besucher – eine jährliche vierstellige Entschädigungszahlung, einen Betrag, den die Gemeinde nicht aufbringen konnte.
Bis heute befindet sich das Quellheiligtum deswegen begraben im Wald zwischen den beiden Quellen; lediglich die Quellen, die in Schutzbauten bzw. Brunnen aufgemauert sind, sind für die Öffentlichkeit zugänglich.
Weiterführende Informationen:
- „Römisches Quellheiligtum freigelegt„: Artikel aus dem Trierer Volksfreund zur ersten Grabung 1966
- Bilder des rekonstruierten Quellheiligtums im Landesmuseum Trier auf der offiziellen Website von Heckenmünster
Beschreibung:
Nach der 1 km langen Wanderung erreicht man zuerst die Viktoriaquelle, den Sauerbrunnen. Schon aus einiger Entfernung hört man ein lautes Blubbern.
Der Sauerbrunnen befindet sich auf einem kleinen Platz neben einer hölzernen Schutzhütte, einer Infotafel und einer Holzbank mit Tisch, die Wanderer zum Verweilen einlädt.
Antike Stätten: Viergötterstein in Hottenbach
Anschrift:
Evangelische Kirche Hottenbach, Hauptstr. 14a, 55758 Hottenbach
Anfahrt:
Der Viergötterstein befindet sich im gotischen Chorraum der evangelischen Kirche von Hottenbach.
Das Dorf liegt im Hunsrück am Rande des Idarwaldes, etwa 13 km vom Archäologiepark Belginum entfernt. Bis Belginum folgt man der Hunsrückhöhenstraße, die in ihrem Verlauf immer noch der alten römischen Ausoniusstraße entspricht. Von dort aus führt die Landstraße 162 nach Hottenbach.
Wir empfehlen dem motorisierten gallo-römisch interessierten Touristen jedoch eine alternative Route: von Belginum aus erst über Hochscheid und Stipshausen (wo sich drei interessante Stätten für Sirona und Apollo-Grannus befinden) und von dort über weiter nach Hottenbach, da die Orte an einer anderen, kleinen Landstraße direkt aufeinanderfolgen.
Parkmöglichkeiten bestehen, da es sich um ein kleines Dorf handelt, überall an den Dorfstraßen im Umfeld der Kirche.
Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist etwas umständlich. Der nächste Bahnhof befindet sich in Idar-Oberstein. Von dort aus fährt die Buslinie 351 (von Idar-Oberstein über Rhaunen nach Flughafen-Hahn), die auch sporadisch an der Kirche in Hottenbach hält. Innerhalb der Woche kommt man zumindest vormittags noch alle paar Stunden hin und weg, Samstags fahren drei Busse bis zum frühen Nachmittag und Sonntags verkehrt der Bus gar nicht. Die Anreise muß also sehr genau im Vorfeld geplant werden, wenn man nicht in dieser entlegenen Region im Hunsrück stranden möchte.
Ambitionierten Wanderfreunden empfehlen wir den „Sirona-Weg„, ein 106 km langer Fernwanderweg, von dem ein Teilabschnitt zwischen Belginum, Hottenbach und Bundenbach verläuft. Der Viergötterstein ist eine Station auf dem Weg, neben den Sirona-Pavillons in Hochscheid und Stipshausen, dem Archäologiepark Belginum und der rekonstruierten keltischen Höhensiedlung bei Bundenbach. Der Sirona-Weg befindet sich lt. Angaben der Verbandsgemeinde zur Zeit in Überarbeitung, so daß einige Stationen und Informationstafeln auf dem Weg aktuell nicht mehr so gepflegt sind, wie sie sein sollten. Auch ist die Website zur Zeit offline. Der Weg kann aber dennoch gut gegangen werden und verbindet interessante keltische und römische Wegpunkte.
Hintergrundinformationen:

Die evangelische Kirche von Hottenbach steht auf einem römischen Gebäude. Der Viergötterstein war im Altar verbaut
Der 57 x 60 x 118 cm große Viergötterstein von Hottenbach ist ein für den östlichen gallischen Raum typisches Fundament einer Jupitersäule. Der quadratische Block zeigt auf den vier Seiten die Gottheiten Merkur, Hercules, Minerva und Juno. Darüber befand sich eine Säule, die entweder ein Schuppenmuster oder weitere Götter darstellte. Auf einem Podest auf der Spitze der Säule thronte eine Jupiterfigur, entweder in der klassischen sitzenden Position mit Blitzbündel in der Hand, oder in der nur im östlichen Gallien vorkommenden Form des auf einem Pferd reitenden Jupiters, der einen Giganten (meist in Form einer Schlange) niederreitet.
