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Römisch (oder) Katholisch? – heidnische Gedanken zum Christentum

St. Florian, Schutzpatron der Feuerwehr

St. Florian, Schutzpatron der Feuerwehr

Eines der regelmäßig wiederkehrenden Themen in den Diskussionen, die in diversen Foren geführt werden, welche heidnischer Spiritualität gewidmet sind, ist die deutliche Abgrenzung zum Christentum.

Dabei spielt es keine Rolle, welcher Tradition die Diskussionsteilnehmer sich selber zugehörig fühlen, eine – oft aggressive – antichristliche Einstellung scheint gleichermaßen der Selbstdefinition als „Heide“, wie auch als einigendes Band über alle paganen Traditionen hinweg, zu dienen. Man wird in jedem Forum mindestens eine Debatte finden, die thematisiert, wie die „einheimische Religion mit Folter und Schwert ausgerottet wurde„, wie die „Weisheit der Vorfahren“ brutal durch eine „geistige Besatzungsmacht“ ausgelöscht wurde, wie eine „Religion der Wüste ihre lebensfeindlichen Ideen in die heiligen Haine der stolzen lebensbejahenden Germanen“ trug und man kommt nicht umhin, hier ein recht verzerrtes Geschichtsbild zu sehen – das es aber schon seit den Anfängen der neopaganen Bewegung gibt.

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Das gerne und oft zitierte Bild der im Heiligen Hain lehrenden Druiden prägt bis heute das Bild des sog. heidnischen Naturkultes

Diese ideologische Verortung in der Geschichte gehört zum Selbstverständnis der meisten Heiden und sie ist ein Zeichen dafür, wie stark sich diese Bewegung bis heute über das Christentum definiert.

Das Neuheidentum ist dabei einerseits von einem kontinuierlichen Pioniergeist beflügelt, der eine Alternative in heutiger Zeit (wie eben auch in all den Zeiten zuvor, seit es diese religiöse Richtung gibt) bieten möchte – auch hier gerade wieder besonders in Bezug auf das negative Bild, was man von der christlichen Religion zeichnet-, was Weltsicht, Lebensführung, geistige Werte etc. betrifft, bleibt andererseits jedoch stets in einer Defensivhaltung, denn man nimmt sich selber vor allem in der Position der Entrechteten wahr. Dies zeigt sich in der Wahrnehmung dessen, wie und warum die paganen Religionen ihren Status in historischer Zeit verloren haben, aber auch darin, daß man sich in der heutigen Gesellschaft als immer noch marginalisierte Gruppe begreift und in seinem Anliegen missverstanden fühlt, wobei sich beides in gewisser Weise bedingt.

Denn das, was viele Heiden als geschichtliche Entwicklung, die zur Ablösung der paganen Kulte durch das Christentum führte, mehr oder weniger verinnerlicht haben, ist nicht nur oft konträr zu den historischen Fakten konstruiert, sondern zementiert auch ein Feindbild gegenüber der sich – spirituell oder kulturell – als christlich verstehenden Mehrheitsgesellschaft. Vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung des Christentums, von den Anfängen als jüdische Splittergruppe in Palästina, über die Erhebung zur Staatsreligion im Römischen Reich bis hin zum Impulsgeber kultureller Entwicklung in späterer Zeit, wird dabei eine interessante Parallele deutlich zur Frage, wie sich ganz generell – eben auch heute – kleine gesellschaftliche Gruppen in einer Mehrheitsgesellschaft verhalten, resp. welche Optionen ihnen offenstehen, sich in dieser nicht nur zu behaupten, sondern in ihr zu einer maßgeblichen Kraft zu werden.

An der heiligen Quelle des Willibrodis in der Krypta des Doms von Echternach

An der Quelle des St. Willibrod in der Krypta des Doms von Echternach

Innerhalb des römischen Rekonstruktionismus gibt es aufgrund einer ganzheitlichen Sichtweise von Religion, Kultur und Geschichte aus einer Perspektive ganz konkret bezogen auf die Entwicklung des Römischen Reichs, oft ein wesentlich ausgewogeneres Verhältnis zum Christentum, als dies etwa in germanisch orientierten paganen Gruppen der Fall ist, so daß wir an dieser Stelle einmal versuchen wollen, diesen alternativen Ansatz zu vermitteln.

Ein Blick in die Geschichte ohne eine ideologische Brille erschliesst dabei nicht nur interessante Details zur Entwicklung der europäischen Kultur, sondern erlaubt es vielleicht auch, neue Wege zu finden, damit sich ein heute gelebtes Heidentum nicht mehr nur als blosser Reaktionskult zum Christentum versteht, der sich in manchmal recht bizarren Schattenkämpfen mit christlichen Missionaren wie Willibrod oder Bonifatius verfängt und sich damit in seiner möglichen Akzeptanz für eine breitere Zielgruppe selbst blockiert.

Das Christentum – eine jüdische Sekte aus der Wüste?

Einer der vom historischen Gehalt her eher diffusen Aspekte der Ablehnung des Christentums durch Neuheiden – verwenden wir an dieser Stelle ruhig diesen durchaus korrekt beschreibenden Begriff, eben für jene, die sich in der Geschichte neu als Heiden verstehen, nachdem die „alten“ sich zum Christentum bekehrt hatten (oder in neopaganer Lesart – bekehrt wurden) – wird erkennbar durch die simplifizierende Wahrnehmung als „fremde Religion“ und die oft plakativ gebrauchte Bezeichnung „(jüdische) Wüstenreligion“.

Simpel und plakativ, aber dafür schön als Beweis für mangelnde historische Bildung und Kulturverständnis geeignet

Simpel und plakativ, aber dafür schön als Beweis für mangelnde historische Bildung und Kulturverständnis geeignet

Besonders oft findet sich diese Klassifizierung im germanisch-heidnischen Spektrum, wobei man durchaus von einer (gewollten oder unbewußten) Rezeption völkischer Ideen sprechen darf. Das Christentum wurde im Zuge der Germanen-Idealisierung und eines religiös überhöhten nationalen Selbstverständnisses innerhalb der völkisch orientierten Kreise bereits im 19. Jahrhundert zu einem Feindbild stilisiert, durch das man in geradezu bequem erscheinender Weise einen Doppelschlag gegen die als eigentliche Bedrohung wahrgenommenen Kräfte ausholen konnte – Judentum und Überfremdung. Das Christentum rückblickend wahrgenommen im historischen Gewand römischer Besatzungsmacht, als im Kern aber jüdische Lehre, die sich nun als „Sieger“ letztlich wieder in Rom, als Katholische Kirche, manifestierte, erschien wie der rote Faden in der Geschichte der Unterdrückung germanischer Wesensart – prägnant formuliert im trotzigen Wahlspruch Georg von Schönerers „Ohne Juda, ohne Rom / wird gebaut Germaniens Dom!“

Wenngleich heute in germanisch-heidnischen Gruppen – abgesehen von dezidiert völkisch gesinnten Vertretern – diese antisemitischen Töne nicht mehr den definierenden oder auch nur dominierenden Faktor bilden, so bleibt die Wahrnehmung der christlichen Religion als „uns fremd“, als „kultureller Fremdkörper“ bestehen und auf vielen Ebenen weiter wirksam. Ein genauer Blick auf die Entwicklung dieser Religion und ihre objektive Einordnung in den Kontext der europäischen Kultur, macht allerdings zweierlei deutlich:

Erstens:

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