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Antike Stätten: gallo-römische Villa Mageroy (Belgien)

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Villa Mageroy

Anschrift:

Villa gallo-romaine de Mageroy, Rue de Mageroy 2, 6723 Habay-la-Vieille, Belgien.

Anfahrt:

Die Ausgrabungsstätte der gallo-römischen Villa Mageroy liegt in den südbelgischen Ardennen in der Provinz Luxemburg (Wallonie) in der Nähe des Ortes Habay-la-Vieille. Sie liegt außerhalb des Ortes inmitten von Feldern und Kuhwiesen. Von Habay aus ist sie aber gut zu finden, da sie ausgeschildert ist. Der Weg führt über landwirtschaftliche Nutzwege.

Für das Navi kann man die „Rue de Mageroy“ eingeben, muss dann vor Ort aber trotzdem die Augen nach den kleinen Wanderschildern offenhalten, die die Richtung weisen, da die Rue de Mageroy in eine unbenannte Schotterstraße mündet. Folgt man dieser nach rechts den Hügel hinab, so ist die Ausgrabungsstätte bald auf der rechten Seite zu sehen. Man kann direkt vor dem Gelände parken.

Die Gegend ist wanderfreundlich und ein Netz von ausgeschilderten Wanderwegen verläuft rund um die Villa.

Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, erreicht die Ausgrabungsstätte entweder mit dem Regionalzug aus Libramont / Arlon. Vom Bahnhof Habay aus sind es noch etwa 15 Minuten Fußweg. Eine Alternative ist der Bus der TEC Linie 28 zwischen Arlon und Marbehan. Von der Haltestelle Rue de Nantimont sind es noch einige Gehminuten zu Fuß.

Hintergrundinformationen:

Die Region in den luxemburgischen und südbelgischen Ardennen gehörte in römischer Zeit zu Gallien und wurde nach dem Ende des Gallischen Krieges schnell romanisiert. An vielen Orten der noch heute landwirtschaftlich, vor allem viehwirtschaftlich dominierten Region, finden sich deshalb gallo-römische Landgüter, Tempel oder andere militärische oder zivile Bauwerke.

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Panoramablick über das Gelände

Der gallo-römische Gutshof von Mageroy, der im Stammesgebiet der Treverer lag, gilt als archäologisch besonders bedeutsam und regelmäßig finanziert das Land Wallonie Grabungskampagnen (2017 zum Beispiel die Untersuchung eines Nebengebäudes, in dem man Spuren von Eisenverhüttung entdeckte). Betreut wird die 3 ha große Ausgrabungsstätte durch den gemeinnützigen Verein ARC-HAB, der von mehreren Archäologen geleitet und durch zahlreiche Freiwillige unterstützt wird. Dieser Verein leitet die Ausgrabungen und wertet die Funde aus.

Das Landgut, das sich aus einem Hauptgebäude, mehreren Neben- und Wirtschaftsgebäuden, sowie weiteren Baustrukturen zusammensetzt, stammt aus dem 1. Jahrhundert n.Chr. Es durchlief in den folgenden Jahrhunderten jedoch mehrere Umbauphasen und wurde bis ins 4. Jahrhundert bewohnt.

Zu römischer Zeit lag es fünf Kilometer von der römischen Fernstraße von Reims nach Trier entfernt. Die nächste größere Ortschaft war vicus Orolaunum, das heutige Arlon.

Die Lage des Gutshofes in einer sumpfigen Mulde in der Nähe eines kleinen Baches erlaubte das Anlegen eines großen Weihers auf dem Gelände.

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Der Bereich des ehemaligen Weihers ist heute noch ein Feuchtgebiet und ein reiches Biotop

Der Wohnbereich, die Pars urbana, bestand aus einem 670 Quadratmeter großen Haupttrakt aus dem 1. Jahrhundert, der eine nach Süden ausgerichtete Fassade von 28 Metern Länge aufwies. Der größte Raum befand sich zentral im Hauptgebäude und umfasste 170 Quadratmeter. Aus der Anordnung der Räume läßt sich schließen, daß sich im Westflügel die Wohn- und Privaträume befanden, während die Räume im Ostflügel als Gemeinschaftsräume angesprochen werden.

Als Baumaterial für die Gebäude diente das lokal anstehende Gestein, das vor allem aus Schiefer und grünem Sandstein besteht. An das Hauptgebäude schließen sich weitere Neben- und Wirtschaftsgebäude an.

Das zweite Jahrhundert gilt als die Wohlstandszeit der Bewohner der Villa, die vermutlich einheimische romanisierte Gallier waren. Zahlreiche Erweiterungen und der Einbau von „Luxusfeatures“ wie Fußbodenheizungen und Thermen zeigen, wie  komfortabel die Bewohner lebten. Auch der prunkvoll gestaltete, repräsentative Eingangsbereich zeugt vom Wohlstand seiner Bewohner.

Zahlreiche Funde, wie z.B. ein Pflug, aber auch ungewöhnliche organische Funde, die sich im anaeroben Milieu des Weihers erhielten, geben heute einen guten Einblick in den Alltag der Bewohner. So wurden seltene Funde in gutem Erhaltungszustand geborgen, unter anderem Holzrohre, Schuhsohlen aus Stroh, Funde aus Leder und Holz, Obstkerne und eine Weinrebe.

Auch einige Namen der Bewohner sind bekannt, so wurde ein Ring mit dem eingravierten Namen „Micia“ gefunden. Man nimmt an, daß Micia eine Hausherrin war, zumal ihr Name auch auf Tongeschirr entdeckt wurde. Der Name eines Verwalters, der  in einem der seitlichen Wirtschaftsgebäude lebte, ist ebenfalls bekannt: Onesimus Olympius.

Auch im dritten Jahrhundert wurde das Landgut noch einmal erweitert, unter anderem um eine Bronzegießerei. Allerdings scheint der Hof im Jahr 262 (datiert aus Münzfunden) auch einem großen Feuer anheimgefallen zu sein. Dies war auch die Zeit der großen Germaneneinfälle, die zwischen 260 und 270 diesen Teil Galliens heimsuchten.

013_MageroyDer Hof wurde jedoch nicht aufgegeben, sondern neu aufgebaut, um einige Gebäude, wie Latrinen, Getreidedarren und ein Silo, sowie um eine dem Schutz dienende Befestigungsanlage erweitert. Aus dem 4. Jahrhundert stammen Keramik-Scherben in typischer germanischer Machart. Zum Ende des 4. Jahrhunderts wurde der Ort dann jedoch aus unbekannten Gründen aufgegeben und verlassen.

Die Existenz einer archäologischen Stätte war bereits im 19. Jahrhundert bekannt, als Bauern von alten Mauern und Bauwerken berichteten. Auch hielt sich in der Region Habay seit Jahrhunderten eine Legende von „drei Schlössern“, von denen eines in Mageroy vermutet wurde. Bis in das 17. Jahrhundert sollen die römischen Mauern sichtbar gewesen sein und wurden für die Überreste eines solchen Schlosses gehalten.

Erste Ausgrabungen fanden im Jahr 1984 statt. Die Untersuchungen, die auch moderne Methoden des Georadars umfassen, dauern bis heute an und die Funde aus Mageroy werden von verschiedenen Forschungseinrichtungen untersucht.

Beschreibung:

Schon von weitem fällt das in einer Talsenke gelegene Ausgrabungsgelände ins Auge: rund um die freigelegten Mauern der Häuser befinden sich kleine aufgeschüttete Anhöhen, auf denen Informationstafeln stehen und die einen guten Blick von oben auf das Gelände bieten.

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Ein Kuppelbackofen

Viele der Gebäudefundamente wurden im Laufe der Grabungskampagnen freigelegt. Fußwege führen durch das Gelände und zu den Aussichtshügeln. Daneben gibt es experimental-archäologische Bereiche wie einen Kuppenbackofen oder einen Kräutergarten, in dem thematisch gruppierte Pflanzen angebaut werden, zum Beispiel Pflanzen zum Färben, Aroma-Pflanzen oder Heilpflanzen.

Überall auf dem Gelände finden sich ausführliche und mit guten Illustrationen und Fotos versehene Informationstafeln (leider nur auf Französisch), sowie schematische Darstellungen der Gebäude, so daß man sich orientieren kann, was man gerade vor sich sieht.

Als wir im Juli 2017 dort waren, war gerade eine neue Ausgrabungskampagne des Vereins ARC-HAB im Gange und eine Gruppe aus etwa 10 freiwilligen jungen Leuten legte ein Nebengebäude frei. Die Grabungsteilnehmer waren sehr auskunftsfreudig und hilfsbereit und kamen sofort auf uns zu, um uns Informationen anzubieten, falls wir Fragen hätten. Auf die Frage, was aktuell erforscht wird, erfuhren wir, daß das Land Wallonien Geldmittel zur Verfügung gestellt hatte, um ein Nebengebäude freizugelegen, in dem wahrscheinlich Metall geschmolzen oder Erz verhüttet wurde. Man zeigte uns auch einige aktuelle Funde des Tages, vor allem Keramikscherben und Reste von Dachziegeln.

Das Gelände ist überraschend weitläufig und man kann sich dort frei bewegen und überall umschauen. Es gibt auch ein Verwaltungsgebäude, das für die Vereinsmitglieder zur Verfügung steht, ansonsten aber geschlossen ist, sowie einen Schuppen für die Grabungswerkzeuge und zur zwischenzeitlichen Aufbewahrung der Funde. Durch die gute und interessante Präsentation der Ausgrabungsstätte ist diese Villa Rustica sehr sehenswert und hebt sich auch von vielen anderen typischen gallo-römischen Landgütern ab, die man überall im Lande findet.

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Der Kräutergarten

Der Verein, der die Anlage betreut, ist sehr um Öffentlichkeitsarbeit bemüht und führt auf Anfrage auch Führungen durch. Daneben gibt es immer wieder Veranstaltungen, auch für Kinder, einen Fotowettbewerb, Exkursionen, Grabungscamps oder sogar eine „gallo-römische Radtour“.

Eintritt und Öffnungszeiten

Der Eintritt ist frei. Die Villa Mageroy ist jederzeit und rund um die Uhr frei zugänglich. Sonderveranstaltungen kosten gegebenenfalls eine Teilnehmergebühr.

Sonstiges

Fotografieren ist uneingeschränkt möglich.

Ein Besuch der Villa Mageroy läßt sich gut mit einem Besuch der nahen Stadt Arlon kombinieren, die ein hervorragendes archäologisches Museum hat, dessen gut erhaltene gallo-römische Abteilung wegen seiner Skulpturen als eine der besten des Landes gilt.  Ebenfalls in der Nähe liegt das Keltenmuseum von Libramont-Chevigny.

Quellen und weiterführende Informationen:

Jupitergigantensäulen – eine gallo-römische Neuschöpfung

Die rekonstruierte Jupitergigantensäule von Schwarzenacker (Foto von Lokilech, lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Die rekonstruierte Jupitergigantensäule von Schwarzenacker (Foto von Lokilech, lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Die Jupitersäule – eine Säule, auf deren Sockel vier klassische römische Götter abgebildet sind, darüber Wochengötter, Jahreszeiten und zuletzt der oberste römische Gott selbst, der auf seinem Thron sitzend auf die Welt hinabblickt: wer vermutet dabei nicht, daß es sich um eine der ur-römischsten Darstellungsformen der römischen Götterwelt handelt?

Tatsächlich aber sind die Jupitersäulen, und insbesondere ihre gallische Unterart, die Jupiter-Gigantensäulen, ein Phänomen, das südlich der Alpen nahezu unbekannt ist und das ein spannendes Zeugnis der Verschmelzung keltischer und römischer Glaubensvorstellungen darstellt. Sie ist deswegen ganz typisch für den gallo-römischen Cultus, wie er hier, in unserer Region, praktiziert wurde, wo Hunderte dieser Säulen auf engem Raum gefunden wurden.

Der Cultus um die Jupitergigantensäulen gilt als eines der besten Beispiele für eine neue, von Italien und dem Kernland losgelöste Form und eigenständige Entwicklung der römischen Religion – Religio Romana – nördlich der Alpen, auf die vor allem keltische, zum Teil aber auch orientalische Einflüsse einwirkten.

Die „klassische“ Jupitersäule, gekrönt von einem auf dem Thron sitzenden Jupiter, wie man ihn auch von Darstellungen der kapitolinischen Trias aus Rom kennt, entstand in Obergermanien im Raum Mainz und verbreitete sich von dort aus entlang des Mittelrheins bis hinauf an den Niederrhein, im nördlichen Gallien und Britannien.

Die Jupiter-Gigantensäule, als eigene Unterart, findet sich vor allem im östlichen Gallien, in Gallia Beligica, im Raum von Eifel, Mosel und Ardennen.

Einleitung: Was ist eine Jupitersäule?

Jupitersäulen (hier genutzt als Oberbegriff inklusive aller Unterarten) sind, vereinfacht gesagt, mehrere Meter hohe Säulen, auf deren Spitze sich eine Darstellung des Gottes Jupiter befindet – daher der Name.

Der Sockel einer Jupitersäule wird immer von einem „Viergötterstein“ gebildet, einem Quader, auf dessen vier Seiten vier Götter als Reliefs abgebildet sind. Die weitaus häufigste Götterkombination ist hierbei Herkules, Merkur, Minerva und Juno. Daneben treten auch Varianten mit anderen Göttern auf, z.B. mit Victoria, Fortuna, Apollo, Mars oder Proserpina.

Oberhalb des Sockels folgt ein kleinerer Sockel, der als „Wochengötterstein“ bezeichnet wird. In vielen Fällen enthält er Reliefs der klassischen Wochentags- oder Planetengötter Sol, Luna, Mars, Merkur, Jupiter, Venus, Saturn. Oft aber finden sich hier auch andere Götter in beliebigen Kombinationen, wie z.B. Vulcanus, Apollo oder die Dioscuren.

Über diesem Sockelstein folgt oft ein Zwischenblock, in den die Weiheinschrift „IOM“ gemeißelt ist – die Abkürzung für den Namen des höchsten Gottes, Iupiter Optimus Maximus.

Es folgt eine mehrere Meter hohe Säule, deren Höhe zwischen 4 Metern bis hin zu 9 Metern (bei der höchsten bisher gefundenen Jupitersäule aus Mogontiacum/Mainz) variiert.

Jupitersäule an der Saalburg mit Altar

Jupitersäule an der Saalburg mit Altar

Es gibt dabei zwei Ausprägungen der Zwischensäule: beim „klassischen“ Typ, wie in Mainz, besteht die Säule aus einzelnen Säulentrommeln oder -blöcken, in die ebenfalls Bilder und szenische Darstellungen von Göttern gemeißelt sind.

