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Der Ritus christianus in der Religio Romana – Teil II: Aufstieg eines Mysterienkultes

Zu Teil 1: Ritus Christianus – Einleitung: das Christentum im Kontext der Religio Romana in Antike und Gegenwart

Roma locuta, causa finita

Dieses bekannte „Zitat“ des Kirchenlehrers Augustinus von Hippo (354–430), bedeutet „Rom hat gesprochen, der Fall ist beendet“ und soll verstanden werden im Sinne von „Wenn Rom gesprochen hat, ist die Diskussion über den Sachverhalt beendet, es gibt dazu nichts mehr zu sagen.“

AugustineLateran

Älteste Darstellung des Augustinus,
Mosaik an der Kapelle Sancta
Sanctorum in Rom, 6. Jh.
(Wikimedia, gemeinfrei)

Zwar hat Augustinus den entsprechenden Teil seiner Predigt aus dem Jahr 417 n. Chr. (Sermo 131, 10) über die Entscheidung des Papstes bezüglich der Lehren des Pelagius genau in diesem Sinne verstanden wissen wollen, aber er hat wörtlich nur das „causa finita“ benutzt.

Es ist mittlerweile aber ein geflügeltes Wort in der oben genannten, ergänzten Form und bringt so einen Punkt prägnant zum Ausdruck, den wir als Ausgangspunkt für die folgenden Ausführungen für wichtig erachten, nämlich die Tatsache, dass das Christentum ab einem bestimmten Zeitpunkt zur Staatsreligion, zur Sacra Publica des Imperium Romanum geworden ist – ein Fakt, der sich nicht wegdiskutieren lässt.

Dies wurde also durch die Römer selbst entschieden – es geschah in ihrer Zeit und Lebenswirklichkeit, innerhalb der Kultur des römischen Reiches und eingebunden in den Kontext der traditionellen Kulte, was eine besondere Sichtweise auf Änderungen im öffentlichen religiösen Leben mit sich brachte. Deswegen stellt es für uns, die wir diese Geschichte studieren und anhand der Quellen zu verstehen versuchen, erst einmal nur einen weiteren organischen Schritt in der Entwicklung der römischen Geschichte dar, gegangen vom römischen Volk selbst.

Wir, die wir nach ihnen kommen, uns ihnen verbunden fühlen und in einer Kultur sozialisiert sind, die bereits selbst schon wieder einen weiteren Schritt in dieser fortlaufenden Geschichte und Kultur darstellt, müssen akzeptieren, dass wir in dieser historischen Entscheidung einerseits kein Mitspracherecht haben und wir sie andererseits auch nicht einfach ignorieren können.

Uns stellt sich nur die Frage, wie wir heute mit dieser Entscheidung derer, die vor uns waren, umgehen. Um hier zu einer befriedigenden Antwort zu kommen, gerade auch vor dem Hintergrund der Praxis der Religio Romana in unserer Zeit, ist es unabdingbar, sich von diversen Vorstellungen und Stereotypen zu verabschieden, die aus dem Blick auf die Geschichte durch eine quasi ideologische Brille erwachsen sind.

Wir müssen deshalb eine Perspektive einnehmen, die der entspricht, welche den religiösen wie politischen Entscheidungen im antiken römischen Staat zugrunde lag, um hierbei zu einer adäquaten Einschätzung kommen zu können.

Um diesen Punkt der Perspektive noch einmal konkret zu fassen, ist es wichtig zu betonen, Rekonstruktionismus ist keine Religion, auch nicht im Paganismus eine Denomination oder Konfession, sondern eine Herangehensweise, eine Methode.

Es geht dabei um die konstruktive Evaluation von Quellen, von tradiertem Wissen über eine Religion und Kultur, um diese in einem zeitgenössischen Kontext authentisch leben zu können. Im Rekonstruktionismus finden wir oft eine eher ganzheitliche Betrachtung, was aber besonders für den römischen Rekonstruktionismus gilt. Dies bedeutet, es geht nicht nur um den Teilaspekt der Religion, sondern grundsätzlich um die Kultur, um die „Romanitas“ von der die Religio – einschließlich der Sacra Publica – ein untrennbarer Teil ist.

Durch diese spezifische Betrachtungsweise kommt es naturgegebenermaßen zu einer natürlichen Einbeziehung von historischen Entscheidungen, die innerhalb der römischen Geschichte getroffen wurden und damit die Entwicklung des Römischen Reiches und der ihm zugrundeliegenden Kultur, wie auch der Aspekte, die in der Folge davon als römisches Erbe Europas immer noch aktuell sind, mitgestaltet haben. Durch diese Akzeptanz von historischen Entscheidungen kommt es generell zu einer anderen Sichtweise auf das Imperium Romanum, das wir zwar durch bestimmte Veränderungen in seiner historischen Entwicklung gekennzeichnet sehen, dem wir aber eine grundsätzliche Kontinuität zuschreiben, die kulturell bis heute nachwirkt.

Aus diesem Grunde sehen wir im Niedergang des weströmischen Reiches im 5. Jahrhundert nicht den „Untergang des Römischen Reiches“ schlechthin, denn auch wenn man gerne vom Byzantinischen Reich spricht, gab es ein solches nicht im Selbstverständnis der Römer, die sich auch im östlichen Teil des Reiches immer als solche betrachteten und bezeichneten (grch.: Ῥωμαῖοι / Rhōmaîoi). Es vollzog sich zwar im Ostteil des Reiches schon früh eine Vermischung der römischen Kultur mit griechisch-orientalischen Elementen (wobei aber auch im westlichen Teil des Imperiums Griechisch seit jeher die Sprache der Gebildeten war), eine stärkere Gräzisierung des Römischen Reiches fand allerdings erst nach dem Niedergang des westlichen Herrschaftsbereiches statt.

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Byzantion wurde, nachdem Konstantin es für seine Neugründung Konstantinopel erwählt hatte, auf das Fünffache der ursprünglichen Fläche vergrößert, wie das Vorbild Rom auf sieben Hügeln errichtet und entsprechend der politischen und weltlichen Strukturen der alten Hauptstadt glanzvoll ausgebaut. So erhielt Konstantinopel ein Kapitol, einen dem Senat in Rom vergleichbaren Rat, einen Circus für 100.000 Zuschauer, ein Forum (Forum Constantini) und eine Hauptverkehrsachse in ost-westlicher Richtung. Es war das Zentrum der Wirtschaft, Kultur und Verwaltung des Oströmischen Reiches kontinuierlich von der Spätantike bis zum Beginn der Neuzeit. (Bild: Antoine Herbert, Portfolio Konstantinopel vom 4. bis 8. Jahrhundert, eine Bilderreihe zur Byzantinischen Architektur)

Das Oströmische Reich war also kein „Nachfolger“ des Weströmischen Reiches, wie man dies manchmal liest, sondern es gab immer nur ein einziges Imperium Romanum und die seit der sog. Reichsteilung 395 n. Chr. vollzogene Aufteilung in einen westlichen und östlichen Teil war im eigentlichen Sinne eine Herrschaftsteilung von 2 Kaisern, eine Aufteilung des „Imperiums“, also der höchsten exekutiven Macht im Staat, keine Aufteilung oder Trennung des Römischen Reiches an sich.

Das Imperium Romanum ging somit erst 1453 n. Chr. mit der Eroberung seiner Hauptstadt im Osten, Konstantinopel, entstanden durch den großzügigen Ausbau des ehemaligen Byzantion, tatsächlich als Staat zu Ende. Wir betonen dies, weil diese Kontinuität für unsere Herangehensweise an die römische Geschichte und Kultur entscheidend ist.

Die Wortverbindung „katholische Kirche“ wurde zwar bereits von Ignatius von Antiochien um das Jahr 110 n. Chr. verwendet, aber erst nachdem es unter Theodosius I. im Jahre 380 n. Chr. durch das Edikt Cunctos populos zur Erhebung und Einsetzung des Christentums – eben in seiner auf das Konzil von Nicäa im Jahre 325 n. Chr. zurückgehenden Form – als Sacra Publica kam und damit die Konsolidierung des Römisch-Katholischen belegte, wurde dieser nun christliche Charakter des Reiches später im Ostteil als staatlicher und kultureller Impuls weiter verstärkt (Zitat aus dem Wortlaut des Ediktes: „Hanc legem sequentes christianorum catholicorum nomen iubemus amplecti (…) / „Nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, sollen, so gebieten wir, katholische Christen heißen dürfen“) .

Die oft vorgetragene Idee, dass die Christianisierung des Imperium Romanum zu seinem Untergang im Westen führte oder diesen zumindest gefördert habe (betont bei Edward Gibbon in seinem Werk „The History of the Decline and the Fall of the Roman Empire“ und in der Folge immer wieder von diversen Seiten aufgenommen, heute jedoch von der historischen Forschung als widerlegt betrachtet), wird natürlich alleine durch die Tatsache hinfällig, dass sich das später dezidiert christliche Oströmische Reich bis ins 15. Jahrhundert behaupten konnte, auch wenn es anfangs nicht in dieser Form existierte.

Denn Kaiser Konstantin förderte zwar das Christentum, aber sein Konstantinopel wurde nicht als eine Art „christliches Rom“ gegründet, wie man manchmal zu lesen bekommt. Die traditionellen paganen Riten bei der Gründung der Stadt wurden ebenso selbstverständlich beachtet, wie die Renovierung von paganen Tempeln gefördert wurde.

In Hoc Signo Vinces… oder Götterdämmerung?

Wie konnte es nun zu einer solch breiten Akzeptanz eines ursprünglich so kleinen Kultes wie des Christentums und schließlich sogar zu seiner Erhebung zur Staatsreligon im Römischen Reich kommen?

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Rezepte: Libum – römisches Opferbrot

Kleine römische Opferbrote für besondere Anlässe

Kleine römische Opferbrote für besondere Anlässe

Das „Libum“ ist mehr als ein Brot – es spielte in der römischen Antike als traditionelles Opferbrot eine wichtige Rolle. Es wurde zu besonderen Anlässen gebacken und geopfert, zum Beispiel anläßlich des Rituals zum eigenen Geburtstag.

Daneben war es auch eine beliebte Beilage zum Essen, die würzig oder süß serviert werden konnte.

Das Libum wird in mehreren antiken Quellen erwähnt und, was ein besonderer Glücksfall ist, darüber hinaus existiert ein vollständiges überliefertes Backrezept: Marcius Porcius Cato beschreibt in „De Agricultura“ (75-76), wie das Opferbrot hergestellt wird.

„Libum hoc modo facito: casei p. II bene disterat in mortario; ubi bene disteriverit, farinae siligineae libram aut, si voles tenerius esse, selibram similaginis solum eodem indito permiscetoque cum caseo bene; ovum unum addito et una permisceto bene. Inde panem facito, folia subdito, in foco caldo sub testu coquito leniter.“

„Ein Libum mache so: Man zerreibe 2 Pfund Käse in einem Mörser; wenn man das fein zerrieben hat, gib ein Pfund sehr weißes Weizenmehl oder, wenn du es zarter willst, nur ein Halbpfund Weizenmehl dazu hinein und vermische es gut mit dem Käse; gib ein Ei hinzu und mische es gut mit hinein. Daraus forme einen Laib, lege Blätter darunter, backe es langsam auf warmem Herd unter einer Schüssel.“ (Übersetzung aus: O.Schönberger, „Marcus Porcius Cato – Vom Landbau – Fragmente“)

Lararium mit Libum als Opfergabe

Lararium mit Libum als Opfergabe

Hierzu muß man wissen, daß das römische „Pfund“ („pondus“) nicht mit dem modernen Pfund übereinstimmt, sondern ein Pondus entspricht 327,45 g.

Wie dem Rezept zu entnehmen ist, handelt es sich beim Libum nicht um ein „klassisches“ Brot, sondern eher um eine Art Käsegebäck. Es kann nach dem Backen mit Honig bestrichen werden, schmeckt aber auch hervorragend, wenn man es warm zu Kräuterbutter oder Moretum serviert.

Die Technik des Abdeckens mit einer Schüssel ist nicht sonderlich geheimnisvoll – hier wird, ganz pragmatisch, ein Backofen ersetzt, so daß man das Opferbrot auch dort backen kann, wo man keinen aufwendigen Backofen in der Nähe hat, sei es in einer kleinen Küche oder draußen. Wir können deshalb heute problemlos auf einen Backofen zurückgreifen und müssen keine Schüssel-Herd-Experimente machen, nur um es besonders „authentisch“ zu machen. Es sei denn, man möchte diesen mobilen Reisebackofen experimentalarchäologisch ausprobieren 😉

Mit den Mengenangaben muß man etwas experimentieren. Wie geschmeidig der Teig wird, hängt von einigen Faktoren ab: in erster Linie vom Feuchtigkeitsgehalt des verwendeten Käses (wir bevorzugen eingelegten Schafs- oder Ziegenkäse, andere backen das Libum mit Ricotta) und der Größe des Eies. Deswegen empfehlen wir, das Mehl nur sehr zaghaft nach und nach zuzugeben, da der Teig bei zu trockenem Käse schnell bröselig werden kann und beim Formen der Kugeln dazu neigt, auseinanderzufallen. Deshalb lieber etwas weniger Mehl oder mehr Flüssigkeit hinzufügen, als im Rezept angegeben.

Unsere Empfehlung zur Herstellung von 4 kleinen Opferbroten:

Die Zutaten sind sehr einfach!

Die Zutaten sind sehr einfach!

Zutaten:

  • 200 Gramm Schafs- oder Ziegenkäse (in Salzlake)
  • 200-300 Gramm helles Mehl (abhängig von der Feuchtigkeit des Käses)
  • 1 Ei
  • Lorbeerblätter
  • ggfs. Honig

Die typischen Gewürze, die sich sonst in römischem Brot finden, sind nicht notwendig, da das Brot aufgrund der Verwendung des eingelegten Schafskäses und des Backens auf Lorbeerblättern schon salzig ist.

Zubereitung:

Den Schafskäse in eine Schüssel bröseln und mit einer Gabel zerdrücken.

Den Schafskäse mit einer Gabel zerdrücken

Nach und nach das Mehl hinzugeben und immer wieder vermischen und zerdrücken.

Das Ei hinzugeben und ebenfalls gut untermischen.

Nun beginnt die Kneterei: Den Teig auf ein gemehltes Brett legen und gut durchkneten, bis er gleichmäßig, geschmeidig und glatt ist. Wenn der Teig zu feucht ist, vorsichtig Mehl nachgeben, bis er gut formbar ist.