Die oberen Teile der Säule wurden nicht aufgefunden, lediglich der relieftragende Sockel ist erhalten geblieben. Diese Form der mehrere Meter hohen Weihedenkmäler war im 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr. in diesem Raum weit verbreitet. Die Säulen fanden sich oft in Heiligtümern (wie heute auch im Merkur-Tempelkomplex in Tawern zu sehen), aber auch auf öffentlichen Plätzen oder an römischen Gutshöfen (villa rustica).
Der Grund für die Erhaltung des Viergöttersockels ist, daß er einst in den Altar der christlichen Vorgängerkirche aus dem 12. Jahrhundert eingemauert worden war, bei dem die Relieffiguren möglicherweise zu Heiligen umgedeutet worden waren – eine im Mittelalter nicht ungewöhnliche Praxis, die im Grunde die Praxis der Identifizierung und Gleichsetzung von Göttern, gemäß ihren Attributen, aus dem paganen Kontext weiterführt. Nach der Reformation wurde die Kirche nach protestantischem Geschmack umgebaut und Bruchstücke des mittelalterlichen Altars, sowie der Viergötterstein, wurden im alten Nordportal des Turms vermauert.
Im Jahr 1903 wurde das alte Kirchenschiff durch einen neuen Zentralbau ersetzt, der sich an den gotischen Turm anschließt. Bei den Abbrucharbeiten der alten Kirche entdeckte man, daß sich das Gebäude auf römischen Fundamenten befindet. Daß die Gegend zur römischen Zeit eine wichtige Rolle spielte, war bereits bekannt – die nahe Hunsrückhöhenstraße von Trier nach Bingen und Mainz war eine wichtige, gut ausgebaute römische Schnellstraße und der nahe vicus Belginum ein Dreh- und Angelkreuz des Fernhandels.
Unterhalb der Kirche wurden römische Fundamente aus Ziegelmauerwerk, eine Fußbodenheizung aus Hypokausten und plastisch gearbeitete Reliefs und Spolien gefunden, so daß man davon ausgeht, daß die Sandsteinquader dieses römischen Gebäudes zum Bau der Kirche verwendet wurden, so wie der Viergötterstein Teil des Altars wurde.
Insofern ist der Kirchenbau selbst als „antike Stätte“ bzw. als über einer antiken Stätte liegend anzusehen, was ihn für den Römer-Touristen interessant macht und Grund dafür war, warum die Kirche von Hottenbach eine Station des Sirona-Weges wurde.
Öffnungszeiten, Eintritt, Zugänglichkeit:
Da es sich um eine evangelische Kirche handelt, die in der Regel – im Gegensatz zu katholischen Kirchen – verschlossen sind, erfordert der Besuch des Viergöttersteins etwas Abenteuerlust. Es ist nämlich möglich, sich den Schlüssel zur Kirche im gegenüberliegenden Pfarrhaus (Hauptstraße 7) beim dort wohnenden Pfarrerehepaar Zimmermann zu leihen. Eine telefonische Terminabsprache über das Pfarramt ist möglich, ansonsten kann man, wenn man zeitlich nicht genau einschätzen kann, wann man in Hottenbach ist, sein Glück auch spontan versuchen und dort klingeln.
Die Herausgabe des Schlüssels erfolgt unkompliziert und unbürokratisch; man ist Besucher gewohnt, da die Kirche sowohl Station des Sirona-Weges als auch des Stumm-Orgel-Weges ist, der Kirchen der Umgebung verbindet, die eine Stumm-Orgel enthalten (die Orgelbauerfamilie Stumm stammte aus dem Hunsrück und gehörte zu den berühmtesten Orgelbauern Deutschlands, ihre Orgeln finden sich in vielen Kirchen des ganzen Landes, aber besonders gehäuft in den kleinen Dorfkirchen dieser Region).