Bei der gallischen Variante, der Jupitergigantensäule, sieht die Säule wie ein Baumstamm aus, es findet sich mehrheitlich ein markantes Schuppenmuster, seltener Eichenlaub, Weinranken oder andere Blätterdarstellungen.

Das korinthische Kapitell der Säule, auf dem der Abschlußstein ruht, ist mit Akanthusblättern verziert. Manche Kapitelle zeigen vier weibliche Gesichter an den vier Seiten, die als die vier Jahreszeiten gedeutet werden.

Auf dem Kapitell thront der Abschlußstein. Auf diesem befindet sich, je nach Region, eine von vier Jupiterdarstellungen. In Obergermanien und am Niederrhein bis nach Britannien zeigt diese Darstellung meist einen auf dem Thron sitzenden Jupiter, der ein Blitzbündel in der Hand hält. Auf den im ostgallischen Raum verbreiteten Jupitergigantensäulen ist Jupiter reitend auf dem Pferd dargestellt, wie er einen Giganten – oft in Form einer Schlange – niederreitet. Zwei seltenere Darstellungen zeigen Jupiter nackt und stehend, mit einem Blitz in der Hand, oder in einem von zwei Pferden gezogenen Streitwagen, der Biga. Oft trägt er dabei auch eine Rüstung, einen sogenannten Feldherrenpanzer.

Auf diese Darstellungen kommen wir später noch im Detail zurück.

Jupitersäulen waren in der Antike – wie auch andere Säulen, Statuen, Reliefs, Figuren, Grabsteine und Gebäude-, bunt bemalt, wodurch die dargestellten Götter und Szenen plastisch wurden. Eine nach historischem Vorbild rekonstruierte und bunt bemalte Jupitersäule befindet sich im Archäologischen Park Schwarzenacker und zeigt, wie eindrucksvoll und anschaulich eine solche Säule gewirkt haben mag.

Verbreitung der Säulen

Der reitende Jupiter zertrampelt die Giganten (Metz)

Der reitende Jupiter zertrampelt die Giganten (Metz)

Wie eingangs bemerkt, sind Jupitersäulen ein ausschließlich aus den Nordwestprovinzen des Römischen Reichs bekanntes Phänomen. Die weitaus größte Zahl wurde im Gebiet zwischen Obergermanien und Ostgallien gefunden. Einzelne Funde gibt es aus dem Donauraum. Eine einzige Säule soll in Rom vor dem Jupiterheiligtum auf dem Kapitol gestanden haben, diese ist jedoch nur aus der Erwähnung einer schriftlichen Quelle bekannt und archäologisch nicht erhalten.

Die größte und spektakulärste Jupitersäule wurde in Mainz gefunden, der ehemaligen Hauptstadt der Provinz Germania superior (Mogontiacum). Man geht davon aus, daß sie als Vorlage und Inspiration für die daraufhin überall entstehenden Säulen diente, die dann meist von lokalen Bildhauern kopiert und nach regionalen Vorlieben weiterentwickelt wurden.

Jupitersäulen fanden sich an verschiedenen Orten des öffentlichen Lebens, an den zentralen Plätzen von Ortschaften und Städten (im römischen Köln und Trier oder im belgischen Atuatuca Tungrorum), in ländlichen Siedlungen (wie z.B. im vicus von Bad Kreuznach, im vicus Belginum), vor allem in den Handwerkervierteln, in der Nähe von Militärkastellen (wie an der Saalburg), aber die meisten befanden sich tatsächlich im privaten Besitz und wurden von Einzelpersonen gestiftet und aufgestellt.

Die häufigsten Funde stammen von römischen Landgütern und Gutshöfen (villa rustica), wo sie oft vor dem Haupt-Wohngebäude oder im Eingangsbereich des Geländes zu finden waren. Das beweist, daß sie keine staatliche Einrichtung waren, die mit Staats- oder Kaiserkult in Verbindung stand, sondern daß sie auch eine wichtige Rolle im privaten Cultus, der Sacra Privata der Stadt- und Landbewohner spielten.

Jupitersäule im Merkurtempel von Tawern

Jupitersäule im Merkurtempel von Tawern

Oft standen Jupitersäulen auch in Tempelanlagen für andere Götter, wie zum Beispiel im Merkur-Tempelkomplex von Tawern. Viele dieser Heiligtümer waren lokalen, einheimischen Gottheiten geweiht, wie das Apollo-Grannus-Heiligtum von Alzey.

Vor der Säule befand sich oft ein Altar, auf dem Kulthandlungen vollzogen wurden. Auch standen die Säulen gelegentlich in eigenen, umgrenzten Arealen, in denen sich weitere Götterbilder, Reliefs oder Statuen befanden, wie für Epona oder den Genius loci des Ortes..

Die berühmte Mainzer Säule stammt aus dem Jahr 59 n. Chr. und wurde anläßlich eines vereitelten Attentats auf Kaiser Nero errichtet. Daher ist ihre Datierung sehr exakt möglich.

Die frühesten Gigantenreiter stammen aus der flavischen Kaiserzeit (ab 69 n. Chr.), der Höhepunkt ihrer Beliebtheit und Verbreitung lag jedoch zwischen 170 und 240 n. Chr..

Es gibt zahlreiche archäologische Funde gut erhaltener Säulenteile. Im Verbund erhaltene Säulen sind leider selten, meist sind die Säulen zertrümmert oder in verschiedene Teile zerbrochen. Auch die Mainzer Säule wurde aus zahlreichen Einzelstücken in aufwendiger Kleinarbeit wieder zusammengesetzt. Aufrecht stehende Säulen sind in Deutschland nicht erhalten; die einzige oberirdisch erhaltene Jupitergigantensäule Galliens stammt aus Cussy-la-Colonne in Frankreich.

Viergöttersteine in Bad Kreuznach

Viergöttersteine in Bad Kreuznach

Am häufigsten finden sich ihre Sockel – die Viergöttersteine -, die aufgrund ihrer symmetrischen Form oft bis ins Mittelalter hinein als beliebtes Baumaterial genutzt wurden, vor allem beim Bau von Kirchen. Als sogenannte „Spolien“ (wiederverwertete Teile von Bauwerken älterer Kulturen) fanden sich gut erhaltene Viergöttersteine in Altären (wo sie oft zu Darstellungen von Heiligen umgedeutet wurden oder den Sieg des Christentums über die heidnischen Götter demonstrierten) und in den Wänden mittelalterlicher Kirchen und Kapellen. Ein Beispiel dafür ist der Viergötterstein in der Dorfkirche von Hottenbach im Hunsrück, der erst Teil des Altars war und nach der Reformation als Baumaterial oberhalb der Kirchentür verwendet wurde.

Aber auch geschuppte Säulen und Kapitelle sind in großer Zahl erhalten, ebenso wie die verschiedenen Jupiterdarstellungen auf dem Abschlußstein.

Die vielen gut erhaltenen Funde von Säulenteilen erlauben einen guten Überblick über die räumliche und zeitliche Verteilung der Jupitersäulen, sowie über die geographische Verbreitung der unterschiedlichen Darstellungsformen.

Die Jupitergigantensäule – germanisch oder keltisch?

Schon früh fielen interessierten Forschern die Jupitergigantensäulen mit ihren schuppigen, baumstammartigen Säulen und dem berittenen Jupiter auf der Spitze auf, die so gar nicht zu typisch römischen Darstellungen des höchsten aller Götter passten.

Die schuppige Säule ist typisch für den Untertyp der Jupitergigantensäule

Die schuppige Säule ist typisch für den Untertyp der Jupitergigantensäule

Während der auf dem Thron sitzende Jupiter aus dem Raum Mainz noch eindeutig von der Darstellung der kapitolinischen Trias aus Rom übernommen worden war, wußte man mit dem berittenen Jupiter, der den Giganten vom Pferd aus niederreitet, zuerst nichts anzufangen. Zwar ist die Niederschlagung der rebellierenden Giganten durch Jupiter – unterstützt von Herkules – ein klassisches Thema der griechisch-römischen Mythologie, aber in keiner einzigen Darstellung südlich der Alpen oder gar in Rom selbst wurde Jupiter jemals auf einem Pferd reitend dargestellt. Ein reitender Jupiter entspricht einfach so gar nicht der traditionellen römischen Ikonographie dieses Gottes.

Im 19. Jahrhundert, im Rahmen der Germanen-Romantisierung, deutete man die schuppigen Säulen als Irminsul, den heiligen Baum der Sachsen, und vermutete germanische Wurzeln in der Darstellung des reitenden Jupiter als Odin mit seinem Pferd Sleipnir oder als blitzeschleudernder Donnergott Thor. Abgesehen davon, daß diese beiden skandinavischen Götter nicht wirklich etwas mit dem Glauben der hier ansässigen Südgermanen zu tun hatten, sprachen auch archäologische Siedlungsbefunde in den Verbreitungsgebieten dieser Säulen gegen einen germanischen Einfluß oder gar eine germanisch-römische Synkretisierung aus Donar-Herkules, Donar-Jupiter oder Wodan-Jupiter samt Irminsul, die man gerne hineininterpretierte.

Stattdessen wurde die überwältigende Mehrzahl der Jupitergigantensäulen auf eindeutig keltisch besiedeltem Gebiet gefunden, die meisten davon in Gallien und im eindeutigen Kontext von typisch keltischen und gallo-römischen Siedlungsspuren.

Im 19. Jahrhundert, im Zuge der Germanen-Romantisierung, deutete man den Gigantenreiter gerne als Odin auf seinem Pferd Sleipnir

Im 19. Jahrhundert, im Zuge der Germanen-Romantisierung, deutete man den Gigantenreiter gerne als Odin auf seinem Pferd Sleipnir

Heutzutage ist der keltisch-römische Hintergrund der Jupitergigantensäulen in der Forschung unstrittig, auch wenn es aus dem neuheidnischen germanischen Lager immer wieder Stimmen gibt, die es gerne anders sehen würden. Aber eine massenhafte Verbreitung der sächsischen Irminsul in den Weiten Galliens, in gallo-römischen Gutshöfen und Ansiedlungen, in eindeutig keltischen Siedlungsgebieten an der Mosel, in der Eifel und in Luxemburg, macht selbst bei oberflächlicher Betrachtung keinen Sinn.

Die Darstellung des Blitze schleudernden Gottes auf dem galoppierenden Pferd interpretiert als Odin auf Sleipnir, Wotan, Thor oder Donar ist in germanischen Kreisen nach wie vor ein beliebtes Diskussionsthema, wobei man sich hier bezüglich der Entsprechungen – die meist aus der Germania von Tacitus abgeleitet werden – nicht ganz einig ist. Denn einerseits wird Wodan mit Merkur gleichgesetzt, während Donar die Entsprechung von Jupiter, aber auch von Herkules ist. Da die Jupitersäulen – auch aus der Inschrift IOM – eindeutig als dem höchsten römischen Gott geweihte Säulen zu erkennen sind, wären sie nach germanischem Verständnis Donar-Säulen und keine Wodan-Säulen. Diese Spekulationen überlassen wir an dieser Stelle aber denjenigen, denen es ein Anliegen ist, ein antikes, vereintes und religiös in sich geschlossenes Germanentum im gesamten Raum links des Rheins zu beweisen 😉

Wir halten uns an die provinzial-archäologischen Befunde und das, was für uns – als Praktizierende des Cultus Deorum Romanorum mit gallo-römischem Schwerpunkt – als im wissenschaftlichen Kontext historisch wahrscheinlich und damit sinnvoller erscheint.

Die „klassische“ Jupitersäule aus Obergermanien

Die fast 10 Meter hohe Jupitersäule von Mainz, deren Repliken heute sowohl vor dem Mainzer Landtag als auch bei der Saalburg im Taunus zu bestaunen sind, gilt als die „Mutter aller Jupitersäulen„. Sie löste einen regelrechten Trend aus und führte zu einem fast explosionsartigen Auftauchen weiterer, meist jedoch deutlich kleinerer Säulen, rund um Mainz im Raum Obergermanien.

Der sitzende Jupiter auf dem Thron (RGM Köln)

Der sitzende Jupiter auf dem Thron (RGM Köln)

Diese Form mit dem sitzenden Jupiter und den bildlich gestalteten Säulen verbreitete sich schnell nördlich entlang des Rheins bis nach Niedergermanien und schaffte auch den Sprung nach Britannien.

Die Darstellungsweise des auf dem Thron sitzenden Jupiters ist, wie bereits erwähnt, typisch römisch und stammt aus dem Kapitol in Rom. Sie ist an die klassisch griechische Darstellung des Zeus angelehnt und betont Jupiters Funktion als Göttervater, der an der Spitze der römischen Götter steht – als Iupiter Optimus Maximus meist dargestellt in der Trias mit seiner Frau Juno und seiner Tochter Minerva.

Diese sitzende Darstellung als Teil der kapitolinischen Trias entspricht auch der Darstellung des Jupiter, wie er im römischen Staats- und Kaiserkult, vor allem in den Städten und Fahnenheiligtümern der Legionen verehrt wurde. Daß diese enge Verbindung des Jupiter zum Kaiserkult auch in den nördlichen Provinzen eine wichtige Rolle spielte, beweist die ab dem 3. Jahrhundert häufig auftretende Weiheformel „IHDD“, „In Honorem Domus Divinae“ – „zu Ehren des göttlichen Kaiserhauses“, die oft in Verbindung mit IOM zu finden ist.

Das Militär in den Provinzen, vor allem in den Limeskastellen wie in der Saalburg, verehrte Jupiter als IOM Stator, als „Jupiter, der die flüchtenden Heere zum Stehen bringt“ und demnach als Schlachtengott den Sieg bringt.

Das Blitzbündel in seiner Hand betont seine Funktion als Gewitter-, Donner- und Blitzgott, der in den Erscheinungsformen von Jupiter tonans („dem Donnernden“) und Jupiter fulgur („dem Blitzenden“) auftritt.

Diese Jupitersäulen zeigen, im Gegensatz zu den mit Schuppen oder Blättern dekorierten Jupitergigantensäulen, oft reiche bildliche Darstellungen weiterer Götter oder anderer vergöttlichter Elemente (wie der Genius des Kaisers Nero in Mainz) auf den Säulentrommeln.

Der stehende Jupiter als Himmelsgott

Der stehende Jupiter (Jupitersäule Saalburg)

Der stehende Jupiter (Jupitersäule Saalburg)

Eine zweite Darstellungsweise des Jupiter, die in den Nordwestprovinzen vorkommt, folgt ebenfalls der klassischen römischen Ikonographie.

