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Götterlexikon: Epona

Herkunft, Bezeichnungen

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Epona aus Belginum / Hunsrück

Epona ist eine gallo-römische Göttin, die – als einzige Göttin keltischer Herkunft – weite Verbreitung im römischen Reich erfuhr und sich auch über die Grenzen des keltischen Raumes hinaus bis nach Rom großer Beliebtheit erfreute, wo sie sogar Teil des Staatskultes wurde.

Epona ist in zahlreichen Bild- und Textquellen belegt, unter anderem aus 60 Weiheinschriften sowie Reliefs, Weihealtären und figürlichen Darstellungen, die aus ganz Westeuropa stammen, vor allem aus Frankreich, entlang der Mosel, West- und Süddeutschland, Spanien, Großbritannien, dem Donaubecken, Norditalien, Rom und dem Alpenraum. Auffällig hierbei ist eine besonders hohe Dichte an Funden entlang der befestigten Grenzen des Reichs, wie dem Limes, entlang des Rheins, der Donau und in Nord-Britannien.

Lediglich in zwei Regionen des Römischen Reiches scheint sie nicht verbreitet gewesen zu sein: In Nordafrika, wo man bislang nur eine Darstellung von ihr gefunden hat, sowie dem Nahen Osten, wo sie gar nicht auftaucht.

Ihre Verehrung scheint sich zudem auf das Gebiet des Römischen Reichs zu beschränken; jenseits des Limes im freien Germanien, aus dem Raum zwischen Rhein und Elbe, sind keine Darstellungen oder Inschriften von Epona bekannt.

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Figürliche Darstellung der Epona, zu bewundern im Rheinischen Landesmuseum Bonn

Ihr Name ist gallischer Herkunft und kann etymologisch aus dem gallischen Wort „epos“ für Pferd hergeleitet werden, das wiederum auf die proto-Indo-Europäische Wurzel *ék̂u̯os zurückgeführt wird. Aus dieser Wurzel stammen auch andere Worte für Pferd, wie das lateinische Equus, das altirische Ech oder das litauische Esva. Durch die weibliche Endung -a und den Namensbestandteil -on wird ihr Name verschiedentlich als „große Stute„, „göttliche Stute“ oder „die, die wie eine Stute ist“ oder „große Reiterin“ gedeutet.

Trotz dieser Herleitung und ihrer überwiegenden Verbreitung im gallischen Raum gibt es keine Erwähnungen ihres Namens aus vor-römischer Zeit. Es gibt auch keine Inschriften auf Gallisch, sämtliche Inschriften sind auf Latein oder (seltener) Griechisch. Sie stammen zudem nicht nur von Personen keltischer Herkunft, sondern von Stiftern aus verschiedensten Teilen des Reiches, wie Germanen, Römern und sogar – wie bei einem Fund aus Mainz – einem Syrer.

Zwar ist die Möglichkeit gegeben, dass diese Göttin bereits vor der römischen Eroberung Galliens (im Jahre 52 v. Chr. durch Julius Caesar) von einheimischen keltischen Völkern verehrt wurde, es gibt jedoch bislang keine Quellen oder Belege dafür.

Tatsächlich stammen die frühesten Funde aus dem ersten Jahrhundert n. Chr., eine auffällige, fast explosionsartige Häufung beginnt aber erst mit dem zweiten Jahrhundert n. Chr., so dass man davon ausgehen muß, dass sich der spezifisch gallo-römische Kult um Epona erst um diese Zeit zu entwickeln und im Reich zu verbreiten begann. Mitte des zweiten Jahrhunderts, etwa ab dem Jahr 130 n. Chr. häufen sich auch die Inschriften aus Rom.

Der früheste absolut sicher datierbare Bildbeleg ist ein Wandgemälde in Pompeji, da wir von dort wissen, dass er nicht älter sein kann als 79 n. Chr.

Die erste zweifelsfreie namentliche Inschrift, in der Eponas Name genannt wird, stammt aus einem Tempel in Entrains-sur-Nohain, Frankreich aus dem frühen zweiten Jahrhundert. Sie lautet:

Augusto sacrum deae / Eponae / Connonius Icotasgi fil(ius) / templum cum suis orna/mentis omnibus de suo donavit l(ibens) m(erito) (CIL 13, 02902)

Der erhabenen Göttin Epona gibt Connonius, Sohn von Icotasgus, diesen Tempel mit all seinen Verzierungen und auf eigene Kosten.