Den Schlüssel wirft man nach Beendigung seines Besuchs einfach wieder in den Briefkasten des Pfarrhauses.
Eintritt oder eine Gebühr wird nicht erhoben.
Beschreibung:
Die evangelische Kirche liegt auf einer kleinen Erhebung inmitten des Dorfes. Vor der Kirche steht eine Infotafel des Sironaweges, der einige Hintergrundinformationen zum Viergötterstein und dem römischen Vorgängerbau zu entnehmen sind.
Nachdem man die schwere Holztür aufgeschlossen hat, steht man im neu gebauten Zentralteil, der nach typisch evangelischem Geschmack schlicht eingerichtet ist (für unseren Geschmack, im Gegensatz zu katholischen Kirchen, definitiv zu unkultisch). Die Einrichtung ist aus hellem Holz gestaltet und die Stumm-Orgel hinter dem Altar dominiert den Zentralbau.
Rechts vom Eingang liegt der alte Chorraum der Vorgängerkirche, an dessen Decke und Wände noch gotische Fresken zu sehen sind. Leider wird dieser Raum etwas lieblos als Gerümpel-Ablage genutzt und die in den 80er Jahren restaurierten Wand- und Deckengemälde sowie der gesamte Turm könnten eine Renovierung vertragen. So wird der abgetrennte Seitenbereich etwas stiefmütterlich behandelt, wobei herumstehende Holzlatten, Klappstühle, Schilder, gemaltes Zubehör von Kindergottesdiensten und sonstige dort verstauten Gegenstände nicht gerade helfen diesen Eindruck der Vernachlässigung loszuwerden.
Der Viergötterstein steht mitten in diesem Chorraum, neben einem etwas unpassenden lilafarbenen, herzförmigen Teppich, der spontan an einen Badezimmervorleger denken lässt. Auf dem Stein steht eine Stumpenkerze, vermutlich wird er als Tisch oder Kerzenhalter verwendet, wenn im Anbau irgendwelche Lesekreise oder andere Treffen abgehalten werden.
Der Stein selbst, der sowohl im Altar als auch in einer Kirchenwand vermauert war, ist stark verwittert beziehungsweise abgenutzt. Allen vier Göttern fehlen die Köpfe oder Gesichter. Hercules ist, dank seiner Keule, noch am besten zu erkennen. Merkur hält in seiner rechten Hand den typischen Geldbeutel und in der Armbeuge des linken Arms den Caduceus. Minerva und Juno sind an ihren langen Gewändern zu erkennen; Junos Weihrauchopfer ist zu erahnen, ebenso wie Minervas Lanze. Da diese vier Gottheiten in der Regel zusammen auf einem Viergötterstein abgebildet sind, sind sie aus dem Kontext alle vier aber eindeutig zu identifizieren.
Sonstiges:
Da man – dank des Schlüssels – alleine in der Kirche ist, ist Fotografieren uneingeschränkt möglich. Auch kann man auf die Tribüne steigen, von der aus man einen guten Blick in den Kirchenraum hat.
Der Besuch der Kirche sollte auf jeden Fall mit weiteren Zielen in der Umgebung kombiniert werden, da die Stätte allein eine aufwendige Anreise nicht rechtfertigt – sie ist eher ein Kuriosum auf dem Weg, das man gut mitnehmen kann.
Wir empfehlen deshalb, diesen Ort mit einem Besuch des Archäologieparks Belginum zu kombinieren, mit den drei Sironastätten in Hochscheid und Stipshausen, sowie dem Keltendorf Bundenbach. All diese Orte sind an einem Tagesausflug (mit dem Auto) gut und entspannt zu bewältigen, da sie alle nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegen.
Götterwelt: Sirona
Herkunft, Zuständigkeit, Bezeichnungen:
Die Göttin Sirona ist eine Quell- und Heilgöttin keltischen (gallischen) Ursprungs. Sie wurde auch als Dea Sirona oder Sancta Sirona angesprochen.
Anders als bei ihrem Begleiter Grannus, der in der Interpretatio Romana mit Apollo identifiziert wird, erfolgte bei Sirona keine Gleichsetzung mit einer römischen Göttin, so daß ihr Name immer alleine steht.
