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Wie die Götter es manchmal fügen…

Artikel © D. Gratius Ludovicus, 07/2016
Manchmal gibt es schöne Beispiele im Leben eines Cultors, wie die Götter die Dinge fügen… heute also eine kleine Geschichte aus der gelebten Religion eines römischen Rekonstruktionisten, die ja gerne von vielen „Neuheiden“ als unspirituell und trocken abgelehnt wird 😉

Sucellus Hochrelief aus Kinheim an der Mosel, 3. Jahrhundert
Bis dato hatte dieser Gott für mich aber kein Gesicht und er blieb ein Numen, das man spüren kann, wenn man alleine durch Wald und Flur streift. Vor einiger Zeit besuchten wir eine römische Kelteranlage am Fuße des – wie die Römer ihn nannten – Dulcis mons, des „süßen Berges“ bei Brauneberg an der Mosel. Dort fiel uns eine recht große Statue auf, die hinter der Absperrung aufgestellt ist und die wir bis dato noch nicht kannten. Es stellte sich heraus, daß es sich um den keltischen Gott Sucellus handelte, der später auch in der gallo-römischen Religion eine große Rolle spielte und dessen Darstellung als Statue hier an der Kelter nach einem Fund aus Kindel/Kinheim angefertigt worden war.

Die römische Kelteranlage bei Brauneberg an der Mosel
Als ich mich vor vielen Jahren im Rheinischen Landesmuseum in Bonn einmal nach der Möglichkeit erkundigte, ob es Möglichkeiten gäbe, daß ich als Privatperson mir einen Matronenstein anfertigen lassen könnte, wurde schnell abgewunken mit dem Hinweis „sowas sehen wir nicht gerne und erlauben es auch nicht, was Abgüsse angeht etc. – wir möchten wissen wer wo was stehen hat“ – eine seltsame und mich nicht wirklich überzeugende Aussage, aber so war es nun mal.