Am gleichen Ort findet sich auch eine zweite Widmung an Epona (CIL 13, 2903), was ihre zentrale Bedeutung für diesen Tempel hervorhebt.

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Epona im Landesmuseum Trier

Literarische Belege tauchen ab der hadrianischen Zeit auf (die Regierungszeit von Kaiser Hadrian war 117-138 n. Chr.).

Interessanterweise geht die Verbreitung Eponas nicht von Gallien aus, sondern die Funde sind in den frühen Jahren weit verbreitet überall im Reich zu finden, von Italien bis Britannien, von Rumänien bis Frankreich, während sie sich erst später auf den Raum Gallien und Germanien konzentrieren und dort gehäuft auftreten.

Wieso es bislang keine gesicherten Belege zwischen der Eroberung Galliens im Jahr 52 v. Chr. und der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. gibt, ist nicht eindeutig erklärt und schwierig mit der Hypothese zu vereinbaren, dass Epona eine Göttin ist, die aus vor-römischer Zeit stammt, denn dann dürfte es diese auffällige 100-jährige Überlieferungslücke eigentlich nicht geben.

Ihr relativ spätes Auftauchen ab der Mitte des ersten Jahrhunderts stützt jedoch die gegenläufige These, dass Epona und ihr Kult erst später durch Verschmelzung lokaler keltischer und römischer Götter entstand und sie keine keltische Vorläuferin hat, die 1:1 von den Römern übernommen wurde (vgl. Zeittafel aller bekannten Inschriften und Darstellungen von Epona, oder Auflistung von M. Euskirchen in ihrer Dissertation “Epona”. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission Deutsches Archäologisches Institut., 74: 607-838., 1993).

Wir erlauben uns an dieser Stelle kein Urteil und lassen deshalb die Herkunft der Göttin Epona offen – ob sie nun bereits zu vorrömischer Zeit von den einheimischen Galliern in unserer Region verehrt wurde oder ob sich ihre Vorstellung erst in gallo-römischer Zeit entwickelt hat, ist für den Praktizierenden des Gallo-Römischen Kultes unerheblich.

Wie bei den anderen keltischen Göttinnen, die von den Römern übernommen wurden, wurde ihr Name auch nicht um ein Epitheton erweitert, sondern sie wurde – wie z.B. Rosmerta oder Sirona – unter ihrem gallischen Namen verehrt. Dies ist anders bei männlichen Göttern keltischer Herkunft, die im Rahmen der Interpretatio Romana fast immer einen römischen Namenszusatz erhielten, wie Apollo-Grannus, Mars-Intarabus oder Lenus-Mars (der wiederum die Besonderheit aufweist, daß der keltische Name vor dem römischen genannt wird).

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Epona aus dem Tempel in Tawern, wo sie in einem 9 Meter tiefen Brunnenschacht gefunden wurde

Im Gegensatz zu vielen anderen keltischen Göttinnen wurde Epona auch nicht mit einem männlichen Gott verpartnert, sondern blieb alleine. Gelegentlich wurde sie zusammen mit Herkules angerufen, der ebenfalls unter anderem für Schutz auf Reisen zuständig war.

Dafür wird sie oft mit Beinamen gekennzeichnet, aus der ihre große Bedeutung und Wertschätzung hervorgeht, wie Epona Regina (Königin Epona) oder – bei Anrufungen im Rahmen des Staatskultes – als Epona Augusta. Andere Beinamen waren Epona Dea (die Göttliche) und Epona Sancta (die Heilige).

In den meisten Inschriften wird sie „Epona“ genannt, daneben gibt es auch einige abweichende Inschriften, in denen sie „Epana“ oder „Epane“ geschrieben wird, zum Beispiel bei Funden im Norden Spaniens. Inwieweit es sich dabei um eine lokale Variante, künstlerische Freiheit oder Unwissenheit des Steinmetzes handelt, ist unklar.

Ikonographie

Das Aussehen der Göttin Epona ist durch zahlreiche archäologische Funde sehr gut belegt.

Neben Votivreliefs und Reliefs auf Altären taucht Epona auch in figürlicher Darstellung in Form von Statuetten und in Wandmalereien auf.