Da es von ihrem Namen in Inschriften verschiedene Schreibweisen gibt (Sirona, Thirona, Đirona), ist davon auszugehen, daß ihre Aussprache mit lateinischen Buchstaben schwierig wiederzugeben war. Sprachwissenschaftlich wird deswegen angenommen, daß ihr Name mit dem „Tau Gallicum“ (Đ) begann, einem Laut, der nur in der keltischen / gallischen Sprache existierte, nicht aber im Lateinischen. Das Đ wird wie ein scharfes, zischendes ß oder ts ausgesprochen, so daß die korrekte Aussprache des Namens wahrscheinlich „Tsirona“ oder „ßirona“ war.
Die Göttin Sirona ist aus zahlreichen Inschriften bekannt. Es existieren jedoch keine anderen schriftlichen Quellen über sie und sie wird auch von keinem antiken römischen Autor beschrieben, so daß ihre Mythologie und ihre Herkunftsgeschichte unbekannt sind. Dadurch, daß sie (ebenso wie die keltischen Göttinnen Rosmerta oder Epona) nie mit römischen Göttinnen gleichgesetzt wurde, ist davon auszugehen, daß keine Göttin ihr von der Mythologie und Hintergrundgeschichte her ähnlich genug war, um mit ihr identifiziert zu werden.

Sirona war vor allem im Stammesgebiet der keltischen Treverer sehr beliebt (Rekonstruierte Keltensiedlung Bundenbach im Hunsrück)
9 Weiheinschriften sind für Sirona alleine bekannt, hinzu kommen 15 Inschriften, in denen sie gemeinsam mit Apollo-Grannus genannt wird.
Ihr Hauptverbreitungsgebiet ist das östliche und mittlere Gallien, vor allem die Provinzen Gallia Belgica (Großraum Westschweiz – Ostfrankreich – Moselraum – Ardennen – Vogesen – Luxemburg – Südbelgien – Trier – südliche Eifel) und Germania Superior (Rheingebiet südlich des Vinxtbaches – Südwestdeutschland – Teile Frankreichs und der Schweiz). Einzelne Inschriften gibt es auch aus Gallia Celtica, Raetium, Noricum, Pannonia, Dacia, Budapest, Wiesbaden sowie eine Inschrift aus Rom.
Besonders großer Beliebtheit erfreute sie sich bei den gallischen Treverern, die im Mosel- und Hunsrückraum heimisch waren. Sie war eine reine keltische Festlandsgöttin, es sind keine Funde aus Britannien bekannt.
Eines ihrer größten und wichtigsten Heiligtümer und Pilgerstätten lag bei Hochscheid im Hunsrück, wo Ausgrabungen neben Badehäusern auch einen Umgangstempel, Priesterhaus und Pilgerherbergen zum Vorschein brachten. Von hier stammen auch die fast vollständig erhaltenen Statuen von Sirona und Apollo-Grannus, durch die wir eine sehr gute Vorstellung der Ikonographie dieser Göttin haben.
Ein gut erhaltenes Sironabad befindet sich auch in Nierstein am Rhein.Hier sind sogar die Heilquellen noch intakt und das Wasser gilt bis heute als wirksam.
Inschriften für Sirona wurden meistens bei Heilquellen und Quellheiligtümern gefunden. Oft handelt es sich dabei um schwefelhaltige Quellen. Ihre Funktion als Heilgöttin, die eben vor allem in Bädern und an Quellen wirkte, ist aus den Inschriftentexten und dem Fundzusammenhang belegbar. Neben dem Tempelkomplex bei Hochscheid sind weitere Tempel für sie bekannt, sowohl Umgangstempel als auch Heilbäder mit Badeanlagen, die über Quellen oder Aquädukte mit Wasser versorgt wurden. In Nierstein wurden neben Trinkkuren und Bädern auch Dampf- und Tropfbäder mit dem schwefelhaltigen Wasser durchgeführt
In einigen Weiheinschriften bedanken sich die Stifter ausdrücklich für die Heilung einer bestimmten Person oder für ihre eigene Heilung, so daß ihre Funktion und Zuständigkeit gut belegt sind.
Begleiter:
Sirona tritt in der überwiegenden Anzahl der bekannten Inschriften in Kombination mit dem ebenfalls keltischen Heilgott Grannus in seiner Form als Apollo-Grannus auf.