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Aus dem Teig vier gleichmäßige, etwa brötchengroße runde Laibe formen. Diese nach Geschmack oder entsprechend des geplanten Rituals sternförmig einschneiden oder mit einem anderen Muster versehen.

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Ein Backblech mit Lorbeerblättern auslegen und die Laibe auf das Bett aus Blättern legen.

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Bei etwa 200 Grad (Umluft 180 Grad) backen, bis der Teig durch ist und die Laibe eine goldbraune Farbe angenommen haben. Dies dauert bei der beschriebenen Größe etwa 30 Minuten.

Opferbrot für Apollo und Sirona

Opferbrot für Apollo und Sirona

Für die süße Variante werden die Brote direkt nach dem Backen (noch heiß) mit Honig bestrichen und trocknen gelassen.

Für die würzige Variante entfernt man nur die eventuell an der Unterseite haftenden Lorbeerblätter.

Schmeckt Menschen und Göttern gleichermaßen ;)

Schmeckt Menschen und Göttern gleichermaßen 😉

Das Brot kann sowohl heiß als auch kalt verzehrt werden, wird nach einiger Zeit aber etwas hart, so daß man es lieber frisch und warm servieren sollte.

Zur Verwendung als Opferbrot, zum Beispiel beim morgens durchgeführten Geburtstagsritual, kann es problemlos am Tag zuvor vorgebacken werden.

 

Kultpraxis: Geburtstagsritual am Lararium

„Statuetten opfernder Männer und Frauen“ im RGM Köln. Oder Larariumsfiguren von Genius und Iuno? Fundort: Köln

Wie wir in unserem Einleitungsartikel „Der Geburtstag in der römischen Antike“ beschrieben haben, unterschieden sich römische Geburtstagsbräuche kaum von unseren heutigen – mit einem Unterschied:

Neben Essen, Trinken und Feiern nutzte man den Tag auch, um in einem Ritual am Lararium, dem Hausschrein, seines Genius / seiner Iuno zu gedenken, sich bei den Göttern für das vergangene Lebensjahr zu bedanken und mit einem Gelübde ihre Unterstützung für das kommende Lebensjahr zu erbitten. Hierbei wird immer Jupiter Optimus Maximus eingeschlossen, aber zusätzlich auch jeder andere Gott, der in der eigenen Sacra Privata eine Rolle spielt.

Dieses Ritual stellte die rituelle Eröffnungshandlung am eigenen Geburtstag dar und wird deswegen auch heute in der Religio Romana als Teil der Feierlichkeiten praktiziert.

Der Zweck dieses Rituals ist denkbar pragmatisch: sicherzustellen, daß man auch seinen nächsten Geburtstag erlebt.

Vorbemerkung zu Quellen und Authentizität:

Informationen zu Anrufungen des Genius und der Götter, zu typischen Opfergaben (wie Kuchen, Weihrauch) und zu Opferhandlungen (wie dem Schmücken der Figur des Genius) sind uns, wie im Einleitungsartikel bereits erwähnt, aus zahlreichen Quellen überliefert. Auch gibt es erhaltene antike Texte, die Geburtstags-Segenswünsche enthalten oder Anrufungen und Gelübde aus dem Staats- und Kaiserkult anläßlich des Geburtstags des Kaisers.

Texte, die ein vollständiges Geburtstagsritual im privaten Cultus, in der Sacra Privata beschreiben, sind allerdings nicht bekannt. Deswegen muß ein solches Ritual aus den Fragmenten an erhaltenen Informationen und aus den überlieferten Texten rekonstruiert werden.

Pontifex Cn. Cornelius Lentulus führt eine Opferzeremonie anläßlich der Floralia durch (Foto mit freundlicher Genehmigung des Aquincum Museums Budapest http://www.aquincum.hu/)

Pontifex, Sacerdos, Quaestor und tief in der Religio Romana bewanderter Cultor Cn. Cornelius Lentulus führt eine Opferzeremonie anläßlich der Floralia 2015 durch (Foto mit freundlicher Genehmigung des Aquincum Museums Budapest http://www.aquincum.hu/)

Das hier im folgenden aufgeführte Ritual wurde uns freundlicherweise von Pontifex Cn. Cornelius Lentulus, einem der erfahrensten heute praktizierenden Cultores, zur Verfügung gestellt – genauer gesagt, zum Geburtstag geschenkt 🙂

Er ist zudem Lateindozent an der Universität Budapest und sehr bewandert in der antiken Quellenlage, so daß sein Versuch einer Rekonstruktion dieses Geburtstagsrituals nach bestem Wissen und Gewissen erfolgte, mit dem Anspruch, ein Ritual zu gestalten, das einem römischen Ritual aus der Antike so nahe wie möglich kommt und möglichst wahrscheinlich und authentisch ist.

Die Gelübde im Ritual orientieren sich an den überlieferten Gelübden der Arvalbrüder, des 12-köpfigen römischen Priesterkollegiums, anläßlich des Geburtstages des Kaisers. Die Opfergaben und Handlungen im Bezug auf den Genius entstammen den recht genauen Beschreibungen in den zahlreichen erhaltenen Texten über antike Geburtstagsfeiern, unter anderem von Ovid, Cicero und Tibull.

Ergänzt wurde der Ritualtext von uns durch praktische Handlungsanleitungen, die ebenfalls den antiken Quellen entnommen sind.

So stammt das folgende Ritual zwar nicht aus einer original römischen Quelle, ähnelt aber nach heutigem Kenntnisstand weitestgehend den Kulthandlungen, die Römer wahrscheinlich zu ihrem Geburtstag am Hausaltar abgehalten haben, so daß man es als heutiger Cultor und römischer Rekonstruktionist guten Gewissens in seine Sacra Privata einbinden kann.

Durchführung des Rituals

Vorbereitungen:

Wer eine Figur des Genius / Iuno in seinem Lararium hat, schmückt diese mit einem Kranz. Das Lararium kann zu diesem Anlaß auch mit frischen Blumen bedacht werden.

Neben einer Mischung aus honiggesüßtem Wein und Milch wird Räucherwerk benötigt. Hierzu wird Weihrauch verwendet, so daß man zur Vorbereitung Kohle entzünden und vorglühen sollte. Weihrauch zu räuchern, ist ein originär römischer Brauch, der bis heute seine Fortsetzung in den Bräuchen der römisch-katholischen und orthodoxen Kirche gefunden hat.

Da nur wenig Weihrauch benötigt wird, genügt auch ein kleines Stück Räucherkohle (die Kohletabletten lassen sich problemlos halbieren und vierteln) – es werden pro Rauchopfer jeweils nur ein paar kleine Stücke Weihrauch auf die Kohle gelegt und keine gewaltigen Rauchschwaden erzeugt, wie oftmals irrigerweise angenommen. Insofern gibt es keinen Grund auf Weihrauch als traditionelles Rauchopfer zu verzichten, auch wenn man in einer kleinen Wohnung lebt, zumal auch die Atmosphäre durch Weihrauch eine gänzlich andere ist, als durch die üblichen Räucherstäbchen.

Optional ist die Verwendung von Opferbrot (Libum) oder einem Stück des Geburtstagskuchens.

Bekleidung:

Der Paterfamilias opfert am Lararium

Der Paterfamilias opfert am Lararium

In der Antike war es üblich, daß man sich an seinem Geburtstag weiß kleidete (Ovid, Tristia V 5,8). Weiße Kleidung ist daher authentisch; wichtig ist aber vor allem, daß man saubere und ordentliche Kleidung trägt und das Ritual nicht im Schlafanzug oder Putzshirt durchführt.

Wie bei römischen Ritualen nach dem Ritus Romanus üblich, wird das Ritual capite velato, d.h. mit verhülltem Haupt durchgeführt. Anrufungen erfolgen stehend, manu supina (mit erhobenen Händen).

Opfergabe:

Als Opfergabe wird in diesem Ritual durch Honig gesüßter Wein mit Milch verwendet. Wenn man möchte, kann man den Wein durch Libum (Opferbrot) ersetzen oder ihn damit ergänzen. In diesem Fall muß im Text der Ausdruck „vino lacte melleque mixto“ durch das Wort „libo“ ersetzt werden.

Ansprache des Genius / der Iuno:

Der Geburtstag eines Menschen ist auch der Geburtstag seines „Schutzgeistes“, der bei Männern „Genius“, bei Frauen „Iuno“ genannt wird. Frauen ersetzen im Ritual das Wort „Genius“ deshalb einfach durch „Iuno“ (also im Vokativ „Geni“ durch „Iuno„.)

Sprache:

Es gilt in der Religio Romana die Vorstellung, daß Latein den Göttern besonders gefällt und sie positiv stimmt (was ja insbesondere bei persönlichen Anliegen nie schaden kann). Grundsätzlich gilt Latein als sakrale Sprache mit besonderer Wirkung und Macht.

Nichtsdestotrotz ist davon auszugehen, daß auch im römischen Vielvölkerstaat Gebete und Rituale durchaus in den vielen lokalen Sprachen (oder, insbesondere in der Osthälfte des Reichs, auf Griechisch) durchgeführt wurden, so daß nichts dagegen spricht, ein Ritual in seiner eigenen Muttersprache abzuhalten.

Unsere Präferenz ist die Durchführung in lateinischer Sprache.

Durchführung:

Dieses Ritual war und ist nicht „geheim“ oder privat (wie eigentlich kein römisches Ritual, solche, die in den Mysterien zur Anwendung kamen, einmal außen vor), sondern wenn man möchte, kann man Familienangehörige und andere Mitglieder des Haushalts, auch Geburtstagsgäste, daran teilnehmen oder zuschauen lassen.

Natürlich kann man es auch für sich alleine abhalten, um sich auf seine Anliegen und die Kulthandlungen zu konzentrieren; wir möchten nur darauf hinweisen, daß es in römischen Haushalten normal war, rituelle Handlungen sowohl gemeinsam, als auch alleine an seinem Lararium und Sacrarium durchzuführen.

I. PRECATIO IOVI (Gebet an Jupiter Optimus Maximus)

Am eigenen Geburtstag, nach dem Aufstehen, Waschen und Anziehen, tritt man vor sein Lararium.

Anrufung des Jupiter Optimus Maximus, vor dem Lararium stehend, capite velato und manu supina.

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Der Geburtstag in der römischen Antike

Römisches Fest (Roberto Bompiani)

Römisches Fest (Roberto Bompiani)

Schon in der römischen Antike feierte man gerne seinen eigenen Geburtstag – und zwar mit Einladungen an Freunde und Verwandte, Geburtstagskuchen, Ständchen singen, Kerzen, Essen und Trinken! Eine römische Geburtstagsfeier unterschied sich in ihren geselligen Aspekten deshalb kaum von einer heutigen Feier.

Im Gegensatz zu heute hatte der Geburtstag jedoch auch eine religiöse Komponente, die ebenfalls eine wichtige Rolle spielte und rituell in die Feierlichkeiten eingebunden war.

Exkurs: Kein Geburtstag ohne Kalender

Seit wann und wo in der Antike Geburtstag gefeiert wurde, ist nicht bekannt – es steht nur fest, daß eine Kultur ein Kalendersystem benötigt, um einen solchen wiederkehrenden Tag überhaupt feiern zu können, und dieser Kalender mußte allgemein verbreitet sein und im Alltag von der breiten Bevölkerung genutzt werden – also nicht nur von einer geistigen Elite, die Zugang zu astronomischem Wissen hatte und die die Hoheit über einen Kalender und wiederkehrende Ereignisse wie Sonnenwenden oder Tagundnachtgleichen besaß (in derartigen Kulturen feierte man deshalb oft nur den Geburtstag des Herrschers, da dieser Kenntnis über dieses genaue Datum hatte, nicht aber die Geburtstage der Leute aus der einfachen Bevölkerung).

Römischer Steckkalender aus AugustaTreverorum (Trier), 4. Jhd.

Römischer Steckkalender aus Augusta Treverorum (Trier), 4. Jhd.

Der römische Alltag war seit der späten Republik durch und durch in allen Schichten der Bevölkerung von einem in Monate und Wochentage differenzierten Kalender strukturiert. Besondere Schlüsseltage waren dabei die Kalenden, Iden und Nonen jedes Monats. Es gab eine exakte Jahreszählung, die die Jahre ab dem mythologischen Gründungsdatum der Stadt Rom (ab urbe condita, a.u.c.) im Jahr 753 v. Chr rechnete und der wir es noch heute zu verdanken haben, daß wir viele mit Datum signierte Funde, Inschriften und Münzen, sowie Regierungszeiten von Kaisern wie lokalen Verwaltungsbeamten aus römischer Zeit auf den Tag genau datieren können. Auch war sie dafür verantwortlich, daß jeder Römer sein aktuelles Alter kannte (wie man aus den zahlreichen Inschriften aus Grabsteinen entnehmen kann) – in der Antike keineswegs eine Selbstverständlichkeit.

Ein funktionierendes, allgemein gültiges Kalendersystem war für die römische Gesellschaft von grundlegender Bedeutung, da sich die Fasti, die religiösen Feiertage danach richteten, denn in der vorchristlichen Gesellschaft gab es noch keinen „freien Sonntag“.

Stattdessen gab es festgelegte Tage, an denen Markttag war, Gerichtsverfahren durchgeführt und Geschäfte getätigt wurden, und Tage, an denen das untersagt war. Am Dies ater, dem Unglückstag, der jeweils auf die Kalenden und Iden folgte, vermied man es sogar, Reisen zu unternehmen oder Geschäfte abzuschließen, man opferte den Göttern nicht und führte keine Auspizien oder große Rituale durch, sondern praktizierte ausschließlich die kleinen Hausrituale am Lararium. An Markttagen kaufte man für die nächsten 8 Tage ein und die Landbevölkerung kam in die Städte, um ihre Waren zu verkaufen. Diese Tage waren so wichtig, daß Gesetze regelten, was an ihnen erlaubt und verboten war – so durften z.B. an Markttagen keine Volksversammlungen abgehalten werden, da sie für die Stadtbevölkerung die einzige Möglichkeit waren, für die nächsten 8 Tage einzukaufen.

Römischer Fasti-Kalender (Foto: Kleuske, Lizenziert unter CC BY 2.5 über Wikimedia Commons)

Römischer Fasti-Kalender (Foto: Kleuske, Lizenziert unter CC BY 2.5 über Wikimedia Commons)

Da das ganze Leben und die Alltagsstruktur der römischen Gesellschaft vom Kalender geprägt war – der römische julianische Kalender ist bis heute, in angepaßter Form, Grundlage unseres modernen Kalenders -, war es in der römischen Antike natürlich für jedermann, selbst innerhalb der einfachen Landbevölkerung, normal, Geburtstage nachzuhalten und jedes Jahr am jeweils gleichen Tag zu feiern. Denn auch für die Bevölkerung auf dem Lande und in den Provinzen war der römische Kalender verbindlich, die festgelegten Feiertage der jeweiligen Kulte und Gottheiten, sowie der ländlichen Rituale und Opferfeste waren für die Gesellschaft wichtige zeitliche Bezugspunkte.

In einer orthopraktischen Religion wie der Religio Romana war die Einhaltung der korrekten Form eines Rituals oder Opfers von grundlegender Bedeutung, so daß man ein Fest z.B. wie die Volturnalia, die das Getreide vor der Hitze des Spätsommers schützten sollten, exakt am 27. August feierte und nicht „irgendwann Ende des Sommers“.

Interessant ist, daß den einfachen Leuten im späteren Mittelalter ihr Geburtstag oft nicht bekannt war, obwohl zu dieser Zeit längst ein Kalender etabliert war und die durch den Sonntag gegliederte 7-Tage-Woche allseits im Gebrauch war. Mitverursacht wurde dies dadurch, daß die Kirche die Feier des eigenen Geburtstages lange als „heidnisches Relikt“ ablehnte und stattdessen die Feier des Namenstages im Gedenken an den Heiligen dieses Tages in den Vordergrund stellte. Private Geburtstagsfeiern wurden erst ab dem 19. Jahrhundert wieder üblich, während sie vorher allenfalls vom Adel und gehobenen Kreisen abgehalten wurden, und kamen zuerst in protestantischen Kreisen wieder in Mode. Erst in jüngerer Zeit setzte sich auch bei Katholiken das Feiern des Geburtstages durch und drängte die Bedeutung des Namenstages allmählich zurück.

Das römische Geburtstagsopfer

Figur des Genius (Foto: Luis García, Licensed under CC BY-SA 3.0 Wikimedia Commons)

Figur des Genius (Foto: Luis García, Licensed under CC BY-SA 3.0 Wikimedia Commons)

Ihren Geburtstag feierten in der römischen Antike sowohl Kinder als auch Erwachsene.

An seinem Geburtstag kleidete man sich ganz in weiß (Ovid, Tristia V 5,8).

Als erste Handlung des Tages ging man zu seinem Hausschrein, dem Lararium, um dort (als Mann) seinem Genius oder (als Frau) seiner Iuno ein Opfer zu bringen (überliefert unter anderem in Tibull, I 7,52). Genius und Iuno sind, sehr vereinfacht gesagt, die persönlichen „Schutzgeister“ eines Menschen und Ausdruck seiner Persönlichkeit. Ursprünglich wurden sie verstanden als Ahnengeister, die über einen Menschen wachten, wandelten im Laufe der Zeit aber ihre Form und Bedeutung hin zu einem Wirkungsprinzip, das nicht nur einzelnen Menschen innewohnte, sondern sogar in Orten, ganzen Städten, dem Reich, aber auch Legionen oder anderen Personengruppen wirksam gedacht wurde. Im Kaiserkult wurde der Genius Augusti verehrt, der Genius des Kaisers.

Im privaten Alltagskult wandte man sich an seinen Genius bzw. seine Iuno, wenn man Hilfe brauchte, Rat suchte oder eine schwierige Lebenssituation meistern mußte, dies oft in Verbindung mit seinen jeweiligen Hausgöttern, an die man sich ebenfalls mit Anliegen aller Art richtete.

Zu seinem Geburtstag, der gleichzeitig auch der Geburtstag des Genius oder der Iuno war, ehrte man diesen durch das Opfern eines kleinen Opferbroteslibum genannt. Dieses wurde, wie von Cato in De Agriculta 84 beschrieben, aus Mehl, Käse und Eiern hergestellt (ein Libum-Rezept findet Ihr in unserer Reihe „Essen und Trinken“).

Lararium mit Geburtstagskuchen

Lararium mit Geburtstagskuchen

Außerdem entzündete man für ihn/sie eine Öllampe oder Kerze. Sofern man eine kleine Figur oder Statue des Genius in seinem Lararium hatte, schmückte man diese mit einem kleinen Kranz. Weitere beliebte Opfergaben waren ein Stück des Geburtstagskuchens, Wein und Weihrauch.

Das Ganze war verbunden mit einer rituellen Danksagung an den „Schutzgeist“ für die Unterstützung im vergangenen Lebensjahr und der Bitte, auch im kommenden Lebensjahr gut über einen zu wachen und einem mit Rat und Hilfe zur Seite zu stehen. Dies wurde verbunden mit einem Ritual, in das man bei Bedarf auch die persönlichen Götter einbezog und ihnen für ihre Hilfe dankte und um Unterstützung im neuen Lebensjahr bat. Hierbei schloß man auch Jupiter Optimus Maximus, als höchsten aller Götter, in die Gebete ein.

Dieses Ritual hatte, plakativ gesprochen, nur einen Zweck: sicherzustellen, daß man auch seinen nächsten Geburtstag noch erlebte.

Eine übliche Formel dafür lautete, daß „dieser Tag noch oft wiederkehren möge“ (Tibullus, 1,7,49-54 und Ovid: Tristia 3,13).

Von Albius Tibullus, dem römischen Dichter, sind zwei Genethliaka (eine aus dem hellenistischen Raum stammende besondere Form von Geburtstagsgedichten mit Segenswünschen) überliefert und zwar an seine Freunde Messala und Cornutus (der uns auch aus einer Inschrift aus dem Jahre 21 v. Chr. bekannt ist). Ovid verfasste Gedichte auf seinen eigenen Geburtstag und den seiner Frau. Auch sind Geburtstagsgedichte von Ausonius und Statius erhalten.

In Tibullus‘ Text „Cornutus Geburtstag“ (aus den „Elegien“) sind Segensworte und Geburtstagswünsche überliefert, aus denen auch die typischen Opferhandlungen und -gaben anläßlich eines Geburtstages zu augusteischer Zeit hervorgehen. So gibt er nach einer Anrufung des Genius die folgenden Segensworte wieder:

„Segensworte wollen wir sagen: es tritt des Geburtstags Gott zum Altar, Mann und Frau, wer sich auch naht, schweige still!
Brennen soll Weihrauch, der Göttern gefällt, und Düfte sollen brennen, die unser Araber schickt üppig aus Landen gar reich.
Selbst soll der Genius sich nahen und beschauen, was wir ihm bereiten:
ehren mit weichen Gebinden Zierde sein heiliges Haar.
Von seinen Schläfen soll tropfen die reine Feuchte der Narde, (Anmerkung: das wohlriechende, ätherische Öl eines Strauches aus Indien, das in der Antike im Mittelmeerraum sehr beliebt war und für teure Öle und Salben verwendet wurde )
satt soll er sein vom Kuchen, reichlich benäßt auch von Wein.
Möge, Cornutus, was immer Du bittest, sein Nicken verheißen.
Auf denn! Was zögerst Du noch? Nickt er doch bitte zu! (…)“

Die Geburtstagsfeier

Nach dem morgendlichen Opfer an den Genius schlossen sich die Feierlichkeiten an.

Wie wir z.B. von Briefen aus Vindolanda am Hadrianswall im Norden Britanniens wissen, verschickten Römer, wie wir heute auch, schriftliche Einladungen zu Geburtstagsfeiern an entfernt lebende Freunde und Verwandte. Ein Beispiel ist der Brief einer Claudia Severa, die die Frau des Kohortenkommandeurs darin zu ihrem Geburtstag einlud: „Claudia Severa grüßt ihre Lepidina! Am 11. September, Schwester, an meinem Geburtstag, lade ich dich ganz herzlich ein zu kommen!„.

Geburtstag - schon in Rom ein Familienfest. (Foto: Agnete, lizenziert unter CC BY 3.0 über Wikimedia Commons)

Geburtstag – schon in Rom ein Familienfest

Familienangehörige und Freunde kamen zu Besuch und gratulierten, wobei sie Geschenke mitbrachten. Beliebt war Schmuck für Frauen, aber auch Obst- und Präsentkörbe, Einrichtungsgegenstände für das Haus, Kerzen oder Götterfiguren. Kindern schenkte man Spielzeug oder sie bekamen von ihren Lehrern ein Buch geschenkt. Es galt die Devise, je näher man einer Person stand, desto aufwendiger sollte das Geschenk sein – dies wurde laut Ovid (amores 1,8) von einem geliebten Menschen erwartet, wobei dies sicherlich auch eher für die wohlhabenden Kreise galt, bei denen ein teures Geschenk auch ein Statussymbol war, das Bewunderung und Anerkennung einbrachte.

Je nach Geldbeutel und sozialem Stand fiel die Feier unterschiedlich groß aus. Während bei einfachen Leuten ein gemeinsames Essen mit Kuchen und Gesang, sowie gemeinsamen unterhaltsamen Spielen im Vordergrund stand, konnte bei wohlhabenden Römern die Feier auch schon mal sehr üppig ausfallen.

Es gab sogar Geburtstagskollegien, bei denen man Mitglied wurde und einen Jahresbeitrag zahlte und von denen man sich im Gegenzug dann die Geburtstagsfeier ausrichten ließ. Wohlhabende Stifter hinterließen diesen Vereinen oft beträchtliche Summen, damit diese auch nach ihrem Tod noch Geburtstagsfeiern für sie abhielten.

Lehrer schenkten ihren Schülern zum Geburtstag gerne ein Buch

Lehrer schenkten ihren Schülern zum Geburtstag gerne ein Buch (Schulrelief, Landesmuseum Trier)

Wohlhabendere Geschäftsleute und Politiker luden zu ihrem Geburtstag auch Geschäftskollegen und Klienten ein. Wer es sich leisten konnte, richtete ein mehrgängiges Menü aus, dessen Details und Speisefolgen bei Ovid und Cicero beschrieben werden, bestehend aus Vorspeisen wie Oliven, Salat, Eiern und Gemüse, gefolgt von einem Hauptgericht aus Fleisch wie Schwein, Wild oder Geflügel, Fisch und Meeresfrüchten. Als Nachspeise gab es Obst und eben den Geburtstagskuchen.

Nach dem Essen stand Unterhaltung auf dem Programm. Während man, wie es heute auch bei uns üblich ist, bei Kindergeburtstagen Spiele spielte, wie z.B. Geschicklichkeitsspiele, wurden die Geburtstage Erwachsener oft feucht-fröhlich begangen und es wurde das veranstaltet, was wir auch heute als Trink- und Party-Spiele kennen.

Im Haushalt der normalen Bürger wurde für den Gastgeber gesungen und es wurden Glückwünsche, oft in Gedichtform vorgetragen. Wohlhabende Kreise engagierten Musiker, die auf ihrer Feier spielten, oft auch Sänger und Tänzer, um die Gäste zu unterhalten.

Gäste, die eingeladen waren, aber nicht persönlich kommen konnten, schickten zumindest Grüße, oft in Reimform, und kleine Geschenke.

Geburtstag des Kaisers und der Stadt Rom

Eine besondere Rolle spielte der Geburtstag des Kaisers, der seit Augustus ein nationaler Feiertag war. Dieser Tag wurde im Rahmen des Kaiserkultes gefeiert.

Der Kaiser veranstaltete eine Prozession durch Rom, vollzog ein öffentliches Staatsopfer mit anschließendem Bankett, dem sich weitere Feierlichkeiten für die Bevölkerung anschlossen, an die auch kleine Geschenke verteilt wurden – Panem et circenses (Brot und Spiele), wie wir es vom römischen Dichter Juvenal als stehenden Ausdruck kennen. Besonders beliebt waren hierbei Gladiatorenspiele und Tierhatzen, wie es dem Geschmack der Zeit entsprach.

Auch die Legionen vollzogen am Geburtstag des Kaisers spezielle Kulthandlungen.

Es ist eine antike Aufzeichnung eines Gebets der Fratres Arvales (der Arvalbrüder, eines zwölfköpfigen römischen Priesterkollegiums) aus dem Jahr 91 n. Chr. erhalten, in dem diese einen Eid auf Kaiser Domitian ablegen. Solche Eide wurden traditionell an den Geburtstagen, sowie anderen wichtigen Ereignissen im Leben des Kaisers erneuert, so daß wir deswegen eine gute Vorstellung haben, wie ein solches Gebet, das an Jupiter Optimus Maximus gerichtet wurde, aufgebaut war (nachzulesen unter anderem in Bleeker und Widengren: Historia Religionum Volume I, Handbook for the History of Religions, 1969).

Auch der Geburtstag der Stadt Rom am 21. April („Natalis urbis„) wurde im Staatskult mit einem großen öffentlichen Ritual und einem volkstümlichen Fest mit Spielen gefeiert.

Gladiatorenkämpfe durften weder am Geburtstag des Kaisers noch am Geburtstag der Stadt Rom fehlen! (hier: Gladiatorengruppe Amor Mortis in Xanten, 2014)

Gladiatorenkämpfe durften weder am Geburtstag des Kaisers noch am Geburtstag der Stadt Rom fehlen! (hier: Gladiatorengruppe Amor Mortis in Xanten, 2014)

Legendär ist hierbei bis heute die 1000-Jahr-Feier im Jahre 248 n.Chr. (das sogenannte Miliarium saeculum), das als eine der spektakulärsten Feiern in die römische Geschichte einging. In der Millionenstadt Rom erhielt jeder Einwohner, trotz leerer Staatskassen, einen großzügigen Geldsegen und es gab Gladiatorenspiele und Tierkämpfe von gewaltigen Ausmaßen. So wurden unter anderem 6 Flußpferde, 10 Giraffen, 32 Elefanten, 10 Elche, 10 Tiger, 60 Löwen und 10 Hyänen in die Arena gebracht. Außerdem wurden Wagenrennen, Musiker- und Sängerwettbewerbe abgehalten und es gab große öffentliche Opferhandlungen. Die Details über dieses 3-tägige Fest sind so genau überliefert, daß wir heute sogar den Namen des Gewinners des damaligen Sängerwettbewerbes kennen: Valerius Eclectus. Dieses Fest war auch eine der größten Propagandamaßnahmen des Römischen Reichs, denn es fiel in eine der schlimmsten Reichskrisen des 3. Jahrhunderts.

Geburtstagswünsche auf Latein

Der Geburtstag auf Latein heißt „Dies natalis„.

Will man jemandem auf Latein zum Geburtstag gratulieren, so kann man das mit folgenden Formulierungen tun:

Felicem diem natalem“ oder „Fortuna dies natalis“ – „Viel Glück zum Geburtstag“. Dies kann ergänzt werden durch „Ad multos annos“ – „Auf viele (weitere) Jahre“.

Ein beliebtes Geburtstagsgedicht (dessen Quelle uns allerdings unbekannt ist), lautet:

Tibi diem natalem felicem opto
Sit novus vitae annus
ut purus tibi pannus,
qui tempore detritus
non tamen erit situs

Dir einen glücklichen Geburtstag!
Das neue Lebensjahr sei
wie ein reines Tuch
das durch die Zeit verbraucht,
aber dennoch nicht schmutzig wird.“

Der Geburtstag in der Religio Romana

Auch Spiele, wie hier das Knochenspiel, gehörten zu einer zünftigen Geburtstagfeier

Auch Spiele, wie hier das Knochenspiel, gehörten zu einer zünftigen Geburtstagfeier

Wie beschrieben, unterschieden sich die eigentlichen Festlichkeiten zum Geburtstag nicht von den heutigen Gebräuchen. Eine Feier mit Freunden und Verwandten, auf der es Geschenke gibt, Kuchen gegessen, gesungen, gedichtet und gratuliert wird, ist also auch heute überaus römisch. Auch ein feucht-fröhlicher Umtrunk am Abend, Musik und Tanz sind etwas, das man auch schon vor 2000 Jahren schätzte.

Wer jedoch neben dem „öffentlichen“ Teil des Geburtstages auch die religiöse Praktik übernehmen möchte, an diesem Tag seinem Genius (oder der Iuno) und den Hausgöttern zu danken, sowie sich ihren Beistand für das kommende Jahr zu sichern, dem empfehlen wir das Geburtstagsritual am Lararium, das wir Euch in unserer Rubrik „Kultpraxis“ vorstellen.

Auch der Geburtstag der Stadt Rom, Natalis urbis, wird in der Religio Romana noch heute am 21. April jeden Jahres gefeiert. Das Ritual zu diesem Anlaß umfasst Opfergaben aus Räucherwerk, Libum, Lorbeerblätter, Milch und Wein. Angerufen werden hierbei Janus, Jupiter, Quirinus und die altrömische Göttin Pales, da das Fest aus den Parilia hervorging, einem alten römischen Hirtenfest, das an diesem Tag ursprünglich zu Ehren der Pales begangen wurde und von Ovid in seinen Fasti ausführlich beschrieben wird. Mit dem Fest, das mit Reinigung und Erneuerung zusammenhing, verbanden die Römer bald die mythologische Gründung der Stadt Rom durch Romulus. Später wurde deshalb auch die Göttin Roma zum Kreis der verehrten Gottheiten hinzugefügt.

Das Lararium – der römische „Hausaltar“

Ein Lararium mit 2 Laren und Genius aus Pompeji

Ein Lararium mit 2 Laren und Genius aus Pompeji

Ein Begriff, der mit der römischen Religion, der Religio Romana (oder auch Cultus Deorum Romanorum), untrennbar verbunden ist und deshalb auch in vielen Artikeln auf unserer Seite auftaucht, ist das Lararium.

Doch worum handelt es sich dabei genau?

Ein Lararium ist, vereinfacht gesagt, ein Hausschrein oder Ort der Verehrung im privaten Haushalt, aber auch in öffentlichen Räumen wie Gaststätten, Betrieben, Werkstätten, Geschäften, Ställen, Thermen, Rasthäusern, sogar Latrinen.

Die römische Religion war in der römischen Antike in zwei Teilbereiche unterteilt: die Sacra Privata, den häuslichen oder privaten Kult eines jeden Einwohners des Römischen Reichs, der die römische Religion praktizierte und in die es keine staatliche Einmischung gab, sowie die Sacra Publica, den öffentlichen Staats- und Kaiserkult, an dem jeder Einwohner teilzunehmen hatte, um den Pax Deorum – den Frieden mit den Göttern und den Schutz des Römischen Staates durch die Götter – zu gewährleisten.

Aufwendiges Lararium aus Pompeji mit Altar und Nische für Figuren

Aufwendiges Lararium aus Pompeji mit Altar und Nische für Figuren

Das Lararium war das Kernelement der Sacra Privata und zentraler Fokus häuslicher oder privater Kulthandlungen.
Es spielte eine so zentrale Rolle im privaten Cultus, daß es in allen Bereichen des täglichen Alltagslebens zu finden war. Jeder praktizierte seine Sacra Privata am Lararium, vom wohlhabenden Hausherrn und seiner Familie bis hin zum Bediensteten und Sklaven.

Selbst auf der Arbeit oder auf Reisen kam man nicht ohne aus. Aus Pompeji sind uns Hunderte von Lararien bekannt, die dort in nahezu allen Lebensbereichen und in den unterschiedlichsten Ausprägungen gefunden wurden und zahlreiche antike Autoren schrieben über das Lararium und den Larenkult, so daß die zentrale und fundamentale Bedeutung des Larariums für die römische Religion unbestritten ist.

Überschneidungen mit der Sacra Publica gibt es bezogen auf die Lares Praestites, die die Schutzgeister der ganzen Stadt Rom und des römischen Staates waren.

Der Hausschrein oder Hausaltar

Das Lararium konnte – je nach zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und finanziellen Mitteln – sehr aufwendig gestaltet sein oder nur aus einer kleinen Wandnische, einem Wandbild oder einem einfachen Regalbrett für einen tragbarem kleinen Altar bestehen, der nach den Kulthandlungen wieder abgebaut wurde. Die meisten Lararien bestanden aus kleinen Opfernischen, Opferplatten in der Wand oder Wandbildern, vor denen Altäre standen oder vor denen die Altäre nur vorübergehend in Form von tragbaren arulae aufgebaut wurden.

Lararium aus einer Taverne in Pompeji mit Merkur und Bacchus

Lararium aus einer Taverne in Pompeji mit Merkur und Bacchus

Häufig sind um die Bilder herum Haltevorrichtungen für Girlanden zu finden, mit denen Lararien geschmückt wurden. Girlanden spielen eine sehr wichtige Rolle im römischen Kultgeschehen und dienten dem Schmuck der Hausaltäre und Götterstatuen und -figuren daheim und in Tempeln und an öffentlichen Orten, insbesondere zu religiösen Anlässen wie Feiertagen.

Lararien hatten entweder eigene eingelassene Opferstellen oder, wenn sie in Küchen standen – einer der häufigsten Aufstellungsorte -, diente direkt das immer brennende Herdfeuer (das mit der Göttin Vesta assoziiert war) als Opferstelle.

Die Lararien in den Häusern wohlhabender Bürger waren eher Miniaturtempel, sie waren aus teuren Materialien wie Marmor gestaltet und hatten auch repräsentative Funktion, weshalb sie häufig in Eingangshallen römischer Villen zu finden waren. Daneben gab es weitere Lararien in den Privaträumen, in Schlafzimmern und auch in den Räumen der Bediensteten und Sklaven, vor allem der Küche, die für die privaten Kulthandlungen und persönlichen Anliegen der einzelnen Bewohner vorgesehen waren. Es gibt auch Hinweise auf hölzerne Lararien, von denen jedoch kaum archäologische Funde erhalten geblieben sind.

In den einfacheren Wohnungen der Masse der Bevölkerung, die – vor allem in Rom selbst – oft in beengten Verhältnissen in mehrstöckigen Mietshäusern lebten, waren die Lararien weniger aufwendig gestaltet. Einfache Wandbretter oder tragbare Mini-Altäre mußten für diesen Zweck genügen. Diese Mietswohnungen, die oft nicht einmal eine eigene Küche besaßen, hatten bisweilen ein gemeinsames Lararium im Eingangsbereich, das von mehreren Parteien genutzt wurde.

Wer wurde im Lararium verehrt?

Lararium aus Pompeji mit Opferszene, Tieropfer und Aulosspieler

Lararium aus Pompeji mit Opferszene, Tieropfer und Aulosspieler

Der Begriff „Lararium“ deutet bereits darauf hin, daß hier die „Laren“ verehrt wurden, ortsgebundene Hausgeister. Sie wurden von allen Bewohnern des Hauses gleichermaßen verehrt, von der Familie des Hausherren bis zu Bediensteten und Sklaven. Allerdings beweisen Funde aus Pompeji, daß Sklaven und Bedienstete auf der einen Seite und Familienangehörige auf der anderen Seite eigene, voneinander getrennte Lararien hatten.

Daneben wurden am Lararium auch alle anderen Kulthandlungen durchgeführt, die zur Sacra Privata gehörten: die Ahnenverehrung, die Verehrung des Genius – des persönlichen Schutzgeistes des Paterfamilias, dem Familienoberhaupt -, die Verehrung der Juno – analog zum Genius des Mannes, der weiblich gedachte Schutzgeist der Hausherrin, und die Verehrung der Penaten.

Über die kultische Praxis des Larenkultes existieren neben zahlreichen, teils sehr gut erhaltenen archäologischen Funden auch antike Textquellen, unter anderem von Plautus, Ovid, Petronius, Plutarch, Tribull, Propertius, Cato und Cicero, so daß wir uns heute ein recht gutes und umfassendes Bild über diesen zentralen Kernbereich der römischen Sacra Privata machen können. Gerade von Titus Petronius existiert eine außergewöhnlich ausführliche Beschreibung eines Larariums und der dort vorgenommenen Kulthandlungen. Das ist natürlich ein Glücksfall für den römischen Rekonstruktionisten.

Die Laren

Der Lar ist quasi der eigentliche „Besitzer“ des Hauses, des angrenzenden Grundstücks sowie der Bewohner, die auf diesem Land leben – und sein Beschützer. Er ist ortsgebunden (nicht personengebunden) und bleibt nach einem Umzug der Familie auf seinem angestammten Land und in seinem Haus. Zieht eine Familie in ein neues Haus ein, muß sie sich mit den dort ansässigen Laren arrangieren.

Tanzendes Larenpaar, Bronze-Replik nach Original-Vorlage

Tanzendes Larenpaar, Bronze-Replik nach Original-Vorlage

Er tritt alleine, paarweise oder in ganzen Gruppen auf – was sich innerhalb der römischen Antike mehrmals wandelte – und Laren tragen oft verschiedene Zusätze wie Lares familiaris oder Lares domestici. Während sich zur Zeit der Republik archäologisch nur Einzeldarstellungen des Lars in Lararien finden, tritt er ab der frühen Kaiserzeit fast ausschließlich paarweise in Form von spiegelbildlichen Figuren oder Darstellungen auf.

Den Einfluß oder auch die Macht der Laren im Haus wird sehr anschaulich in der „Aulularia“ des römischen Dichters Plautus beschrieben. In diesem Stück vernachlässigt der Hausherr die Verehrung des Lars. Deswegen verheimlicht der Lar ihm erst das Versteck eines Schatzes innerhalb des Hauses und führt schließlich sogar den vorzeitigen Tod des Hausherrn herbei. Der Tochter des Mannes jedoch, die sich immer um den Lar bemühte, ihn regelmäßig mit Aufmerksamkeit bedachte und ihm Räucherwerk, Girlanden und Wein opferte (Opfergaben, die in den Quellen häufig im Zusammenhang mit dem Hauskult genannt werden), zeigt er das Versteck des Schatzes und vermittelt ihr zudem eine glückliche Ehe.

Die Kinder des Hauses galten als seit ihrer Geburt unter dem Schutz der Hauslaren stehend. Deswegen opferten sie beim Erreichen des Erwachsenenalters auch die Symbole ihrer Kindheit am Lararium – die Jungen gaben den Laren ihre Bulla, einen Anhänger, den vor allem Jungen aus wohlhabenden römischen Familien trugen – und die Mädchen ihre Puppen.

Der Paterfamilias opfert am Lararium

Der Paterfamilias opfert am Lararium (Quelle: leider unbekannt, Informationen willkommen!)

Deswegen war es auch nicht ungewöhnlich, daß man sich noch als Erwachsener um Schutz an seine Laren wandte, wenn man vor wichtigen Lebensabschnitten stand, zum Beispiel bald das Haus verließ, um zum Militär zu gehen. Nach der Heirat, wenn die Frau in das Haus des Mannes zog, opferte sie am Lararium des neuen Hauses den dortigen Laren (die ja, wie erwähnt, ortsgebunden sind, weswegen die eigenen Laren der Frau nicht mit ihr mitzogen), um sich bei den neuen Hauslaren „vorzustellen“ und ihnen Respekt zu erweisen.

Ging ein Familienmitglied aus dem Haus und auf eine Reise, bat man die Laren um eine sichere Rückkehr dieser Person. Verließ man selbst das Haus, bat man darum, daß die Laren es in der Abwesenheit samt der zurückgebliebenen Bewohner gut bewachten. Beim Betreten des Hauses begrüßte man sie, beim Verlassen des Hauses verabschiedete man sich von ihnen, wie von einem Familienmitglied.

Laren waren für alles zuständig, was sich im Haus ereignete. Hatte man einen Gegenstand im Haus verlegt, konnte man die Laren bitten, bei der Suche zu helfen oder den Fundort zu zeigen. Bei Familienfeiern wie Geburtstagen, Geburten oder Sterbefällen zog man die Laren – wie Familienmitglieder – selbstverständlich mit ein. Auch bei den täglichen Mahlzeiten wurden die Laren einbezogen und erhielten Teile der Mahlzeit als Opfergabe. Den Laren opferte man auch privat in persönlichen Belangen, zum Beispiel nach einer glücklich überstandenen Situation, bei Rückkehr eines vermißten Familienmitgliedes und anderen Privatangelegenheiten.

Einzelner Lar, Replik aus der Zeit der Republik. Patera und Füllhorn sind nicht erhalten

Einzelner Lar, Replik aus der Zeit der Republik. Patera und Füllhorn sind nicht erhalten

Da die Laren für alle Bewohner des Hauses zuständig waren, waren sie auch für die Anliegen der Bediensteten und sogar der Sklaven zuständig, beschützten diese und halfen ihnen, wenn sie die entsprechende Verehrung durchführten. Deswegen fanden sich Lararien nicht nur in den Wohnbereichen der Hausbesitzer, sondern auch in den Küchen und Wohnbereichen des Personals.

Im Larenkult, gerade für die Lares Compitales und Laren, die für ganze Wohngebiete zuständig waren, spielen Sklaven oft eine wichtige Rolle; manche kultischen Positionen waren sogar ausschließlich Sklaven vorbehalten, was zeigt, daß der Larenkult in allen Bevölkerungsschichten gleichermaßen von zentraler Bedeutung war. Zu den Compitalia, dem Fest für die Laren, wurden in der Nacht an der Haustür wollene Figuren für jedes Mitglied der Familie des Hausbesitzers und wollene Bälle für jeden Sklaven aufgehängt.

Neben der Einbeziehung in den Alltag und die täglichen Handlungen am Lararium, erfuhren die Hausgötter besondere Verehrung zu den Iden, den Nonen und den Kalenden. Nach Cato sollen diese Kulthandlungen, wie das Schmücken mit Girlanden und das Opfern von Weihrauch und Wein, nicht vom Paterfamilias oder seiner Familie ausgeführt werden, sondern von den anderen Bewohnern des Hauses, den Angestellten oder Sklaven. Damit verdeutlicht er die Bedeutung des Hauskultes für alle Bewohner. Spätere Autoren nach Cato fordern ein besonderes Monatsopfer nur noch für die Kalenden, so daß auch hier ein Wandel in den Bräuchen und der Kultpraxis zu erkennen ist.

Penaten

Lararium mit Laren, dazu Sirona und Mercurius als Penaten oder Hausgötter

Lararium mit Laren, dazu Sirona und Mercurius als Penaten oder Hausgötter

Bei den Penaten oder Dei penates handelte es sich ursprünglich nur um eine weitere Art von Hausgeistern, die vor allem die Speisekammer bewohnten und für Wohlstand und gute Versorgung der Hausbewohner sorgten. Im Gegensatz zu den Laren galten sie nicht als ortsgebunden, sondern waren personengebunden und gingen mit der Familie bei einem Umzug mit.

Der Begriff der Penaten wurde im Laufe der römischen Geschichte aber stark erweitert und bezeichnete schließlich keine spezifischen Geister oder individuelle göttliche Mächte mehr, sondern wurde als Sammelbegriff für das Kollektiv aller im Haushalt verehrten Schutzgötter verwendet. Insofern würden sogar Laren und Genien unter den Begriff „Penaten“ fallen, jedoch wurde zumindest zwischen Penaten, Laren und Genius sprachlich unterschieden (was im heidnischen Verbotsedikt von Kaiser Theodosius I aus dem Jahr 392 deutlich wird, das diese drei Gruppen explizit nennt und unterscheidet).

Die Matronen aus der Eifel im Lararium

Die Matronen aus der Eifel im Lararium

Als Dei penates galten damit alle Götter, die zusätzlich zu den Laren und dem Genius in den Hauskult aufgenommen wurden. Hierbei gab es keinerlei Einschränkungen; jede Gottheit konnte in der Sacra Privata verehrt und als besonders wichtig oder als Tutelargottheit für die Hausbewohner in die privaten Kulthandlungen einbezogen werden – das reichte von den höchsten kapitolinischen Staatsgöttern wie Jupiter, Juno und Minerva über Lokalgötter bis hin zu Gottheiten aus fremden Kulten, die mit römischen Göttern synkretisiert wurden oder Einzug in den römischen Pantheon fanden, wie die gallo-römischen Gottheiten Sirona, Epona, Lenus, Grannus, Intarabus, aber auch ägyptische Götter wie Isis, Serapis oder orientalische Götter wie Attis und Kybele.

Lararium mit Merkur als zentraler Figur

Lararium mit Merkur als zentraler Figur

Es gab keinerlei Einschränkungen, Verbote oder Regeln, wen die Bürger in ihrer Sacra Privata im heimischen Cultus verehrten, fremde Götter waren kein Problem, so lange man sich an der Sacra Publica beteiligte und bereit war, das Staats- oder Kaiseropfer darzubringen, das quasi als Mindestanforderung die Opferung von Weihrauch vorsah. Da es dieses Staatsopfer war, das für den Schutz des Staates durch die Götter sorgte, erfüllte man damit seine Pflicht dem Staat gegenüber – lehnte man es ab, grenzte man sich nicht nur aus der Gesellschaft aus, sondern gefährdete das Gemeinwohl.

Was man privat glaubte und trieb, war unerheblich, solange es nicht die öffentliche Ordnung störte oder gar dem Staatskult zuwiderlief. Es war sogar möglich (und kam auch vor), christliche Symbole neben den Laren im Lararium aufzustellen. Das kam gerade in der Frühzeit der Entwicklung der römischen Form des Christentums vor, als das Christentum nur eine von vielen im Reich populären Mysterienkulten war. Mitglied in einem oder mehrerer dieser Kulte zu sein, daneben die römische „Mainstream“-Religion zu praktizieren und das Staatsopfer darzubringen, war kein Widerspruch, sondern normal. Problematisch wurde es nur, wenn man sich dem Staatsopfer verweigerte, was ein Merkmal der Christen war, die den Absolutheitsanspruch des Einen Gottes predigten.

Lararium eines Schmieds mit (mach original Vorbild) selbst hergestellter Vulcanius-Figur (Römerfest Haltern, 2014)

Lararium eines Schmieds mit (nach original Vorbild) selbst hergestellter Vulcanius-Figur (Römerfest Haltern, 2014)

Die Penaten, die im Lararium verehrt wurden, konnten also alle Gottheiten und Glaubensrichtungen umfassen, die im römischen Vielvölkerreich existierten. Zahlreiche kleine Larariumsfiguren und Gemälde verschiedenster Götter, wie Merkur, Vulcanus, Minerva, Venus sind überliefert und erhalten und zeigen, daß jeder Gott neben den Laren und dem Genius dort einen Platz haben konnte.

Die Auswahl, welche Gottheiten im Haus verehrt wurden und Einzug in den familiären Kult hielten, oblag dem Familienoberhaupt. Aus diesem Grunde waren die Hausgötter der Familie eher von nachrangiger Bedeutung für die anderen Bewohner des Haushalts wie Diener und Sklaven, die in der Regel ihre eigenen Gottheiten für privaten Anliegen an ihren eigenen Lararien in Küche oder Dienstbereich verehrten.

Zu den Penaten, die immer, unabhängig von den eigenen Göttervorlieben, im Lararium verehrt wurden, gehörte die Göttin Vesta. Als Göttin des Herdfeuers, die auch durch das Feuer verkörpert wurde, war sie Bestandteil jedes Larariums, jedes Haushaltes und jeder Sacra Privata, ebenso wie Janus, der als Gott der Türen, Tore, Anfänge, Eingänge eine fundamentale Bedeutung für den Schutz jedes Hauses und im Hauskult spielte.

Genius

Ein dritter wichtiger Baustein des Hauskultes ist der Genius, der ebenfalls in vielen Larariumsdarstellungen zu finden ist. Der Genius wird meist als männliche Person mit Toga und capite velato, d.h. mit verhülltem Haupt, zwischen den beiden Laren dargestellt, während er Opferhandlungen an einem Altar durchführt.

Der Genius loci in Form der Schlange windet um den Altar, der Genius paterfamilias bringt ein Opfer dar

Der Genius loci in Form der Schlange windet sich um den Altar, der Genius des Paterfamilias bringt ein Opfer dar

Hierbei handelt es sich entweder um den Genius des Paterfamilias, des Familienoberhauptes, oder – in einigen Funden – um den Genius Augusti, den Genius des Kaisers.

Der Genius wird einerseits als Schutzgeist des Familienoberhauptes angesehen, der diesen ein Leben lang begleitet. Daneben existieren zeitgleiche Quellen, aus denen hervorgeht, daß der Genius als dem Familienoberhaupt innewohnend angesehen wurde, also nicht als unabhängige Wesenheit von diesem existiert.

Schon in der römischen Kaiserzeit wurden diese widersprüchlichen Ansichten diskutiert und sie existierten nebeneinander (besonders ausführlich diskutiert von Censurinus im 3. Jahrhundert), ohne daß dieser Widerspruch ein Problem darstellte – die römische Religion war immer eine Religion der Orthopraxie, in der rechtes Handeln das entscheidende Element war.

Bronzefigur eines Genius

Bronzefigur eines Genius

Es gab keine Orthodoxie, also einheitliche theologische Lehre, die dem Gläubigen vorschrieb, was er in Bezug auf Natur der Götter, Jenseitsvorstellungen oder Natur der Geister zu glauben hatte. Ein solches Dogma existierte, anders als im späteren Christentum, nicht und sorgte dafür, daß in philosophischen Kreisen eine freie Diskussionskultur über Glaubensfragen blühte, während sich der „normale“ Praktizierende meist gar nicht mit diesen theoretischen Fragen auseinandersetzte, weil sie für seine Kultpraxis schlicht und einfach unerheblich waren. Jeder konnte sich seine eigene Vorstellung über das Göttliche und „Übermenschliche“ machen, ohne daß eine Theorie davon falscher oder richtiger war als eine andere oder praktische Konsequenzen hatte.

Deswegen gibt es aus der römischen Antike unterschiedliche Ansichten darüber, welcher Natur der Genius war. Gleiches gilt analog für die Juno der Frau, die nicht mit der kapitolinischen Göttin Juno verwechselt werden darf, sondern das weibliche Äquivalent zum Genius darstellte. Ihre Verehrung stand in den Haushalten im Mittelpunkt, in denen eine Frau der Haushaltsvorstand war. Es sind einige Lararienbilder überliefert, die statt dem Genius eine Juno als zentrale opfernde Figur zwischen den Laren zeigt, jedoch sind diese Darstellungen deutlich seltener als die „Standarddarstellung“ eines Genius zwischen zwei Laren, die die Mehrzahl der erhaltenen Lararien schmückt.

Daneben gibt es auch Lararienmotive, die keinen Genius zeigen und in die Mitte eine Gottheit – also eine der Penaten – rücken, wie eine personifizierte Darstellung der Göttin Vesta aus dem Lararium einer Bäckerei in Pompeji.

Detailaufnahme eines Genius aus einem Lararium aus Pompeji

Detail eines Genius aus einem Lararium aus Pompeji

Der Genius (seltener die Juno) bringt in Larariendarstellungen immer ein Opfer an einem Altar dar, entweder ein Weihrauchopfer, oder er gießt ein Trankopfer über einer Opferflamme aus.

Ein Mann feiert an seinem Geburtstag seinen Genius und eine Frau ihre Juno. Dieser Brauch ist in zahlreichen Quellen beschrieben. An diesem Tag wird der Genius als Genius Familiaris von der ganzen Familie verehrt, auch von den zugereisten Verwandten, die anläßlich dieser Feier zu Besuch sind. Am Geburtstag einer nahestehenden, aber abwesenden Person war es auch üblich, in Abwesenheit ein Opfer für deren Genius zu bringen. Am 22. Februar wurde zudem die Carista gefeiert, ein Fest, an dem „gute“ nahestehende Verwandte den Hausgöttern ein Opfer darbrachten.

Es gibt Beschreibungen von Opfern für den Genius als auch für die Juno an brennenden und blumenumkränzten arae, kleinen Altären, deren Aufstellungsort nicht ganz eindeutig ist – ob sie sich vor oder im unmittelbaren Umfeld des Larariums befanden oder einen eigenen Ort im Haus hatten.

Genius loci

Genius loci des Bodens rund um den Vesuv, Darstellung mit Bacchus, aus Pompeji

Genius loci des Bodens rund um den Vesuv, Darstellung mit Bacchus, aus Pompeji

Ebenfalls am Lararium verehrt wurde der Genius loci, der Geist des Ortes, der nicht mit den ebenfalls ortsgebundenen Laren und Schutzgeistern des Ortes, identisch ist. Er wurde überwiegend in Form der Schlange verehrt, die im römischen Reich als Glückssymbol und positives Bild zu verstehen ist. Auch darf der Genius loci nicht mit dem zuvor beschriebenen Genius Paterfamilias verwechselt werden.

Die Schlange findet sich in der überwiegenden Mehrzahl der erhaltenen Lararien, was auf die große Bedeutung dieses Elements hinweist.

Alle Orte hatten ihren eigenen Genius loci, nicht nur Häuser, auch natürliche Orte wie Steine, Flüsse, Berge, Sträucher, Seen, Vulkane und wichtige Bereiche wie Türen, Tore, Brücken, Straßen oder Kultplätze. Dabei konnten selbst kleinste Teilbereiche des Lebens ihren eigenen Genius loci haben, wie ein Keller, ein Zimmer oder das Bett, aber auch größere Gebiete wie ganze Städte, Stadtteile, Theater, Märkte und sogar Regionen wie Wüsten oder Provinzen wie Pannonien oder Britannien.

Römer, die auf Reisen waren, brachten unterwegs immer dem „unbekannten Geist des Ortes„, an dem sie weilten, ein Opfer dar, um diesen wohlwollend zu stimmen. Die Gefahr, den Genius loci des Ortes zu ignorieren und dadurch zu verägern, war sonst zu groß. Neben der Darstellung von Schlangen in Lararien und an Wegesteinen kennen wir sie auch aus Weiheinschriften die dem „unbekannten Geist des Ortes“ gewidmet sind.

Aussehen und Einrichtung des Larariums

Wie bereits ausgeführt, enthält das typische Lararium Repräsentationen der vier zuvor beschriebenen Elemente oder Gruppen, die an ihm verehrt werden.

Aufwendiges Lararium aus Pompeji

Aufwendiges Lararium aus Pompeji

Hierbei unterscheiden sie sich in Aufwendigkeit, Herstellungsart und Stil je nach Epoche der römischen Geschichte, nach Region und finanziellen Mitteln der Besitzer. Die Kernelemente jedoch sind meistens gleich oder zumindest so ähnlich, daß sie immer gut zu identifizieren sind. Daraus läßt sich ableiten, daß am Lararium zwar die Sacra Privata praktiziert wurde und die dort verehrten Gottheiten sich stark unterscheiden konnten, daß die grundlegende Kultpraxis im ganzen Reich und in allen Bevölkerungsgruppen jedoch einheitlich und traditionell begründet war.

Aus den Hunderten erhaltenen Lararien, Larariumsbildern und Figuren geht nicht hervor, daß es große Abweichungen oder Varietäten gab; diese finden sich ausschließlich bei den Penaten, die frei wählbar waren. Die anderen Kernelemente – Laren, Genius / Juno und Schlange – sind durchgängig durch die Zeiten und in allen Provinzen zu finden.

Dem liegt das römische Religionsverständnis zugrunde, daß die Einhaltung der korrekten, einheitlichen, überlieferten Form bei der Durchführung eines Rituals oder eine Kulthandlung eine wichtigere Rolle spielt als Gedanken darüber, warum man eine Handlung auf die eine oder andere Weise durchführt oder welcher Natur diejenigen sind, denen man opfert. Das ging so weit, daß man ein Ritual oder eine Kulthandlung von vorne begann, wenn man sich im Ablauf vertan hatte oder sich versprach. Insbesondere im Staatskult wurde peinlichst genau auf die einhundertprozentig korrekte Durchführung geachtet, um die Götter nicht zu verärgern, in deren Hände man schließlich den Schutz des Römischen Reiches legte.

Äußere Gestaltung

Die äußere Gestaltung des Larariums war vielfältig. Neben aufwendigen kleinen Tempeln aus Marmor mit Säulen und Dach gab es große und kleine Wandnischen, Wandvorsprünge oder andere größere oder kleinere Schreine, die Bauwerken nachempfunden waren.

Lararium mit Vesta-Motiv aus Pompeji, einem Lar, Sirona und Mater Magna

Lararium mit Vesta-Motiv aus Pompeji, einem Lar, Sirona und Mater Magna

Um viele Lararien befanden sich spezielle Haltevorrichtungen für Girlanden und Kränze, an denen man die in den Quellen beschriebene Praxis des Schmückens erkennen kann.

Die Rückwand des Larariums, oft auch die umgebende Wand, war meist bemalt. Hierbei fällt auf, daß in den repräsentativen Lararien der teuren römischen Villen interessanterweise in den Larariumsmalereien fast nie Laren und Genius dargestellt sind, sondern nur Hintergrundmalereien wie Girlanden oder Landschaften, Attribute, Orte und die Schlange. Gemalte Darstellungen von Genius, Laren und Göttern sind immer nur in den Lararien im Wohnbereich, in Privaträumen und in den Räumen des Gesindes zu finden.

Deswegen wird in der Forschung davon ausgegangen, daß das Malen szenischer Darstellungen in Lararien als „billige“ Lösung galt und man in den repräsentativen Lararien stattdessen teure Bronze- oder Steinfiguren aufstellte, die Laren und Genius repräsentierten und die vor dem bemalten Hintergrund dekorativ in Szene gesetzt wurden.

Merkur-Larariumsfigur aus dem vicus Eisenberg / Pfalz (Bronzereplik)

Merkur-Larariumsfigur aus dem vicus Eisenberg / Pfalz (Bronzereplik)

Daneben finden sich Mischformen, das heißt, Lararien, in denen die „Standardelemente“ wie Laren, Genius und Penaten zwar auf die Rückwand gemalt waren, in denen aber auch kleine Bronzefiguretten mit Laren- und Götterdarstellungen gefunden wurden.

Die kleinen Figuren nutzte man auch auf Reisen, um sie z.B. in Herbergen in die dort vorgesehenen Nischen zu stellen, damit man auch unterwegs nicht ohne Schutz und göttlichen Ansprechpartner war.

Auch in räumlich beengten Verhältnissen, in denen man mit mehreren Personen in kleinen Räumen lebte und nicht dauerhaft ein Lararium aufgebaut haben konnte, nutzte man Figuren (die es als billige Massenware aus Ton oder anderen Materialien zu kaufen gab), um diese bei Bedarf auf ein Regal oder einen kleinen Altar zu stellen und danach wieder fortzuräumen.

Götter, Laren, Genius

Bis zum Ende der Republik dominieren Darstellungen, sowohl malerischer als auch figürlicher Art, die nur einen Laren zeigen. Dieser hat meist die Form eines tanzenden Jünglings, der ein Füllhorn in der einen und eine Opferschale – die Patera – in der anderen Hand hält.

Ab der Kaiserzeit tauchen Laren fast ausschließlich paarweise auf, in Form zweier spiegelbildlich zueinander tanzender Laren mit erhobenem Cornucopia (Füllhorn) oder Rhyton (einem einhenkeligen Trinkgefäß) und Patera (Opferschale) oder Situla (ein eimerähnliches Gefäß).

Auch figürliche Darstellungen des Genius sind häufig in Form kleiner Bronzefiguren oder Terrakotten überliefert. Hierbei hält der Genius ebenfalls ein Füllhorn und eine Patera in der Hand, befindet sich jedoch nicht in der tanzenden Pose mit fliegendem Gewand, sondern trägt meist eine Art Toga oder Umhang und befindet sich mit verhülltem oder freiem Haupt in Opferpose.

Daneben gibt es zahlreiche Götterfiguren, aus deren Form, Standsockel und Größe darauf geschlossen werden kann, daß sie einst in einem Lararium standen, wenn sie nicht sogar im Fundzusammenhang mit einem Lararium entdeckt wurden. Dabei tauchen zahlreiche Götter des römischen, gallo-römischen, orientalischen oder afrikanischen Pantheons auf. Es gibt – gerade aus dem mitteleuropäischen Raum – sehr viele Merkur-Larariumsfiguren, der offenbar zu den beliebtesten Larariums-Penaten gehörte. Aber auch andere „klassisch-römische“ Götter wie Venus, Jupiter, Fortuna, Minerva, Vulcanus oder Hercules sind als Larariumsfiguren überliefert. Sie sind ebenfalls aus Bronze, Stein, Elfenbein oder Terrakotta gearbeitet und von unterschiedlicher Qualität, von teurer filigraner Arbeit bis hin zu typischer Massenware aus Serienfertigung.

Caesarium mit dem vergöttlichten Kaiser Marcus Aurelius

Caesareum für den  vergöttlichten Kaiser Marcus Aurelius

Eine besonders ergiebige archäologische Quelle für Larariums-Statuetten war der Laden des Sabinus in Pompeji, der auf Handel mit Statuetten und Figuren aller Art spezialisiert war.

Die Schlangen sind meist gemalt, aber es gibt auch einige Funde von Schlangenstatuetten mit Sockel, die man in das Lararium stellte. Auch die Figur eines Genius, über dessen Kopf sich ein Schlangenkopf erhebt, ist erhalten.

Caesarium mit Augustus-Statue in Prima Porta-Darstellung, darüber Repliken von Reliefs, die die Deifikation von Augustus und Claudius zeigen

Caesareum mit Augustus-Statue in Prima Porta-Darstellung, darüber Repliken von Reliefs, die die Deifikation von Augustus und Claudius zeigen

Caesareum

Neben den bekannten römischen Göttern gibt es auch Funde von exotischen Larariumsfiguren wie Anubis, Isis-Fortuna oder gallo-römische Gottheiten. Daneben werden auf Lararien, die nicht in Privathaushalten standen, sondern sich in Geschäften, Handwerksbetrieben oder Kneipen befanden, auch spezifische Götter dargestellt, die für den jeweiligen Ort zuständig waren. Hier dominieren gemalte Darstellungen von Laren, Genius und Penaten, die oft groß und farbenprächtig waren. So findet sich Vesta in Bäckereien, Epona in Ställen, Merkur in Geschäften, Bacchus in Gaststätten.

Sacrarium mit Hercules, Bacchus und Matronen

Sacellum mit Hercules, Bacchus und Matronen

Hinweis: Altäre oder Kultorte im Haus, die ausschließlich einem oder mehreren Göttern gewidmet waren, Figuren für diese enthielten und an denen spezifische Handlungen für diese Gottheiten durchgeführt wurden, werden Sacrarium (wenn größer dimensioniert) oder Sacellum (kleinere Altäre oder Tempelchen) genannt. Das Lararium kann auch Götterdarstellungen enthalten, aber ein Sacrarium enthält keine Elemente eines Larariums, wie Laren, Genius oder Schlange. Oft gab es neben dem Lararium auch ein Sacrarium/Sacellum, an dem eine besonders wichtige Tutelargottheit verehrt wurde.

Kaiserkult wurde am Caesareum praktiziert, das eine oder mehrere Kaiserbüsten oder Statuen enthielt, dazu weitere Gegenstände, die mit den besonders verehrten vergöttlichten Kaisern in Zusammenhang standen, wie Cameos, Reliefs oder Münzen. Der Begriff beschreibt ursprünglich große Tempel des Kaiserkultes, wird heute aber auch für ein Sacellum verwendet, das einem Divus geweiht ist.

Beides sollte nicht mit dem Lararium verwechselt werden, tritt aber oft mit diesem gemeinsam auf und es werden integrierte Kulthandlungen durchgeführt, die alle Elemente miteinander verbinden.

Kultgegenstände

Replik einer römischen Patera

Replik einer römischen Patera

Daneben gehören weitere Gegenstände in das Lararium, die für die Ausübung der Kulthandlungen benötigt wurden. Ihre Form, Qualität und das Material richteten sich nach den finanziellen Mitteln und dem Geschmack der Besitzer; hier gab es keine festen Vorschriften, sondern im Gegenteil eine große Vielfalt an unterschiedlichen Formen und Materialien.

Das Turibulum war ein Räuchergefäß. Hier reichte die Spannweite von einer einfachen Schale über einen Dreifuß aus Steingut oder Ton bis zu aufwendigen Bronzegefäßen. Er erfüllte die Funktion, daß man darin Weihrauch und anderes Räucherwerk verbrennen konnte; es war üblich, dauerhaft während des Tages am Lararium zu räuchern, wenn man es sich leisten konnte, da der wohlriechende Rauch als den Göttern wohlgefällig galt.

Repliken römischer Öllampen

Repliken römischer Öllampen

Die Lucerna war eine Lampe, die ebenfalls dauerhaft brannte, wenn sich jemand im Raum aufhielt. In der Regel handelte es sich dabei um Öllampen aus Ton oder Bronze, deren Motive und Formen vielfältig waren und sich allein nach dem Geschmack des Besitzers richteten.

Bei der Patera handelte es sich um eine Opferschale, in die die Opfergabe gelegt wurde oder mit der eine Opfergabe den Flammen übergeben wurde. Auch hier waren in Form, Verzierung und Material keine Grenzen gesetzt. Zu den überlieferten Opfergaben für die Hausgötter gehörten – neben den Girlanden und Kränze, mit denen Lararium und Statuen geschmückt wurden – Wein, Kuchen, Brot, Weihrauch und Obst. Daneben sind sowohl für Laren als auch Genius Tieropfer in Form von Ferkeln oder Schweinen belegt.

Der Gutus war eine Kanne, die dem Trankopfer, der Libation, diente. Mit diesem Gefäß wurde eine Flüssigkeit (in der Regel Wein oder Milch) vergossen, je nach Kontext in das Feuer, auf den Boden oder in eine Opferschale.

Weitere Gegenstände waren der Weihrauchbehälter (Accera) und ein Salzbehälter (Salinum).

Da am Lararium auch der Ahnenkult praktiziert wurde und der Ahnen gedacht wurde, insbesondere bei Familienfesten und sonstigen familiären Anlässen, war es – zumindest in wohlhabenden römischen Haushalten – auch üblich, Totenmasken oder Gegenstände, die mit den Ahnen in Zusammenhang standen, oder Figürchen, die sie repräsentierten, am oder um das Lararium zu platzieren. Daneben wurden Gegenstände in Lararien gefunden, die für die Hausbewohner eine persönliche Bedeutung hatten und zum Beispiel den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt symbolisierten, wie die Bulla eines Jungen oder eine Dose aus Pompeji, die den ersten Bart des Hausherrn beinhaltete!

Das Lararium in der heutigen Religio Romana

Mit etwas handwerklichem Geschick kann ein Lararium im römischen Stil selbst gebaut werden

Mit etwas handwerklichem Geschick kann ein Lararium im römischen Stil selbst gebaut werden

Das Lararium als zentraler Bestandteil der Sacra Privata oder des Hauskultes spielt auch heute noch eine zentrale Rolle in der Religio Romana, der polytheistischen römischen Religion. Es ist der Fokus der privaten Kultpraxis und deswegen beginnt der Einstieg in die Religio Romana auch immer mit der Einrichtung eines Larariums, um dort seine ersten Schritte in die weite Welt des Cultus Deorum Romanorum zu gehen.

Jedem Einsteiger in die Religio Romana wird deshalb als erstes die Errichtung eines Larariums empfohlen. Da über den Larenkult sehr viele antike Quellen existieren und zudem zahlreiche neuere Texte und wissenschaftliche Abhandlungen Hintergrundinformationen liefern, ist es ein sehr gutes Thema und Startpunkt, um sich in die Sacra Privata einzuarbeiten und sich mit dem Quellenstudium und der praktischen Anwendung sowie ersten römischen Kulthandlungen vertraut zu machen.

Das Lararium muß zu Beginn nicht aufwendig gestaltet sein, wird im Laufe der Zeit aber von selbst wachsen und sich weiterentwickeln, wenn man tiefer in die Religio Romana eintaucht und weitere Bereiche kennenlernt, sich zum Beispiel mit unterschiedlichen Göttern und rituellen Handlungen, Bereichen wie den Auspizien, der experimentellen Archäologie (zum Beispiel im Bezug auf römische Musik, römische Speisen inklusive selbst gebackenes Opferbrot, Kleidung etc.), oder auch dem Kaiserkult beschäftigt.

Nach römischem Brauch kann ein Opfer auch direkt in den Kamin gegeben werden

Nach römischem Brauch kann ein Opfer auch direkt in den Kamin gegeben werden

Es ist ein hevorragender erster Fokus, um sich in ein überschaubares Gebiet einzuarbeiten – Laren, Genius / Juno, Genius Loci und vielleicht der erste Hausgott.

Ein Lararium ist wegen seiner zentralen Bedeutung Grundvorausetzung, um die Religio Romana zu praktizieren und findet sich deswegen daheim bei jedem praktizierenden Cultor.

Auf unserer Website findet Ihr deswegen in unserer Kategorie „Cultus Deorum Romanorum“ neben allgemeinen Artikeln zur römischen Religion einige Artikel, die sich mit dem Lararium und der Kultpraxis am Lararium im römischen Rekonstruktionismus befassen. Unter anderem empfehlen wir für Einsteiger:

Weitere Artikel findet Ihr in unserer Artikelübersicht zum Cultus Deorum

Weiterführende Literatur

Wir möchten an dieser Stelle insbesondere folgende wissenschaftliche Arbeiten empfehlen, die sich explizit und im Detail mit Laren, Lararien und dem Larenkult beschäftigen.

Einige davon sind zwar älteren Datums, was ihren generellen Nutzen als Informationsquelle jedoch nicht schmälert, auch wenn die neuere Forschung einige der darin aufgeführten Erkenntnisse mittlerweile erweitert oder revidiert hat.

Ansonsten finden sich Ausführungen zum Larenkult und Lararien in zahlreichen weiteren wissenschaftlichen, insbesondere regionalarchäologischen Abhandlungen und Artikeln.

  • Thomas Fröhlich: Lararien und Fassadenbilder in den Vesuvstädten. Untersuchungen zur „volkstümlichen“ pompejanischen Malerei. Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung, 32. Ergänzungsheft, 1991. 370 Seiten plus Anhang mit Farbtafeln und Bildern. Download auf academia.edu
  • Annemarie Kaufmann-Heinimann: Götter und Lararien aus Augusta Raurica. Herstellung, Zusammenhänge und sakrale Funktion figürlicher Bronzen in einer römischen Stadt. Forschungen in Augst 26, 1998. 360 Seiten. Download auf academica.edu
  • Margaret C. Waites: The Nature of the Lares and Their Representation in Roman Art. Artikel im American Journal of Archeology, Archaeological Institute of America, Volume 24, Juli 1920. Download

Artikel © Q. Albia Corvina,  03/2015

Artikel © Q. Albia Corvina, 03/2015

Kultpraxis: Götterstatuen und -figuren im römischen Cultus

Lararium mit Laren, Sirona und Mercurius

Lararium mit Laren, Sirona und Mercurius

Irgendwann ist es so weit: der römische Cultor entdeckt auf einem Römerfest, bei einem Replikenmacher oder in einem Museum die Replik einer Götterfigur, ein Relief oder eine Statue, die sich perfekt im Sacrarium oder Lararium machen würde!

Immer wieder geschieht es, daß wir solchen Gottheiten, die eine besondere Rolle in unserem privaten Cultus spielen, auf unseren Reisen durch das römische Reich begegnen – zum Beispiel in Form einer handgefertigten bronzenen Replik einer winzigen Mercurius-Larariumsfigur aus dem pfälzischen vicus Eisenberg bis hin zu Museumsrepliken lokaler oder überregional bedeutsamer Gottheiten (wie z.B. dem kleinen Matronen-Weihestein im Eifelzentrum Nettersheim, oder einer Figur der Sirona im Landesmuseum Trier) oder anderen Statuetten und Figuren.

Als römischer Cultor hat man neben dem Lararium, das das Kernelement des privaten Cultus, der Sacra Privata (auch Cultus Domesticus, also häuslicher Kult, genannt), bildet, meist noch einen oder mehrere persönliche „Hausgötter„, die man dem weiteren Kreis seiner Penaten zurechnet und in seinen Cultus integriert. Beispiele dafür sind Tutelargottheiten oder regionale (wie gallo-römische) Gottheiten, die in der Gegend eine wichtige Rolle spielen, in der man lebt, oder einige der „großen“ römischen Götter, denen man sich verbunden fühlt und die man in seinen persönlichen Cultus integrieren möchte.

Die Sacra Privata war schon in römischer Zeit, wie der Begriff nahelegt, Privatsache, in die der Staat sich nicht einmischte und für die es keine allgemeinverbindlichen Regeln, Vorschriften oder Verpflichtungen gab. Welchen Cultus man daheim praktizierte, welche Götter im persönlichen Leben eine Rolle spielten, war nicht geregelt und stand jedem frei. Lediglich der öffentliche Staatskult war durch feste Vorschriften reglementiert und von allen Einwohnern zu akzeptieren, da er Garant für die Einheit und den Frieden des Römischen Reichs mit den Göttern – und für ihre Schutzgewährung war, den Pax Deorum.

So lange man in seiner privaten Praxis nichts tat, was dem Staatskult zuwiderlief oder diesen gar ablehnte, war man frei darin, welche Götter man daheim verehrte und welche Praktiken man vollzog. Ausnahmen bildeten Praktiken, die gegen Gesetze verstießen, wie Menschenopfer, oder Magie, Schadenszauber und Verfluchungen (wie man es z.B. aus dem Kybele-Kult kennt), die in der Geschichte zeitweilig ebenfalls strafbar waren, weil sie die öffentliche Ordnung gefährdeten oder Kulte, deren Praktiken ebenfalls als Ordnungsstörung galten, wie der zeitweilig verbotene orgiastische Bacchus-Kult.

Es sprach theoretisch nicht einmal etwas dagegen, im heimischen Lararium eine Statue von Jesus Christus aufzustellen (Kaiser Alexander Severus soll dies getan haben), so lange man nicht mit seiner Ansicht an die Öffentlichkeit trat, daß der „eine Gott“ der einzig wahre sei und die römischen Götter nicht existierten und man sich weigerte, am Staats- und Kaiserkult teilzunehmen – denn auch das gefährdete den Pax Deorum.

Unser Artikel zu diesem Thema beschäftigt sich mit folgenden Fragen:

(mehr …)

Kultpraxis: Neujahrsritual für Janus

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Neujahrsritual für Janus zur Durchführung im privaten Cultus (Cultus Domesticus/Sacra Privata)

Vorbemerkung:

Büste des Janus (Vatikanmuseum)

Büste des Janus (Vatikanmuseum)

Der 1. Januar (Kalenden des Januar) ist im römischen Kalender dem Gott Janus Pater geweiht. Der Monat Januar(ius) ist  nach diesem Gott benannt, der neben Jupiter einer der wichtigsten Götter des römischen Pantheons ist. Er ist zudem einer der ältesten Götter und rein römischen Ursprungs. Im Gegensatz zu den meisten anderen römischen Göttern hat er keine Entsprechungen im griechischen oder einem anderen Pantheon. Er gilt als der „Vater aller Götter“ und „Vater aller Dinge“.

Das römische Neujahr (Matronalia) fand ursprünglich nicht am 1. Januar statt, sondern am 1. März, da der März der erste Monat des alten römischen Kalenders ist. Erst im Jahre 153 v. Chr. wurde der Januar zum ersten Monat des Jahres, weil dann auch das Amtsjahr begann. Das römische Neujahr war der Staatsgöttin Juno und dem Gott Mars gewidmet, außerdem wurde an diesem Tag die ewige Flamme von Rom, das heilige Herdfeuer im Tempel der Göttin Vesta, das von den Vestalinnen gehütet wurde, erneuert.

Auch das Neujahrsfest wurde von den Römern in ähnlicher Weise begangen, wie wir dies noch heute tun. Die neuen Konsuln wurden eingesetzt, es gab öffentliche Ansprachen, so wie es heute Neujahrsansprachen von politischen Führungspersönlichkeiten gibt und man traf sich privat mit Freunden und Familie, tauschte Geschenke (sog. strenae) und Gute Wünsche für das neue Jahr aus und feierte zusammen. Der erste Tag des neuen Jahres hatte besondere Zeichenhaftigkeit, galt als Omen für das kommende Jahr, so wie wir es heute auch kennen und Bleigießen praktizieren, um zu sehen, was uns das Jahr bringen mag. Deswegen hat der Brauch jedem ein Gutes Neues Jahr zu wünschen den Hintergrund dieses Positive für den Betreffenden zu evozieren und aus dem gleichen Grund wünschte man sich unter Römern ebenfalls ein gutes, glückliches neues Jahr – „annum novum faustum felicem“!
Unter den traditionellen Geschenken fanden sich unter anderem Palmzweige, Honig, Datteln und Feigen, die den Jahresbeginn nicht nur kulinarisch sondern zeichenhaft versüßen sollten. Ovid beschreibt dies in seinen Fasti (Gedichten zu den römischen Festtagen):

‚quid volt palma sibi rugosaque carica‘ dixi
‚et data sub niveo candida mella cado?‘
‚omen‘ ait ‚causa est, ut res sapor ille sequatur
et peragat coeptum dulcis ut annus iter.‘ — Fasti, I, 185f

(„Welche Bedeutung birgt mit der Dattel die runzlige Feige und
unter des reinlichen Kruges Hülle des Honigs Geschenk?“
„Sinnbild soll das sein: die Süße soll den Dingen folgen, und das Jahr soll von Annehmlichkeit den begonnen Weg vollenden“)

Ein besonders symbolträchtiges Geschenk, das man sich zu Neujahr machte, waren die lucernae, Öllampen, die oft mit diesem lateinischen Neujahrsgruß beschriftet waren und wohl in Verbindung mit dem Sol Invictus Fest am 25.12. zu sehen sind. In dieser Sonnen- und Lichtsymbolik stehen die Lampen für das Licht des Neuen Jahres und auch hier sehen wir uns in einer alten Tradition stehend, wenn Feuerwerk zu Silvester den Himmel erhellt und das neue Jahr einleitet.

Der Name Silvester für den Tag vor Neujahr am 31.12. kommt aus der christlichen Tradition, die an diesem Tag den Todestag von Papst Silvester I. begeht – es ist also ein Heiligengedenktag im liturgischen Jahr der Kirche und kein Festtag zum Jahreswechsel, aber der Heilige Silvester I. wird neben seiner Funktion als Patron der Haustiere auch für eine gute Futterernte und eben ein gutes neues Jahr angerufen.

Da Janus der Gott der Neuanfänge, der Türen, Tore, Übergänge und generell der Zeit war, paßt es sehr gut, daß sein Feiertag auch mit unserem heutigen kalendarischen Neujahr zusammenfällt. Im Cultus Deorum Romanorum wird dieser Tag deswegen oft dazu genutzt, das Wohlwollen des Gottes Janus für das kommende Jahr zu erbitten. Grundsätzlich möglich ist die Durchführung dieses Ritus bis zu den Iden des Januar (13.1).

Da Janus (wie Vesta) bei jedem Ritual am Lararium eingeschlossen ist, kann auch dieses Ritual am Lararium durchgeführt werden. Wer im Rahmen seines Cultus Domesticus einen eigenen Schrein oder Altar für Janus hat, verwendet diesen.

Das Ritual wird in sauberer Kleidung und capite velato, d.h. mit verhülltem Haupt durchgeführt.

Durchführung des Rituals

Adoratio mit in Gebetshaltung erhobenen Händen (manu supina):

„Favete linguis!“
„Hütet Eure Zunge!“ (als Aufforderung zum Schweigen)

PRECATIO

Anrufung mit beiden Händen in manu supina:

„Iane Pater surgo, Deus Bonis Initiis. Surgo, Janus Matutinus Custos Portae Matutina Lux. Iane pater, deus novi initii, custos futuri et praeteriti temporis sanctissime, his Kalendis Ianuariis anni novi nunc incepti te precor, quaesoque: uti laetitiam fortunamque, omnes eventus bonos fautosque, fortunatos felicissimosque, pacem concordiamque familiae meae tribuas; utique sis volens propitius amicis meis, mihi, domo, familiae!“
„Erhebe Dich, Vater Janus, Gott der Guten Anfänge! Erhebe Dich, Janus Matutinus, Torhüter des Morgenlichts! Vater Janus, Gott des Neuanfangs, heiligster Wächter der Zukunft und Vergangenheit! An diesem ersten Tag des Neuen Jahrs, an den Kalenden des Januars, bete ich zu Dir und bitte Dich, daß Du meiner Familie Freude und gutes Schicksal bringst, daß sich alle Dinge gut und erfolgreich und äußerst glücklich entwickeln, und daß Du meiner Familie Frieden und Eintracht bringst. Und mögest Du wohlwollend und günstig gewogen gegenüber meinen Freunden, mir, meinem Haushalt und meiner Familie sein.“

SACRIFICIUM/LIBATIO

Bete in manu supina:

„Cuius rei ergo macte hoc vino libando, hoc ture ommovendo esto fito volens propitious amicis meis, mihi, domo, familiae!“
„Aus diesem Grund seist Du gesegnet durch dieses Weinopfer, durch das Opfer dieses Räucherwerks, so daß Du wohlwollend und günstig gewogen gegenüber meinen Freunden, mir, meinem Haushalt und meiner Familie seist.“

Die Libation und Räucherung werden durchgeführt.

houdon_vestale

Statue einer Vestalin von Jean-Antoine Houdon

LITATIO (an Vesta)

Bete in manu supina:

“Vesta Mater, dea foci nitens, ignis aeternalis, vota nostra accipe ac hunc ritum flamma proavita bene dic ut digna deis immortalibus offerenda. Mater Vesta, te hoc turem obmoveo bonas preces precor, ut sis volens propitia mihi, domo, et familiae.”
„Mutter Vesta, Göttin des brennenden Herds, des ewigen Feuers, nimm meine Gebete und dieses Ritual durch Deine uralte Flamme an, so daß sie in den Augen der unsterblichen Götter würdig sind. Mutter Vesta, ich opfere Dir dieses Räucherwerk und bitte, daß Du freundlich und wohlwollend auf mich, mein Haus und meine Familie schaust.“

Räucherwerk wird geopfert.

PIACULUM

Janus, Gott aller Anfänge, Türen und Tore, ist ein urrömischer Gott ohne  griechische Entsprechung (Münze aus Canusium)

Janus, Gott aller Anfänge, Türen und Tore, ist ein urrömischer Gott ohne griechische Entsprechung (Münze aus Canusium)

Opferung von Räucherwerk, dabei beten in manu supina:

„Iane pater, deus novi initii, Vesta, Lares, Manes, Penates, Iuppiter, Iuno, Minerva, Omnes Di Immortales quocumque nomine: si quidquam vobis in hac caerimonia displiceat, hoc vino inferio veniam peto et vitium meum expio.“
„Vater Janus, Gott des Neuanfangs, Laren, Manes, Penaten, Jupiter, Juno, Minerva, alle Unsterblichen Götter, mit welchem Namen auch immer: wenn irgendetwas an dieser Zeremonie Euch nicht erfreut hat, entschuldige ich mich für meinen Fehler mit diesem Wein.“

Führe eine Libation mit Wein durch.
Adoratio zum Altar und verkünde:

“Nil amplius vos hodie posco,superi, satis est.”
„Um mehr bitte ich Euch hohe Götter heute nicht, es ist genug.“

“Illicet.”
“Es ist getan.”

Führe eine vollständige Drehung (rechtsherum) aus. Es ist nun erlaubt, zu gehen.

Ende des Rituals.

Sitze für ein paar Minuten in Stille und halte Ausschau nach Zeichen.

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Wir danken für die freundliche Genehmigung, eine deutsche Übersetzung dieses Rituals in unserem Blog zu veröffentlichen.

J. Aquila © 16. June 2011. May not be copied, published or shared without copyright info attached.

Praxis: Die Wachstafel – das Notizbuch der Römer

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Eine doppelseitiges römisches Wachstafelbuch

Was tat der Römer, wenn er sich etwas notieren wollte?

Papyrus, das teure Material aus aufwendig aufbereiteten und gefärbten Pflanzenfasern, konnte sich nur eine Minderheit leisten und es war viel zu wertvoll, um es für schlichte Notizen, kurz aufgeschriebene Gedanken, ein Gedicht, eine Nachricht an die Familienmitglieder oder eine Einkaufsliste zu verwenden. Zudem war Papyrus ein Einweg-Material, was seinen Wert noch steigerte.

Vielseitig verwendbar, alltagstauglich, preisgünstig und – vor allem – auch ideal für unterwegs war die Wachstafel, die es in den unterschiedlichsten Ausführungen gab. Wegen ihrer praktischen Handhabung war sie bis weit in das Mittelalter und zum Teil sogar noch bis in das 20. Jahrhundert im Einsatz, in der römischen Antike war sie DAS Allround-Notizbuch für alle Zwecke.

Viele von ihnen sind – inklusiver ihrer Botschaften – erhalten geblieben und stellen wertvolle archäologische Zeugnisse dar, die Einblick in den römischen Alltag gewähren.

Heutzutage gibt es hervorragende Repliken römischer Wachstafeln in vielfältigen Ausführungen. Natürlich kann man heute auch einfach ein Post-It oder einen Notizblock nehmen, oder seine Notizen als Memo in das Smartphone tippen, jedoch macht es Spaß und ist viel stimmiger, eine römische Wachstafel in entsprechendem Kontext zu benutzen.

Zum Beispiel weiß ein römischer Reenactor, der sich kurz die Adresse eines Menschen notieren möchte, den er eben auf einer Veranstaltung kennengelernt hat, oder der sich ein paar Notizen machen möchte, ein kleines aufklappbares römisches Wachstafelbuch zu schätzen, weil es zu seinem Setting und der dargestellten Epoche besser paßt als ein Smartphone, das zu einer Tunika ungefähr so toll aussieht wie eine Zigarette.

Aber auch der Cultor kann die römische Wachstafel gut in der religiösen Praxis der Sacra Privata nutzen, denn wie schon in der Antike üblich, läßt sie sich sehr gut in rituelle Handlungen einbinden.

Ausführungen, Herstellung und Material

Ideal für unterwegs!

Ideal für unterwegs!

Wachstafeln (Latein: tabulae ceratae) waren im alten Rom ein Alltagsgegenstand, den nahezu jeder (der schreiben konnte oder sich zumindest im Geschäftsleben anderweitige Notizen machte) in seinem Besitz hatte. Sie waren transportabel und wurden, dank ihres Hauptverwendungszwecks als Notizbuch, auch überall mitgeführt.

Es gab sie in unterschiedlichen Ausführungen, meist in der transportablen Taschenformat-Größe, die etwa dem heutigen Format DinA6 entspricht. Dabei befand sich eine Wachsschicht in einem Holzrahmen aus meist einheimischen Hölzern wie Buche oder Nadelhölzern. Seltener wurde ein edleres Material wie Gold oder Elfenbein verwendet.

Die einfachste Variante war ein Rahmen, der mit Wachs gefüllt war. Häufig wurden die Tafeln mit einem Lederband oder einer anderen Schanierart aber auch zu mehrseitigen Büchern zusammengebunden.

Mindestens zwei Seiten waren die übliche Variante („Diptychon“), da durch das Zusammenklappen des Buches der empfindliche Wachs geschützt wurde, wenn die beiden Tafeln als Buch mit der Wachsseite zueinander gebunden wurden. Außerdem gab es häufig eine Kerbe für die rutschfeste Verschnürung mit einem Lederband und die Möglichkeit, den Stilus, der zum Ritzen des Wachses genutzt wurde, zu befestigen.

Eine Kerbe an der Seite sorgt dafür, daß der Verschluß mit dem Lederband nicht verrutscht

Eine Kerbe an der Seite sorgt dafür, daß der Verschluß mit dem Lederband nicht verrutscht

Es bestand auch die Möglichkeit, noch mehr Tafeln zusammenzubinden (3 Tafeln wurden Triptychon genannt, mehr Tafeln Polyptychon). Riesige, aber eher seltene Exemplare, die stationär zum Einsatz kamen, waren bis zu Din A3 groß und bis zu 2o Seiten schwer.

Die handlichen Wachstafeln konnten auch verschnürt und dann versiegelt werden, wodurch man sie als Brief verschicken konnte.

Das Wachs bestand üblicherweise aus einer Mischung aus Bienenwachs, Kiefernharz und Ruß, wobei Ruß, Asche, Kohle oder Kiefernpech zur Schwarzfärbung des Wachses diente. Leinöl, Teer oder Terpentin dienten dazu, die Fließeigenschaften des Wachses zu beeinflussen, damit er im Sommer nicht schmolz.

Zur Ritzung des Wachses wurden Stifte verwendet, die Stilus genannt wurden. Sie bestanden aus Holz, Knochen oder Metall (bei vielen römischen Funden bestanden sie aus Eisen, oft mit Einlegearbeiten) und hatten eine spitze Seite zum Ritzen und eine flache  Seite, die als Spatel diente, um das Wachs später wieder zu glätten und somit die Nachricht zu „löschen“.

Die Einsatzgebiete dieser Büchlein waren vielfältig; neben der Funktion als privates Notizbuch kamen sie auch in geschäftlichen und militärischen Bereichen zum Einsatz. Funde belegen ihre Verwendung als Lieferscheine, Rechnungen, Schulaufgaben und Unterrichtsmaterialien, Briefe, militärische Nachrichten und Meldungen, sogar für die Versendung vertraulicher Dokumente.

Die Tafeln waren relativ einfach herzustellen, so daß einfache Exemplare auf dem Land bei Bedarf selbst hergestellt wurden. Es gab allerdings auch den Beruf des Wachstafelmachers, der auf die Herstellung dieser Büchlein spezialisiert war und der Zunft der Zimmerleute angeschlossen war. Er produzierte vor allem in den Städten die Tafeln für die zahlende Kundschaft, die sich nicht selbst die Mühe machen wollte oder die Zeit dazu hatte, ihre Notizbücher herzustellen.

Wer die Herstellung von römischen Wachstafeln einmal selbst sehen möchte oder sogar selbst Hand anlegen möchte, wird auf vielen Römerfesten fündig, bei denen Wachstafelmacher (wie z.B. Quintus Vetitius Verus) ihre Handwerkskunst vorführen.

Verwendung

Die spitze Seite des Stilus dient zum Ritzen der Buchstaben

Die spitze Seite des Stilus dient zum Ritzen der Buchstaben

Die Verwendung ist denkbar einfach.

Mit der spitzen Seite des Stilus werden die Botschaften in die Wachsschicht gekratzt. Mit der Tiefe muß man ein wenig experimentieren; kratzt man zu tief, löst man den Wachs heraus und es kommt zu häßlichen Krümmeln und Materialverlust, im schlimmsten Fall bricht man einen Teil des Wachses heraus.

Viele verwenden heute zum Beschreiben der Tafeln statt „moderner“ Buchstaben die römische Handschrift, genannt die römische Kursive (bekannt als Majuskelkursive oder Capitalis Cursiva) die besonders gut für das schnelle Schreiben auf Wachstafeln oder auf Papyrus geeignet ist, da man mit ihr die Striche eines Buchstabens nur „zieht“, aber nicht „schiebt“, was auf einer Wachstafel keinen Sinn macht. Überlieferungen der Handschrift sind zahlreich, man fand sie auf erhaltenen Wachstafeln, Papyrusstücken und sogar in Graffiti an Gebäuden wie z.B. in Pompeji, wo einerseits Händler ihre Namen und Preise an die Wände schrieben, andererseits aber sogar so profane Aufzeichnungen wie Toilettensprüche erhalten geblieben sind, die in der Kursive aufgeschrieben wurden.

Mustervorlagen für die römische Kursive sind zahlreich im Netz zu finden. Viele Wachstafeln bringen, wenn man sie kauft, auch eine Vorlage mit Groß- und Kleinbuchstaben in römischer Handschrift mit, wie z.B. die Tafeln, die als Repliken von Forum Traiani hergestellt werden.

Mit der stumpfen Seite wird der Wachs wieder glattgestrichen

Mit der stumpfen Seite wird der Wachs wieder glattgestrichen

Hat sich die Notiz erledigt und braucht man Platz für neue Notizen, wird die beschriebene Fläche mit der flachen Seite des Stilus wieder glattgerieben (Tabula rasa). Auch hier muß man etwas Fingerspitzengefühl entwickeln, wieviel Druck nötig ist, um die Buchstaben zu entfernen und die Oberfläche zu glätten.

Ist der Wachs irgendwann unansehnlich geworden und sind die Spuren nicht mehr durch den Spatel allein zu beseitigen, genügt es, die Wachsseite der Tafel für einen kurzen Moment über eine Kerzenflamme zu halten, bis eine leichte Verflüssigung eintritt (jedoch nicht, bis es heruntertropft und wegschmilzt!). Ist der Wachs leicht angeschmolzen, kann er problemlos mit dem Spachtel glattgestrichen werden.

Am Anfang sollte man nicht verzweifeln, wenn das Schreiben schwierig ist und der Wachs unansehnlich. Eine Wachstafel muß „eingeschrieben“ werden (vergleichbar mit Ton oder einem Kuchenteig, der geschmeidiger wird, je länger man ihn formt und knetet). So dauert eine Weile, bis der Wachs geschmeidig ist und sich leicht beschreiben und wieder leeren läßt.

Verwendung im Cultus

Auch heute noch sind römische Wachstafeln vielfältig zu nutzen. Wie in der Einleitung erwähnt, passen sie erst einmal sehr gut zum römischen Setting und sind ansprechend in ihrer Haptik und für das Auge.

Insbesondere im Cultus Deorum kommt ihnen eine besondere Bedeutung zu. Da es in der Religio Romana, der römischen Religion, üblich ist, getreu dem Motto „do ut des“ (ich gebe, damit Du gibst) geschäftliche Beziehungen mit den Göttern einzugehen, wurden und werden sie bis heute zur Niederschrift eines solchen Abkommens oder Gelübdes verwendet.

Die Wachstafel mit dem schriftlichen Gelübde auf dem Altar

Die Wachstafel mit dem schriftlichen Gelübde auf dem Altar

Tritt man mit einem Anliegen an einen Gott heran und stellt ihm für den Fall der Erfüllung des Wunsches eine bestimmte Gabe oder ein Opfer in Aussicht, so war und ist es gemäß römischer Praxis durchaus üblich, diese Vereinbarung auf einer Wachstafel niederzuschreiben.

Anschließend wird die beschriebene Tafel auf den Hausaltar (in römischer Zeit auch in den Tempel der betreffenden Gottheit) gestellt und verbleibt dort so lange, bis das Anliegen erhört wird und man das geleistete Gelübde erfüllt hat – oder, im Falle der Nichterfüllung, bis der vereinbarte Zeitpunkt verstrichen ist.

Wurde das Gelübde von beiden Seiten erfüllt oder ist der Zeitpunkt der Erfüllung ohne Einlösung verstrichen, wird die Tafel vom Altar entfernt und der darin eingeritzte Text mit der flachen Seite des Stilus gelöscht.

Damit ist auch äußerlich ein Zeichen gesetzt, daß der Handel abgeschlossen ist oder daß die Vereinbarung nicht länger gilt. Anschließend wird das Büchlein wieder verstaut, bis zu seinem nächsten Einsatz.

Römische Segnungen und gute Wünsche

Die folgenden, hier aufgeführten Segnungen und guten Wünsche sind aus den Stücken des römischen Dichters Titus Maccius Plautus (254-184 v. Chr.) überliefert.

Sie können verwendet werden, wenn man in der Kultpraxis oder im Ritual einen Segensspruch oder guten Wunsch aussprechen möchte  – oder auch für den alltäglichen Umgang, zum Beispiel als Trinksprüche.


„Bene omnibus nobis!“

Auf unser aller Gesundheit! (Persa, 775)

Epona, ursprünglich eine keltische Göttin, war sehr beliebt als Schutzgöttin der Pferde, Reiter, Reisenden und Fuhrleute

Epona, ursprünglich eine keltische Göttin, war sehr beliebt als Schutzgöttin der Pferde, Reiter, Reisenden und Fuhrleute (Fund aus Mainz, Rh. Landesmuseum Bonn)

„Bene ei qui invidet mi et ei qui hoc gaudet!“

Auf die Gesundheit desjenigen, der mich beneidet, und desjenigen, der sich zusammen mit mir erfreut! (Persa, 776)

„Di te bene ament!“

Mögen die Götter Dich sehr lieben!  (Captivi, 138)

„Pro di immortales, obsecro vostram fidem!“

Bei den unsterblichen Göttern, ich ersuche Eure Treue / Vertrauen (Poenulus, 967)

„Di me salvom et servatum volunt!“

Mögen die Götter mich sicher und wohlbehalten wissen (Trinummus, 1077)

„Mare, Terra, Caelum, di vostram fidem (obsecro)!“

Meer, Erde, Himmel! Götter, möget Ihr mir die Treue halten! (Stichus, 505)

„Id te Iuppiter prohibessit!“

Möge Jupiter verhindern, daß Dir (dieses) zustößt! (Pseudolus, 13)

„Di te mihi semper servent!“

Die Götter bewahren mich und Dich für immer! (Pseudolus, 121)

„Ita di deaque faxint!“

Mögen die Götter und Göttinnen mit Dir sein! (Pseudolus, 171)

„Di te ament!“

Mögen die Götter Dich lieben!  (Aulularia, 183)

Kultpraxis: Ritual beim Verlassen des Hauses

Dieses Ritual kann verwendet werden, wenn man das Haus verläßt, um es in seiner Abwesenheit gut beschützt zu wissen.

Eine kleine Schale mit Wasser und einer Prise Salz (aus dem Salarium) wird in der Nähe der Tür platziert. Idealerweise steht diese Schale im Lararium (die Ähnlichkeit des – späteren – katholischen Brauchs, ein kleines Weihwasserbecken in der Nähe der Tür anzubringen, um sich und Familienangehörige, die das Haus verlassen, zu segnen ist hier unverkennbar!).


Wenn man das Haus verläßt, taucht man die Finger in das Wasser, berührt damit die Lippen und sagt:

„Invoco vos, Lares, ut me bene tutetis.“

Ich rufe Euch an, Laren, auf daß ihr mich gut beschützen möget.

Und / oder man spricht folgendes Gebet an Janus beim Verlassen des Hauses:

 „Semper Salve Valeque Janus.“

Sei immer gegrüßt, Janus, Schließer der Türen.

„Me absente te precor uti sis domum meam vigilans et ab injuria protegens.“

Ich bitte Dich in aller Bescheidenheit, über mein Haus in meiner Abwesenheit zu wachen und es vor Schaden zu bewahren.

Dann die Tür abschließen, die Hand auf dem Handrücken zwischen den Knöcheln von Zeigefinger und Mittelfinger küssen und dann die Tür mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger berühren mit den Worten:

„Ita sit.“

So sei es.