Hier wird Jupiter als Göttervater und Himmelsgott stehend dargestellt, bärtig, nackt und nur mit einem Schulterüberwurf bekleidet. In seiner rechten ausgestreckten Hand sitzt ein Adler, in der linken Hand hält er eines seiner anderen typischen Attribute, entweder Zepter, Patera (Opferschale) oder das Blitzbündel.

Diese Darstellung ist weitaus seltener als die klassische sitzende, kapitolinische Form und der Jupitergigantenreiter.

Der Jupitergigantenreiter

Eindeutig nicht-römischer Herkunft ist die Darstellung des Jupitergigantenreiters, der sich auf zahlreichen Säulen im östlichen Gallien findet.

Jupiter sitzt hier auf einem galoppierenden Pferd, das einen Giganten in Form eines Riesen oder einer Schlange niedertrampelt, wobei der Gott oft ein Blitzbündel schleudert. Mit der anderen Hand hält er oft ein Rad, in dessen Speichen er greift.

Die Darstellung eines auf einem Pferd reitenden Jupiters ist aus dem südlichen Bereich des Römischen Reichs nicht bekannt, sondern entstammt keltischen Vorstellungen. Ebensowenig gehört das Rad zu Jupiter, es ist ebenfalls ein typisch keltisches Symbol.

Bevor wir uns dieser keltischen Variante des Jupiters zuwenden, betrachten wir die ebenfalls keltische Darstellung der Säulen mit ihrem Schuppen- oder Blätterbewuchs.

Jupitergigantenreiter aus Ladenburg (Foto von Klaus Graf)

Jupitergigantenreiter aus Ladenburg (Foto von Klaus Graf)

Es gibt mehrere römische und griechische literarische Quellen, die eine Verbindung zwischen Jupiter (oder seiner griechischen Entsprechung Zeus) und einem keltischen Baumkult herstellen.

Schon im 2. Jahrhundert v. Chr. berichtete der Grieche Maximos von Tyros, daß die „Kelten als Götterbild des Zeus eine hohe Eiche verehren“. Auch der römische Dichter Valerius Flaccus beschreibt um 70 n. Chr. in seiner „Argonautica“ einen einheimischen Stamm an der unteren Donau, der Baumstämme mit der Statue Jupiters darauf verehren würde („truncae Iovis simulacra coumnae„). In beiden Quellen wird eine baumartige Säule mit dem Gott Jupiter in Verbindung gebracht.

Daß für die Kelten Bäume in ihrer kultischen Praxis eine wichtige Rolle spielten, ist unumstritten. Der nemetom – die keltische Bezeichnung für einen Kultplatz, etymologisch verwandt mit dem griechischen νέμος / némos (Waldung) und dem lateinischen nemus (Hain) – wird oft als Wald- oder Baumheiligtum gedeutet, auch wenn die Kelten, entgegen populärer romantischer Vorstellungen ihre Religion nicht nur im „Heiligen Hain“ praktizierten, sondern durchaus auch fest errichtete Tempelgebäude nutzten und ihre Oppida – Großsiedlungen – städtische Formen hatten, so daß mit nemetom vielfältige Formen einer „geheiligten  Stätte“ gemeint sein können.

Auch bei Kelten sehr beliebt: Hercules (Detail der rekonstruierten Säule von Schwarzenacker)

Auch bei Kelten sehr beliebt: Hercules (Detail der rekonstruierten Säule von Schwarzenacker)

Auch wird oft eine Verbindung zwischen den Druiden mit einem Eichenkult postuliert; Plinius der Ältere vermutete, daß die Bezeichnung auf das altgriechische Wort für „Eiche“ zurückgeht. Auch die keltische Wurzel „dru“ für „Eiche“ steckt in dem Wort, so daß die Übersetzung des Wortes „Druide“ als „Eichenkundiger“ in der Wissenschaft heute gängig ist.

Ein gutes Beispiel für diese Übertragung keltischer Kultvorstellungen ist die 1964 gefundene Jupitergigantensäule aus Hausen an der Zaber, deren Säulentrommeln statt mit Schuppenbewuchs mit Eichenlaubblättern geschmückt sind.

Hierbei muß jedoch auch beachtet werden, daß die Eiche nicht nur ein typisch keltisches Symbol ist, sondern auch Jupiter selbst – beziehungsweise seinem griechischen Äquivalent Zeus – als heiliger Baum gilt, der in der Mythologie eine wichtige Rolle spielt, da Zeus im Orakel von Dodona aus dem Rauschen der Blätter einer Eiche weissagt. Insofern paßt die Verzierung einer Säule mit Eichenlaub zu beiden Kulturkreisen und kann in beide Richtungen gedeutet werden.

Die Baumstamm- und Schuppensymbolik der gallischen Jupitergigantensäulen ist deswegen zwar ein gut belegbares Indiz für einen Zusammenhang mit keltischem Baumkult, eindeutiger auf keltische Einflüsse hinweisend ist jedoch die Darstellung des Jupiters mit dem Rad.

Jupiter mit dem Rad

Opferszene an einer Jupitersäule mit Rad (Mosaikkalender aus St. Romain-en-Gal)

Opferszene an einer Jupitersäule mit Rad (Mosaikkalender aus St. Romain-en-Gal)

Die Verbindung Jupiters mit dem Rad ist auch von anderen bildlichen Darstellungen aus dem gallo-römischen Raum bekannt. In Alzey gibt es die Darstellung eines auf dem Thron sitzenden Jupiters, dessen Thron an der Seite ein Radsymbol zeigt.

Das Rad gilt generell als ein Himmelssymbol, wobei es nicht nur als Sonnenrad auftritt, sondern auch als Donnerrad, was sich aus dem rumpelnden Geräusch eines fahrenden Wagens leicht erklären läßt.

Ein Mosaik aus einem Landgut aus St.-Romain-en-Gal zeigt einen Mann und eine Frau, die vor einer Jupitersäule ein Opfer an Jupiter frugifer darbringen, um für gute Ernte zu bitten. Die dargestellte Jupitersäule zeigt auf der Spitze einen stehenden Jupiter, der in der rechten Hand ein Blitzbündel hält und mit der linken Hand auf ein Rad gestützt ist.

Die eindeutigste Verbindung stammt jedoch aus Köln, wo auf einem Jupiteraltar mit der Inschrift IOM ein achtspeichiges Rad abgebildet ist. Es gibt auch Bildnisse ohne Jupiterfigur, wo nur das Rad in Kombination mit dem Blitzbündel dargestellt ist. Der mit Blitz und Rad assoziierte Gott wird in allen erhaltenen Inschriften als Jupiter identifiziert und ist deswegen eindeutig.

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Museen und Archäologische Parks: Archäologiepark Belginum

Das Museum des Archäologischen Parks steht mitten im vicus Belginum

Das Museum des Archäologischen Parks steht mitten im vicus Belginum

Anschrift:

Keltenstraße 2, 54497 Morbach

Anfahrt:

Der Archäologiepark Belginum liegt unmittelbar an der Hunsrückhöhenstraße – schon zu keltischer und römischer Zeit eine wichtige Fernstraße quer durch den Hunsrück von Trier (Augusta Treverorum) nach Bingen (Bingium), die Ausoniusstraße. Sie ist benannt nach dem Dichter Decimus Magnus Ausonius, bekannt für seine Moselbeschreibung „Mosella“. Der Verlauf der heutigen Hunsrückhöhenstraße folgt noch heute der antiken Fernstraße.

Der Park liegt in der Nähe der Dörfer Morbach und Hochscheid im Hunsrück. Letzeres spielte zu römischer Zeit wegen des dortigen Quellheiligtums für Sirona und Apollo-Grannus mit Heilbad, Pilgerherbergen und Tempelkomplex eine überregional bedeutsame Rolle. Da er unmittelbar an der Bundesstraße liegt, ist er mit dem Auto gut erreichtbar. Parkplätze stehen vor dem Museum kostenlos zur Verfügung.

Überall im Park finden sich Informationstafeln auf Deutsch, Englisch und Französisch

Überall im Park finden sich Informationstafeln auf Deutsch, Englisch und Französisch

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Park etwas umständlich zu erreichen. Der nächste Bahnhof befindet sich in Bernkastel-Kues an der Mosel. Von dort aus fährt man mit der Buslinie 311 bis zur Haltstelle „K106“ bei Wederath (Keltenstraße). Von dort aus sind es noch einige Minuten zu Fuß. Dort halten jedoch nur wenige Busse pro Tag, so daß die An- und Abreise sehr gut geplant werden muß. Ansonsten gibt es noch einen Bahnhof in Idar-Oberstein, von dem aus ebenfalls ein Bus nach Morbach fährt. Hier sehen die Verbindungen jedoch nicht besser aus, so daß man besser mit dem Auto anreisen sollte, wenn man die Möglichkeit dazu hat.

Belginum ist auch eine Station auf dem 106 km langen „Sirona-Weg„, der antiken Stätten der Kelten und Römer folgt. Dieser Wanderweg befindet sich lt. Aussage der Verbandsgemeinde zur Zeit auf dem Prüfstand, so daß einige Wegpunkte und Schilder nicht ganz so gut gepflegt sind, wie sie es eigentlich sein sollten. Auch die Website des Sirona-Weges ist zur Zeit offline. Dem Weg kann man aber dennoch gut folgen; insbesondere im Raum Belginum – Hochscheid – Stipshausen – Bundenbach finden sich einige interessante Sehenswürdigkeiten, die in diesem beliebten Wandergebiet in einer Ganztageswanderung erschlossen werden können (Abschnittslänge ca. 20 km).

Hintergrundinformationen:

Der vicus Belginum im östlichen Gallien war zu römischer Zeit ein Ort, der direkt an der viel bereisten und zum Teil zweispurig ausgebauten Ausoniusstraße lag und damit ein wichtiger Durchgangsort war für Reisende in West-Ost-Richtung und für Pilger, die auf dem Weg zum nahen Quellheiligtum in Hochscheid waren.

Ein Kräutergarten mit typischen Kräutern, die zu römischer Zeit verwendet wurden

Ein Kräutergarten mit typischen Kräutern, die zu römischer Zeit verwendet wurden

Der Siedlungsort ist jedoch weit älter und war schon in vorrömischer Zeit von einheimischen Kelten besiedelt. Die Siedlungsgeschichte erstreckt sich von 400 v. Chr. bis 400 n. Chr. und ist deswegen ein bedeutender Fundort für die keltische Zeit im Hunsrück, der vom Stamm der Treverer bewohnt war.

Darüber hinaus ist er auch eine wichtige Fundstätte für die gallo-römische Übergangszeit, da er detailliert den Prozeß der Romanisierung der einheimischen Bevölkerung belegt, die mit der Ankunft der Römer nach dem Ende des Gallischen Krieges nach und nach den römischen Lebensstil übernahmen. Nicht zuletzt wird auch die provinzialrömische Zeit bis in die Spätantike und die beginnende Christianisierung dokumentiert.

Das Besondere an Belginum ist, daß neben dem eigentlichen Ort mit seinen vier Tempelkomplexen, Kulttheater (dessen Nutzung zu kultischen Zwecken durch eine Inschrift belegt ist) und kleinem Militärlager ein riesiges Gräberfeld lag, das fast 1000 Jahre lang durchgängig genutzt wurde.

Es finden sich sowohl keltische Hügelgräber aus vorrömischer Zeit, Gräber aus der Zeit des Gallischen Krieges, Brandgräber nach römischem Brauch und zuletzt Körpergräber nach christlichem Brauch. Die fast 2500 entdeckten Gräber dokumentieren durch ihre Grabfunde detailliert Alter, Geschlecht, Besitzstand und Status der hier Bestatteten. Es gibt Gräber alter und junger Menschen bis hin zu Kindergräbern, wohlhabender und armer Einwohner, Krieger und Handwerker. Insbesondere in der Bestattungskultur ist der Übergang von keltischen zu gallo-römischen Bräuchen und der Mischkultur, die für diese Region typisch ist, sehr gut zu beobachten.

Die Göttin Epona wurde hier im Tempel verehrt, sie war eine der Hauptgottheiten der Treverer

Die Göttin Epona wurde hier im Tempel verehrt, sie war eine der Hauptgottheiten der Treverer

Die Verschmelzung keltischer Bräuche und Glaubensvorstellungen, auch die Übernahme von Gottheiten, die für die Treverer eine besonders zentrale Rolle spielten (wie Epona, Sirona und Grannus) in den römischen Pantheon sind in dieser Region im Hunsrück sehr gut zu sehen. Hier hat sich, wie im ganzen östlichen Gallien (vor allem im Mosel- und Eifelraum) die besondere Mischform des gallo-römischen Cultus in ganz typischer Weise herausgebildet und ist in Belginum durch die Jahrhunderte nachvollziehbar.

Im Tempelbezirk sind die typisch gallo-römischen Umgangstempel mit Cella nachgewiesen. Dort ebenfalls gefundene Pfostenlöcher weisen bereits auf eine Nutzung als Tempelbezirk zu keltischer Zeit hin, da auch die Kelten in dieser Region bereits feststehende Tempelgebäude errichteten. Gleichzeitig befand sich der Tempelbezirk am Ortsrand, was vermuten läßt, daß hier keltische Traditionen der Naturverehrung mit römischen städtischen Traditionen verbunden wurden. Zahlreiche Inschriften, Weihealtäre, Bronzestatuetten und Opfergaben (wie Pferdegeschirr und Wagenteile, die im Tempel gefunden wurden) belegen unter anderem, daß hier ein zentrales Heiligtum für die Göttin Epona stand. Sie war eine der wichtigsten Göttinnen der Treverer, die im ganzen Reich für ihre Pferdezucht bekannt waren und auch die römische Armee mit Pferden belieferten.

Welche anderen Götter eine zentrale Rolle in den Umgangstempeln spielten, ist nicht bekannt, da in keiner Cella ein großes Standbild (wie man es zum Beispiel von Sirona aus Hochscheid kennt) gefunden wurde. Zu den kleinen Figurenfunden gehörten unter anderem Venus und Herkules.

Belginum vicus an der Ausoniusstraße auf der römischen Straßenkarte

Belginum vicus an der Ausoniusstraße auf der römischen Straßenkarte

Die Siedlungsgeschichte an diesem Ort begann um 400 v. Chr. zur Zeit der Hunsrück-Eifel-Kultur, reicht kontinuierlich über die Spätlatènezeit bis in die Eisenzeit und Spätantike. Der Name des Ortes, vicus Belginum, ist auf der Tabula Peutingeriana aufgeführt, einer 6,80 Meter langen römischen Straßenkarte aus dem 3. Jahrhundert, die die wichtigsten Orte des gesamten Römischen Reichs und deren Verbindungsstraßen zeigt (das Original ist nicht erhalten, wurde zu spätrömischer Zeit im 5. Jahrhundert auf der Grundlage von Kartenmaterial aus dem 3. Jahrhundert neu erstellt, zu karolinischer Zeit und im 12. Jahrhundert kopiert; die letzte Kopie ist erhalten geblieben). Auch das zeigt die Bedeutung dieses Ortes an einem wichtigen Verkehrsweg.