Das große Heiligtum in Hochscheid war beiden Gottheiten geweiht. Apollo-Grannus war überregional im ganzen römischen Reich als Heilgott bekannt und beliebt, Kaiser Caracalla selbst wandte sich an ihn, als die anderen Heilgötter (in diesem Fall Aesculapius und Serapis) ihm nicht halfen. Caesar beschreibt in seinem De Bello Gallico, daß die Gallier „zur Vertreibung von Krankheiten zu Apollo beten“ (De Bello Gallico, 6,17); auch hier ist der keltische Heilgott Grannus gemeint, der in der gallo-römischen Form der Religio Romana zu Apollo-Grannus verschmolz.
Attribute und Darstellungen:
Die Darstellung der Sirona sowie ihre typischen Attribute sind gut bekannt, weil von ihr fast vollständig erhaltene, lebensgroße Statuen gefunden wurden. Die bekannteste und besterhaltene Statue stammt aus dem Tempelkomplex von Hochscheid, wo sie zusammen mit einer Figur des Apollo-Grannus aufgestellt war. Die Originale stehen heute im Landesmuseum Trier, aber lebensgroße Replikate dieser Sirona-Statue finden sich heute an zahlreichen Orten in dieser Hunsrück-Region, unter anderem in der Dorfmitte von Hochscheid und, gemeinsam mit einer Statue des Apollo-Grannus, in einem römischen Pavillon in Stipshausen.
Bei den Galliern waren zu vorrömischer Zeit figürliche und naturalistische Darstellungen ihrer Götter unüblich. Wenn überhaupt, waren Götterfiguren abstrakt oder grob modelliert. Deswegen gibt es keine Quellen oder Belege der keltischen Form dieser Göttin aus vorrömischer Zeit.
Sirona wird in ihrer gallo-römischen Form in typisch römischer Weise als junge Frau dargestellt, die in eine Palla gekleidet ist, das typische römische, bodenlange Übergewand. Darunter trägt sie ein Gewand mit freien Unterarmen, das unterhalb der Brust gegürtet ist. In ihren Händen trägt sie oft einen Korb oder eine Opferschale mit Äpfeln, Trauben, Ähren oder Eiern (3 Eier in Hochscheid). In manchen Darstellungen, wie in Hochscheid, windet sich eine Schlange um ihren Arm, die aus einer Schale in ihrer Hand trinkt. Damit ist ihre Ikonographie ähnlich der der römischen Heilgöttin Hygieia, Tochter des Aesculapius, die ebenfalls eine Schlange trägt und wurde wahrscheinlich von ihr übernommen. Auf dem Kopf trägt die Sirona von Hochscheid eine Kopfbedeckung mit einem Sternendiadem. Das wird als Hinweis für die (nicht unumstrittene) sprachwissenschaftliche Wurzel ihres Namens abgeleitet vom gallischen Wort für „Stern“: ser oder syr angenommen.
Eine Darstellung von den Schwefelquellen bei Alzey in Rheinhessen zeigt sie mit einer Opferschale, einer Patera, in der rechten Hand und einem Zepter in der linken Hand. Auch diese Darstellung ist durch die Inschrift eindeutig als Sirona zu identifizieren.
Eine Darstellung der Sirona auf einem Viergötterstein in Frankreich zeigt sie mit einem sternengeschmückten Diadem, von dem ein Schleier herabfällt. Hier hält sie in ihrer linken Hand ein Füllhorn, während sie in der rechten Hand eine Patera hält, zu der sich eine Schlange an ihrem Arm herabwindet.
Eine Bronzefigur aus Frankreich, die zusammen mit einer Figur des Apollo-Grannus mit Kithara gefunden wurde, zeigt Sirona nackt bis zur Hüfte und einer Schlange, die sich um ihren linken Arm windet.
Opfergaben:
Untersuchungen in Quellheiligtümern brachten verschiedene Opfergaben für Sirona zum Vorschein. Es schien üblich zu sein, daß Geheilte eine frisch geprägte, unbenutzte Münze in die Quelle legten (möglicherweise nach erfolgter Heilung, um den Zeitpunkt ihrer Heilung zu dokumentieren). Daneben fand man kleine Figuren, oft aus Terrakotta, die wahrscheinlich in den dem Tempel zugehörigen Devotionalienläden oder bei örtlichen Töpfereien gekauft werden konnten. Auch Keramik- und Glasscherben von Trinkgefäßen wurden gefunden, da man das Heilwasser aus der Cella (die in Hochscheid das Becken enthielt und von den Besuchern, anders als bei einem Umgangstempel, betreten werden durfte) selbst schöpfte.