Es existierten mehrere typische Darstellungsformen (klassifiziert nach W. Schleiermacher):

  • Epona, seitlich auf einem Pferd sitzend („gallischer Typus“)
  • Epona, mittig auf einem Stuhl oder Thron sitzend und auf beiden Seiten flankiert von einem oder mehreren Pferden (der „Imperiale Typus“ genannt)
  • Epona in einer Kutsche, die von mehreren Pferden gezogen wird

Seitlicher Sitz auf dem Pferd („Gallischer Typus“)

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Epona im „gallischen Typus“ (Archäologisches Museum Arlon)

Diese Darstellungsform ist die häufigste Form in Gallien. Epona sitzt (anders als beim modernen Damensattel) seitlich mit herabhängenden Beinen auf einem (in der Regel nach rechts schauenden) stehenden oder laufenden Pferd.

Die Göttin ist in dieser Darstellung oft mit einem langen Gewand bekleidet, gelegentlich auch mit einer Kopfbedeckung in Form einer Haube oder eines Umhangs.

In vielen dieser Darstellungen berührt die Göttin mit einer Hand das Pferd oder hält Zügel (diese gibt es jedoch nicht immer), während sie in der anderen Hand ein Füllhorn (Cornucopia) oder eine Opferschale (Patera) hält. Manchmal hält sie auch Früchte, Getreideähren oder eine Schale oder Korb mit Früchten auf dem Schoß.

Diese Symbole deuten auf Fruchtbarkeit, Wohlstand und Üppigkeit hin.

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Götterwelt: Arduinna

Herkunft, Bezeichnungen:

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Diese Bronzefigur wird als Arduinna angesprochen; ob es sich bei ihr tatsächlich um diese Göttin handelt, ist nicht gesichert

Arduinna ist eine gallo-römische Berg- und Waldgottheit und Göttin des Ardennenwaldes. In der Interpretatio Romana wird sie der Göttin Diana zugeordnet.

Alternative Schreibweisen sind Ardbinna oder Ardvinna. In einer Weiheinschrift wird sie auch als Dea Ardbinna bezeichnet.

Als „Ardennen“ (Arduenna silva) bezeichneten die Römer das zusammenhängende Mittelgebirge und geschlossene Waldgebiet von den (heutigen) Ardennen in Belgien und Luxemburg über Hohes Venn, Eifel bis an die Mosel und den Rhein (Provinzen Belgica und Germania inferior). Dieses Gebiet war zur Zeit des Gallischen Krieges (54-53 v. Chr) vor allem von den Treverern und Eburonen besiedelt und diente als Rückzugsgebiet des eburonischen Königs Ambiorix. Eine ausführliche geographische Beschreibung findet sich bei Caesar, De bello gallico, V, 3; VI, 31. Auch Strabon beschreibt in seiner „Geographica“ (IV, 3, 5) die Ardennen und zählt die keltischen Stämme auf, die in diesem Gebiet leben.

Ähnlich wie die gallo-römische Berggöttin Abnoba (römisch: Diana-Abnoba) die Personifikation des Schwarzwaldes war, gilt Arduinna als Personifikation der Ardennen. Weihesteine und figürliche Funde sind aus mehreren Gegenden des Eifel-Ardennengebiets bekannt, jedoch ist die Fundlage spärlicher als bei Abnoba. Verehrung erfuhr sie vor allem im Nordwesten Galliens.

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Replik des Weihesteins aus Gey

Ein Weihestein für Arduinna wurde in Gey (Hürtgenwald) gefunden, wo er heute auf dem Dorfplatz als Replik aufgestellt ist (das Original befindet sich im Rheinischen Landesmuseum Bonn). Die Inschrift (CIL 13, 07848) lautet: „Deae Ardbi/nnae T(itus) Iuli/us Aequalis / s(olvit) l(ibens) m(erito)“ – „Der Göttin Ardbinna hat Titus Iulius Aequalis sein Gelübde froh, gerne und nach Gebühr eingelöst“.

Ihre Verehrung ist bis in das Jahr 565 n. Chr. belegt, als der langobardische Mönch und luxemburgische Säulenheilige St. Walfroy (Wulfilaïc) im belgischen Florenville eine Abkehr vom Kult der Arduinna forderte und ein Heiligtum der Diana zerstörte.

Zuständigkeiten, Attribute und Darstellungen:

Ein Weihestein (CIL 6, 46) ist aus Rom bekannt, den M. Quartinius Sabinus, Soldat einer römischen Kohorte, ein Gallier aus dem Stamm der Remer, mehreren Göttern stiftete – an erster Stelle zwei Lokalgöttern seiner Heimat, Ardvinne und Mars-Camulus. Da sein Weihestein neben einer Inschrift auch ein Relief enthält, wissen wir, daß Arduinna ikonographisch im klassischen römischen Stil wie Diana mit Bogen und Köcher dargestellt wurde.

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Die Wälder und engen Täler der Ardennen (hier: Blick von der Burg in Esch-sûr-Sure)

Eine weitere Darstellung der Arduinna ist in Form einer kleinen, aus römischer Zeit stammenden Bronzestatuette erhalten, die eine jugendliche Göttin mit Pfeil und Bogen zeigt, die auf einem Eber reitet und eine kurze, gegürtete Tunika trägt und wahrscheinlich diese Göttin zeigt.

Der Fundort dieser Figur ist unbekannt, ebenso kann nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, daß es sich bei dieser Figur tatsächlich um Arduinna handelt, da keine begleitenden Inschriften gefunden wurden. Die Zuordnung zu dieser Göttin stammt aus dem 19. Jahrhundert und erfolgte durch den Antiquaren, der sie entdeckte – möglicherweise aufgrund der Tatsache, daß das Wappentier der Ardennen der Eber ist. Die Figur befindet sich heute im Musée des Antiquités Nationales in Saint-Germain-en-Laye.

Durch ihre Identifikation mit Diana wird sie als Natur-, Jagd- und Waldgöttin angesprochen, daneben durch ihren Bezug zu den Ardennen und Parallelen zu Abnoba als Berggöttin und Beschützerin der Region, die sie als Lokalgöttin personifiziert.

Sonstiges:

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In den Ardennen sind wir gerne und häufig unterwegs. Hier: Blick vom Chateau La Roche

Zu Arduinna ist (anders als bei den gallischen Gottheiten Sirona oder Rosmerta) kein Begleiter bekannt.

Es sind keine Orte oder Tempel erhalten oder bekannt, an denen sie verehrt wurde.

 

 

 

 

 

 

 

Götterwelt: Vesta

Zuständigkeiten und Bezeichnungen: 

Göttin mit Fackeln, wahrscheinlich Vesta (Vatikanisches Museum)

Göttin mit Fackeln, wahrscheinlich Vesta (Vatikanisches Museum)

Göttin der Familie, des Heims und des heiligen Feuers, als anwesend gedacht sowohl im Herdfeuer in jedem Haushalt, wie auch als ewige Flamme im Staatstempel, der auf dem Forum Romanum stand und dessen Salus (Heil) spendende Flamme an jedem 1. März rituell neu entfacht wurde.

Durch ihren Bezug zum Heim und zur Familie stand Vesta in enger Verbindung zu den Laren und Penaten, den Ahnen und Schutzgeistern der Familie (in ihrem Tempel wurden entsprechend auch die Penaten und Laren des Staates verehrt) und sie galt als Schutzgöttin der Bäcker und Müller durch den offensichtlichen Bezug zu Feuer und Ofen. Diese schmückten an ihrem Feiertag die Esel, die sie als Lasttiere für Mühlsteine und Getreide nutzten, was erklärt,  daß der Esel zu ihrem heiligen Tier wurde.

Wie der heimische Herd das Zentrum in jedem Haus war, so galt der Vestatempel – einer der ältesten Tempel des römischen Reiches – als das Zentrum des gesamten Imperiums, was die überragende Bedeutung der Göttin erklärt. Nach Ovid und Dionysios von Halikarnassos galt Vesta als Verkörperung der Erde selbst. Der Tempel hatte, im Gegensatz zu anderen Heiligtümern, eine runde Form, was das Alter seiner Ursprünge mit belegt, die bis ins 7. Jahrhundert v. Chr. reichen. Seine Tore waren nach Osten hin ausgerichtet, um die Verbindung der lebenspendenden Sonne mit dem im Tempel gehüteten ewigen Feuers zu betonen. Wie Janus, wurde auch Vesta in jeder Opferhandlung angerufen, Janus als Gott der Anfänge immer zu Beginn und Vesta am Schluss der rituellen Handlungen.

Sie ist eine der Dei Consentes, der 12 höchsten Götter.

Sphäre: 

Irdisch (Gemeinschaft, Heim, Herd)

Attribute und Darstellungen: 

Vesta wurde sehr lange Zeit bildlos in Gestalt des Feuers selbst verehrt, erst in späterer Zeit wurde auch sie wie andere Götter in Statuen personifiziert dargestellt (außer in ihrem Tempel), entweder stehend oder sitzend, ganz bekleidet und verschleiert mit den Attributen Opferschale, Fackel und Zepter, Schöpfkelle. Gedenksteine, oft von wohlhabenden Bäckern gestiftet zeigen sie auch mit Esel.

Opfergaben: 

Räucherwerk, Wein (am Lararium); Teile des täglichen Mahles (direkt in die Flammen des Herdes gegeben); Lorbeer, Wacholder, Veilchen

Kulttiere: 

Esel (nicht als Opfertier), Schaf

Feiertage: 

Vesta mit Esel

Vesta mit Esel

Das Fest der Göttin, Vestalia, wurde in der Zeit vom 7. – 15. Juni begangen, mit dem Hauptfesttag am 9. Juni.

Der Tempel der Vesta war das ganze Jahr über für die Öffentlichkeit geschlossen und nur am Fest der Vestalien zugänglich, allerdings nur für Frauen, die diese Zeit nutzten um den Tempel barfuß zu betreten und zu opfern. Als einzige männliche Ausnahme durfte der oberste Priester Roms, der Pontifex Maximus, den Tempel ebenfalls betreten. Am ersten Tag der Feierlichkeiten wurde der penus Vestae, ein durch Vorhänge abgetrennter besonderer Bereich im Tempel geöffnet. Hier wurden Symbole und Kultgeräte aufbewahrt, die die Macht Roms verkörperten.

Die Vestalinnen backten zu diesem Anlaß ein hartes Opferbrot mit Wasser, das von einer geheiligten Quelle transportiert wurde und keinen Kontakt mit dem Boden haben durfte, sowie Salz.

Der letzte Tag der Vestalien (die Iden des Juni) wurden zu einem Feiertag für alle Berufsgruppen, die mit Vesta verbunden waren, wie Bäcker und Müller. Diese schmückten an diesem Tag ihre Werkzeuge, Mühlsteine und Tiere ihr zu Ehren mit Blumen- oder Brotkränzen.

Sonstiges: 

Der Kult der Vesta wurde von einer besonderen Priesterschaft, den Sacerdotes Vestales (Vestalinnen), gepflegt, die verantwortlich für das Hüten der ewigen Flamme waren und den kultischen Dienst der Staatspenaten versahen.

Es waren Frauen, die eine 30jährige Zeit im Dienst der Vesta abzuleisten hatten und vom Pontifex Maximus als Kinder ausgewählt wurden. Ihr Leben wurde von strikten Vorschriften der Reinheit und Jungfräulichkeit bestimmt. Augrund ihres keuschen Lebenswandels wurden sie angesprochen als Virgo Vestalis (Vestalische Jungfrau) und sie hatten ein außerordentlich hohes Ansehen in der Öffentlichkeit und saßen etwa im Theater auf Ehrenplätzen.

Wenn sie sich außerhalb des Tempels bewegten, wurden sie von Lictores begleitet, einer Art symbolischer Leibgarde, die ansonsten ausschließlich Magistrate und Konsuln begleitete und deren Amtsgewalt durch die auf der Schulter getragenen Fasces (Rutenbündel mit einer eingebundenen Axt) anzeigten. Selbst Senatoren und Konsuln ließen einer Vestalin den Vortritt und begegnete ihr ein Verurteilter, konnte er von ihr auf der Stelle begnadigt werden. Sie wohnten in einem Atrium Vestae genannten Gebäude neben dem Vestatempel und konnten nach Ablauf ihres Tempeldienstes zurück in das Privatleben gehen, auch heiraten. Die Mehrheit allerdings verblieb nach den 30 Jahren im Tempeldienst, weil sie ihre gesellschaftliche Stellung und die damit verbundenen Privilegien nicht aufgeben wollten und in der Bevölkerung die Vorstellung herrschte, dass eine ehemalige Vestalin, die später als Braut in eine Familie einzog, dieser Unglück brachte.

Brach eine Vestalin ihr Zölibat, oder ließ sie das heilige Feuer ausgehen, wurde sie mit dem Tode bestraft, unter anderem durch Begraben bei lebendigem Leibe (unter Kaiser Domitian). Hierbei wurde die Vestalin gefesselt und mit verbundenen Augen vor die Stadt getragen, wo in der Erde ein Raum ausgehoben wurde, in dem ein Bett, eine Lampe, ausreichend Essen und Trinken standen. Die Vestalin mußte auf einer Leiter durch die Öffnung in die Tiefe steigen, danach wurde die Leiter herausgezogen. Anschließend verschloß man die Öffnung und bedeckte die ganze Anlage mit Erde, bis nichts mehr zu erkennen war. Die Nahrung und Getränke sollten verhindern, daß die Vestalin nicht durch Verhungern oder Verdursten starb.