Sucellus, in der Kelter bei Brauneberg an der Mosel
Denn kurze Zeit später weilten wir auf einem kleinen aber feinen Event – die Historischen Zeit-Reise-Tage/Antiken Tage auf der Burg Olbrück – dessen Initiator wir kennen und wo wir kurz mal „Salve!“ sagen wollten, da die Olbrück nicht weit von uns entfernt liegt und sich das für einen sonnigen Sonntagausflug anbot.
Götterwelt: Intarabus
Zuständigkeiten, Herkunft und Bezeichnungen:
Intarabus ist ein ursprünglich gallischer (keltischer) Gott der Treverer, der lokal im Raum Luxemburg bis hinein in die Südeifel und nach Belgien verehrt wurde. Andere Schreibweisen sind Entarabus oder Interabus, jedoch ist die Schreibweise Intarabus am häufigsten auf Weihesteinen und in Inschriften zu finden.
Da man im Römischen Reich der Ansicht war, daß lokale Gottheiten der Provinzen in ihrer Region besonders stark waren und viel Einfluß hatten – oft mehr Einfluß, als die Götter im fernen Rom -, war es üblich, sie dem Römischen Pantheon hinzuzufügen und sie an Ort und Stelle ebenfalls zu verehren und anzurufen. In der Interpretatio Romana setzte man Intarabus deswegen, wie den ebenfalls gallisch-treverischen Heilgott Lenus, unter anderem mit dem römischen Gott Mars gleich und verehrte ihn als Mars-Intarabus, wobei auch häufig römische Inschriften ohne den Zusatz „Mars“ zu finden sind.
In seiner Ikonographie und äußeren Erscheinungsform ähnelt Intarabus allerdings eher dem römischen Gott Silvanus als dem klassischen Mars, er teilt sich mit beiden die Funktion als Beschützer der Felder und der Landwirtschaft, sowie als Beschützer von Grenzen, so daß er von seinen Zuständigkeiten und seiner Erscheinung her im Bereich zwischen diesen beiden Göttern angesiedelt werden kann. Auch wurden beide Götter im römischen Reich zusammen als Vegetationsgott „Mars-Silvanus“ verehrt, so daß eine Zuordnung von Intarabus zu diesem Aspekt wahrscheinlich ist.
Es wurden bislang neun Weiheinschriften für Intarabus gefunden, unter anderem auf einer Statue in Foy (nahe Bastogne), in Niersbach, Dalheim, Echternach und Ernzen. Erstmalig entdeckt wurde er im Jahr 1862 in Noville-lez-Bastogne, wo er mit dem Genius Ollodagus der Treverer gleichgesetzt wurde, aber auch unter dem Namen Intarabus erscheint. Das deutet darauf hin, daß Intarabus möglicherweise auch die Tutelargottheit einer der drei Unterstämme der Treverer war. Die Gleichsetzung mit Mars erfolgte auf einer Inschrift aus Trier.
In Mackwiller (römisch: Mediomatrici) trägt er den Beinamen Narius. Hier wurde er als Genius Loci und Quellgott Narius-Intarabus verehrt. Ebenfalls in dieser Region wurde ein Mithräum entdeckt, das aufgrund einer Inschrift die gemeinsame Verehrung von Mithras und Narius-Intarabus belegt. Dieses Mithräum wurde im 3. Jahrhundert zerstört und an seiner Stelle wieder ein traditioneller gallischer Umgangstempel für Narius-Intarabus errichtet, was bedeutet, daß der exotische (und vor allem unter Legionären verbreitete) Mithraskult zugunsten der einheimischen gallischen Lokalgottheit wieder aufgegeben wurde.
In Echternach war, wie Inschriften zeigen, das örtliche Theater dem Intarabus gewidmet. Aus Dalheim stammt ein Silberring mit der Inschrift „Intarabo“ (Dativ für Interabus).
In Ernzen wurde ein Weihetempel, eine Aedicula, entdeckt, in der ein Stifter ein lebensgroßes Standbild oder Relief des Gottes Intarabus aufgestellt hatte. Dieser Tempel wurde (in einer umstrittenen Weise) im Dorf Ernzen rekonstruiert und kann frei besichtigt werden.
Intarabus wurde wahrscheinlich auch im großen Lenus-Mars-Tempel am Irmenwingert in Trier verehrt.
Die Herkunft des Namens Intarabus gilt unter Keltologen als ungeklärt, Indizien sprechen für eine Herkunft aus den protokeltischen Wörtern „entar“ (zwischen) und „abus“ (Fluß), was für eine Deutung als „zwischen den Flüssen“ spricht. Das würde seine Funktion als Genius Loci und Quellgott unterstreichen. Sicher ist diese Namensdeutung jedoch nicht, so daß man sie nach aktuellem Forschungsstand als „ungeklärt“ betrachtet.
Attribute und Darstellungen:
In Foy-Noville (Belgien) wurde eine Statue gefunden, die durch die Inschrift eindeutig als „Deo Intarabo“ identifiziert werden konnte.
Sie zeigt den Gott als bartlosen, langhaarigen jungen Mann, der in eine Tunika gekleidet ist. Um die Schultern trägt er ein Wolfsfell. Seine rechte Hand ist erhoben, jedoch fehlt das, was er in der Hand hielt. Aus der Handhaltung jedoch wird angenommen, daß es sich um einen Speer o.ä. handelte.
Opfergaben, Cultus, sonstiges:

Rekonstruktionszeichnung der Aedicula nach Hubertus Backes, „Archäologie und Geschichte des Ferschweiler Plateaus“
Es ist unbekannt, welche Gaben Intarabus geopfert wurden, da es keine schriftlichen Aufzeichnungen zum Kult gibt und auch keine Bilder existieren, die Kulthandlungen für diesen Gott zeigen.
In seiner Hauptfunktion als Beschützer der Felder und Grenzen sowie als Gott der Landwirtschaft kann angenommen (jedoch nicht belegt!) werden, daß er, wie Silvanus, vor allem auf dem Lande verehrt wurde, im Rahmen von bäuerlichen Festen und im privaten Kult und entsprechende Gaben erhielt.
Cato empfiehlt in seinem Buch „Vom Landbau“ für ein Opfer an Silvanus-Mars eine Mischung aus „Dinkel, Speck, Fleisch und Wein“, das sowohl von einem Sklaven als auch von einem Freien gebracht werden konnte (jedoch durften keine Frauen zugegen sein), und das dafür sorgen sollte, daß die Rinder gesund blieben. So kann man in einem rekonstruktionistischen Ansatz auch von Getreide oder einfacher ländlicher Kost als typischen Opfergaben für Intarabus ausgehen.