In einem Brunnen in Pforzheim wurde eine Sirona-Statuette zusammen mit Keramiken, einer Wasserkelle, Nadeln und zahlreichen Tierknochen gefunden, sowie mit 8 menschlichen Skeletten. Die Deutung dieser Fundstätte ist nicht abschließend geklärt; einerseits war das Versenken von Opfergaben in Brunnen ein keltischer Brauch, andererseits ist aus dem wüsten Verfüllungszustand des Brunnens nicht eindeutig ein zeitlicher Zusammenhang zu konstruieren, so daß die menschlichen Skelette auch in der Folge der Alamanneneinfälle in den Brunnen gelangt sein könnten. Eine Deutung dieser Fundstätte in kultischer Hinsicht sollte deswegen, auch wegen der Ausnahmesituation, nicht vorgenommen werden.
Typische Opfergaben für Sirona im heutigen Cultus Deorum sind Äpfel und Münzen.
Feiertage:
Ein bestimmter Feier- oder Ehrentag für Sirona im römischen Kalender ist nicht überliefert.
Sonstiges:
Im Hunsrück befindet sich der 106 km lange „Sirona-Weg„, der ein Wandern auf keltischen und römischen Spuren ermöglicht. Er führt unter anderem durch die antike Siedlung Belginum und durch die Dörfer Hochscheid und Stipshausen, in denen Sirona noch heute große Wertschätzung erfährt. In diesen Orten befinden sich mehrere lebensgroße Standbilder der Sirona, die die Einheimischen pflegen und auch mit Blumen schmücken.
Der Sirona-Weg ist zur Zeit lt. Auskunft der Verbandsgemeinde auf dem Prüfstand, weswegen Schilder und Wegabschnitte nicht mehr ganz so gut gepflegt werden. Auch die offizielle Website ist zur Zeit offline. Wer auf den Spuren von Sirona wandeln möchte, kann aber trotzdem problemlos nach Belginum, Hochscheid und Stipshausen fahren, auch wenn der Tempelkomplex nach Fundaufnahme aus Angst vor Raubgräbern verfüllt wurde und nicht mehr an der Oberfläche zu sehen ist. Dennoch ist es interessant, wie lebendig Sirona in dieser Region noch ist und wie sehr sie auch von den Einheimischen noch heute geschätzt wird, auch ohne das sie eine Christianisierung erfahren hat.
Alternativ bietet sich eine Besichtigung des Sironabades in Nierstein an, sowie ein Besuch im Rheinischen Landesmuseum Trier, in dem die Originalstatuen der Sirona und des Apollo-Grannus aus Hochscheid ausgestellt sind.
Götterwelt: Apollo-Grannus
Herkunft, Zuständigkeiten, Bezeichnungen:
Apollo-Grannus ist ein gallo-römischer Heilgott, der gallischen Ursprungs ist.
Grannus galt als einer der am weitesten verbreiteten keltischen Götter. In der Interpretatio Romana wurde er mit Apollo gleichgesetzt und erfuhr weite Verehrung auch im Römischen Reich.
Bei den Kelten war Grannus (auch Granus Mogounus Amarcolitanus) ein Gott, der mit Quellen, Heilbädern, Mineral- und Thermalquellen und der Sonne assoziiert wurde. Die heißen Thermalquellen von Aachen (Latein: Aquae Granni, „Wässer des Grannus“) wurden schon vor den Römern (nachweisbar ab der Hallstatt-Zeit, 6. Jahrhundert v. Chr.) von den Galliern zu Heilzwecken benutzt.
Während es aus keltischer Zeit keine Darstellungen oder schriftlichen Aufzeichnungen zu diesem Gott gibt, existieren aus römischer Zeit zahlreiche Inschriften, Weihesteine und Darstellungen, die die Beliebtheit und weite Verbreitung dieses Gottes demonstrieren. Das Hauptverbreitungsgebiet lag im Bereich des östlichen und nördlichen Galliens mit einem kultischen Schwerpunkt im Raum Aachen, wo sein Zentralheiligtum vermutet wird.
