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Das Lararium – der römische „Hausaltar“
Ein Begriff, der mit der römischen Religion, der Religio Romana (oder auch Cultus Deorum Romanorum), untrennbar verbunden ist und deshalb auch in vielen Artikeln auf unserer Seite auftaucht, ist das Lararium.
Doch worum handelt es sich dabei genau?
Ein Lararium ist, vereinfacht gesagt, ein Hausschrein oder Ort der Verehrung im privaten Haushalt, aber auch in öffentlichen Räumen wie Gaststätten, Betrieben, Werkstätten, Geschäften, Ställen, Thermen, Rasthäusern, sogar Latrinen.
Die römische Religion war in der römischen Antike in zwei Teilbereiche unterteilt: die Sacra Privata, den häuslichen oder privaten Kult eines jeden Einwohners des Römischen Reichs, der die römische Religion praktizierte und in die es keine staatliche Einmischung gab, sowie die Sacra Publica, den öffentlichen Staats- und Kaiserkult, an dem jeder Einwohner teilzunehmen hatte, um den Pax Deorum – den Frieden mit den Göttern und den Schutz des Römischen Staates durch die Götter – zu gewährleisten.
Das Lararium war das Kernelement der Sacra Privata und zentraler Fokus häuslicher oder privater Kulthandlungen.
Es spielte eine so zentrale Rolle im privaten Cultus, daß es in allen Bereichen des täglichen Alltagslebens zu finden war. Jeder praktizierte seine Sacra Privata am Lararium, vom wohlhabenden Hausherrn und seiner Familie bis hin zum Bediensteten und Sklaven.
Selbst auf der Arbeit oder auf Reisen kam man nicht ohne aus. Aus Pompeji sind uns Hunderte von Lararien bekannt, die dort in nahezu allen Lebensbereichen und in den unterschiedlichsten Ausprägungen gefunden wurden und zahlreiche antike Autoren schrieben über das Lararium und den Larenkult, so daß die zentrale und fundamentale Bedeutung des Larariums für die römische Religion unbestritten ist.
Überschneidungen mit der Sacra Publica gibt es bezogen auf die Lares Praestites, die die Schutzgeister der ganzen Stadt Rom und des römischen Staates waren.
Der Hausschrein oder Hausaltar
Das Lararium konnte – je nach zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und finanziellen Mitteln – sehr aufwendig gestaltet sein oder nur aus einer kleinen Wandnische, einem Wandbild oder einem einfachen Regalbrett für einen tragbarem kleinen Altar bestehen, der nach den Kulthandlungen wieder abgebaut wurde. Die meisten Lararien bestanden aus kleinen Opfernischen, Opferplatten in der Wand oder Wandbildern, vor denen Altäre standen oder vor denen die Altäre nur vorübergehend in Form von tragbaren arulae aufgebaut wurden.
Häufig sind um die Bilder herum Haltevorrichtungen für Girlanden zu finden, mit denen Lararien geschmückt wurden. Girlanden spielen eine sehr wichtige Rolle im römischen Kultgeschehen und dienten dem Schmuck der Hausaltäre und Götterstatuen und -figuren daheim und in Tempeln und an öffentlichen Orten, insbesondere zu religiösen Anlässen wie Feiertagen.
Lararien hatten entweder eigene eingelassene Opferstellen oder, wenn sie in Küchen standen – einer der häufigsten Aufstellungsorte -, diente direkt das immer brennende Herdfeuer (das mit der Göttin Vesta assoziiert war) als Opferstelle.
Die Lararien in den Häusern wohlhabender Bürger waren eher Miniaturtempel, sie waren aus teuren Materialien wie Marmor gestaltet und hatten auch repräsentative Funktion, weshalb sie häufig in Eingangshallen römischer Villen zu finden waren. Daneben gab es weitere Lararien in den Privaträumen, in Schlafzimmern und auch in den Räumen der Bediensteten und Sklaven, vor allem der Küche, die für die privaten Kulthandlungen und persönlichen Anliegen der einzelnen Bewohner vorgesehen waren. Es gibt auch Hinweise auf hölzerne Lararien, von denen jedoch kaum archäologische Funde erhalten geblieben sind.
In den einfacheren Wohnungen der Masse der Bevölkerung, die – vor allem in Rom selbst – oft in beengten Verhältnissen in mehrstöckigen Mietshäusern lebten, waren die Lararien weniger aufwendig gestaltet. Einfache Wandbretter oder tragbare Mini-Altäre mußten für diesen Zweck genügen. Diese Mietswohnungen, die oft nicht einmal eine eigene Küche besaßen, hatten bisweilen ein gemeinsames Lararium im Eingangsbereich, das von mehreren Parteien genutzt wurde.
Wer wurde im Lararium verehrt?
Der Begriff „Lararium“ deutet bereits darauf hin, daß hier die „Laren“ verehrt wurden, ortsgebundene Hausgeister. Sie wurden von allen Bewohnern des Hauses gleichermaßen verehrt, von der Familie des Hausherren bis zu Bediensteten und Sklaven. Allerdings beweisen Funde aus Pompeji, daß Sklaven und Bedienstete auf der einen Seite und Familienangehörige auf der anderen Seite eigene, voneinander getrennte Lararien hatten.
Daneben wurden am Lararium auch alle anderen Kulthandlungen durchgeführt, die zur Sacra Privata gehörten: die Ahnenverehrung, die Verehrung des Genius – des persönlichen Schutzgeistes des Paterfamilias, dem Familienoberhaupt -, die Verehrung der Juno – analog zum Genius des Mannes, der weiblich gedachte Schutzgeist der Hausherrin, und die Verehrung der Penaten.
Über die kultische Praxis des Larenkultes existieren neben zahlreichen, teils sehr gut erhaltenen archäologischen Funden auch antike Textquellen, unter anderem von Plautus, Ovid, Petronius, Plutarch, Tribull, Propertius, Cato und Cicero, so daß wir uns heute ein recht gutes und umfassendes Bild über diesen zentralen Kernbereich der römischen Sacra Privata machen können. Gerade von Titus Petronius existiert eine außergewöhnlich ausführliche Beschreibung eines Larariums und der dort vorgenommenen Kulthandlungen. Das ist natürlich ein Glücksfall für den römischen Rekonstruktionisten.
Die Laren
Der Lar ist quasi der eigentliche „Besitzer“ des Hauses, des angrenzenden Grundstücks sowie der Bewohner, die auf diesem Land leben – und sein Beschützer. Er ist ortsgebunden (nicht personengebunden) und bleibt nach einem Umzug der Familie auf seinem angestammten Land und in seinem Haus. Zieht eine Familie in ein neues Haus ein, muß sie sich mit den dort ansässigen Laren arrangieren.
Er tritt alleine, paarweise oder in ganzen Gruppen auf – was sich innerhalb der römischen Antike mehrmals wandelte – und Laren tragen oft verschiedene Zusätze wie Lares familiaris oder Lares domestici. Während sich zur Zeit der Republik archäologisch nur Einzeldarstellungen des Lars in Lararien finden, tritt er ab der frühen Kaiserzeit fast ausschließlich paarweise in Form von spiegelbildlichen Figuren oder Darstellungen auf.
Den Einfluß oder auch die Macht der Laren im Haus wird sehr anschaulich in der „Aulularia“ des römischen Dichters Plautus beschrieben. In diesem Stück vernachlässigt der Hausherr die Verehrung des Lars. Deswegen verheimlicht der Lar ihm erst das Versteck eines Schatzes innerhalb des Hauses und führt schließlich sogar den vorzeitigen Tod des Hausherrn herbei. Der Tochter des Mannes jedoch, die sich immer um den Lar bemühte, ihn regelmäßig mit Aufmerksamkeit bedachte und ihm Räucherwerk, Girlanden und Wein opferte (Opfergaben, die in den Quellen häufig im Zusammenhang mit dem Hauskult genannt werden), zeigt er das Versteck des Schatzes und vermittelt ihr zudem eine glückliche Ehe.
Die Kinder des Hauses galten als seit ihrer Geburt unter dem Schutz der Hauslaren stehend. Deswegen opferten sie beim Erreichen des Erwachsenenalters auch die Symbole ihrer Kindheit am Lararium – die Jungen gaben den Laren ihre Bulla, einen Anhänger, den vor allem Jungen aus wohlhabenden römischen Familien trugen – und die Mädchen ihre Puppen.

Der Paterfamilias opfert am Lararium (Quelle: leider unbekannt, Informationen willkommen!)
Deswegen war es auch nicht ungewöhnlich, daß man sich noch als Erwachsener um Schutz an seine Laren wandte, wenn man vor wichtigen Lebensabschnitten stand, zum Beispiel bald das Haus verließ, um zum Militär zu gehen. Nach der Heirat, wenn die Frau in das Haus des Mannes zog, opferte sie am Lararium des neuen Hauses den dortigen Laren (die ja, wie erwähnt, ortsgebunden sind, weswegen die eigenen Laren der Frau nicht mit ihr mitzogen), um sich bei den neuen Hauslaren „vorzustellen“ und ihnen Respekt zu erweisen.
Ging ein Familienmitglied aus dem Haus und auf eine Reise, bat man die Laren um eine sichere Rückkehr dieser Person. Verließ man selbst das Haus, bat man darum, daß die Laren es in der Abwesenheit samt der zurückgebliebenen Bewohner gut bewachten. Beim Betreten des Hauses begrüßte man sie, beim Verlassen des Hauses verabschiedete man sich von ihnen, wie von einem Familienmitglied.
Laren waren für alles zuständig, was sich im Haus ereignete. Hatte man einen Gegenstand im Haus verlegt, konnte man die Laren bitten, bei der Suche zu helfen oder den Fundort zu zeigen. Bei Familienfeiern wie Geburtstagen, Geburten oder Sterbefällen zog man die Laren – wie Familienmitglieder – selbstverständlich mit ein. Auch bei den täglichen Mahlzeiten wurden die Laren einbezogen und erhielten Teile der Mahlzeit als Opfergabe. Den Laren opferte man auch privat in persönlichen Belangen, zum Beispiel nach einer glücklich überstandenen Situation, bei Rückkehr eines vermißten Familienmitgliedes und anderen Privatangelegenheiten.
Da die Laren für alle Bewohner des Hauses zuständig waren, waren sie auch für die Anliegen der Bediensteten und sogar der Sklaven zuständig, beschützten diese und halfen ihnen, wenn sie die entsprechende Verehrung durchführten. Deswegen fanden sich Lararien nicht nur in den Wohnbereichen der Hausbesitzer, sondern auch in den Küchen und Wohnbereichen des Personals.
Im Larenkult, gerade für die Lares Compitales und Laren, die für ganze Wohngebiete zuständig waren, spielen Sklaven oft eine wichtige Rolle; manche kultischen Positionen waren sogar ausschließlich Sklaven vorbehalten, was zeigt, daß der Larenkult in allen Bevölkerungsschichten gleichermaßen von zentraler Bedeutung war. Zu den Compitalia, dem Fest für die Laren, wurden in der Nacht an der Haustür wollene Figuren für jedes Mitglied der Familie des Hausbesitzers und wollene Bälle für jeden Sklaven aufgehängt.
Neben der Einbeziehung in den Alltag und die täglichen Handlungen am Lararium, erfuhren die Hausgötter besondere Verehrung zu den Iden, den Nonen und den Kalenden. Nach Cato sollen diese Kulthandlungen, wie das Schmücken mit Girlanden und das Opfern von Weihrauch und Wein, nicht vom Paterfamilias oder seiner Familie ausgeführt werden, sondern von den anderen Bewohnern des Hauses, den Angestellten oder Sklaven. Damit verdeutlicht er die Bedeutung des Hauskultes für alle Bewohner. Spätere Autoren nach Cato fordern ein besonderes Monatsopfer nur noch für die Kalenden, so daß auch hier ein Wandel in den Bräuchen und der Kultpraxis zu erkennen ist.
Penaten
Bei den Penaten oder Dei penates handelte es sich ursprünglich nur um eine weitere Art von Hausgeistern, die vor allem die Speisekammer bewohnten und für Wohlstand und gute Versorgung der Hausbewohner sorgten. Im Gegensatz zu den Laren galten sie nicht als ortsgebunden, sondern waren personengebunden und gingen mit der Familie bei einem Umzug mit.
Der Begriff der Penaten wurde im Laufe der römischen Geschichte aber stark erweitert und bezeichnete schließlich keine spezifischen Geister oder individuelle göttliche Mächte mehr, sondern wurde als Sammelbegriff für das Kollektiv aller im Haushalt verehrten Schutzgötter verwendet. Insofern würden sogar Laren und Genien unter den Begriff „Penaten“ fallen, jedoch wurde zumindest zwischen Penaten, Laren und Genius sprachlich unterschieden (was im heidnischen Verbotsedikt von Kaiser Theodosius I aus dem Jahr 392 deutlich wird, das diese drei Gruppen explizit nennt und unterscheidet).
Als Dei penates galten damit alle Götter, die zusätzlich zu den Laren und dem Genius in den Hauskult aufgenommen wurden. Hierbei gab es keinerlei Einschränkungen; jede Gottheit konnte in der Sacra Privata verehrt und als besonders wichtig oder als Tutelargottheit für die Hausbewohner in die privaten Kulthandlungen einbezogen werden – das reichte von den höchsten kapitolinischen Staatsgöttern wie Jupiter, Juno und Minerva über Lokalgötter bis hin zu Gottheiten aus fremden Kulten, die mit römischen Göttern synkretisiert wurden oder Einzug in den römischen Pantheon fanden, wie die gallo-römischen Gottheiten Sirona, Epona, Lenus, Grannus, Intarabus, aber auch ägyptische Götter wie Isis, Serapis oder orientalische Götter wie Attis und Kybele.
Es gab keinerlei Einschränkungen, Verbote oder Regeln, wen die Bürger in ihrer Sacra Privata im heimischen Cultus verehrten, fremde Götter waren kein Problem, so lange man sich an der Sacra Publica beteiligte und bereit war, das Staats- oder Kaiseropfer darzubringen, das quasi als Mindestanforderung die Opferung von Weihrauch vorsah. Da es dieses Staatsopfer war, das für den Schutz des Staates durch die Götter sorgte, erfüllte man damit seine Pflicht dem Staat gegenüber – lehnte man es ab, grenzte man sich nicht nur aus der Gesellschaft aus, sondern gefährdete das Gemeinwohl.
Was man privat glaubte und trieb, war unerheblich, solange es nicht die öffentliche Ordnung störte oder gar dem Staatskult zuwiderlief. Es war sogar möglich (und kam auch vor), christliche Symbole neben den Laren im Lararium aufzustellen. Das kam gerade in der Frühzeit der Entwicklung der römischen Form des Christentums vor, als das Christentum nur eine von vielen im Reich populären Mysterienkulten war. Mitglied in einem oder mehrerer dieser Kulte zu sein, daneben die römische „Mainstream“-Religion zu praktizieren und das Staatsopfer darzubringen, war kein Widerspruch, sondern normal. Problematisch wurde es nur, wenn man sich dem Staatsopfer verweigerte, was ein Merkmal der Christen war, die den Absolutheitsanspruch des Einen Gottes predigten.

Lararium eines Schmieds mit (nach original Vorbild) selbst hergestellter Vulcanius-Figur (Römerfest Haltern, 2014)
Die Penaten, die im Lararium verehrt wurden, konnten also alle Gottheiten und Glaubensrichtungen umfassen, die im römischen Vielvölkerreich existierten. Zahlreiche kleine Larariumsfiguren und Gemälde verschiedenster Götter, wie Merkur, Vulcanus, Minerva, Venus sind überliefert und erhalten und zeigen, daß jeder Gott neben den Laren und dem Genius dort einen Platz haben konnte.
Die Auswahl, welche Gottheiten im Haus verehrt wurden und Einzug in den familiären Kult hielten, oblag dem Familienoberhaupt. Aus diesem Grunde waren die Hausgötter der Familie eher von nachrangiger Bedeutung für die anderen Bewohner des Haushalts wie Diener und Sklaven, die in der Regel ihre eigenen Gottheiten für privaten Anliegen an ihren eigenen Lararien in Küche oder Dienstbereich verehrten.
Zu den Penaten, die immer, unabhängig von den eigenen Göttervorlieben, im Lararium verehrt wurden, gehörte die Göttin Vesta. Als Göttin des Herdfeuers, die auch durch das Feuer verkörpert wurde, war sie Bestandteil jedes Larariums, jedes Haushaltes und jeder Sacra Privata, ebenso wie Janus, der als Gott der Türen, Tore, Anfänge, Eingänge eine fundamentale Bedeutung für den Schutz jedes Hauses und im Hauskult spielte.
Genius
Ein dritter wichtiger Baustein des Hauskultes ist der Genius, der ebenfalls in vielen Larariumsdarstellungen zu finden ist. Der Genius wird meist als männliche Person mit Toga und capite velato, d.h. mit verhülltem Haupt, zwischen den beiden Laren dargestellt, während er Opferhandlungen an einem Altar durchführt.

Der Genius loci in Form der Schlange windet sich um den Altar, der Genius des Paterfamilias bringt ein Opfer dar
Hierbei handelt es sich entweder um den Genius des Paterfamilias, des Familienoberhauptes, oder – in einigen Funden – um den Genius Augusti, den Genius des Kaisers.
Der Genius wird einerseits als Schutzgeist des Familienoberhauptes angesehen, der diesen ein Leben lang begleitet. Daneben existieren zeitgleiche Quellen, aus denen hervorgeht, daß der Genius als dem Familienoberhaupt innewohnend angesehen wurde, also nicht als unabhängige Wesenheit von diesem existiert.
Schon in der römischen Kaiserzeit wurden diese widersprüchlichen Ansichten diskutiert und sie existierten nebeneinander (besonders ausführlich diskutiert von Censurinus im 3. Jahrhundert), ohne daß dieser Widerspruch ein Problem darstellte – die römische Religion war immer eine Religion der Orthopraxie, in der rechtes Handeln das entscheidende Element war.
Es gab keine Orthodoxie, also einheitliche theologische Lehre, die dem Gläubigen vorschrieb, was er in Bezug auf Natur der Götter, Jenseitsvorstellungen oder Natur der Geister zu glauben hatte. Ein solches Dogma existierte, anders als im späteren Christentum, nicht und sorgte dafür, daß in philosophischen Kreisen eine freie Diskussionskultur über Glaubensfragen blühte, während sich der „normale“ Praktizierende meist gar nicht mit diesen theoretischen Fragen auseinandersetzte, weil sie für seine Kultpraxis schlicht und einfach unerheblich waren. Jeder konnte sich seine eigene Vorstellung über das Göttliche und „Übermenschliche“ machen, ohne daß eine Theorie davon falscher oder richtiger war als eine andere oder praktische Konsequenzen hatte.
Deswegen gibt es aus der römischen Antike unterschiedliche Ansichten darüber, welcher Natur der Genius war. Gleiches gilt analog für die Juno der Frau, die nicht mit der kapitolinischen Göttin Juno verwechselt werden darf, sondern das weibliche Äquivalent zum Genius darstellte. Ihre Verehrung stand in den Haushalten im Mittelpunkt, in denen eine Frau der Haushaltsvorstand war. Es sind einige Lararienbilder überliefert, die statt dem Genius eine Juno als zentrale opfernde Figur zwischen den Laren zeigt, jedoch sind diese Darstellungen deutlich seltener als die „Standarddarstellung“ eines Genius zwischen zwei Laren, die die Mehrzahl der erhaltenen Lararien schmückt.
Daneben gibt es auch Lararienmotive, die keinen Genius zeigen und in die Mitte eine Gottheit – also eine der Penaten – rücken, wie eine personifizierte Darstellung der Göttin Vesta aus dem Lararium einer Bäckerei in Pompeji.
Der Genius (seltener die Juno) bringt in Larariendarstellungen immer ein Opfer an einem Altar dar, entweder ein Weihrauchopfer, oder er gießt ein Trankopfer über einer Opferflamme aus.
Ein Mann feiert an seinem Geburtstag seinen Genius und eine Frau ihre Juno. Dieser Brauch ist in zahlreichen Quellen beschrieben. An diesem Tag wird der Genius als Genius Familiaris von der ganzen Familie verehrt, auch von den zugereisten Verwandten, die anläßlich dieser Feier zu Besuch sind. Am Geburtstag einer nahestehenden, aber abwesenden Person war es auch üblich, in Abwesenheit ein Opfer für deren Genius zu bringen. Am 22. Februar wurde zudem die Carista gefeiert, ein Fest, an dem „gute“ nahestehende Verwandte den Hausgöttern ein Opfer darbrachten.
Es gibt Beschreibungen von Opfern für den Genius als auch für die Juno an brennenden und blumenumkränzten arae, kleinen Altären, deren Aufstellungsort nicht ganz eindeutig ist – ob sie sich vor oder im unmittelbaren Umfeld des Larariums befanden oder einen eigenen Ort im Haus hatten.
Genius loci
Ebenfalls am Lararium verehrt wurde der Genius loci, der Geist des Ortes, der nicht mit den ebenfalls ortsgebundenen Laren und Schutzgeistern des Ortes, identisch ist. Er wurde überwiegend in Form der Schlange verehrt, die im römischen Reich als Glückssymbol und positives Bild zu verstehen ist. Auch darf der Genius loci nicht mit dem zuvor beschriebenen Genius Paterfamilias verwechselt werden.
Die Schlange findet sich in der überwiegenden Mehrzahl der erhaltenen Lararien, was auf die große Bedeutung dieses Elements hinweist.
Alle Orte hatten ihren eigenen Genius loci, nicht nur Häuser, auch natürliche Orte wie Steine, Flüsse, Berge, Sträucher, Seen, Vulkane und wichtige Bereiche wie Türen, Tore, Brücken, Straßen oder Kultplätze. Dabei konnten selbst kleinste Teilbereiche des Lebens ihren eigenen Genius loci haben, wie ein Keller, ein Zimmer oder das Bett, aber auch größere Gebiete wie ganze Städte, Stadtteile, Theater, Märkte und sogar Regionen wie Wüsten oder Provinzen wie Pannonien oder Britannien.
Römer, die auf Reisen waren, brachten unterwegs immer dem „unbekannten Geist des Ortes„, an dem sie weilten, ein Opfer dar, um diesen wohlwollend zu stimmen. Die Gefahr, den Genius loci des Ortes zu ignorieren und dadurch zu verägern, war sonst zu groß. Neben der Darstellung von Schlangen in Lararien und an Wegesteinen kennen wir sie auch aus Weiheinschriften die dem „unbekannten Geist des Ortes“ gewidmet sind.
Aussehen und Einrichtung des Larariums
Wie bereits ausgeführt, enthält das typische Lararium Repräsentationen der vier zuvor beschriebenen Elemente oder Gruppen, die an ihm verehrt werden.
Hierbei unterscheiden sie sich in Aufwendigkeit, Herstellungsart und Stil je nach Epoche der römischen Geschichte, nach Region und finanziellen Mitteln der Besitzer. Die Kernelemente jedoch sind meistens gleich oder zumindest so ähnlich, daß sie immer gut zu identifizieren sind. Daraus läßt sich ableiten, daß am Lararium zwar die Sacra Privata praktiziert wurde und die dort verehrten Gottheiten sich stark unterscheiden konnten, daß die grundlegende Kultpraxis im ganzen Reich und in allen Bevölkerungsgruppen jedoch einheitlich und traditionell begründet war.
Aus den Hunderten erhaltenen Lararien, Larariumsbildern und Figuren geht nicht hervor, daß es große Abweichungen oder Varietäten gab; diese finden sich ausschließlich bei den Penaten, die frei wählbar waren. Die anderen Kernelemente – Laren, Genius / Juno und Schlange – sind durchgängig durch die Zeiten und in allen Provinzen zu finden.
Dem liegt das römische Religionsverständnis zugrunde, daß die Einhaltung der korrekten, einheitlichen, überlieferten Form bei der Durchführung eines Rituals oder eine Kulthandlung eine wichtigere Rolle spielt als Gedanken darüber, warum man eine Handlung auf die eine oder andere Weise durchführt oder welcher Natur diejenigen sind, denen man opfert. Das ging so weit, daß man ein Ritual oder eine Kulthandlung von vorne begann, wenn man sich im Ablauf vertan hatte oder sich versprach. Insbesondere im Staatskult wurde peinlichst genau auf die einhundertprozentig korrekte Durchführung geachtet, um die Götter nicht zu verärgern, in deren Hände man schließlich den Schutz des Römischen Reiches legte.
Äußere Gestaltung
Die äußere Gestaltung des Larariums war vielfältig. Neben aufwendigen kleinen Tempeln aus Marmor mit Säulen und Dach gab es große und kleine Wandnischen, Wandvorsprünge oder andere größere oder kleinere Schreine, die Bauwerken nachempfunden waren.
Um viele Lararien befanden sich spezielle Haltevorrichtungen für Girlanden und Kränze, an denen man die in den Quellen beschriebene Praxis des Schmückens erkennen kann.
Die Rückwand des Larariums, oft auch die umgebende Wand, war meist bemalt. Hierbei fällt auf, daß in den repräsentativen Lararien der teuren römischen Villen interessanterweise in den Larariumsmalereien fast nie Laren und Genius dargestellt sind, sondern nur Hintergrundmalereien wie Girlanden oder Landschaften, Attribute, Orte und die Schlange. Gemalte Darstellungen von Genius, Laren und Göttern sind immer nur in den Lararien im Wohnbereich, in Privaträumen und in den Räumen des Gesindes zu finden.
Deswegen wird in der Forschung davon ausgegangen, daß das Malen szenischer Darstellungen in Lararien als „billige“ Lösung galt und man in den repräsentativen Lararien stattdessen teure Bronze- oder Steinfiguren aufstellte, die Laren und Genius repräsentierten und die vor dem bemalten Hintergrund dekorativ in Szene gesetzt wurden.
Daneben finden sich Mischformen, das heißt, Lararien, in denen die „Standardelemente“ wie Laren, Genius und Penaten zwar auf die Rückwand gemalt waren, in denen aber auch kleine Bronzefiguretten mit Laren- und Götterdarstellungen gefunden wurden.
Die kleinen Figuren nutzte man auch auf Reisen, um sie z.B. in Herbergen in die dort vorgesehenen Nischen zu stellen, damit man auch unterwegs nicht ohne Schutz und göttlichen Ansprechpartner war.
Auch in räumlich beengten Verhältnissen, in denen man mit mehreren Personen in kleinen Räumen lebte und nicht dauerhaft ein Lararium aufgebaut haben konnte, nutzte man Figuren (die es als billige Massenware aus Ton oder anderen Materialien zu kaufen gab), um diese bei Bedarf auf ein Regal oder einen kleinen Altar zu stellen und danach wieder fortzuräumen.
Götter, Laren, Genius
Bis zum Ende der Republik dominieren Darstellungen, sowohl malerischer als auch figürlicher Art, die nur einen Laren zeigen. Dieser hat meist die Form eines tanzenden Jünglings, der ein Füllhorn in der einen und eine Opferschale – die Patera – in der anderen Hand hält.
Ab der Kaiserzeit tauchen Laren fast ausschließlich paarweise auf, in Form zweier spiegelbildlich zueinander tanzender Laren mit erhobenem Cornucopia (Füllhorn) oder Rhyton (einem einhenkeligen Trinkgefäß) und Patera (Opferschale) oder Situla (ein eimerähnliches Gefäß).
Auch figürliche Darstellungen des Genius sind häufig in Form kleiner Bronzefiguren oder Terrakotten überliefert. Hierbei hält der Genius ebenfalls ein Füllhorn und eine Patera in der Hand, befindet sich jedoch nicht in der tanzenden Pose mit fliegendem Gewand, sondern trägt meist eine Art Toga oder Umhang und befindet sich mit verhülltem oder freiem Haupt in Opferpose.
Daneben gibt es zahlreiche Götterfiguren, aus deren Form, Standsockel und Größe darauf geschlossen werden kann, daß sie einst in einem Lararium standen, wenn sie nicht sogar im Fundzusammenhang mit einem Lararium entdeckt wurden. Dabei tauchen zahlreiche Götter des römischen, gallo-römischen, orientalischen oder afrikanischen Pantheons auf. Es gibt – gerade aus dem mitteleuropäischen Raum – sehr viele Merkur-Larariumsfiguren, der offenbar zu den beliebtesten Larariums-Penaten gehörte. Aber auch andere „klassisch-römische“ Götter wie Venus, Jupiter, Fortuna, Minerva, Vulcanus oder Hercules sind als Larariumsfiguren überliefert. Sie sind ebenfalls aus Bronze, Stein, Elfenbein oder Terrakotta gearbeitet und von unterschiedlicher Qualität, von teurer filigraner Arbeit bis hin zu typischer Massenware aus Serienfertigung.
Eine besonders ergiebige archäologische Quelle für Larariums-Statuetten war der Laden des Sabinus in Pompeji, der auf Handel mit Statuetten und Figuren aller Art spezialisiert war.
Die Schlangen sind meist gemalt, aber es gibt auch einige Funde von Schlangenstatuetten mit Sockel, die man in das Lararium stellte. Auch die Figur eines Genius, über dessen Kopf sich ein Schlangenkopf erhebt, ist erhalten.

Caesareum mit Augustus-Statue in Prima Porta-Darstellung, darüber Repliken von Reliefs, die die Deifikation von Augustus und Claudius zeigen
Caesareum
Neben den bekannten römischen Göttern gibt es auch Funde von exotischen Larariumsfiguren wie Anubis, Isis-Fortuna oder gallo-römische Gottheiten. Daneben werden auf Lararien, die nicht in Privathaushalten standen, sondern sich in Geschäften, Handwerksbetrieben oder Kneipen befanden, auch spezifische Götter dargestellt, die für den jeweiligen Ort zuständig waren. Hier dominieren gemalte Darstellungen von Laren, Genius und Penaten, die oft groß und farbenprächtig waren. So findet sich Vesta in Bäckereien, Epona in Ställen, Merkur in Geschäften, Bacchus in Gaststätten.
Hinweis: Altäre oder Kultorte im Haus, die ausschließlich einem oder mehreren Göttern gewidmet waren, Figuren für diese enthielten und an denen spezifische Handlungen für diese Gottheiten durchgeführt wurden, werden Sacrarium (wenn größer dimensioniert) oder Sacellum (kleinere Altäre oder Tempelchen) genannt. Das Lararium kann auch Götterdarstellungen enthalten, aber ein Sacrarium enthält keine Elemente eines Larariums, wie Laren, Genius oder Schlange. Oft gab es neben dem Lararium auch ein Sacrarium/Sacellum, an dem eine besonders wichtige Tutelargottheit verehrt wurde.
Kaiserkult wurde am Caesareum praktiziert, das eine oder mehrere Kaiserbüsten oder Statuen enthielt, dazu weitere Gegenstände, die mit den besonders verehrten vergöttlichten Kaisern in Zusammenhang standen, wie Cameos, Reliefs oder Münzen. Der Begriff beschreibt ursprünglich große Tempel des Kaiserkultes, wird heute aber auch für ein Sacellum verwendet, das einem Divus geweiht ist.
Beides sollte nicht mit dem Lararium verwechselt werden, tritt aber oft mit diesem gemeinsam auf und es werden integrierte Kulthandlungen durchgeführt, die alle Elemente miteinander verbinden.
Kultgegenstände
Daneben gehören weitere Gegenstände in das Lararium, die für die Ausübung der Kulthandlungen benötigt wurden. Ihre Form, Qualität und das Material richteten sich nach den finanziellen Mitteln und dem Geschmack der Besitzer; hier gab es keine festen Vorschriften, sondern im Gegenteil eine große Vielfalt an unterschiedlichen Formen und Materialien.
Das Turibulum war ein Räuchergefäß. Hier reichte die Spannweite von einer einfachen Schale über einen Dreifuß aus Steingut oder Ton bis zu aufwendigen Bronzegefäßen. Er erfüllte die Funktion, daß man darin Weihrauch und anderes Räucherwerk verbrennen konnte; es war üblich, dauerhaft während des Tages am Lararium zu räuchern, wenn man es sich leisten konnte, da der wohlriechende Rauch als den Göttern wohlgefällig galt.
Die Lucerna war eine Lampe, die ebenfalls dauerhaft brannte, wenn sich jemand im Raum aufhielt. In der Regel handelte es sich dabei um Öllampen aus Ton oder Bronze, deren Motive und Formen vielfältig waren und sich allein nach dem Geschmack des Besitzers richteten.
Bei der Patera handelte es sich um eine Opferschale, in die die Opfergabe gelegt wurde oder mit der eine Opfergabe den Flammen übergeben wurde. Auch hier waren in Form, Verzierung und Material keine Grenzen gesetzt. Zu den überlieferten Opfergaben für die Hausgötter gehörten – neben den Girlanden und Kränze, mit denen Lararium und Statuen geschmückt wurden – Wein, Kuchen, Brot, Weihrauch und Obst. Daneben sind sowohl für Laren als auch Genius Tieropfer in Form von Ferkeln oder Schweinen belegt.
Der Gutus war eine Kanne, die dem Trankopfer, der Libation, diente. Mit diesem Gefäß wurde eine Flüssigkeit (in der Regel Wein oder Milch) vergossen, je nach Kontext in das Feuer, auf den Boden oder in eine Opferschale.
Weitere Gegenstände waren der Weihrauchbehälter (Accera) und ein Salzbehälter (Salinum).
Da am Lararium auch der Ahnenkult praktiziert wurde und der Ahnen gedacht wurde, insbesondere bei Familienfesten und sonstigen familiären Anlässen, war es – zumindest in wohlhabenden römischen Haushalten – auch üblich, Totenmasken oder Gegenstände, die mit den Ahnen in Zusammenhang standen, oder Figürchen, die sie repräsentierten, am oder um das Lararium zu platzieren. Daneben wurden Gegenstände in Lararien gefunden, die für die Hausbewohner eine persönliche Bedeutung hatten und zum Beispiel den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt symbolisierten, wie die Bulla eines Jungen oder eine Dose aus Pompeji, die den ersten Bart des Hausherrn beinhaltete!
Das Lararium in der heutigen Religio Romana
Das Lararium als zentraler Bestandteil der Sacra Privata oder des Hauskultes spielt auch heute noch eine zentrale Rolle in der Religio Romana, der polytheistischen römischen Religion. Es ist der Fokus der privaten Kultpraxis und deswegen beginnt der Einstieg in die Religio Romana auch immer mit der Einrichtung eines Larariums, um dort seine ersten Schritte in die weite Welt des Cultus Deorum Romanorum zu gehen.
Jedem Einsteiger in die Religio Romana wird deshalb als erstes die Errichtung eines Larariums empfohlen. Da über den Larenkult sehr viele antike Quellen existieren und zudem zahlreiche neuere Texte und wissenschaftliche Abhandlungen Hintergrundinformationen liefern, ist es ein sehr gutes Thema und Startpunkt, um sich in die Sacra Privata einzuarbeiten und sich mit dem Quellenstudium und der praktischen Anwendung sowie ersten römischen Kulthandlungen vertraut zu machen.
Das Lararium muß zu Beginn nicht aufwendig gestaltet sein, wird im Laufe der Zeit aber von selbst wachsen und sich weiterentwickeln, wenn man tiefer in die Religio Romana eintaucht und weitere Bereiche kennenlernt, sich zum Beispiel mit unterschiedlichen Göttern und rituellen Handlungen, Bereichen wie den Auspizien, der experimentellen Archäologie (zum Beispiel im Bezug auf römische Musik, römische Speisen inklusive selbst gebackenes Opferbrot, Kleidung etc.), oder auch dem Kaiserkult beschäftigt.
Es ist ein hevorragender erster Fokus, um sich in ein überschaubares Gebiet einzuarbeiten – Laren, Genius / Juno, Genius Loci und vielleicht der erste Hausgott.
Ein Lararium ist wegen seiner zentralen Bedeutung Grundvorausetzung, um die Religio Romana zu praktizieren und findet sich deswegen daheim bei jedem praktizierenden Cultor.
Auf unserer Website findet Ihr deswegen in unserer Kategorie „Cultus Deorum Romanorum“ neben allgemeinen Artikeln zur römischen Religion einige Artikel, die sich mit dem Lararium und der Kultpraxis am Lararium im römischen Rekonstruktionismus befassen. Unter anderem empfehlen wir für Einsteiger:
- Anleitung zur Einrichtung eines Larariums
- Einführungsartikel: Kultpraxis am Lararium
- Kultpraxis: Morgenritual am Lararium
- Über die Verwendung von Götterstatuen und -figuren im heimischen Cultus
Weitere Artikel findet Ihr in unserer Artikelübersicht zum Cultus Deorum
Weiterführende Literatur
Wir möchten an dieser Stelle insbesondere folgende wissenschaftliche Arbeiten empfehlen, die sich explizit und im Detail mit Laren, Lararien und dem Larenkult beschäftigen.
Einige davon sind zwar älteren Datums, was ihren generellen Nutzen als Informationsquelle jedoch nicht schmälert, auch wenn die neuere Forschung einige der darin aufgeführten Erkenntnisse mittlerweile erweitert oder revidiert hat.
Ansonsten finden sich Ausführungen zum Larenkult und Lararien in zahlreichen weiteren wissenschaftlichen, insbesondere regionalarchäologischen Abhandlungen und Artikeln.
- Thomas Fröhlich: Lararien und Fassadenbilder in den Vesuvstädten. Untersuchungen zur „volkstümlichen“ pompejanischen Malerei. Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung, 32. Ergänzungsheft, 1991. 370 Seiten plus Anhang mit Farbtafeln und Bildern. Download auf academia.edu
- Annemarie Kaufmann-Heinimann: Götter und Lararien aus Augusta Raurica. Herstellung, Zusammenhänge und sakrale Funktion figürlicher Bronzen in einer römischen Stadt. Forschungen in Augst 26, 1998. 360 Seiten. Download auf academica.edu
- Margaret C. Waites: The Nature of the Lares and Their Representation in Roman Art. Artikel im American Journal of Archeology, Archaeological Institute of America, Volume 24, Juli 1920. Download
Kultpraxis: Rituale am Lararium – Einleitung
Inhalt
- Rituale am Lararium – Einleitung
- Praktische Tipps, Tricks und Hinweise zur Durchführung eines Rituals im Larenkult
- Übersicht über die Larariums-Rituale
Weiterführende Infos auch in unserem Artikel: Anleitung zur Errichtung eines Larariums
Rituale am Lararium – Einleitung
Das Lararium und der damit verbundene Larenkult ist ein Grundpfeiler der Kultpraxis in der römischen Religion. Es ist ein zentraler Ort im Haushalt und spielt eine ebenso zentrale Rolle im Alltagsleben der Bewohner.
In der römischen Kultpraxis werden zahlreiche Handlungen, die Teil des Larenkults sind, sowohl vor dem Lararium als auch an anderen festgelegten Orten des Haushaltes vorgenommen. Nicht alle werden täglich praktiziert, einige finden nur zu besonderen Anlässen statt, andere können flexibel nach dem eigenen Zeitplan oder den eigenen Bedürfnissen täglich oder nur an bestimmten Tagen durchgeführt werden.
Im modernen Cultus spielt dieser zentrale Teil römischer Glaubenspraxis eine grundlegende Rolle; die Errichtung eines Larariums ist für den angehenden Cultor oft der erste (und beste) Einstieg in den römisch-heidnischen Rekonstruktionismus. Die lateinischen Formeln, die am Lararium gesprochen werden, sowie die Handlungen, die dabei durchgeführt werden, sind auf der Grundlage historischer Quellen rekonstruiert und werden möglichst exakt durchgeführt, da die Wahrung einer festen, vorgeschriebenen Form im römischen Cultus als extrem wichtig gilt.
Dies gilt jedoch vor allem im staatlichen, öffentlichen Cultus; daß im Privatkult in jeder Familie des Reichs, in jeder Provinz, von Rom bis Britannien, von Gallien bis Afrika die exakt gleichen Gebete verwendet wurden, ist höchst unwahrscheinlich. Tatsächlich gehen die Indizien eher dorthin, daß innerhalb einer Familie bestimmte Gebetsformen und Handlungen tradiert wurden, diese sich aber durchaus schon von den Formulierungen der Nachbarn unterscheiden konnten. In der Sacra Privata stehen dem Cultor deshalb größere Freiheiten zur Verfügung, die sich jedoch immer im bekannten rituellen Kontext und Ritualaufbau bewegen sollten.
Lediglich im Staatskult, der dem Wohle und Erhalt des römischen Staates und Volkes galt, war die absolute und strikte Einhaltung von Formulierungen, ja, bis zur kleinsten Handbewegung Pflicht. Versprach sich der Ritualleiter, verkleckerte der Diener etwas, verspielte sich der Musiker, wurde das Ritual abgebrochen und von vorn begonnen.
Im privaten Cultus, der auch von einfachen Leuten bis hin zu Sklaven praktiziert wurde, richtete man sich mit Anliegen auch ohne Kenntnis „offizieller Formulierungen“ an den Gott, der gerade zuständig war, ohne daß man jetzt Cato und Cicero gelesen hatte und wußte, wie im fernen Rom gebetet wurde. Es ist also durchaus legitim und auch römisch, eigene Gebete und Anrufungen zu verfassen, wenn man sich mit einem Anliegen an einen Gott wendet, sofern die Handgriffe und einzelnen Teile eines Rituals vorkommen und eingehalten werden und man auch die gängigen Floskeln einbaut, die überliefert sind.
Hinweis zum Latein der Ritualtexte
Wichtig ist der Hinweis, daß uns leider keine vollständigen Rituale aus der Antike erhalten sind; es gibt nur Bruchstücke, einzelne Formeln und Gebete. Die hier verwendeten Rituale wurden deshalb im Laufe der Zeit innerhalb des Cultus auf der Grundlage der vorhandenen Informationen rekonstruiert in einer „möglichst wahrscheinlichen“ Art und Weise, die die erhaltenen Texte und Formulierungen integriert.
Deswegen sind einige Formulierungen in einem archaischen Latein verfasst, wie z.B. im Morgenritual zu finden: zum Beispiel lautete der archaische Plural Genitiv „meum parentum“ und nicht, wie im klassischen Latein „meorum parentum“. Da das für heutige Lateiner irritierend sein kann (oder sich sogar fehlerhaft anhört), haben wir die klassische Variante in Klammern hinzugefügt; welche Version gewählt wird, steht dem Cultor frei.
Das Morgenritual
Insbesondere das tägliche Morgenritual, das bereits alle wichtigen Grundelemente eines römischen Rituals umfaßt (capite velato, Libation, Räucherung, Speiseopfer, bis hin zum Gebrauch der lateinischen Sprache), ist für Einsteiger sehr gut geeignet, um Routine in der religiösen Praxis zu bekommen und sich an die Handlungen, Bewegungen und das Aussprechen lateinischer Formeln zu gewöhnen.
Mit dem Morgenritual bittet man um Schutz und um einen guten Verlauf des Tages, trägt seine Anliegen für den Tag vor und ehrt Götter, Ahnen und Schutzgeister des Hauses (Laren und Penaten) mit Aufmerksamkeit. Es ist das wichtigste Ritual vor dem Lararium.
In der Antike wurde das morgendliche Ritual vom Hausherrn, dem Paterfamilias, mit der versammelten Familie (inklusive der anderen Bewohner, wie Bedienstete und Sklaven) vor dem zentralen Lararium des Haushaltes durchgeführt. Bei Zeitmangel oder Abwesenheit konnte er jedoch jede andere Person bestimmen, stellvertretend für ihn den Ritus durchzuführen.
Daneben gab es „private“ Lararien in anderen Räumen, zum Beispiel im Schlafzimmer, an denen der jeweilige Bewohner seinen eigenen Ritus durchführte und seine Anliegen für den Tag vortrug (oder sich abends für den Tag und erfolgreiche und angenehme Ereignisse bedankte).
Der morgendliche Ritus ist schnell und unkompliziert auszuführen und dauert im Idealfall (in der hier beschriebenen kurzen Form) nur maximal zehn Minuten, so daß er sogar problemlos sogar vor der Fahrt zur Arbeit durchgeführt werden kann.
Eine Erweiterung dieses Ritus um zahlreiche weitere Kulthandlungen, wenn man den Wunsch danach verspürt und die Zeit dafür hat, ist beliebig möglich. Daneben können auch andere Götter (die man – aus Platzgründen – ebenfalls im Lararium verehrt oder für die man ein eigenes Sacrarium errichtet hat), in den morgendlichen Ritus einbezogen werden, was flexibel und unkompliziert möglich ist. So hat man auch ihnen die erforderliche Aufmerksamkeit gewidmet, die man als Verpflichtung mit der Einrichtung eines heiligen Ortes für eine bestimmte Gottheit übernimmt und kann gleich auch seine Anliegen an die Götter für den Tag vortragen.
Hierbei muß allerdings beachtet werden, daß man – gleich, welche Götter man zusätzlich anruft -, immer als erstes Janus nennt und immer auch Vesta miteinschließt (die als letztes genannt wird).
Ist man zeitlich wirklich nicht in der Lage, täglich morgens ein kurzes Larariums-Ritual durchzuführen, sollte man dies zumindest an den Kalenden, Nonen und Iden jedes Monats versuchen. Grundsätzlich gehören die Laren und Penaten im römischen Verständnis zur Familie, da jedes verstorbene Familienmitglied zu den Manen (di manes) geht, welche oft mit den Laren (di lares) gleichgesetzt wurden. Dies bedingt, dass der Umgang mit ihnen auch familiärer war, als mit den Göttern so daß das tägliche Ritual am Lararium auch oft schlichter gehalten wurde. Ein vollständiges Ritual mit feststehenden Rezitationen, in capite velato wurde deswegen an normalen Tagen oft nicht durchgeführt, sondern eben an den Kalenden, Nonen und Iden, sowie an besonderen Feiertagen, darunter z.B. auch den Geburtstagen Verstorbener. Der tägliche Dienst am Lararium war ein symbolisches Teilen des Mahls, ein Trankopfer, ein freies Gebet – wichtig war und ist die tägliche Aufmerksamkeit, die man diesem spirituellen Fokus des eigenen Heims zukommen lässt.
Denn Vernachlässigung und mangelnde Aufmerksamkeit, sowohl für das Lararium als auch für Götter, denen man sich evtl. verpflichtet hat, sind im Cultus denkbar ungünstig und können im schlimmsten Fall dazu führen, daß sich die Götter und Geister ihrerseits auch nicht mehr an die Einhaltung von Verpflichtungen gehalten fühlen und den Ort nicht mehr aufsuchen (die Vernachlässigung von Göttern galt schon in der Antike als Unglück bringend, so daß hinter vorgehaltener Hand sogar die Einführung des Christentums als Staatsreligion und das damit einhergehende Verbot der alten Religion – und die damit verbundene Vernachlässigung der alten Götter – als eine der Ursachen für den Untergang des Römischen Reichs verantwortlich gemacht wurde). Titus Maccius Plautus hat in seiner Komödie Aulularia (Der Goldtopf) das Thema aufgegriffen, wie ein vernachlässigter Larendienst Unheil über die Bewohner eines Hauses bringen kann.
Neben dem Morgenritual (dem man, wenn man wirklich nur die Gelegenheit hat, eine Kulthandlung pro Tag auszuführen, immer den Vorzug geben sollte), gibt es weitere tägliche Kulthandlungen im Privatkult, die man zum Beispiel nach dem Aufstehen, beim Waschen vor dem eigentlichen Morgenritual, durchführen kann, sowie Rituale beim Verlassen des Hauses, bei der Heimkehr nach Hause, während der Einnahme der Mahlzeiten, oder ein Abendritual am Lararium, bei denen man sich für den Tag bedankt.
Davon unbenommen sind zusätzliche Rituale, zum Beispiel anläßlich von Familienfeiern, Geburtstagen, Geburt und Tod und an speziellen Feiertagen, sowie Rituale für Götter und Göttinnen, die nichts mit dem Larenkult zu tun haben. Inwieweit und wie oft man diese Rituale durchführt, bleibt Privatsache.
In dieser Reihe stellen wir Anleitungen für Larariums-Rituale vor, die zu den verschiedenen Anlässen abgehalten werden können.
Praktische Hinweise, Tipps und Tricks zur Durchführung eines Rituals im Larenkult
- Capite Velato: das verhüllte Haupt
Rituale im Larenkult werden im Ritus Romanus und damit capite velato, d.h. mit verhülltem Haupt durchgeführt. Der Sinn der Bedeckung des Hauptes (die von Männern wie Frauen gleichermaßen durchgeführt wird), ist weniger Respekt oder ein anderer kultureller Grund, wie man es aus anderen Religionen kennt, sondern ganz praktischer Natur: die Verhüllung dient als Schutz vor negativen Zeichen und Omen, die während des Rituals ansonsten aus dem Augenwinkel wahrgenommen werden könnten.
Im Idealfall wird das Ritual in Toga bzw. Palla durchgeführt, die über den Kopf gezogen werden kann. Nun trägt man aber relativ selten derart aufwendige Kleidungsstücke, schon gar nicht morgens vor der Arbeit, so daß hier eine pragmatische Alternative gewählt wird (wer in Stimmung ist und Zeit hat, dem sei die Durchführung eines Rituals in vollem römischen Ornat jedoch unbenommen).
Es wird aber nicht erwartet oder vorausgesetzt, daß der Larenkult (der ein täglicher Alltagskult war und sich in das Leben von beschäftigten Leuten mit wenig Zeit integrieren mußte), mit derartigem Aufwand betrieben wird, ganz im Gegenteil wäre ein solcher Aufwand – zumindest für den Alltagskult – eher unüblich. Auch war der Larenkult von den höchsten aristokratischen Kreisen bis zu den einfachsten, ärmsten Bewohnern des Reichs verbreitet, die mit vielen Personen in finsteren, engen Mietskasernen hausten und weder Toga noch ein aufwendiges Lararium besaßen. Hier gilt deswegen wieder der römische Grundsatz des Pragmatismus.
Zwar kann jedes Tuch verwendet werden, das geeignet ist, das Haupt zu verhüllen. Für die Durchführung der Rituale empfiehlt es sich jedoch, sich ein spezielles Tuch zu kaufen, das nur kultischen Zwecken dient und nicht in der Freizeit noch als Schal oder Handtuch verwendet wird. Das hilft auch dabei, sich mit dem Hervorholen dieses Tuches und dem Verhüllen des Hauptes in eine entsprechende Stimmung zu versetzen.
Hierbei sind der farblichen Phantasie zwar keine Grenzen gesetzt, wir bevorzugen jedoch einfarbige Tücher in gedeckten Farben oder in weiß, eventuell noch mit einem farbig abgesetzten Rand, anstatt mit bunt-grell gestreiften, modernen Mustern – auch, um sich gemäß dem Anspruch des römischen Rekonstruktionismus um römische Zurückhaltung und Würde zu bemühen, anstatt um modische Gimmicks (Neonfarben zum Beispiel sind ein absolutes no-go).
Das Tuch muß nicht schwer und lichtundurchlässig sein; ein einfaches leichtes Tuch, wie man es als Schal oder Halstuch trägt, erfüllt vollkommen seinen Zweck. Wer besonders authentisch sein möchte, kann beim Material darauf achten, etwas zu wählen, daß es bereits zu römischen Zeiten gab (also keine Synthetik oder Baumwolle), aber da Römer sich auch nicht dem technischen Fortschritt verschlossen, ist ein Baumwolltuch heute vollkommen ausreichend.
Das Tuch wird erst glatt über die Schultern gelegt, so daß es auch die Hälfte der Oberarme bedeckt, wie eine Art Umhang oder Schultertuch. Dann wird einfach der Teil des Tuchs, der auf dem Rücken liegt, bis über den Kopf hochgezogen. Das sorgt für eine einfache und dennoch stilvolle Bedeckung des Hauptes.
Das Haupt wird vor dem Beginn des Rituals verhüllt, so daß man bereits mit verhülltem Haupt vor das Lararium tritt. Das Tuch wird nicht erst dort hochgezogen.
- Vorbereitung des Trankopfers (Libation)
In einem Ritual des Larenkults werden in der Regel zwei Dinge benötigt: ein Trankopfer (Wein) und ein Speiseopfer.
Beim Wein spielt es keine Rolle, ob es sich um Rot-, Rosé- oder Weißwein handelt. Auch ist nicht notwendig, daß für das Opfern der edelste und teuerste Tropfen verwendet wird; einfacher Wein erfüllt seinen Zweck. Denn, wie schon Plutarch in „Numa“ schrieb, wird nicht erwartet, daß Opfergaben übertrieben kostspielig sind und gar die eigenen Mittel übersteigen, (“…sondern aus Mehl, Wein und den am wenigsten kostspieligen Opfergaben bestehen“, Plutarch, Numa 8.8).
Wer ohnehin immer eine offene Flasche Wein im Kühlschrank stehen hat oder plant, eine Flasche Wein im Anschluß oder am Abend ohnehin zu leeren, füllt davon vor dem Ritual etwas in die Flasche, aus der später das Trankopfer gegossen wird (Gutus).
Wer den Wein extra für die Libation verwendet, für den bietet sich an, die heute überall (z.B. bei Aldi) erhältlichen kleinen 25 cl-Weinfläschchen, die recht günstig zu haben sind, zu kaufen. Diese reichen für das Trankopfer mehrerer Tage, sind aber klein genug, daß der Wein nicht übergeht, wenn man ihn nicht abends weitertrinken möchte. Außerdem sind sie preisgünstig und in mehreren Sorten erhältlich.
Der Wein wird vor dem Ritual in die Flasche oder Kanne gefüllt, die für das Trankopfer bestimmt ist. Hierbei empfiehlt es sich, um Flecken zu vermeiden, den Wein in der Küche einzufüllen, idealerweise mit einem Trichter, denn es ist zu vermeiden, Wein zu verschütten. Es genügt, so viel Wein einzufüllen, wie später in die Opferschale paßt, in die der Wein gegossen wird. Die Flasche muß nicht randvoll gemacht werden.
Die volle Flasche wird anschließend zum Lararium mitgenommen und dort für das Ritual bereit gestellt; nach dem Ritual wird die gefüllte Schale nach draußen getragen und die leere Flasche gespült. Sie sollte nicht leer beim Lararium stehenbleiben, sondern sofort gespült werden, damit sich keine Weinreste festsetzen oder im Sommer gar Fruchtfliegen angezogen werden.
Der Wein wird nach dem Ritual idealerweise zum Teil getrunken und zum Teil draußen auf den Erdboden gegeben. Ist das Trinken nicht möglich, weil man danach z.B. noch mit dem Auto zur Arbeit fährt oder man keinen Alkohol trinken darf, wird alles draußen verschüttet. Ideal ist ein Verschütten auf Erdboden, bei Pflanzen oder Bäumen oder in Beeten oder Büschen oder Wald anstatt auf einen zuasphaltierten Grund. Ein Hof oder Garten, der zwar mit Steinen gepflastert ist, zwischen denen jedoch noch das Versickern von Flüssigkeiten möglich ist, ist ebenfalls ausreichend. Ist das Verschütten nicht möglich (weil man zum Beispiel im zehnten Stock eines Hochhauses wohnt und es nicht aus dem Fenster auf den asphaltierten Parkplatz gießen möchte), muß alles getrunken werden; den Wein anschließend in den Ausguß zu kippen, gilt als nicht angemessen.
- Vorbereitung des Speiseopfers
Es galt als übliche Vorstellung, daß die Laren und Penaten an den Mahlzeiten teilnahmen.
Alles, was versehentlich zu Boden fiel, gehörte automatisch den Laren. Ansonsten sind für sie typische Speiseopfergaben der zuvor beschriebene Wein, Getreide und Trauben.
Für die Penaten ist es ausreichend, ihnen etwas von dem „abzugeben“, was ohnehin gerade auf dem Tisch ist (nach dem Ritual wird es verzehrt, damit es nicht verkommt). Sollte es – zum Beispiel beim Morgenritual – noch zu früh für Frühstück sein, wird ihnen Nahrung zum Opfern bereitgestellt. Hierbei ist für die Penaten vor allem Wein, Milch, Ritualkuchen oder Ritualbrot gut geeignet.
Es ist für ein tägliches, kurzes Morgenritual nicht nötig, ausschweifende Opfergaben zu suchen oder gar selbst herzustellen. Zwar ist es schön, selbst Opferbrot nach altem römischen Rezept zu backen und dieses dann am Lararium anzubieten. Hat man aber nicht die Zeit oder Gelegenheit dazu, können auch Speisen des alltäglichen Gebrauchs aus der eigenen Küche angeboten werden. Auch hier gilt: Pragmatisch sein. Muß man für das morgendliche Speiseopfer erst aufwendige Vorarbeiten leisten oder spezielle Geschäfte aufsuchen, wird man bald die Lust verlieren und immer seltener ein Ritual durchführen. Dabei tut es im Zweifelsfall auch ein Stück Toastbrot aus dem eigenen Vorrat. Denn die Laren und Penaten brauchen gar keine Sonderbehandlung, sondern sind mit den Speisen zufrieden, die man selbst auch ißt.
Wer es gerne stilvoller mag, kann ganz einfache, dünne Opferbrote (im Stile von Oblaten) selbst aus einer Mischung aus Mehl, Salz und Wasser herstellen. Zu dünnen, runden Fladen gewalzt (etwa in der Größe von Backoblaten) und zehn Minuten im Ofen gebacken, sind schnell hergestellt, halten ewig und machen natürlich mehr her als eine halbe Scheibe Toast (sie sind auch die Vorläufer der in der Kirche verwendeten Hostie in Oblatenform).
Auch aufwendigeres Opferbrot, das mit Olivenöl, Honig und anderen Zutaten gebacken wird, kann natürlich auch im Lararium verwendet werden, es ist allerdings sinnvoller, das für Rituale am Sacrarium zu verwenden, wenn man es Göttern und Göttinnen opfert (die oft aufwendigere Opfer verlangen).
Einfachheit und Pragmatismus am Lararium sind keine Schande, sondern helfen, das Morgenritual effizient und unkompliziert durchzuführen. Es ist nicht zu befürchten, daß die Hausgeister und Ahnen zürnen, wenn man ihnen nur ein Stück Weißbrot oder eine Backoblate opfert, als wenn man ihnen mit Mola Salsa rituell gebackene Brote reicht.
Wie lange die Speise nach dem Ritual auf dem Lararium liegenbleibt, kann individuell entschieden werden. Wenn es verderbliches Essen ist, das von einer aktuellen Mahlzeit abgegeben wurde, wird es im Anschluß sofort verzehrt. Ist es ein trockenes Opferbrot, eine kleine Flade, eine Oblate, kann sie bis zum nächsten Opfer liegenbleiben. Manche Cultores ziehen es vor, diese Speisen direkt nach dem Ritual oder vor dem Beginn des nächsten Rituals zu verzehren.
Ist es ein speziell gebackenes Opferbrot, das (geschmacklich) nicht unbedingt zum Verzehr geeignet ist, oder ist es so hart, daß man es nicht essen kann, so wird es nicht in den Müll geworfen, sondern draußen dort deponiert, wo Vögel es finden und fressen können. Brote aller Art nach dem Ritual draußen zu entsorgen und es damit Vögeln zugänglich zu machen (die als Boten der Götter gelten und deren Zeichen übermitteln), ist generell wünschenswert, allerdings nicht immer möglich. Auch ist eine Entsorgung dort in Ordnung, wo das Speiseopfer, sei es Brot oder Frucht, zurück in den natürlichen Kreislauf gelangt und anderen Tieren als Nahrung dient, zum Beispiel im Kompost.
Auch kann das Speiseopfer (oder Teile davon) auf dem Altar verbrannt werden, wenn man die Möglichkeiten dazu hat.
Die zu opfernden Speisen werden, zusammen mit dem Wein, vor dem Ritual zum Lararium gebracht und dort deponiert. Nach dem Ritual sind alle Reste und Krümel aus den entsprechenden Gefäßen und im Lararium selbst zu entsorgen und dafür Sorge zu tragen, daß keine Lebensmittel im Lararium übergehen.
- Räucherungen
Im Rahmen eines Rituals am Lararium wird immer auch geräuchert. Römer liebten Räucherungen und verwendeten diese nicht nur im Lararium, sondern auch exzessiv in ihren Wohnungen, auch außerhalb eines Rituals, sowie bei allen Interaktionen mit Göttern.
Die traditionelle Räucherweise sieht den Gebrauch eines Räuchergefäßes (Turibulum) vor, das ganz nach den persönlichen Vorlieben aus Keramik, Metall oder Ton gefertigt sein kann. Darin können im Rahmen des Rituals auf Sand und Kohle Weihrauch, Kräuter, Harze und Teile von Speiseopfern verbrannt werden. Wie aufwendig man eine solche Räucherung gestaltet, bleibt einem selbst überlassen, wichtig ist, daß man Rauch erzeugt, der „nach oben steigt“ und damit die Aufmerksamkeit erregt.
Für das Lararium ist kein sonderlich aufwendiges Rauchopfer mit bestimmten Zutaten notwendig, wie es zum Beispiel für ein Ritual für einen bestimmten Gott erforderlich ist, dem bestimmte Harze oder Pflanzen oder Kräuter zugeordnet sind. Laren und Penaten schätzen Rauchopfer, egal um was es sich dabei handelt, und wieder gilt die Devise: es müssen keine kostbaren, aus dem Orient importierte oder in einem Kloster handgefertigten Räucherwerke sein, die am Morgen verbrannt werden. Diese sollte man sich für besondere Anlässe oder die Götter aufheben.
Auch sollte beachtet werden, daß es zeitlich immer aufwendiger ist, erst Kohle zum Glühen zu bringen und darauf dann Harze oder andere Räucherungen zu verbrennen. Nicht zuletzt ist es allein aus Gründen der Wohnverhältnisse (empfindliche Nachbarn, Brandmelder) nicht unbedingt möglich, große Weihrauchgefäße zu füllen oder gar Speisen oder Wein innerhalb einer Mietwohnung in offene Flammen zu geben.
Hat man es morgens eilig und will nur ein tägliches Alltagsritual durchführen, spricht in der heutigen Zeit auch gar nichts gegen die schnelle Verwendung von Räucherstäbchen anstatt dem Verbrennen von anderen Materialien auf Kohle und Sand. Auch hier gilt schon wieder: Pragmatisch schauen, was zur Situation paßt. Muß ich immer erst am Morgen Kohle entzünden und dort Harze und Pflanzen verbrennen, wird das tägliche Ritual zwischen Aufstehen und Fahrt zur Arbeit schnell zu aufwendig und dadurch irgendwann vernachlässigt. Entzünde ich auf die Schnelle ein Räucherstäbchen, das ich im Anschluß an das Ritual wieder lösche, fällt es mir viel leichter, eine Konstanz und Regelmäßigkeit beizubehalten und das Ritual auch dann durchzuführen, wenn ich es wirklich eilig habe. Verwendung von Räucherstäbchen wird weder Laren noch Penaten noch Götter erzürnen.
Nur in einem speziellen Ritual, bei dem man wirklich wichtige Anliegen vorträgt oder besondere Anlässe feiern möchte, sollte einer aufwendigen Räucherung mit speziellen Materialien der Vorzug gewesen werden. Im Alltagsritus eines schnellen und unkomplizierten Rituals kann man zwar auch aufwendig räuchern, muß es aber nicht.

Praktische Alternative: Räucherstäbchen, hier in einem Tongefäß mit Schlange (die in keinem Lararium fehlen darf)
Falls für den Hausgebrauch Räucherstäbchen anstelle von „richtigen“ Räucherungen verwendet werden, empfehlen wir Räucherstäbchen der Marke Auroshika. Diese Marke zeichnet sich durch vielfältige Sorten aus, die durch die Verwendung von natürlichen Harzen, Pflanzen, Hölzern und Gewürzen sehr klare und differenzierte Aromen abgeben. Die Rohstoffe werden mit Wasser zu einer Paste gemixt, um Bambusstöcke handgerollt und an der Luft getrocknet, anstatt mit billigem Kleber zu Räucherstäbchen geformt zu werden. Deswegen sind sie durch die in Genf ansässige IFRA zertifiziert und frei von Giftstoffen, wie sie oft von anderen asiatischen Räucherstäbchen abgegeben werden. Außerdem ist die Firmenpolitik der in Indien ansässigen Firma, die ein wichtiger Arbeitgeber in der Region ist und dort sehr viele soziale Projekte fördert, sehr transparent, es wird garantiert ohne Kinderarbeit gearbeitet und die Arbeiter sind vergleichsweise gut sozial abgesichert. Durch die vielen verfügbaren Sorten dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein, außerdem sind sie in Deutschland gut erhältlich.
Die zweite empfehlenswerte Marke sind die Räucherstäbchen von Holy Smokes Blue Line, die ebenfalls in Indien schadstofffrei von Hand mit natürlichen Zutaten gefertigt werden und fair gehandelt sind. Auch hier gibt es viele ausgezeichnete Sorten.
Weihrauch beziehen wir persönlich direkt aus den in unserer Umgebung liegenden Klöstern wie Abtei Mariawald bei Heimbach in der Eifel oder Kloster Maria Laach am Laacher See, die beide immer einen Ausflug wert sind und vor Ort in ihren Klostershops eine gute Auswahl an Räucherzubehör, Räuchergefäßen und Räucherungen haben.
- Handhaltung und Geste
Anrufungen im römischen Ritus werden nicht, wie beim Beten im Christentum oder in der Buddhistischen Meditation, mit gefalteten, ineinander- oder aneinander gelegten Händen durchgeführt (ganz im Gegenteil ist das Falten der Hände sogar verboten, weil diese Geste bedeutet, daß man etwas zu verbergen hat und das Gesagte nicht so meint, sondern es durch das Kreuzen der Finger direkt wieder aufhebt).
Stattdessen gibt es unterschiedliche Handhaltungen bei der Ansprache von Göttern und anderen Wesen, die sich nach der Richtung orientieren, in der man den Angesprochenen vermutet. Gottheiten, die im Himmel bzw. „oben“ angesiedelt sind, werden Manu supina angerufen, d.h. mit erhobenen Händen, Handflächen leicht nach oben gerichtet, Finger zusammen und den Blick ebenfalls nach oben gewendet (Macrobius, Saturnalia 3.9.10-12, Virgil Aeneid XII.195,6).
Da im Larariums-Ritual immer auch Janus und Vesta angerufen werden, ist diese Geste immer dann zu verwenden, wenn man sich an diese beiden Götter richtet. Auch Laren werden Manu supina angerufen (Horaz, Oden III, 23).
Götter und Wesen, die der irdischen Sphäre zugeordnet sind, werden mit nach unten gedrehten Handflächen angerufen oder die Handflächen werden in die Richtung gehalten, in der sich der Altar oder Schrein oder ein anderer zugeordneter Ort befindet. Silvanus, zum Beispiel, wird mit den Händen in Richtung Wald angerufen, Neptun mit Händen in Richtung des nächsten Gewässers oder Meeres.
Analog dazu werden Götter und Wesen, die der Unterwelt zugeordnet sind (Dii Inferi), mit der nach unten gerichteten rechten Hand (Manus prona) angerufen, die über den Altar, den Boden, ein Erdloch oder eine Erdspalte gehalten wird. Das sollte im alltäglichen Larariums-Ritual keine Rolle spielen.
Opfergaben werden mit der jeweils anderen Hand dargereicht. Mit der rechten Hand werden Opfergaben an himmlische und irdische Götter oder Laren dargereicht, mit der linken Hand Opfergaben für Unterweltgötter (damit die andere Hand wie oben beschrieben die Richtung angeben kann).
Es gibt historische Darstellungen (zum Beispiel von Kaiser Marcus Aurelius), der im Rahmen eines Triumphzuges ein Trankopfer durchführt und dabei die rechte Hand geschlossen, aber Zeige- und Mittelfinger ausgestreckt hält. Diese Darstellung findet sich öfter in alten Bildern, unter anderem im Kalender des römischen Kalligraphen Filocalus. Auch gibt es Darstellungen, bei denen die Opferschale (Patera) auf diese Weise gehalten wird. Diese Geste ist besonders in späteren Darstellungen häufig und weit verbreitet, aber bislang ist unklar, ob es sich um eine Gebetsgeste handelt und in welchem Zusammenhang sie verwendet wurde (sie wurde später als segnende Geste des Bischofs von den Christen übernommen).
Das Ritual am Lararium wird abgeschlossen mit der Adoratio, die zwar bei allen religiösen Praktiken gängig ist und von vielen Autoren beschrieben wird, deren genaue Durchführung aber bis heute umstritten ist. Antike Quellen (z.B. Sallustius) beschreiben zwei Kernelemente: eine Drehung des Körpers und das Küssen der rechten Hand.
Es ist die gängige Praxis, daß man, wenn man sich dem Lararium nähert oder es nach dem Ritus verläßt, zumindest die rechte Hand in Richtung des Larariums küßt. Hierbei ist jedoch nicht geklärt (und bleibt deswegen einem selbst überlassen), ob man die Innenseite der Fingerspitzen wie bei einem modernen Kuß-Zuwerfen küßt und dann in Richtung des zu grüßenden Ortes zeigt, oder ob man auf dem Handrücken den Kuß zwischen die Knöchel von Zeige- und Mittelfinger platziert und dann mit der Hand zum Altar zeigt. Da es keine definitive Antwort gibt, bleibt es dem persönlichen Geschmack des Cultors überlassen, welche Variante er bevorzugt (diese Kußgeste wird übrigens auch verwendet, wenn man an einem Altar, Tempel, Schrein oder der Statue eines Gottes vorbeigeht und diesen Ort grüßen möchte). Es ist durchaus üblich, nur die Kußgeste ohne Drehung zu verwenden (Minucius Felix, Octavius, II)
Die gesteigerte Version dieser Geste, die vor allem empfohlen wird, wenn man ein wichtiges Opfer durchführt, sich dem Grab eines Angehörigen nähert (Plutarch, Roman Questions, 14) oder ein größeres Ritual praktiziert, ist, daß man diese Kußgeste mit einer einmaligen Rotation des Körpers um die eigene Achse kombiniert (das Haupt bedeckt) und dann in Richtung des Altars oder Ortes mit der Drehung endet, um dort das Ritual durchzuführen. Die Richtung der Drehung scheint dabei keine Rolle zu spielen, Plinius weist nur darauf hin, daß bei den Galliern die Vorstellung herrscht, daß eine Linksdrehung stärker wirkt (Plinius, Naturalis Historia, 28.25).
Sofern der Raum es zuläßt, ist auch die Umrundung des Altars üblich, die gefolgt wird von der Rotation des Körpers und der Kußgeste.
- Sprache und Auswendig-Lernen
Im Ritual am Lararium wird (wie allgemein im römischen Cultus üblich) laut gesprochen, die Worte werden also nicht (wie ein stummes christliches Gebet) nur im Stillen gedacht oder leise vor sich hin gemurmelt.
Wir bieten in unseren Ritualbeschreibungen sowohl den lateinischen Text als auch die deutsche Übersetzung an. Es wird empfohlen, das Ritual auf Latein durchzuführen, da entweder davon ausgegangen wird, daß Latein die Sprache der Götter ist und diese erfreut oder wer eine mehr prosaische Begründung sucht, es die durch Tradition geadelte Kultsprache ist. Außerdem ist die Durchführung auf Latein authentischer und stimmungsvoller. Natürlich ist es auch in Ordnung, das Ritual in seiner eigenen Landessprache durchzuführen. Hier sollte aber zumindest in Erwägung gezogen werden, zusätzlich den lateinischen Text zu verwenden und die deutsche Übersetzung dann quasi für sich selbst und das bessere Verständnis hinzuzufügen.
Es ist nicht nötig, das Ritual auswendig und freihändig zu praktizieren. Es ist durchaus in Ordnung, sich die Anleitung auszudrucken und dann Schritt für Schritt abzulesen. Mit der Zeit wird man von selbst feststellen, daß man bestimmte Teile auswendig kann und immer weniger auf das Blatt schauen muß. Das Endziel sollte sein, frei zu sprechen, damit man sich auf den Inhalt und die Handlungen konzentrieren kann, wobei der Text nur noch Stütze im Hintergrund ist. Pauken der Texte sollte aber nicht nötig sein und schon gar nicht sollte man sich dadurch, daß man sie noch nicht auswendig kann, daran hindern lassen, einfach anzufangen. In alter Zeit wurden Riten grundsätzlich abgelesen, um die Gefahr eines Versprechers oder anderen Fehlers in der Rezitation zu minimieren, der das ganze Ritual ungültig gemacht hätte, so das man es von vorne beginnen musste.
Übersicht über die Rituale im Larenkult
- Tägliches Morgenritual am Lararium. Ideal für Einsteiger als erstes Ritual, das man erlernt. Götter können flexibel einbezogen werden. Minimum, das im Larenkult praktiziert werden sollte (idealerweise täglich, mindestens an Kalenden, Nonen und Iden)
- Reinigungsritual zu Reinigen und Fokussieren
- Ritual beim Verlassen des Hauses
- Ritual bei der Rückkehr nach Hause
- Abendritual
- Rituale anläßlich von Familienfeiern und anderen besonderen Anlässen im Haushalt (Umzug, Einzug, Geburt, Tod, Geburtstag)
- Rituale anläßlich der jährlichen Feiertage und Feste für Laren und Penaten
- Neujahrsritual für Janus
Götterwelt: Die Laren
Zuständigkeiten und Bezeichnungen:
Die Laren (Lateinisch: „Lares“, Singular: „Lar“) waren römische Schutzgötter oder Schutzgeister, die unterschiedliche Funktionen und Zuständigkeitsgebiete hatten. Innerhalb ihres Wirkungs- und Zuständigkeitskreises war es ihre Aufgabe, alles darin zu beobachten, zu beschützen und darauf Einfluß zu nehmen. Da Laren quasi überall ansässig waren – vom kleinsten Heim bis hin zum gesamten Staat -, war der Larenkult für den Römer von zentraler Bedeutung.
Laren werden in drei große Obergruppen unterteilt:
- Lares Familiares:
Die Lares Familiares (Singular: „Lar Familiaris“) galten als die Schutzgötter einer Familie und waren grundlegender Bestandteil der sacra privata, der privaten Kultausübung jedes Römers.

Lararium aus Pompeji. Typische Elemente: die Laren links und rechts, in der Mitte der Genius, darunter die Schlange
Sie waren Grundlage des römischen Ahnenkultes, denn sie wurden als die verstorbenen Ahnen angesehen, die auch nach ihrem Tod Teil der Familie blieben (nicht nur zwingend die eigenen Ahnen, sondern sie konnten auch ortsgebundene Geister anderer Herkunft sein). So wurden sie auch selbstverständlich in alle Familienfeiern und das tägliche Mahl eingebunden. Sie nahmen als Zeugen an allen wichtigen Ereignissen der Familie teil, an Geburten und Todesfällen, an Hochzeiten und Adoptionen (die im Römischen Reich alltäglich waren).
Die Lares Familiares brachten dem Haushalt finanziellen Wohlstand und Wohlergehen. An ihrem Schrein, dem „Lararium„, fand ein wichtiger Teil des gemeinsamen Familienlebens statt und er war sozialer Treffpunkt der Familie, selbst wenn sie sich sonst im Laufe eines Tages kaum zu Gesicht bekam. Beim Betreten des Hauses begrüßte man die Laren wie lebende Verwandte, beim Verlassen des Hauses verabschiedete man sich mit der Bitte, daß sie am Tag über einen wachten. Ihr Schrein stand für gewöhnlich in der Nähe des Herdes oder in einer Ecke der Eingangshalle. Reiche römische Familien hatten mehrere Lararien, ein repräsentatives an einem gut sichtbaren Ort wie vor dem Eingang oder in der Empfangshalle, und ein privates beim Herd oder im Schlafzimmer. Ärmere Familien hatten nur eine kleine Nische oder ein Regalbrett, das diese Funktion erfüllte.
Die Praxis der Verehrung der Lares Familiares wird immer zusammen mit der Verehrung des Genius paterfamilias, des Genius loci und der Penaten, durchgeführt, die die direkten Schutzgötter des Hausherrn und seiner engsten Familienangehörigen waren, während die Lares Familiares für alle zuständig waren, die unter seinem Dach in diesem Haus lebten, inklusive der Sklaven und Angestellten. Das „Familiaris“ bezieht sich hier also nicht auf die Familie als solche, sondern bezeichnet den Schutz dieses Geistes, den er über die Familie an ihrem Wohnort ausübt, deshalb wurden diese Laren auch Lares Domestici (Laren des Hauses) genannt. Im Gegensatz zu den Penaten, den Manen (den eigentlichen Ahngeistern) und den Genien der Familienmitglieder, die alle ihre Präsenz an die Familie resp. an Personen binden, sind die Lares loci und die Lares Familiares an den Ort gebunden, das heißt, sie konnten bei einem Umzug nicht mit umgesiedelt werden, sondern man musste sich an einem neuen Wohnort an die dort bereits präsenten Laren wenden.
Verantwortlich für die Kultpraxis im Haushalt war der Paterfamilias, das Familienoberhaupt (der allerdings aus praktischen Gründen auch die Möglichkeit hatte, bei Zeitmangel die Fürsorge für die Laren auf ein anderes Mitglied des Haushalts, Familienmitglieder oder Bedienstete, zu übertragen). Vernachlässigte man jedoch die Verehrung der Laren, so wandten diese sich ab und sorgten nicht länger für ein gutes Schicksal der Bewohner, halfen diesen nicht mehr und kümmerten sich nicht um sie, genauso wenig, wie sich die Familie um ihre Laren kümmerte.
Als absolutes Minimum sollte man zumindest an den Iden, Kalenden und Nonen jedes Monats Kulthandlungen für die Laren durchführen. Für viele Römer gehörte es aber zu den täglichen Handlungen jeden Morgen, oft auch jeden Abend, zumindest kurze Rituale am Larenschrein abzuhalten. Die Kultpraxis, um den Laren die gewünschte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, ist nicht aufwendig und erfordert nur wenige Minuten am Tag, ist also sehr alltagstauglich, was typisch für die praktisch veranlagten Römer war.
- Lares Loci und Lares Publici:
Die Lares Loci („Laren des Ortes“) waren keiner bestimmten Familie zugehörig, sondern wachten über einen besonderen Ort oder Platz. Das reichte vom heimischen Lararium, in dem der Lar Loci (oft auch als Genius Loci bezeichnet) lebte, der die Stelle bewachtete, an der das Haus einst gebaut worden war (und der beim Umzug der Familie auch nicht mitzog), bis hin zu Lares Loci, die Straßen (Lares Viales), Seewege, Kreuzungen (die als gefährlich galten), öffentliche Plätze, Städte und Dörfer, Äcker (Lares Rurales), Viehherden, bis hin zum Staat und dem Militär (Lares Militares) bewachten. Die Übergänge zwischen den Lares Loci und Lares Publici sind hier fließend, weil beide Gruppen zahlreiche Untergruppen beinhalten, die sich nur in Größe der von ihnen beschützten Bereiche unterschieden.
Laren, die ganze Ortschaften bewachten, wurden auch Lares Publici genannt. Sie wurden an Kreuzungen verehrt, an denen Compitales (Kreuzungsschreine) aufgestellt waren; diese waren an nahezu allen wichtigen Kreuzungen zu finden und Teil des sozialen, politischen und religiösen Geschehens vor Ort (die in katholischen Gegenden bekannten Flur- oder Wegekreuze stehen noch in dieser Tradition). Gewartet und verwaltet wurden sie von Kreuzwegvereinen. Im Gegensatz zu anderen Gottheiten, durften darin sogar Sklaven und Freigelassene (Libertini) religiöse Funktionen ausüben, da Laren Gefallen daran hatten, wenn Sklaven für sie tätig waren. Diese Laren (zusammengefaßt als Lares Compitalicii) spielten eine so zentrale Bedeutung im Cultus, das ihnen sogar ein eigenes Fest gestiftet wurde: die Compitalia, die jedes Jahr im Winter nach den Saturnalien abgehalten wurden.
Während der Compitalia stellten alle Familien Statuen der Unterweltgöttin Mania (die als „Mater Larum„, Mutter aller Laren galt) vor die Tür, zudem wurden kleine männliche und weibliche Figuren aus Wolle an die Türen gehängt. Damit verband man die Hoffnung, daß die Laren und Mania mit diesen Figürchen zufrieden waren und die Bewohner des Hauses im Gegenzug verschonten. Sklaven opferten keine menschenähnlichen Figuren, sondern Bälle aus Wolle. Neben diesen privaten Bräuchen wurden während der Compitalia auch Theaterstücke aufgeführt, zum Teil mit recht subversivem und provokativem Charakter, denn an diesem Fest waren die Regeln gelockert und es war erlaubt, seine Meinung zu sagen. Selbst Sklaven konnten für einen Tag tun und lassen, was ihnen gefiel. Insbesondere beim einfachen Volk war dieses Fest sehr beliebt.
Auch die Stadt Rom wurde von ihren eigenen Lares Publici beschützt, die in einem zentralen Tempel verehrt wurden, genau wie auch jeder Stadtteil Roms noch einmal seine eigenen Laren mit eigenen Schreinen besaß.
Opfergaben:
Den Laren wurde Getreide, Honigkuchen, Honigwaben, Trauben, Wein und Räucherwerk geopfert. Außerdem gehörte alles, was bei Tisch versehentlich auf den Boden fiel, automatisch ihnen. Zu ganz besonderen Anlässen opferten ihnen wohlhabendere Haushalte ein Schwein (möglicherweise eine trächtige Sau).
Darstellung und Attribute:
Ursprünglich waren die Laren gestaltlos; es existieren keine Darstellungen aus frührepublikanischer Zeit. Erst in der frühen Kaiserzeit nahmen die Laren ihre heute bekannte Gestalt an (möglicherweise unter griechischem Einfluß).
Analog zur Darstellung des Zwillingspaars Romulus und Remus werden Laren oft paarweise als männliche, bartlose Jünglinge dargestellt. Sie tragen eine einfache, kurze Tunika mit Gürtel. Ihre Körperhaltung ist tanzend, entweder auf Zehenspitzen und balancierend auf einem Bein.
Eine Hand ist oft erhoben und leer, oder hält ein Rhyton, ein Gefäß für Trankopfer und deutet damit das Anbieten des Trankopfers (Libation) an. Die andere Hand trägt ein Füllhorn (Cornucopia) oder eine Opferschale (Patera) .
Lares Familiares treten im Lararium sowohl paarweise auf, wobei die Figuren spiegelbildlich dargestellt sind, oder es gibt eine einzelne Figur, die diesen besonderen Schutzgeist der Familie symbolisiert. In Malereien in antiken Lararien (wie man es zum Beispiel aus Pompeji kennt) posieren Laren oft links und rechts von einer zentralen Figur, die den Genius darstellt.
Grundsätzlich liegt dieser Anordnung aber eher eine Konvention zugrunde und keine starre Regel, die irgendwie ‚theologisch‘ begründet wäre. So findet sich im ‚Haus der roten Wände‘ (Casa delle Pareti rosse, VIII 5, 37 [dies bezieht sich auf ein System, um die Fundstellen in Pompeji konkret in Bezug auf regio, insula und domus anzugeben) in Pompeji ein grosses Lararium, an dessen Rückwand der Genius flankiert von zwei tanzenden Laren aufgemalt ist. Man fand aber davor auch zwei Bronzefiguren die Laren darstellen, die ganz offensichtlich ursprünglich im Lararium standen, so das es dort 4 Laren gab.
Bei den Lares Loci und Lares publici kann die Anzahl ebenfalls schwanken; manchmal wird nur ein einziger Lar verehrt, bei anderen Typen (wie den sehr speziellen Lares Grundules) können es bis zu 30 sein.
Der Lar loci bzw. Genius loci des Hauses, der ebenfalls im Lararium verehrt wird, wird in Form einer Schlange dargestellt, wobei es auch hier manchmal 2 Schlangen sind, die etwa ihre Köpfe über einem religiösen Symbol erheben und einander zugewandt sind.
Herkunft:
Gemeinsam mit den Lemuren und Larvae werden die Laren zu den Manes gerechnet, den Unterwelt- oder Totengeistern und damit zu den Dii inferi. Während aber die Lemuren und Larvae bösartig und rachsüchtig sind und nach ihrem Tod keine Ruhe finden, zum Beispiel, weil sie nicht angemessen bestattet wurden, gelten die Laren als die „guten“ und wohlwollenden Geister, die jedoch ihre Freundlichkeit auch verlieren können, wenn man sie missachtet.
Der Ursprung des Larenkultes ist nicht ganz geklärt, er geht wahrscheinlich bereits auf die Etrusker zurück, die einen sehr ähnlichen Haus- und Ahnenkult praktizierten. Das Wort „Lar“ stammt vom etruskischen „Lar“ oder „Larth“, was „Gebieter“ oder „Herrscher“ bedeutet.
Der mythologische Hintergrund der Laren ist sehr spärlich und es gibt keine traditionelle und systematische Theologie, die ihre Natur und ihre Funktion erklärt. Das ist der Grund, weswegen die Entwicklung der vielen verschiedenen Typen von Laren und ihrer vielen Aufgaben überhaupt erst möglich wurde. Selbst unter den römischen Autoren herrscht Unklarheit über ihre Zugehörigkeit und Natur. Sextus Pompeius Festus schrieb im 2. Jahrhundert, daß die Laren Ahnen-Genii wären (der Genius bezeichnete den individuellen Anteil der göttlichen Natur in jeder Person, Sache oder Ort). Apuleus hielt sie für wohlwollende Ahnengeister, die sowohl zur Unterwelt als auch zu festen Orten der Welt der Menschen gehörten, und nichts mit dem Genius oder auch den bösen umherwandernden Lemuren zu tun hatten. Varro bezeichnet sie als einst menschliche Geister aus der Unterwelt und damit Ahnengeister und Manen, gleichzeitig als Luftgötter, die zur Oberwelt gehörten. Tatsache ist, daß die Übergänge zwischen Laren und Genien fließend waren bzw. es Überschneidungen gibt, wie beim Genius loci.
Feiertage:
Feiertage für die Laren sind (neben den Compitalia, deren Termin schwanken konnte, aber immer nach den Saturnalien Ende Dezember-Anfang Januar lag), der 27. Juni und der 22. Dezember.
Sonstiges:
Die Larenverehrung wurde im November 392 durch den Kaiser Theodosianus I verboten, inoffiziell wurde der Kult aber noch bis in die Spätantike nachgewiesenermaßen praktiziert.