Durch die verkehrsgeographische und strategische Lage war Belginum ein wichtiger Warenumschlagplatz, über den Waren aus entfernten Regionen des Reichs, so aus Afrika, Spanien und Italien, nach Norden und von Westen an den Rhein transportiert wurden. Rohstoffe und Güter aus der Region gelangten von hier aus wiederum in den Mittelmeerraum. Zahlreiche Funde, wie riesige Amphoren mit spanischem Olivenöl, dokumentieren den reichsweiten Warenverkehr, der mit hohem logistischem Aufwand betrieben wurde.

Hercules-Figur, gefunden in Belginum

Hercules-Figur, gefunden in Belginum

Im Ort herrschte ein reges Markttreiben, der Markt zog Händler, Handwerker und Kunden von weither an. Außerdem gab es die wichtigsten Handwerksbetriebe vor Ort, vom Radmacher und Wagenbauer über Tischler, Schmiede, bis zum Tuchmacher sowie Ärzten. Die Gegend war auch – wie heute noch – stark von Landwirtschaft geprägt, so daß Bauern in Belginum die Produkte aus der Region anboten.

Die Siedlung bestand aus engen, nebeneinander liegenden Parzellen mit schmalen, rechteckigen Häusern von 8 – 10 Metern Breite und 30 – 40 Metern Länge, die entlang der Straße errichtet waren. Jedes Haus verfügte über einen eigenen Keller und hatte vor der Eingangstür ein Vordach. Es handelte sich um Fachwerkhäuser, die auf steinernen Fundamenten standen und sie beinhalteten wahrscheinlich, wie dies üblich war, Geschäfte und Werkstätten im vorderen Teil und Wohnräume im hinteren Teil. Daran schlossen sich Innenhöfe und Gärten an, in denen Zisternen und Abwässerkanäle eine gut funktionierende Wasserversorgung und Abwasserentsorgung belegen. Da diese Region des Hunsrück bekannt für seine Schiefervorkommen ist (Hunsrück-Schiefer, Bundenbacher Schiefer), der hier auch im großen Stil abgebaut wurde und immer noch wird, waren die Häuser schiefergedeckt.

Zum Ende des 4. Jahrhunderts wurde Belginum, wahrscheinlich durch den Druck der Germaneneinfälle, aufgegeben. Auch die Nekropole, in der fast 1000 Jahre lang Kelten und Römer ihre Toten bestatteten, wurde nicht mehr genutzt.

Die antike Stätte und der antike Straßenverlauf werden seit dem 17. Jahrhundert archäologisch erforscht. Bis ins 20. Jahrhundert waren die Ruinen in der nicht mehr neu besiedelten Gegend oberirdisch sichtbar und fielen immer wieder durch zahlreiche, auch außergewöhnliche Funde auf.

Keltische Hügelgräber in der Nekropole von Belginum

Keltische Hügelgräber in der Nekropole von Belginum

Die ersten systematischen Grabungen erfolgten ab dem Jahr 1954 in mehrjährigen Grabungskampagnen, bei denen das 4,5 ha große Gräberfeld mit seinen 2500 Gräbern archäologisch erfasst wurde. Ab 1969, im Rahmen von Straßenbaumaßnahmen an der nahen Bundesstraße, wurde auch der dazugehörige vicus untersucht, der etwa 600 Meter entlang der römischen Straße und der heutigen Hunsrückhöhenstraße verlief.

In den 90er Jahren wurde das Gebiet mit geophysikalischen Methoden untersucht, wobei zwei Tempelbezirke, das Kulttheater und ein frührömisches Militärlager nachgewiesen werden konnten.

Im Jahr 2002 wurde in diesem Gebiet der Archäologiepark Belginum gegründet, um die Funde zu bewahren und den bedeutsamen Ort der Öffentlichkeit vorzustellen. Die Ausgrabungen dauern bis heute an; aktuell konzentrieren sie sich auf den westlichen Teil der Siedlung und den zweiten Tempelbezirk. Die Grabungen erfolgen in Kooperation mit dem Landesmuseum Trier.

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Götterwelt: Sirona

Die Göttin Sirona (Dorfplatz Hochscheid im Hunsrück)

Die Göttin Sirona (Dorfplatz Hochscheid im Hunsrück)

Herkunft, Zuständigkeit, Bezeichnungen:

Die Göttin Sirona ist eine Quell- und Heilgöttin keltischen (gallischen) Ursprungs. Sie wurde auch als Dea Sirona oder Sancta Sirona angesprochen.

Anders als bei ihrem Begleiter Grannus, der in der Interpretatio Romana mit Apollo identifiziert wird, erfolgte bei Sirona keine Gleichsetzung mit einer römischen Göttin, so daß ihr Name immer alleine steht.

Da es von ihrem Namen in Inschriften verschiedene Schreibweisen gibt (Sirona, Thirona, Đirona), ist davon auszugehen, daß ihre Aussprache mit lateinischen Buchstaben schwierig wiederzugeben war. Sprachwissenschaftlich wird deswegen angenommen, daß ihr Name mit dem „Tau Gallicum“ (Đ) begann, einem Laut, der nur in der keltischen / gallischen Sprache existierte, nicht aber im Lateinischen. Das Đ wird wie ein scharfes, zischendes ß oder ts ausgesprochen, so daß die korrekte Aussprache des Namens wahrscheinlich „Tsirona“ oder „ßirona“ war.

Die Göttin Sirona ist aus zahlreichen Inschriften bekannt. Es existieren jedoch keine anderen schriftlichen Quellen über sie und sie wird auch von keinem antiken römischen Autor beschrieben, so daß ihre Mythologie und ihre Herkunftsgeschichte unbekannt sind. Dadurch, daß sie (ebenso wie die keltischen Göttinnen Rosmerta oder Epona) nie mit römischen Göttinnen gleichgesetzt wurde, ist davon auszugehen, daß keine Göttin ihr von der Mythologie und Hintergrundgeschichte her ähnlich genug war, um mit ihr identifiziert zu werden.

Sirona war vor allem im Stammesgebiet der keltischen Treverer sehr beliebt

Sirona war vor allem im Stammesgebiet der keltischen Treverer sehr beliebt (Rekonstruierte Keltensiedlung Bundenbach im Hunsrück)

9 Weiheinschriften sind für Sirona alleine bekannt, hinzu kommen 15 Inschriften, in denen sie gemeinsam mit Apollo-Grannus genannt wird.

Ihr Hauptverbreitungsgebiet ist das östliche und mittlere Gallien, vor allem die Provinzen Gallia Belgica (Großraum Westschweiz – Ostfrankreich – Moselraum – Ardennen – Vogesen – Luxemburg – Südbelgien – Trier – südliche Eifel) und Germania Superior (Rheingebiet südlich des Vinxtbaches – Südwestdeutschland – Teile Frankreichs und der Schweiz). Einzelne Inschriften gibt es auch aus Gallia Celtica, Raetium, Noricum, Pannonia, Dacia, Budapest, Wiesbaden sowie eine Inschrift aus Rom.

Besonders großer Beliebtheit erfreute sie sich bei den gallischen Treverern, die im Mosel- und Hunsrückraum heimisch waren. Sie war eine reine keltische Festlandsgöttin, es sind keine Funde aus Britannien bekannt.

Eines ihrer größten und wichtigsten Heiligtümer und Pilgerstätten lag bei Hochscheid im Hunsrück, wo Ausgrabungen neben Badehäusern auch einen Umgangstempel, Priesterhaus und Pilgerherbergen zum Vorschein brachten. Von hier stammen auch die fast vollständig erhaltenen Statuen von Sirona und Apollo-Grannus, durch die wir eine sehr gute Vorstellung der Ikonographie dieser Göttin haben.

Ein gut erhaltenes Sironabad befindet sich auch in Nierstein am Rhein.Hier sind sogar die Heilquellen noch intakt und das Wasser gilt bis heute als wirksam.

Inschriften für Sirona wurden meistens bei Heilquellen und Quellheiligtümern gefunden. Oft handelt es sich dabei um schwefelhaltige Quellen. Ihre Funktion als Heilgöttin, die eben vor allem in Bädern und an Quellen wirkte, ist aus den Inschriftentexten und dem Fundzusammenhang belegbar. Neben dem Tempelkomplex bei Hochscheid sind weitere Tempel für sie bekannt, sowohl Umgangstempel als auch Heilbäder mit Badeanlagen, die über Quellen oder Aquädukte mit Wasser versorgt wurden. In Nierstein wurden neben Trinkkuren und Bädern auch Dampf- und Tropfbäder mit dem schwefelhaltigen Wasser durchgeführt

In einigen Weiheinschriften bedanken sich die Stifter ausdrücklich für die Heilung einer bestimmten Person oder für ihre eigene Heilung, so daß ihre Funktion und Zuständigkeit gut belegt sind.

Begleiter:

Sirona und ihr Begleiter Apollo-Grannus (Sirona-Pavillon Stipshausen im Hunsrück)

Sirona und ihr Begleiter Apollo-Grannus (Sirona-Pavillon Stipshausen im Hunsrück)

Sirona tritt in der überwiegenden Anzahl der bekannten Inschriften in Kombination mit dem ebenfalls keltischen Heilgott Grannus in seiner Form als Apollo-Grannus auf.

Das große Heiligtum in Hochscheid war beiden Gottheiten geweiht. Apollo-Grannus war überregional im ganzen römischen Reich als Heilgott bekannt und beliebt, Kaiser Caracalla selbst wandte sich an ihn, als die anderen Heilgötter (in diesem Fall Aesculapius und Serapis) ihm nicht halfen. Caesar beschreibt in seinem De Bello Gallico, daß die Gallier „zur Vertreibung von Krankheiten zu Apollo beten“ (De Bello Gallico, 6,17); auch hier ist der keltische Heilgott Grannus gemeint, der in der gallo-römischen Form der Religio Romana zu Apollo-Grannus verschmolz.

Attribute und Darstellungen:

Die Darstellung der Sirona sowie ihre typischen Attribute sind gut bekannt, weil von ihr fast vollständig erhaltene, lebensgroße Statuen gefunden wurden. Die bekannteste und besterhaltene Statue stammt aus dem Tempelkomplex von Hochscheid, wo sie zusammen mit einer Figur des Apollo-Grannus aufgestellt war. Die Originale stehen heute im Landesmuseum Trier, aber lebensgroße Replikate dieser Sirona-Statue finden sich heute an zahlreichen Orten in dieser Hunsrück-Region, unter anderem in der Dorfmitte von Hochscheid und, gemeinsam mit einer Statue des Apollo-Grannus, in einem römischen Pavillon in Stipshausen.

Typische Darstellung der Sirona mit Sternendiadem, Palla, Schlange und Schale mit Eiern

Typische Darstellung der Sirona mit Sternendiadem, Palla, Schlange und Schale mit Eiern

Bei den Galliern waren zu vorrömischer Zeit figürliche und naturalistische Darstellungen ihrer Götter unüblich. Wenn überhaupt, waren Götterfiguren abstrakt oder grob modelliert. Deswegen gibt es keine Quellen oder Belege der keltischen Form dieser Göttin aus vorrömischer Zeit.

Sirona wird in ihrer gallo-römischen Form in typisch römischer Weise als junge Frau dargestellt, die in eine Palla gekleidet ist, das typische römische, bodenlange Übergewand. Darunter trägt sie ein Gewand mit freien Unterarmen, das unterhalb der Brust gegürtet ist. In ihren Händen trägt sie oft einen Korb oder eine Opferschale mit Äpfeln, Trauben, Ähren oder Eiern (3 Eier in Hochscheid). In manchen Darstellungen, wie in Hochscheid, windet sich eine Schlange um ihren Arm, die aus einer Schale in ihrer Hand trinkt. Damit ist ihre Ikonographie ähnlich der der römischen Heilgöttin Hygieia, Tochter des Aesculapius, die ebenfalls eine Schlange trägt und wurde wahrscheinlich von ihr übernommen. Auf dem Kopf trägt die Sirona von Hochscheid eine Kopfbedeckung mit einem Sternendiadem. Das wird als Hinweis für die (nicht unumstrittene) sprachwissenschaftliche Wurzel ihres Namens abgeleitet vom gallischen Wort für „Stern“: ser oder syr angenommen.

Eine Darstellung von den Schwefelquellen bei Alzey in Rheinhessen zeigt sie mit einer Opferschale, einer Patera, in der rechten Hand und einem Zepter in der linken Hand. Auch diese Darstellung ist durch die Inschrift eindeutig als Sirona zu identifizieren.

Eine Darstellung der Sirona auf einem Viergötterstein in Frankreich zeigt sie mit einem sternengeschmückten Diadem, von dem ein Schleier herabfällt. Hier hält sie in ihrer linken Hand ein Füllhorn, während sie in der rechten Hand eine Patera hält, zu der sich eine Schlange an ihrem Arm herabwindet.

Eine Bronzefigur aus Frankreich, die zusammen mit einer Figur des Apollo-Grannus mit Kithara gefunden wurde, zeigt Sirona nackt bis zur Hüfte und einer Schlange, die sich um ihren linken Arm windet.

Opfergaben:

Im Hunsrück ist Sirona noch heute an vielen Stellen anzutreffen

Im Hunsrück ist Sirona noch heute an vielen Stellen anzutreffen

Untersuchungen in Quellheiligtümern brachten verschiedene Opfergaben für Sirona zum Vorschein. Es schien üblich zu sein, daß Geheilte eine frisch geprägte, unbenutzte Münze in die Quelle legten (möglicherweise nach erfolgter Heilung, um den Zeitpunkt ihrer Heilung zu dokumentieren). Daneben fand man kleine Figuren, oft aus Terrakotta, die wahrscheinlich in den dem Tempel zugehörigen Devotionalienläden oder bei örtlichen Töpfereien gekauft werden konnten. Auch Keramik- und Glasscherben von Trinkgefäßen wurden gefunden, da man das Heilwasser aus der Cella (die in Hochscheid das Becken enthielt und von den Besuchern, anders als bei einem Umgangstempel, betreten werden durfte) selbst schöpfte.

In einem Brunnen in Pforzheim wurde eine Sirona-Statuette zusammen mit Keramiken, einer Wasserkelle, Nadeln und zahlreichen Tierknochen gefunden, sowie mit 8 menschlichen Skeletten. Die Deutung dieser Fundstätte ist nicht abschließend geklärt; einerseits war das Versenken von Opfergaben in Brunnen ein keltischer Brauch, andererseits ist aus dem wüsten Verfüllungszustand des Brunnens nicht eindeutig ein zeitlicher Zusammenhang zu konstruieren, so daß die menschlichen Skelette auch in der Folge der Alamanneneinfälle in den Brunnen gelangt sein könnten. Eine Deutung dieser Fundstätte in kultischer Hinsicht sollte deswegen, auch wegen der Ausnahmesituation, nicht vorgenommen werden.

Typische Opfergaben für Sirona im heutigen Cultus Deorum sind Äpfel und Münzen.

Feiertage:

Ein bestimmter Feier- oder Ehrentag für Sirona im römischen Kalender ist nicht überliefert.

Sonstiges:

„Sironabad innen“ (Bild von PM3, lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Das Sironabad von Nierstein (Foto von PM3, lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons)

Im Hunsrück befindet sich der 106 km lange „Sirona-Weg„, der ein Wandern auf keltischen und römischen Spuren ermöglicht. Er führt unter anderem durch die antike Siedlung Belginum und durch die Dörfer Hochscheid und Stipshausen, in denen Sirona noch heute große Wertschätzung erfährt. In diesen Orten befinden sich mehrere lebensgroße Standbilder der Sirona, die die Einheimischen pflegen und auch mit Blumen schmücken.

Der Sirona-Weg ist zur Zeit lt. Auskunft der Verbandsgemeinde auf dem Prüfstand, weswegen Schilder und Wegabschnitte nicht mehr ganz so gut gepflegt werden. Auch die offizielle Website ist zur Zeit offline. Wer auf den Spuren von Sirona wandeln möchte, kann aber trotzdem problemlos nach Belginum, Hochscheid und Stipshausen fahren, auch wenn der Tempelkomplex nach Fundaufnahme aus Angst vor Raubgräbern verfüllt wurde und nicht mehr an der Oberfläche zu sehen ist. Dennoch ist es interessant, wie lebendig Sirona in dieser Region noch ist und wie sehr sie auch von den Einheimischen noch heute geschätzt wird, auch ohne das sie eine Christianisierung erfahren hat.

Alternativ bietet sich eine Besichtigung des Sironabades in Nierstein an, sowie ein Besuch im Rheinischen Landesmuseum Trier, in dem die Originalstatuen der Sirona und des Apollo-Grannus aus Hochscheid ausgestellt sind.

Antike Stätten: Caiva-Tempel bei Gerolstein

Der Tempelkomplex auf dem Dolomitplateau bei Gerolstein

Der Tempelkomplex auf dem Dolomitplateau bei Gerolstein

Anschrift:

Der Tempel liegt auf einem Dolomit-Felsplateau oberhalb von Gerolstein. Keine postalische Anschrift.

Anfahrt:

Gerolstein liegt in der Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz. Es ist vor allem bekannt durch seine Sprudelquellen, die bereits von den Kelten und Römern genutzt wurden.

Eine direkte Anfahrt des Tempels „bis vor den Tempeleingang“ ist nicht möglich. Der Tempel befindet sich oberhalb von Gerolstein auf dem Dolomitplateau „Hustley“ und ist nur zu Fuß zu erreichen. Direkt am Tempelkomplex führen sowohl der Vulkanweg des Eifelvereins als auch der Eifelsteig vorbei, so daß er über zwei gut markierte Wege erwandert werden kann.

Die

Die „Munterley“, die Dolomitfelsen oberhalb von Gerolstein, sind die erste Station auf dem Weg zum Tempel

Der Tempel auf dem Plateau kann von zwei Richtungen aus erreicht werden: durch einen Aufstieg aus Gerolstein-Mitte hinauf auf das spektakuläre Munterley-Dolomitplataeu oder vom anderen Ende der Hochfläche aus, wo sich die Kasselburg mit einem Adler- und Wolfspark befindet.

Wir empfehlen, den Tempel aus Gerolstein über die Munterley zu erwandern, da der Weg weitere attraktive Sehenswürdigkeiten bietet. Außerdem dient die Munterley als Aussichtspunkt über die Umgebung, die für den archäologisch interessierte Besucher auch einen Blick auf die gegenüber liegende, 617 m hohen Dietzenley erlaubt, eine 240 Meter lange keltische Höhenfestung auf einem steilen Basaltfelsen – der höchsten Erhebung im Gerolsteiner Land.

Für körperlich oder gesundheitlich eingeschränkte Personen ist der Weg über die Kasselburg geeigneter, da der Weg über die Munterley wegen der Felsen und schmalen Pfade stellenweise anspruchsvoll ist. Er ist auf keinen Fall für Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen geeignet!

Die Anreise erfolgt nach Gerolstein, wo man an einem der zentralen Parkplätze (am „Rondell“ oder an der Kyll) parken kann. Die Parkplätze sind montags bis samstags gebührenpflichtig, sonntags ist das Parken kostenlos.

Auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist Gerolstein sehr gut zu erreichen. Es gibt einen Bahnhof, der regelmäßig von den Regionalzügen aus Köln und Trier angefahren wird.

Wanderung zum Tempel

Da der Tempel erwandert werden muß und unser empfohlener Weg an einigen interessanten Wegmarken vorbeiführt, weichen wir in diesem Artikel einmal von unserem üblichen Aufbau ab und beschreiben den Weg zum Tempel ausführlicher. Der Tempel selbst wird wie gewohnt in den folgenden Abschnitten beschrieben.

Alle Wege führen zum Tempel!

Alle Wege führen zum Tempel!

Unser Tipp: Vor dem Aufstieg kann man die Gelegenheit nutzen, im nahen Park an der öffentlichen Zapfstelle „Helenenquelle“ seine Wasserflasche mit frischem (kostenlosem) Gerolsteiner Sprudel aufzufüllen.

Eine Bemerkung vorweg: der Aufstieg zur Munterley ist zwar nicht sehr lang, aber relativ steil (es müssen in kurzer Zeit 195 Höhenmeter überwunden werden). Er folgt schmalen Pfaden und über Dolomitfelsen. Wanderschuhe bzw. festes Schuhwerk ist unbedingt erforderlich.

Von Gerolstein-Mitte aus überquert man zu Fuß die Eisenbahnbrücke in Richtung der markanten Dolomitfelsen, die den Ort überragen. Zwischen dem „Cafe Dolomiten“ und einem Eiscafe führt ein beschilderter Fußgängerweg durch ein Wohngebiet hoch in Richtung des Felsplateaus. Hier folgt man den Schildern „Munterley“, die die erste Station auf dem Weg zum Tempel darstellt. Der Tempel selbst, der im Volksmund „Juddekirchhof“ genannt wird, ist nicht ausgeschildert, so daß man sich am besten an Schildern in Richtung „Munterley“, „Papenkaule“ und Buchenlochhöhle“ orientiert, die alle auf dem Weg zum Tempel liegen.

Das Wohngebiet wird schon nach wenigen Aufstiegen über Straßen und Treppen zurückgelassen; stattdessen führt der Weg in den Wald hinein. Hier orientiert man an Abzweigungen immer nach oben. Kurz unterhalb der Munterley-Felsen teilt sich der Weg in den (beschilderten) Wanderweg und einen steilen Fußweg, der unmittelbar nach oben führt. Dieser Fußweg ist eine sehr gute Abkürzung, die in wenigen Minuten hoch auf das Felsplateau führt. Hier ist jedoch Trittsicherheit und gelegentlich sogar Zuhilfenahme der Hände an den Dolomitfelsen notwendig. Der Weg wird jedoch regelmäßig genutzt und ist nicht zu übersehen oder zu verlieren.

Von der Munterley aus hat man eine gute Aussicht auf die Umgebung

Von der Munterley aus hat man eine gute Aussicht auf die Umgebung

Wer es gemächlicher (aber auch langwieriger) mag, folgt aus Gerolstein-Mitte dem „G“-Symbol, das den Gerolsteiner Dolomitenweg kennzeichnet und der in vielen Serpentinen auf den Gipfel hinaufführt.

Die Munterley, das markante, mit einer Schutzhütte und einer Flagge markierte Felsplataeu, ist die erste Station auf dem Weg und ein toller Aussichtspunkt. Hier gibt es eine Tafel, auf der die Umgebung und die Entstehung der Dolomiten erläutert wird. Die Gegend, die von den keltischen Treverern besiedelt war, ist reich an keltischen Spuren, wie der Höhenfestung auf dem Felsplateau der Dietzenley, die von der Munterley aus gesehen werden kann. Die Dietzenley selbst lohnt sich ebenfalls als Ausflugsziel für den (keltisch interessierten) Wanderer; auf ihrem Gipfel steht ein hölzerner Aussichtsturm.

Von der Munterley aus folgt man dann der Beschilderung zur „Papenkaule“, einem Trockenmaar, und der „Buchenlochhöhle“, einer begehbaren, etwa 30 Meter tiefen Höhle im Felsgestein, die steinzeitlich besiedelt war. Nach etwa 10 Minuten folgt ein weiterer Aussichtspunkt über die Eifellandschaft.

Der Weg zur Buchenlochhöhle

Der Weg zur Buchenlochhöhle

Der Weg zur Buchenlochhöhle führt durch Wald und an spektakulären Felsen entlang, ist aber nicht mehr so steil oder unwegsam wie der eigentliche Aufstieg, sondern zeichnet sich durch milde Steigungen und Gefälle aus, die sich abwechseln.

In die Buchenlochhöhle führt eine Holztreppe (mit einer Fledermauszählanlage). In der Höhle kann man sich frei bewegen. Sie ist konstant 8 Grad kalt und feucht. Weitere Informationen liefern die Infotafeln der Geo-Route, die an markanten Punkten aufgestellt sind.

Nach der Höhle folgt man dem Weg weiter in Richtung der Papenkaule. Nach Wald und Fels erreicht man das unbewaldete, offene Hochplateau, das im Sommer wenig Schatten bietet und im Frühjahr und Herbst recht windig sein kann. Der Weg führt an dem markanten Vulkankrater entlang, der bis vor 10.000 Jahren aktiv war. Der mit Gras und niedrigen Pflanzen bewachsene kreisrunde Krater ist im Gelände sehr gut erkennbar.

Die Felslandschaft bietet bisweilen mystische Momente!

Die Felslandschaft bietet bisweilen mystische Momente!

Hinter dem Krater trifft der Fußweg auf einen asphaltierten Weg, dem man bis zum Tempel folgt. Hier an der Kreuzung liegt ein Grillplatz und damit verbunden leider auch die negativen Begleiterscheinungen – Müll, wohin das Auge sieht. Der Grillplatz selbst sowie die umliegenden Büsche und Wege sind mit diversen Abfällen übersät, leider fühlen sich offenbar nicht nur die Grillenden gehalten, hier einfach ihren Müll liegenzulassen, sondern auch andere Leute nutzen die Gelegenheit, hier unerwünschtes Zeug loszuwerden. Leider verbreitet sich dieser Müll durch Wind und Wetter dann auch im weiteren Umfeld des Grillplatzes; hier ist auch die Stadt gefragt, etwas stärker für Ordnung und Kontrollen zu sorgen, was offenbar nicht konsequent erfolgt.

Am Grillplatz wendet man sich auf dem asphaltierten Weg nach links. Bereits hinter der nächsten Kurve sieht man in der Ferne den Tempelkomplex liegen. Der Weg schlängelt sich über die offene Hochfläche, bis er das Tempelgelände erreicht, das einen eigenen kleinen Zuweg hat. Der Tempel selbst ist umzäunt und mit einer Schranke versehen. Er ist so weithin sichtbar, daß er von diesem Punkt aus nicht verfehlt werden kann.

Da es sich nicht um einen Rundweg handelt, hat man nach dem Tempelbesuch die Wahl, den gleichen Weg zurück zu nehmen, wobei wir hier von der Munterley aus den Abstieg über den gemächlicheren, aber längeren „G“-Weg empfehlen, oder man setzt den Weg zur etwa 2,5 km entfernten Kasselburg fort (wo man den Adler- und Wolfspark besuchen kann) und geht dann im Tal am Fluß Kyll entlang zurück nach Gerolstein. Wir bevorzugen den Rückweg über die Munterley, da er landschaftlich spannender ist, als im Tal zurückzuwandern. (mehr …)

Der Gallo-Römische Cultus – die Religion im „Römischen Germanien“

Heute möchten wir mit einem weitverbreiteten Mißverständnis aufräumen, das sich im Zuge der – vor allem im neuheidnischen Spektrum angesiedelten – Vorstellungen der „Religion unserer Ahnen“ oder der „ursprünglichen, vorchristlichen Religion in Deutschland“ verbreitet und Verwirrung stiftet.

Der gallische Gott Intarabus, gleichgesetzt mit Mars (bzw. dessen Erscheinungsform als Mars-Silvanus)

Der gallische Gott Intarabus, gleichgesetzt mit Mars (bzw. dessen Erscheinungsform als Mars-Silvanus)

Den Folgen dieser Verwirrung begegnen wir gerade bei „Neueinsteigern“, die sich für den heidnischen römischen Rekonstruktionismus interessieren, leider immer wieder. Die allgemeinen Vorstellungen über vorchristliche Religion in Deutschland sind heutzutage so sehr durchsetzt von einem neuheidnischen Konglomerat aus „ur-germanischer“ Religion, Wikingerkulten aus Skandinavien, sowie modernen nicht-rekonstruktionistischen Strömungen, daß Ratsuchende, die sich speziell für die polytheistische Religion in „Roman Germany“ interessieren, mit einer ganzen Batterie aus ahistorischen und aus allen Richtungen zusammengeklaubten Vorstellungen bombardiert werden, deren Sinn und Authentizität, oder Mangel daran, sie noch nicht beurteilen können.

So braut man sich daraus oft eine eigene Mischung zusammen, die zwar eine persönlich befriedigende Religion darstellen mag (auf Neudeutsch nennt man diese Selfmade-Religionen heutzutage euphemistisch UPG  -„Unverified Personal Gnosis“), vom Römischen Rekonstruktionismus ist man damit jedoch abgekommen, noch bevor man die ersten Schritte auf diesem Weg gemacht hat. Wenn man sich dann allerdings dem intensiven Quellenstudium widmet und sich intensiv mit Geschichte und Archäologie auseinandersetzt, fällt schnell auf, daß romantische Vorstellungen aus dem 19. und 20. Jahrhundert wenig mit der religiösen Wirklichkeit im romanisierten Teil Germaniens zu tun haben.

Epona, ursprünglich eine keltische Göttin, war sehr beliebt als Schutzgöttin der Pferde, Reiter, Reisenden und Fuhrleute

Epona, ursprünglich eine keltische Göttin, war im ganzen Reich sehr beliebt als Schutzgöttin der Pferde, Reiter, Reisenden und Fuhrleute

Nachdem wir kürzlich an einer ausgiebigen Diskussion teilnahmen, in der all diese Mißverständnisse wieder zutage traten, fanden wir es an der Zeit, einen Artikel zu dem Thema zu schreiben – der Informationsbedarf ist ganz offensichtlich da. Denn wenn sich diese Diskussionen immer nur im nicht-öffentlichen Rahmen abspielen, in persönlichen Unterhaltungen, per Email-Austausch oder geschlossenen Mailinglisten, dann führt das nur dazu, daß man die gleichen Diskussionen gebetsmühlenhaft wiederholen muß.

Dieser Artikel soll deshalb die immer wieder an uns herangetragenen Fragen und in epischer Länge von uns verfassten Antworten nun an einer zentralen Stelle zusammenfassen. Wir hoffen, dass dies sowohl ratsuchenden Neueinsteigern als auch generell interessierten Lesern (Heiden wie Nichtheiden) hilft, geschichtliche Entwicklungen und religiöse Vorstellungen im korrekten historischen Kontext zu verstehen.

Eine Frage – und viele verworrene Antworten

Kürzlich führten wir eine Diskussion mit einem Amerikaner, der sich für die heidnische Römische Religion – den Cultus Deorum Romanorum oder Religio Romana – interessierte. Da er sich einerseits stark für das Antike Rom und die damit verbundene Geschichte, Kultur und Religion begeistert, daneben aber deutsche Vorfahren hat, suchte er nach Informationen über und Rat oder Erfahrungen bezüglich der „synkretistischen Religion des Römischen Germaniens„, wie er das nannte. Sich mit dieser speziellen, lokalen Form der Religio Romana zu beschäftigen, sah er als idealen Weg an, sowohl das antike Rom, als auch seine Wurzeln zu ehren und beides auf harmonische Weise miteinander zu verbinden.

Der Celius-Stein ist der einzige archäologische Hinweis auf die Varusschlacht. Mit dieser Niederlage endete die römische Präsenz in Germanien (Bonn, 2014)

Der Celius-Stein ist der einzige (!) archäologische Hinweis auf die Varusschlacht. Mit dieser Niederlage endete die römische Präsenz in Germanien (Bonn, 2014)

Seine Frage bezog sich deshalb ausdrücklich auf das „Römische Germanien“, das heißt, auf die Provinzen des Römischen Reichs, die westlich des Limes und vor allem westlich des Rheins lagen und auf deren romanisierte Einwohner.

Was daraufhin geschah, war typisch. Er erhielt Antworten, die vollkommen an seiner Frage vorbeigingen, irrige Vorstellungen über den Begriff „Germanien“ demonstrierten und die üblichen geografischen, politischen und religiösen Mißverständnisse wiederholten, auf die wir immer wieder stoßen – übrigens nicht nur bei Amerikanern oder Bewohnern anderer Länder, die nicht auf dem Gebiet des ehemaligen römischen Reichs liegen (wie Lateinamerika, Asien oder dem Pazifikraum), sondern durchaus auch bei Europäern, insbesondere Deutschen, von denen man erwarten würde, daß sie sich besser mit der Geschichte ihres Landes auskennen sollten, zumindest, wenn sie sich gehalten fühlen, ihre Vorstellungen über „Germanien“ und „Germanische Religion“ in der Öffentlichkeit zu verbreiten.

Unqualifizierte Diskussionsbeiträge bezüglich der Römer, die (wie die Christen angeblich auch) die ursprüngliche germanische Religion mit Gewalt und Schwert „ausgerottet“ haben, kamen dabei wie selbstverständlich auch. Dieses Thema zu diskutieren, erfordert oft einen gewissen Langmut aufgrund der doch sehr verzerrten Sichtweise mancher Heiden, die mehr an emotional wirkenden Feindbildern interessiert sind, als an geschichtlichen Tatsachen, so daß ich das an dieser Stelle einmal höflich und dezent unter den Tisch fallen lassen möchte.

Eine der Antworten war zumindest „gut gemeint“. Sie stammte von einer jungen Frau aus Lateinamerika, die zugab, ebenfalls (wie der Fragesteller) neu im rekonstruktionistischen Cultus Deorum zu sein. Zwar bemüht sie sich redlich, den traditionellen römischen Riten und Praktiken zu folgen (wie Rituale am Lararium abzuhalten) und dabei auch die authentischen Quellen zu berücksichtigen und zu beachten. Daneben bezieht in ihre Sacra Privata, das heißt, in ihre persönliche religiöse Praxis, „germanische Götter“ ein und versucht, sie in ihre Kultpraxis zu integrieren, mixt dabei aufgrund ihrer eigenen, undifferenzierten Vorstellungen jedoch Elemente hinein, die aus rekonstruktionistischer Sicht nicht als authentisch betrachtet werden – etwas, auf das im Cultus Deorum jedoch Wert gelegt wird.

Apollo-Grannus, gallo-römischer Heil- und Quellgott. Darstellung mit Krug und Heilwasser (Bonn, Rheinisches Landesmuseum, 2014)

Apollo-Grannus, gallo-römischer Heil- und Quellgott. Darstellung mit Krug und Heilwasser (Bonn, Rheinisches Landesmuseum, 2014)

Die Integration fremder Götter ist aus Sicht der Religio Romana erst einmal überhaupt nicht verwerflich, sondern vollkommen in Ordnung. Die heidnische römische Religion zeichnete sich durch große Flexibilität und Aufnahmefähigkeit aus, was ein Grund für ihren Erfolg im gesamten Reich war – von Afrika bis Kleinasien, von Britannien bis Spanien. Römer leugneten niemals die Existenz anderer Götter, – ganz im Gegenteil – sie gingen davon aus, daß diese in ihren angestammten Siedlungsgebieten mächtig waren und Einfluß hatten. Diese einheimischen Göttern zu missachten, war nicht im Interesse Roms, weswegen man immer bestrebt war, diese Götter zu besänftigen, oder sogar auf die Seite Roms zu ziehen. Ihnen wurden Tempel errichtet und viele, ursprünglich lokale Gottheiten wie die ägyptische Isis, kleinasiatische Gottheiten wie Mithras und Kybele oder die gallische Epona gelangten im ganzen Reich zu großer Popularität und erhielten sogar Tempel in Rom selbst.

Jeder Einwohner des römischen Reichs war frei in seiner Religionsausübung und konnte privat im heimischen Kult verehren, wen auch immer er wollte, natürlich auch seine eigenen, lokalen Götter – wenn er sich an die gesetzlichen Grundregeln hielt, das hieß, keine Menschenopfer durchführte, die öffentliche Ordnung nicht gefährdete und die römische Staatsreligion respektierte. Viele lokale Gottheiten wurden mit römischen Gottheiten gleichgesetzt, wie der keltische Grannus, der zu Apollo-Grannus wurde, oder der germanische Magusanus, der als Hercules-Magusanus vor allem in Niedergermanien entlang des Rheins verehrt wurde. Details zur Integration „fremder“ Götter in die römische Religion finden sich in unserem ausführlichen Artikel zur „Interpretatio Romana.

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Götterwelt: Apollo-Grannus

Darstellung mit Krug und Heilwasser (Bonn, Rheinisches Landesmuseum)

Darstellung mit Krug und Heilwasser (Bonn, Rheinisches Landesmuseum)

Herkunft, Zuständigkeiten, Bezeichnungen:

Apollo-Grannus ist ein gallo-römischer Heilgott, der gallischen Ursprungs ist.

Grannus galt als einer der am weitesten verbreiteten keltischen Götter. In der Interpretatio Romana wurde er mit Apollo gleichgesetzt und erfuhr weite Verehrung auch im Römischen Reich.

Bei den Kelten war Grannus (auch Granus Mogounus Amarcolitanus) ein Gott, der mit Quellen, Heilbädern, Mineral- und Thermalquellen und der Sonne assoziiert wurde. Die heißen Thermalquellen von Aachen (Latein: Aquae Granni, „Wässer des Grannus“) wurden schon vor den Römern (nachweisbar ab der Hallstatt-Zeit, 6. Jahrhundert v. Chr.) von den Galliern zu Heilzwecken benutzt.

Während es aus keltischer Zeit keine Darstellungen oder schriftlichen Aufzeichnungen zu diesem Gott gibt, existieren aus römischer Zeit zahlreiche Inschriften, Weihesteine und Darstellungen, die die Beliebtheit und weite Verbreitung dieses Gottes demonstrieren. Das Hauptverbreitungsgebiet lag im Bereich des östlichen und nördlichen Galliens mit einem kultischen Schwerpunkt im Raum Aachen, wo sein Zentralheiligtum vermutet wird.

Auch sind Inschriften und Weihesteine unter anderem aus Arnhem, Alzey, Augsburg, Bonn, Rheinzabern, Speyer, Trier und Bitburg bekannt. Im bayerischen Faimingen an der Donau (Phoebiana) stand ein großer römischer Apollo-Grannus-Tempel, der von Kaiser Caracalla im Jahre 212 errichtet worden war. Wie der römische Geschichtsschreiber Cassius Dio im 77. Buch seiner „Römischen Geschichte“ berichtet, war Caracalla während des Krieges gegen die Alamannen erkrankt (er ging davon aus, von germanischen Zaubersprüchen und Zaubern krank gemacht worden zu sein) und reiste nach Aachen, um dort „den keltischen Gott Apollo-Grannus“ um Heilung zu bitten. Daneben suchte er auch (allerdings vergeblich) die Kultstätten von Serapis und Asklepius auf.

Apollo und Sirona aus einem Quellheiligtum im Hunsrück

Apollo und Sirona aus einem Quellheiligtum im Hunsrück

Apollo-Grannus ist auch aus anderen römischen Provinzen bekannt. Inschriften fanden sich von der Donau bis nach Schottland, in Elsaß und Vogesen, von Spanien bis nach Ephesus, in Österreich, Ungarn, England und Rumänien. Ein großes Kultzentrum wird auch im Trierer Tempelbezirk im Altbachtal vermutet.

Viele der Tempel, wie der erst kürzlich entdeckte Tempel bei Neuenstadt am Kocher in Baden Württemberg, sind typisch gallo-römische Umgangstempel. Oft sind sie an Quellen und Heilbäder angeschlossen, in denen Kultbäder und Trinkkuren durchgeführt wurden.

Daneben gibt es Hinweise auf besondere Feste, die diesem Gott zu Ehren gefeiert wurden. Eine Inschrift aus dem 1. Jahrhundert aus Limoges weist auf ein Fest hin, das 10 Nächte lang dauerte:

POSTVMVS DV[M]
NORIGIS F(ilius) VERG(obretus) AQV
AM MARTIAM DECAM
NOCTIACIS GRANNI D(e) S(ua) P(ecunia) D(edit)

Übersetzung:

„Vergobretus Posthumus, Sohn des Dumnorix, stiftete von seinem eigenen Geld die Aqua Martia (Wasser des Mars, wahrscheinlich ein Aquädukt) für das zehn Nächte dauernde Fest des Grannus.“

Auch das Amphitheater des französischen Ortes Grand (dessen Name sich möglicherweise von Grannus herleitet) war Apollo-Grannus gewidmet.

Begleiter:

Apollo Grannus-Tempel in Faimingen, gestiftet von Kaiser Caracalla

Apollo Grannus-Tempel in Faimingen, gestiftet von Kaiser Caracalla

Eine häufige Begleiterin des Gottes ist die gallische Heil- und Quellgöttin Sirona, deren Ikonographie von der Göttin Hygieia übernommen wurde, die allerdings ihren Eigennamen behielt und unter diesem auch von den Römern verehrt wurde. In zahlreichen Inschriften treten Sirona und Apollo-Grannus als Paar auf, auch gibt es Tempel und Quellheiligtümern, die beiden gewidmet sind (unter anderem in Hochscheid, Augsburg, Bitburg, Rom und Baumberg sowie das Sironabad bei Nierstein am Rhein).

Weitere Begleiter, die aus Inschriften bekannt sind, sind Quellnymphen, Diana, Hygieia und Kybele (Faimingen), Sol (Grand in Frankreich), Mars, Serapis und Isis (Astorga).

Attribute und Darstellungen:

Weihestein für Apollo-Grannus

Weihestein für Apollo-Grannus

Darstellungen aus vor-römischer Zeit sind nicht bekannt, da erst mit den Römern die bildliche Darstellung von Göttern in keltischen Gebieten Einzug hielt. Wie Apollo, so wird auch Apollo-Grannus häufig als Kithara-spielender Jüngling dargestellt. Dabei ist er häufig nackt oder nur mit einem Mantel bekleidet, der an seinem Rücken befestigt ist und über seinem Unterarm hängt. In einigen Darstellungen ist er gelockt und steht mit gekreuzten Beinen da. In der anderen Hand, die bei figürlichen Darstellungen oft nicht erhalten ist, hält er wahrscheinlich ein Plektrum, mit dem er das Instrument spielt.

Auch die Darstellung mit einem Krug, aus dem Wasser fließt, wie aus dem Altbachtal in Trier, zeigt ihn als einen Gott der Heilquellen.

Weiterführende Informationen:

Götterwelt: Lenus-Mars

Zuständigkeiten, Herkunft, Bezeichnungen:

Schreibweisen: Lenus, Laenus

(Moderne) Holzstatue des Lenus-Mars im Tempel auf dem Martberg

(Moderne) Holzstatue des Lenus-Mars im Tempel auf dem Martberg

Der gallo-römische Heil- und Stammesgott Lenus des keltischen Stammes der Treverer war einer der wichtigsten und bedeutsamsten einheimischen Götter im Eifel- und Moselraum bis nach Luxemburg. Seine Bedeutung in diesem Teil Galliens war so groß, daß sein Kult sich bald auch großer Beliebtheit unter den Römern erfreute. Im römischen Reich verbreitete sich Lenus-Mars auch über das Stammesgebiet der Treverer hinaus, was Weiheinschriften in Britannien belegen.

Im romanisierten Gallien wurde Lenus durch die Interpretatio Romana mit dem römischen Gott Mars identifiziert, was zu seiner Ausprägung als Lenus-Mars führte. Die besondere Bedeutung des Gottes ist auch durch die ungewöhnliche Tatsache ersichtlich, daß sein gallisches Epitheton zuerst genannt wird, während es ansonsten bei romanisierten Göttern üblich war, zuerst den römischen Namen zu nennen („Apollo Grannus“, „Merkur Cissonius“, „Jupiter-Ammon“).

In seiner Hauptfunktion ist Lenus-Mars ein Heilgott. Für ihn gab es gewaltige Heiligtümer mit medizinischen Heilquellen in Trier (der Kaiserstadt Augusta Treverorum, die seinerzeit die zweitgrößte Stadt des römischen Reichs war – deswegen auch „Rom des Nordens“ genannt) und auf dem Martberg (Mons Martis, „Marsberg“) an der Mosel. Beide Tempel wurden im römischen Reich zu überregional bedeutsamen Pilgerstätten, ihre Orte waren aber schon zu keltischer Zeit bedeutsame Heiligtümer. Das Quellheiligtum in Trier („Am Irmenwingert“) war schon vor der römischen Zeit ein religiöses Zentrum der Treverer, in dem neben dem Stammesgott Lenus auch Iovantucarus (in der Interpretatio Romana ebenfalls mit Mars gleichgesetzt), Ancamna (eine gallo-römische Quellgöttin) und die Xulsigiae (dreifache gallo-römische Quell- und Fruchtbarkeitsgöttinnen), später auch die Göttin Victoria verehrt wurden.

Ortschaften wie Cardena (das heutige Treis-Karden an der Mosel) am Fuße des Martbergs entstanden und blühten durch den Pilger-Tourismus. Cardena war ein Töpferort, in dem sich eine Töpferei an die nächste reihte, um in Massenproduktion Opfergaben wie billige Öllämpchen und Votivfiguren des Lenus-Mars zu produzieren. Auch das verdeutlicht die große Bedeutung dieses Heilgottes.

Weihestein für Lenus-Mars im Tempel auf dem Martberg

Weihestein für Lenus-Mars im Tempel auf dem Martberg

Nach römischer Sitte wurden an den einheimischen Heiligtümern steinerne Tempelanlagen errichtet. Beim Tempel auf dem Martberg handelt es sich um einen typisch gallo-römischen Umgangstempel, der die keltische Kultpraxis integrierte, ein Heiligtum zu umschreiten und dadurch die Akzeptanz bei der einheimischen Bevölkerung zu erhöhen. Die gallo-römische Kultanlage in Trier gilt in der Archäologie als „treverisches Nationalheiligtum mit monumentaler Ausstattung“. Neben Pilgerherbergen, Prozessionsstraße, Bädern, Tempel und Schreinen gab es sogar ein Kulttheater, das bei Kultfesten der Darstellung von Göttermythen diente.

Weitere Fundorte sind Welschbillig und Mersch (Luxemburg), wo der Militärtribun gleichzeitig die Funktion des Lenus-Mars-Priesters ausübte.

Lenus-Mars wird, trotz seiner Identifikation mit Mars, in erster Linie als Heilgott angesprochen. Neben Gesundheit, Heilung von Krankheiten und Verletzungen ist er auch generell für Glück und gutes Schicksal zuständig. Die Identifikation mit dem kriegerischen Mars und die Darstellung mit Rüstung, Schild und Speer wird so gedeutet, daß er seine Waffen und Kraft benutzt, um Krankheiten zu bekämpfen und abzuwehren, als auch vor Krankheit und Tod zu schützen.

Neben den Heiligtümern mit Heilquellen und Bädern belegen auch die Inschriften auf Weihetafeln die Funktion als Heilgott. Auf einem Weihestein auf dem Martberg bedankt sich Tychikos dafür, daß er von einem schweren Leiden geheilt wurde.

Eine Deutung des Ursprungs des Namens „Lenus“ liegt in den keltischen Worten „li-n-a“ („schmutzig, verschmutzen“), „li-no“ (Eiter), „li-no“ (Leinen) und „linomn“ (reinigen, entfernen). All diese Worte sind mit Wunden und Wundinfektionen assoziiert sowie dem Behandeln und Verbinden dieser Wunden. Der Ursprung des Lenus wird deshalb in einem Gott angenommen, der für die Heilung und Reinigung (infizierter) Wunden zuständig war, was seine Bedeutsamkeit sowohl für die ländliche Bevölkerung als auch für das Militär erklärt.

Attribute und Darstellungen

Neben Weiheinschriften wurden auch Statuen und Figuren des Lenus-Mars gefunden. Eine Bronzestatuette vom Martberg zeigt ihn als klassischen Krieger mit korinthischem Helm, Speer, Schild und Rüstung. Ein Relief aus Chedworth, Britannien zeigt ihn mit Axt und Speer.

Das Sockelfundament einer Statue aus Britannien zeigt, daß Lenus von einem großen Vogel begleitet wurde, möglicherweise einer Gans. Weitere Funde aus dieser Region belegen eine Verbindung des Gottes mit einer widderköpfigen Schlange, was ebenfalls als Symbol seiner Funktion als Heilgott gedeutet wird.

Opfergaben

Opfergaben für Lenus-Mars, gefunden auf dem Martberg (Stiftsmuseum Treis-Karden)

Opfergaben für Lenus-Mars, gefunden auf dem Martberg (Stiftsmuseum Treis-Karden)

Zahlreiche Funde auf dem Martberg zeigen, daß der keltische Opferbrauch, Münzen und Schmuck zu opfern, auch zu römischer Zeit fortgesetzt wurde. Es wurden Tausende von Münzen, Fibeln und Schmuckgegenständen gefunden. Daneben hielt der römische Brauch Einzug, tönerne Miniaturgefäße (wie Öllampen) und Figuren zu opfern, wovon zahlreiche Tonscherben zeugen.

Nach erfolgter Heilung war es unter wohlsituierteren Bürgern üblich, einen Weihestein zu stiften, auf dem man seinen Dank zum Ausdruck bringt (wie man es noch heute von Weihetafeln aus katholischen Kirchen kennt („Maria hat geholfen“).

Sonstiges

Während von der Tempelanlage in Trier nichts mehr zu sehen ist, wurde der Tempel auf dem Martberg teilrekonstruiert. Der Umgangstempel wurde komplett wieder aufgebaut und auch von innen im römischen Stil bemalt. Es gibt eine (moderne) Holzstatue des Lenus-Mars sowie einen Weihealtar, auf dem Opfergaben, vor allem Münzen, abgelegt werden können (und werden). Auf dem Bergrücken, der einst ein bedeutendes keltisches Oppidium war, sind neben den römischen Tempelgebäuden auch rekonstruierte keltische Bauten in einen kleinen archäologischen Park integriert. Für weiterführende Informationen empfehlen wir Euch unseren Artikel zum Martberg.

 

 

 

 

 

 

Antike Stätten: Römische Villa Mersch mit Riesenbecken (LU)

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Der Schutzbau der Villa ist leicht zu finden

Anschrift:

Rue des Romains, 7565 Mersch, Luxemburg.

Anfahrt:

Diese ungewöhnliche römische Villa liegt inmitten eines gepflegten Wohngebiets an einer Seitenstraße im luxemburgischen Ort Mersch (Miersch) im Tal der Alzette.

Die Villa mit ihrem Schutzbau im Ortsteil Mies (französisch: Meix) ist leicht zu finden und von der Straße aus gut zu erkennen. Es ist möglich, direkt am Straßenrand vor der kleinen parkähnlichen Anlage zu parken; es herrscht kaum Verkehr und die Gegend ist ruhig.

Mersch hat einen Bahnhof und ist per Zug aus Luxemburg Stadt oder Ettelbrück zu erreichen. Vom Bahnhof aus sind es etwa 1,5 Kilometer Fußweg bis zur Villa.

Hintergrundinformation:

Die Hypokausten sind ungewöhnlich gut erhalten

Die Hypokausten sind ungewöhnlich gut erhalten

Die gallo-römische Villa rustica in Mersch zeichnet sich durch eine interessante Besonderheit aus, die sie von den anderen römischen Villen in diesem Teil Galliens abhebt: neben dem großen Herrenhaus mit der gut erhaltenen Hypokaustenanlage gibt es die Überreste eines gigantischen Schwimmbeckens: Das 75 Meter lange, ovale Riesenbecken stellt jedes olympische Schwimmbad in den Schatten.

Auch das einige Meter vom Becken entfernt gelegene Herrenhaus war von solch großen Ausmaßen, daß es auf französisch als „Palais“ bezeichnet wird. Es war mit allen luxuriösen Finessen ausgestattet, die man sich in der gallischen Provinz vorstellen konnte, allem voran einer Fußbodenheizung und einer ausgedehnten Bäderanlage. Daneben wurden Reste eines aufwendigen schwarz-weißen Mosaiks sowie auf Stuck durchgeführte, bunte Wandbemalungen mit Temperafarben gefunden, die auf den Reichtum der Besitzer hindeuten.

Es wird angenommen, daß sich dort im 1. Jahrhundert n. Chr. ein ehemaliger Legionär niederließ, der nach dem Absolvieren seiner 25-jährigen Dienstzeit ein Stück Land in einer Provinz zugeteilt bekam. Im Lande der Treverer bildeten die ehemaligen Soldaten zuverlässige Einwohner, die zur Stabilität, dem Frieden und Wohlstand der Provinz Gallien beitrugen. In der fruchtbaren und ertragreichen Region des Alzettetals kam die Familie zu Wohlstand. Es wurden zahlreiche Gebrauchsgegenstände wie Münzen, Spangen, Schmuckstücke und Ringe gefunden, die die Theorie stützen, daß die Villa einem hochrangigen römischen Offizier gehörte.

Das Riesenbecken liegt in einem kleinen Park inmitten des Wohngebiets

Das Riesenbecken liegt in einem kleinen Park inmitten des Wohngebiets

Schon früh war bekannt, daß das Alzettetal zur Römerzeit römisch besiedelt war. Der Name des Ortsteils Mies (franz. „Meix“) wird hergeleitet vom lateinischen Wort mansus =  Haus, Hof, Dorf.

Die Villa war vom 1. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. bewohnt. Im 4. Jahrhundert endete die römische Herrschaft und die Provinz wurde von den Franken eingenommen, die das Landgut zerstörten oder zerfallen ließen. Sie nutzten das Gelände danach als Ackergrund.

Immer wieder kamen in der ländlichen Gegend beim Umpflügen Tonscherben und Ziegel zum Vorschein. Im Jahr 1905 wurde die römische Villenanlage durch den Staatsarchitekten Karl Arendt ausgegraben. Er nahm das Gelände auf und erkannte, daß es sich bei der Anlage um den typischen gallo-römischen „Normaltypus“ einer Villa rustica handelte, wie sie in dieser Region im Stammesgebiet der Treverer üblich war.

Im Jahr 1966 stieß man bei den Bauarbeiten für eine größere Wohnsiedlung auf weitere römische Überreste in der unmittelbaren Umgebung der Villa. Weitere Grabungen durch das Luxemburgische Staatsmuseum legten eine fast 100 Meter lange Mauer frei. Es stellte sich heraus, daß es sich um ein von Wasserleitungen durchzogenes, ovales Schwimmbecken handelte, das zur Villa gehörte. Das Becken wurde, um es für die Öffentlichkeit zu bewahren, freigelegt, die Umrisse nachrekonstruiert und dann in einen kleinen Park inmitten der Wohnanlage integriert. Über die Überreste der Villa baute man einen Schutzbau.

Leider ist die Beschriftung - bis auf die Rekonstruktionszeichnung - nicht sehr informativ

Leider ist die Beschriftung – bis auf die Rekonstruktionszeichnung – nicht sehr informativ

Auch in der Umgebung, überall in Mies, fand man zahlreiche Münzen, die zeitlich von Kaiser Domitian bis Kaiser Konstantin reichen (81 bis 337 n. Chr.)

Außerdem entdeckte man in der Nähe den Inschriftenstein eines Militärtribuns und Priesters des Lenus-Mars (heute zu besichtigen im Staatsmuseum in Luxemburg Stadt). Möglicherweise übte der Bewohner der Villa die Funktion dieses Lenus Mars-Priesters aus.

Beschreibung:

Am Straßenrand liegt in einem kleinen Park unter Bäumen der Schutzraum für den Wohnbereich. Er ist dezent gestaltet in einem Natursteinhaus im angedeuteten römischen Stil.

Das Haus ist frei zugänglich, allerdings befindet sich der Innenraum mit der Hypokaustenanlage hinter einer Glasscheibe, so daß man nicht in der Ruine selbst herumlaufen kann.

Im Eingangsbereich befindet sich eine Informationstafel, die allerdings nur auf französisch ist und deren Informationsgehalt auch nicht sehr groß ist. Es gibt eine Rekonstruktionszeichnung der Villa mit Schwimmbad und kurze Informationen über den Zeitraum der Nutzung. Weitere Hintergrundinformationen sucht man leider vergebens. Da sind wir aus Luxemburg viel bessere und geradezu vorbildliche Beschriftungen gewohnt!

Hinter dem Haus führt ein kleiner Fußweg in einen Obstgarten, der am Rande des Schwimmbeckens liegt. Das Schwimmbecken selbst bildet eine ovale Vertiefung in einer ruhigen, parkähnlichen Anlage inmitten der Wohnhäuser. In regelmäßigen Abständen laden Sitzbänke zum Verweilen ein und ein kleiner, von Bäumen gesäumter Spazierweg führt um das Becken herum. Die Anlage ist sauber und gepflegt und wird zur Naherholung von den Bewohnern der umliegenden Wohnsiedlung genutzt.

Die Dimensionen des Riesenbeckens sind hier gut zu erkennen!

Die Dimensionen des Riesenbeckens sind hier gut zu erkennen, denn in der Mitte an den Wasserrohren steht eine Person!

Diese Villenanlage sollte man, wenn man in der Gegend unterwegs ist, gesehen haben. Das gigantische Becken und die sehr gut erhaltenen Hypokausten sind schon eine Besonderheit, die die Villa von Mersch von den anderen römischen Landgütern der Umgebung abhebt.

Öffnungszeiten, Zugänglichkeit:

Die Anlage ist frei zugänglich und kann jederzeit besichtigt werden. Eintritt wird nicht erhoben.

Sonstiges:

Fotografieren ist uneingeschränkt möglich.

Die Besichtigung kann gut mit einem Besuch des Cerunincus-Waldtempels bei Steinsel verbunden werden, der nur wenige Kilometer entfernt liegt.

Antike Stätten: Gallo-römischer Waldtempel bei Steinsel (LU)

 

Der Waldtempel oberhalb von Steinsel

Der Waldtempel oberhalb von Steinsel

Anschrift:

Der Tempel liegt im Wald oberhalb des Dorfes Steinsel. Keine postalische Anschrift.

Anfahrt:

Erste Wegmarke: Die Baumschule, an der man auch parken kann

Erste Wegmarke: Die Baumschule, an der man auch parken kann

Im labyrinthartigen Wald oberhalb von Steinsel in Luxemburg im Tal der Alzette ist es nicht einfach, diesen versteckt gelegenen Waldtempel zu finden. Der Weg selbst ist nicht schwierig – wenn man weiß, wonach man schauen muß!

Wir haben Euch die Arbeit abgenommen und uns durch Waldarbeiter, Spaziergänger, Mitarbeiter und Käufer in einer Baumschule hindurchgefragt… und den einfachsten Weg gefunden!

Links von diesem Wasserreservoir geht der kleine Waldweg ab

Links von diesem Wasserreservoir geht der kleine Waldweg ab

Die schnellste und sicherste Art, zum Tempel zu gelangen, ist, mit dem Auto bis zur Baumschule Becker zu fahren und dort auf den Parkplätzen vor dem Eingangstor zu parken. Die Baumschule liegt oberhalb des Ortes Steinsel an einem asphaltierten Waldweg, der gut mit dem Auto befahrbar ist. Die Anschrift, die auch in das Navi eingegeben werden kann, lautet: Bamschoul Becker, 27a, rue Paul Eyschen in 7317 Steinsel.

Parkt man vor der Baumschule, befindet sich einige Meter links vom umzäunten Gelände ein großer, halbrunder Betonbau. Hierbei handelt es sich um ein Wasserreservoir. Links vom Wasserreservoir geht ein kleiner Fußweg in den Wald hinein, dort findet sich – so versteckt, daß man es vom Auto aus nicht erkennen kann – ein kleines hölzernes Hinweisschild mit der Aufschrift „Temple“.

Dieses Hinweisschild ist leicht zu übersehen. Danach ist man aber auf Kurs und kann den Tempel nicht mehr verfehlen

Dieses Hinweisschild ist leicht zu übersehen. Danach ist man aber auf Kurs und kann den Tempel nicht mehr verfehlen

Nun gilt es, dem Fußweg zu folgen und sich immer entlang des rückwärtigen Zaunes der Baumschule zu bewegen. Der Weg ist gleichzeitig ein Trimm-Dich-Pfad; wer auf einer Irrfahrt durch das weitläufige Waldgebiet irgendwo auf einen Trimmpfad und einen dazugehörigen Parkplatz stößt, kann auch diesem folgen, bis er an Station 2 automatisch zum Tempel kommt. Für die Länge dieses Weges können wir allerdings keine Angaben machen.

Der Tempel liegt direkt im Wald jenseits der Baumschule; folgt man dem Zaun und dem daran entlangführenden Waldweg etwa 10 Minuten, steht man unmittelbar vor dem Waldtempel, der nicht zu übersehen ist.

Wer sich trotzdem verirrt, sollte die Baumschule aufsuchen; dort findet man hilfsbereite Mitarbeiter und ortskundige Besucher.

Hintergrund

Mitte der 50er Jahre wurde im Wald oberhalb von Steinsel ein ausgedehntes gallo-römisches Heiligtum entdeckt, das mit Hilfe von 70 Soldaten von 1957 bis 1961 unter der Aufsicht des „Musée national d’histoire et d’art“ (MNHA) ausgegraben wurde. Dabei stellte man fest, daß es sich um einen großen Kultbezirk mit einem zentralen Umgangstempel, mehreren Nebengebäuden und einer Ummauerung handelte.

Die Umfassungsmauer ist gut im Gelände zu erkennen

Die Umfassungsmauer ist gut im Gelände zu erkennen

Untersuchungen ergaben, daß der Tempelkomplex, der auf einer Anhöhe lag, aus dem 1. Jahrhundert stammte und vermutlich eine beliebte Pilgerstätte an einer nahegelegenen römischen Schnellstraße gewesen war.

Die gesamte Gegend im Alzettetal, das in Gallien lag, war dicht mit römischen Gutshöfen besiedelt, die heute ebenfalls überall zu finden und zu besichtigen sind. Der Tempel war bis in das späte 4. Jahrhundert aktiv, wo auch seine Blütezeit angenommen wird.

Erst im frühen 5. Jahrhundert bereitete das sich ausbreitende Christentum und die Germaneneinfälle dem Tempelbezirk ein Ende.

Dem Tempel vorgelagert waren vier Profangebäude, deren genaue Funktionen unklar sind. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um Pilgerherbergen, Tavernen oder Badeanlagen. Dahinter folgte der Haupteingang, der in den ummauerten Tempelbezirk führte. Ein kleines Gebäude unweit des Eingangs wird als Devotionalienladen, also als kleiner Tempelshop gedeutet, in dem Pilger Votivfigürchen und Opfergaben kaufen konnten. Es gab eine Quelle unweit des Geländes, die wohl ebenfalls zu kultischen Zwecken genutzt wurde.

Verschiedene Häuser rund um den eigentlichen zentralen Tempel werden als Pförtnerhaus, Schatzhaus zur Aufbewahrung besonders wertvoller Ritualgegenstände und Priesterwohnung gedeutet.

Der Tempel selbst wies eine zentrale Cella aus, darum herum befand sich ein Umgang, wie er für gallo-römische Tempel typisch war, da diese Bauart aus einer Vermischung von einheimischen keltischen Kultvorstellungen in Verbindung mit mediterraner Tempelarchitektur entstand. Dort standen auch die diversen von Stiftern und Pilgern aufgestellte Weihesteine und Altäre.

Rekonstruktionszeichnung des Tempels

Rekonstruktionszeichnung des Tempels

Der Umgang des Tempels ruhte auf 20 toskanischen Säulen, die auf einer niedrigen Brüstungsmauer standen. Der zentrale Kultraum, die Cella, durfte nur von den Priestern betreten werden. Sie beinhaltete die Statue oder Statuen der hier verehrten Gottheiten sowie gestiftete Weihegeschenke. Der Umgang hingegen diente den religiösen Handlungen der Besucher, die ihn rituell umschritten und Weihegaben ablegen. Auch ist anzunehmen, daß hier Prozessionen stattfanden.

Ebenfalls vor dem Tempel befand sich ein Altar, wie es für römische Tempel typisch war, deren Altäre sich vor dem Tempelgebäude befanden, anstatt – wie von christlichen Kirchen bekannt – im eigentlichen Tempel selbst. Auf diesem Altar wurden die eigentlichen Kultrituale und Opfer abgehalten.

Es sind nur wenige Kultbilder und Weihegaben erhalten geblieben, so daß aus diesen Fragmenten nur wenige Informationen über die hier verehrten Gottheiten gewonnen werden konnten. Ein 1981 gefundenes bronzenes Votivtäfelchen belegt, daß es von einem romanisierten Treverer, also einem Angehörigen des hier ansässigen gallischen Stammes, gestiftet wurde.

Die Inschrift lautet:

DEO CERUNIN / CO
SOLTRIUS / PRUSCUS /
V(OTUM) S(OLVIT) L(IBENS) M(ERITO)

In der Übersetzung:

Dem Gott Cerunincus hat Soltrius Pruscus sein Gelübde eingelöst, freudig und verdientermaßen.

Bronzefigur aus örtlicher Herstellung, möglicherweise eine Darstellung des Cerunincus

Bronzefigur aus örtlicher Herstellung, möglicherweise eine Darstellung des Cerunincus

Bei Cerunincus handelt es sich um einen lokalen gallischen Gott, über den so gut wie nichts bekannt ist. Ebenfalls im Tempel gefunden wurde eine 12 cm große Bronzefigur aus lokaler Herstellung, die einen bartlosen schlanken Mann zeigt und wahrscheinlich diesen Gott darstellt.Mit welchem römischen Gott Cerunincus in der Interpretatio Romana gleichgesetzt wurde, wofür er zuständig war und welche Attribute ihm zugeordnet wurden, ist unbekannt, da es keine Weiheinschriften gibt, in denen sein Name in Verbindung mit einem anderen Namen erscheint.

Daneben wurden auf dem Gelände Kalksteinfragmente einer überlebensgroßen Frauenfigur gefunden, unter anderem ihre Hände. Sie wird als mögliche Kultgefährtin des Cerunincus betrachtet.

Wie viele Heiligtümer im Stammesgebiet der keltischen Treverer lagen Tempel oft an den Rändern von Siedlungen und viel befahrenen Verkehrswegen, oder aber an heiligen Stätten in der Natur wie Bergen, Felsen, Quellen, Wäldern oder Flüssen. Im römischen Gallien war es üblich, daß man zu den Heiligtümern pilgerte, um dort die Götter um Beistand zu bitten und um Gelübde einzulösen, wenn die Bitten erhört wurden.

Zu den in Steinsel gefundenen Votivgaben gehören aufwendige Altäre und Weihesteine, wie sie von den wohlhabenden Besitzern der reichen Gutshöfe in der Umgebung gestiftet wurden, aber auch typische Gaben der Mittelschicht, wie kleine Weihesteine von Handwerkern, Soldaten und Kaufleuten aus der Gegend. Ebenfalls beliebt waren kleine Bronzefiguren, Fibeln, Ringe und Bronzeglöckchen. Einfache Leute, die sich keine aufwendigen Gaben leisten konnten, legten Tonfiguren ab, die oft in billiger Massenproduktion gefertigt wurden und im Tempelladen für wenig Geld gekauft werden konnten.

Zahlreiche Münzfunde auf dem Tempelgelände belegen auch den römischen Brauch des Münzwurfs, der bis in unsere heutige Zeit erhalten ist und noch immer gerne praktiziert wird, wie zahlreiche Münzen in Brunnen und Flüssen beweisen, mit denen man einen Wunsch verbindet.

Beschreibung

Der Umgangstempel mit Säulen ist über eine Treppe erreichbar

Der Umgangstempel mit Säulen ist über eine Treppe erreichbar

Die Tempelanlage ist weitläufig und liegt direkt am kleinen Wanderweg. Die verschiedenen Gebäude sowie die Umfassungsmauer sind als Fundamente noch gut im Gelände zu erkennen. Der Eingang wird durch eine überdachte Holztafel (auf französisch) markiert, auf dem sich eine Rekonstruktionszeichnung befindet, wie man sich den Tempel vorzustellen hat.

Man kann sich frei in und auf den Tempelfundamenten bewegen.

Der eigentliche Umgangstempel wird besonders hervorgehoben; hier führt eine kleine Stahltreppe hinauf auf den Umgang. Neben der Treppe befindet sich ein Schild aus wetterfestem Plexiglas, das auf deutsch und französisch weitreichende Hintergrundinformationen über den Tempel vermittelt und auch einige Abbildungen von Fundstücken zeigt. Die Beschriftung dieses Tempels ist, wie bei vielen Tempeln in Luxemburg, vorbildlich; die wetterfesten, durchsichtigen Plexiglastafeln fügen sich relativ dezent in die Landschaft ein, sind sehr informativ und wissenschaftlich fundiert. Das sollte man sich bei katastrophal beschrifteten und präsentierten römischen Stätten wie dem Weihedenkmal für Mars-Intarabus in Ernzen in der Südeifel zum Vorbild nehmen!

Der Boden der Cella des Tempels ist, wie man es öfter in Luxemburg findet, mit rotem granuliertem Schotter bedeckt. Das kennen wir auch aus der Villa Rustica in Echternach, wo es uns bereits sehr gut gefiel, denn der rote Boden bildet einen sehr schönen Kontrast zum Schwarz der Steine des umgebenden Fundaments und des Grüns des Waldes und der Pflanzen in der Umgebung.

Die Cella ist mit rot geschottert, was einen guten Eindruck macht

Die Cella ist mit rot geschottert, was einen guten Eindruck macht

Auf der Brüstung des Umgangs sind einige Säulen aufgestellt, die eine gute Vorstellung von der Höhe und dem Aussehen des Umgangs vermitteln.

Die Anlage selbst ist gepflegt, der Tempel ist sauber, wenn auch die Außengebäude etwas überwuchert sind. Ein Umschreiten der Cella ist gut möglich, auch kann man hier problemlos Opfergaben ablegen.

Die Tempelanlage gefällt uns sehr gut; hier handelt es sich um einen echten Geheimtipp, der gar nicht so schwer zu finden ist, wenn man sich an unserer Wegbeschreibung mit den markanten Landmarken orientiert.

Zugänglichkeit, Öffnungszeiten, sonstiges

Da der Tempel mitten im Wald oberhalb des Ortes auf einer Anhöhe liegt, ist er jederzeit frei zugänglich. Eintritt kostet er natürlich auch nicht.

Die Beschriftung ist modern und vorbildlich

Die Beschriftung ist modern und vorbildlich

Die Gegend im Alzettetal ist eine beliebte Wandergegend und der Waldweg mit Trimm-Dich-Pfad ist insbesondere bei sportlichen Wanderern beliebt. Auch ist die Strecke bekannt unter Mountainbikern. Diese brettern jedoch meistens am Tempel vorbei, ohne von den Tempelbesuchern Notiz zu nehmen.

Die Lage jenseits des großen Freigeländes der Baumschule ist abgelegen genug, daß niemand gestört wird, so daß man sich hier so lange aufhalten möchte, wie man will und auch Zeit und Platz für kultische Handlungen besteht, wenn man sich an den hier so lange verehrten Cerunincus wenden möchte.

Wir kannten diesen lokalen Gott zuvor nicht, da er – wie auch Intarabus – ein sehr regional begrenzt verehrter Gott der gallischen Treverer war. Römer waren jedoch stets der Ansicht, daß lokale Gottheiten in ihrem angestammten Gebiet einen besonders starken Einfluß hatten und hatten keine Probleme damit, sie in ihren Pantheon zu integrieren und sich an sie zu wenden, wenn sie vor Ort waren. Dabei spielte es nicht einmal unbedingt eine Rolle, daß man wußte, um welchen Gott es sich genau handelte, wie der Gott hieß, wofür er zuständig war oder ob es ein Gott oder eine Göttin war. Genauso sollte man es mit diesem Tempel halten; Cernunincus spielte ganz offensichtlich eine wichtige Rolle für einheimische Treverer wie für römische Zugereiste und deswegen ist auch sein Waldtempel noch immer ein besonderer Ort, der eine positive Präsenz ausstrahlt.

Fotografieren ist natürlich uneingeschränkt möglich. Zwar ist die Straße, an dem die Baumschule und das Wasserreservoir liegen, asphaltiert, aber für den Fußweg zum Tempel empfehlen wir festes Schuhwerk.

Der Besuch im Tempel kann gut mit anderen römischen Sehenswürdigkeiten in der Gegend verbunden werden, wie einem Besuch der römischen Villa in Mersch mit ihrem 75 Meter langen Schwimmbecken oder der großen Villa Rustica in Helmsange.

Weiterführende Informationen