Auch sind Inschriften und Weihesteine unter anderem aus Arnhem, Alzey, Augsburg, Bonn, Rheinzabern, Speyer, Trier und Bitburg bekannt. Im bayerischen Faimingen an der Donau (Phoebiana) stand ein großer römischer Apollo-Grannus-Tempel, der von Kaiser Caracalla im Jahre 212 errichtet worden war. Wie der römische Geschichtsschreiber Cassius Dio im 77. Buch seiner „Römischen Geschichte“ berichtet, war Caracalla während des Krieges gegen die Alamannen erkrankt (er ging davon aus, von germanischen Zaubersprüchen und Zaubern krank gemacht worden zu sein) und reiste nach Aachen, um dort „den keltischen Gott Apollo-Grannus“ um Heilung zu bitten. Daneben suchte er auch (allerdings vergeblich) die Kultstätten von Serapis und Asklepius auf.
Apollo-Grannus ist auch aus anderen römischen Provinzen bekannt. Inschriften fanden sich von der Donau bis nach Schottland, in Elsaß und Vogesen, von Spanien bis nach Ephesus, in Österreich, Ungarn, England und Rumänien. Ein großes Kultzentrum wird auch im Trierer Tempelbezirk im Altbachtal vermutet.
Viele der Tempel, wie der erst kürzlich entdeckte Tempel bei Neuenstadt am Kocher in Baden Württemberg, sind typisch gallo-römische Umgangstempel. Oft sind sie an Quellen und Heilbäder angeschlossen, in denen Kultbäder und Trinkkuren durchgeführt wurden.
Daneben gibt es Hinweise auf besondere Feste, die diesem Gott zu Ehren gefeiert wurden. Eine Inschrift aus dem 1. Jahrhundert aus Limoges weist auf ein Fest hin, das 10 Nächte lang dauerte:
- POSTVMVS DV[M]
- NORIGIS F(ilius) VERG(obretus) AQV
- AM MARTIAM DECAM
- NOCTIACIS GRANNI D(e) S(ua) P(ecunia) D(edit)
Übersetzung:
„Vergobretus Posthumus, Sohn des Dumnorix, stiftete von seinem eigenen Geld die Aqua Martia (Wasser des Mars, wahrscheinlich ein Aquädukt) für das zehn Nächte dauernde Fest des Grannus.“
Auch das Amphitheater des französischen Ortes Grand (dessen Name sich möglicherweise von Grannus herleitet) war Apollo-Grannus gewidmet.
Begleiter:
Eine häufige Begleiterin des Gottes ist die gallische Heil- und Quellgöttin Sirona, deren Ikonographie von der Göttin Hygieia übernommen wurde, die allerdings ihren Eigennamen behielt und unter diesem auch von den Römern verehrt wurde. In zahlreichen Inschriften treten Sirona und Apollo-Grannus als Paar auf, auch gibt es Tempel und Quellheiligtümern, die beiden gewidmet sind (unter anderem in Hochscheid, Augsburg, Bitburg, Rom und Baumberg sowie das Sironabad bei Nierstein am Rhein).
Weitere Begleiter, die aus Inschriften bekannt sind, sind Quellnymphen, Diana, Hygieia und Kybele (Faimingen), Sol (Grand in Frankreich), Mars, Serapis und Isis (Astorga).
Attribute und Darstellungen:
Darstellungen aus vor-römischer Zeit sind nicht bekannt, da erst mit den Römern die bildliche Darstellung von Göttern in keltischen Gebieten Einzug hielt. Wie Apollo, so wird auch Apollo-Grannus häufig als Kithara-spielender Jüngling dargestellt. Dabei ist er häufig nackt oder nur mit einem Mantel bekleidet, der an seinem Rücken befestigt ist und über seinem Unterarm hängt. In einigen Darstellungen ist er gelockt und steht mit gekreuzten Beinen da. In der anderen Hand, die bei figürlichen Darstellungen oft nicht erhalten ist, hält er wahrscheinlich ein Plektrum, mit dem er das Instrument spielt.
Auch die Darstellung mit einem Krug, aus dem Wasser fließt, wie aus dem Altbachtal in Trier, zeigt ihn als einen Gott der Heilquellen.
Weiterführende Informationen: