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Antike Stätten: Viergötterstein in Hottenbach

Der Viergötterstein in der Kirche von Hottenbach, hier: Hercules und Merkur

Der Viergötterstein in der Kirche von Hottenbach, hier: Hercules und Merkur

Anschrift:

Evangelische Kirche Hottenbach, Hauptstr. 14a, 55758 Hottenbach

Anfahrt:

Der Viergötterstein befindet sich im gotischen Chorraum der evangelischen Kirche von Hottenbach.

Das Dorf liegt im Hunsrück am Rande des Idarwaldes, etwa 13 km vom Archäologiepark Belginum entfernt. Bis Belginum folgt man der Hunsrückhöhenstraße, die in ihrem Verlauf immer noch der alten römischen Ausoniusstraße entspricht. Von dort aus führt die Landstraße 162 nach Hottenbach.

Wir empfehlen dem motorisierten gallo-römisch interessierten Touristen jedoch eine alternative Route: von Belginum aus erst über Hochscheid und Stipshausen (wo sich drei interessante Stätten für Sirona und Apollo-Grannus befinden) und von dort über weiter nach Hottenbach, da die Orte an einer anderen, kleinen Landstraße direkt aufeinanderfolgen.

Parkmöglichkeiten bestehen, da es sich um ein kleines Dorf handelt, überall an den Dorfstraßen im Umfeld der Kirche.

Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist etwas umständlich. Der nächste Bahnhof befindet sich in Idar-Oberstein. Von dort aus fährt die Buslinie 351 (von Idar-Oberstein über Rhaunen nach Flughafen-Hahn), die auch sporadisch an der Kirche in Hottenbach hält. Innerhalb der Woche kommt man zumindest vormittags noch alle paar Stunden hin und weg, Samstags fahren drei Busse bis zum frühen Nachmittag und Sonntags verkehrt der Bus gar nicht. Die Anreise muß also sehr genau im Vorfeld geplant werden, wenn man nicht in dieser entlegenen Region im Hunsrück stranden möchte.

Ambitionierten Wanderfreunden empfehlen wir den „Sirona-Weg„, ein 106 km langer Fernwanderweg, von dem ein Teilabschnitt zwischen Belginum, Hottenbach und Bundenbach verläuft. Der Viergötterstein ist eine Station auf dem Weg, neben den Sirona-Pavillons in Hochscheid und Stipshausen, dem Archäologiepark Belginum und der rekonstruierten keltischen Höhensiedlung bei Bundenbach. Der Sirona-Weg befindet sich lt. Angaben der Verbandsgemeinde zur Zeit in Überarbeitung, so daß einige Stationen und Informationstafeln auf dem Weg aktuell nicht mehr so gepflegt sind, wie sie sein sollten. Auch ist die Website zur Zeit offline. Der Weg kann aber dennoch gut gegangen werden und verbindet interessante keltische und römische Wegpunkte.

Hintergrundinformationen:

Die evangelische Kirche von Hottenbach steht auf einem römischen Gebäude. Der Viergötterstein war im Altar verbaut

Die evangelische Kirche von Hottenbach steht auf einem römischen Gebäude. Der Viergötterstein war im Altar verbaut

Der 57 x 60 x 118 cm große Viergötterstein von Hottenbach ist ein für den östlichen gallischen Raum typisches Fundament einer Jupitersäule. Der quadratische Block zeigt auf den vier Seiten die Gottheiten Merkur, Hercules, Minerva und Juno. Darüber befand sich eine Säule, die entweder ein Schuppenmuster oder weitere Götter darstellte. Auf einem Podest auf der Spitze der Säule thronte eine Jupiterfigur, entweder in der klassischen sitzenden Position mit Blitzbündel in der Hand, oder in der nur im östlichen Gallien vorkommenden Form des auf einem Pferd reitenden Jupiters, der einen Giganten (meist in Form einer Schlange) niederreitet.

Die oberen Teile der Säule wurden nicht aufgefunden, lediglich der relieftragende Sockel ist erhalten geblieben. Diese Form der mehrere Meter hohen Weihedenkmäler war im 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr. in diesem Raum weit verbreitet. Die Säulen fanden sich oft in Heiligtümern (wie heute auch im Merkur-Tempelkomplex in Tawern zu sehen), aber auch auf öffentlichen Plätzen oder an römischen Gutshöfen (villa rustica).

Gotische Fresken der katholischen Vorgängerkirche aus dem 12. Jahrhundert

Gotische Fresken der katholischen Vorgängerkirche aus dem 12. Jahrhundert

Der Grund für die Erhaltung des Viergöttersockels ist, daß er einst in den Altar der christlichen Vorgängerkirche aus dem 12. Jahrhundert eingemauert worden war, bei dem die Relieffiguren möglicherweise zu Heiligen umgedeutet worden waren – eine im Mittelalter nicht ungewöhnliche Praxis, die im Grunde die Praxis der Identifizierung und Gleichsetzung von Göttern, gemäß ihren Attributen, aus dem paganen Kontext weiterführt. Nach der Reformation wurde die Kirche nach protestantischem Geschmack umgebaut und Bruchstücke des mittelalterlichen Altars, sowie der Viergötterstein, wurden im alten Nordportal des Turms vermauert.

Im Jahr 1903 wurde das alte Kirchenschiff durch einen neuen Zentralbau ersetzt, der sich an den gotischen Turm anschließt. Bei den Abbrucharbeiten der alten Kirche entdeckte man, daß sich das Gebäude auf römischen Fundamenten befindet. Daß die Gegend zur römischen Zeit eine wichtige Rolle spielte, war bereits bekannt – die nahe Hunsrückhöhenstraße von Trier nach Bingen und Mainz war eine wichtige, gut ausgebaute römische Schnellstraße und der nahe vicus Belginum ein Dreh- und Angelkreuz des Fernhandels.

Unterhalb der Kirche wurden römische Fundamente aus Ziegelmauerwerk, eine Fußbodenheizung aus Hypokausten und plastisch gearbeitete Reliefs und Spolien gefunden, so daß man davon ausgeht, daß die Sandsteinquader dieses römischen Gebäudes zum Bau der Kirche verwendet wurden, so wie der Viergötterstein Teil des Altars wurde.

Insofern ist der Kirchenbau selbst als „antike Stätte“ bzw. als über einer antiken Stätte liegend anzusehen, was ihn für den Römer-Touristen interessant macht und Grund dafür war, warum die Kirche von Hottenbach eine Station des Sirona-Weges wurde.

Öffnungszeiten, Eintritt, Zugänglichkeit:

Wir schließen uns eine Kirche auf!

Wir schließen uns eine Kirche auf!

Da es sich um eine evangelische Kirche handelt, die in der Regel – im Gegensatz zu katholischen Kirchen – verschlossen sind, erfordert der Besuch des Viergöttersteins etwas Abenteuerlust. Es ist nämlich möglich, sich den Schlüssel zur Kirche im gegenüberliegenden Pfarrhaus (Hauptstraße 7) beim dort wohnenden Pfarrerehepaar Zimmermann zu leihen. Eine telefonische Terminabsprache über das Pfarramt ist möglich, ansonsten kann man, wenn man zeitlich nicht genau einschätzen kann, wann man in Hottenbach ist, sein Glück auch spontan versuchen und dort klingeln.

Die Herausgabe des Schlüssels erfolgt unkompliziert und unbürokratisch; man ist Besucher gewohnt, da die Kirche sowohl Station des Sirona-Weges als auch des Stumm-Orgel-Weges ist, der Kirchen der Umgebung verbindet, die eine Stumm-Orgel enthalten (die Orgelbauerfamilie Stumm stammte aus dem Hunsrück und gehörte zu den berühmtesten Orgelbauern Deutschlands, ihre Orgeln finden sich in vielen Kirchen des ganzen Landes, aber besonders gehäuft in den kleinen Dorfkirchen dieser Region).

Den Schlüssel wirft man nach Beendigung seines Besuchs einfach wieder in den Briefkasten des Pfarrhauses.

Eintritt oder eine Gebühr wird nicht erhoben.

Beschreibung:

Die evangelische Kirche liegt auf einer kleinen Erhebung inmitten des Dorfes. Vor der Kirche steht eine Infotafel des Sironaweges, der einige Hintergrundinformationen zum Viergötterstein und dem römischen Vorgängerbau zu entnehmen sind.

Nachdem man die schwere Holztür aufgeschlossen hat, steht man im neu gebauten Zentralteil, der nach typisch evangelischem Geschmack schlicht eingerichtet ist (für unseren Geschmack, im Gegensatz zu katholischen Kirchen, definitiv zu unkultisch). Die Einrichtung ist aus hellem Holz gestaltet und die Stumm-Orgel hinter dem Altar dominiert den Zentralbau.

Der Viergötterstein dient offenbar auch als Kerzenständer

Der Viergötterstein dient offenbar auch als Kerzenständer

Rechts vom Eingang liegt der alte Chorraum der Vorgängerkirche, an dessen Decke und Wände noch gotische Fresken zu sehen sind.

Update März 2023:

Zum Zeitpunkt unsere Besuchs der Kirche im Jahr 2015 befand sich der Chorraum in einem etwas lieblosen Zustand, was wir in unserem Artikel entsprechend beschrieben haben.

Laut Hinweisen des Baukirchmeisters der evangelischen Kirchengemeinde Hottenbach-Stipshausen trifft dies heute nicht mehr zu und der Chorraum befindet sich wieder in einem angemessenen Zustand.

Wir haben die Kirche bisher nicht wieder besucht und deshalb können wir die Aussage auch nicht verifizieren, geben die Information an dieser Stelle aber gerne weiter. Gerne können Sie uns aktuelle Bilder oder weiterführende Informationen zur Verfügung stellen, damit wir den Artikel angemessen aktualisieren können.

Ursprüngliche Beschreibung von 2015:

Leider wird dieser Raum etwas lieblos als Gerümpel-Ablage genutzt und die in den 80er Jahren restaurierten Wand- und Deckengemälde sowie der gesamte Turm könnten eine Renovierung vertragen. So wird der abgetrennte Seitenbereich etwas stiefmütterlich behandelt, wobei herumstehende Holzlatten, Klappstühle, Schilder, gemaltes Zubehör von Kindergottesdiensten und sonstige dort verstauten Gegenstände nicht gerade helfen diesen Eindruck der Vernachlässigung loszuwerden.

Der Viergötterstein steht mitten in diesem Chorraum, neben einem etwas unpassenden lilafarbenen, herzförmigen Teppich, der spontan an einen Badezimmervorleger denken lässt. Auf dem Stein steht eine Stumpenkerze, vermutlich wird er als Tisch oder Kerzenhalter verwendet, wenn im Anbau irgendwelche Lesekreise oder andere Treffen abgehalten werden.

Der Stein selbst, der sowohl im Altar als auch in einer Kirchenwand vermauert war, ist stark verwittert beziehungsweise abgenutzt. Allen vier Göttern fehlen die Köpfe oder Gesichter. Hercules ist, dank seiner Keule, noch am besten zu erkennen. Merkur hält in seiner rechten Hand den typischen Geldbeutel und in der Armbeuge des linken Arms den Caduceus. Minerva und Juno sind an ihren langen Gewändern zu erkennen; Junos Weihrauchopfer ist zu erahnen, ebenso wie Minervas Lanze. Da diese vier Gottheiten in der Regel zusammen auf einem Viergötterstein abgebildet sind, sind sie aus dem Kontext alle vier aber eindeutig zu identifizieren.

Sonstiges:

Als Station des Sironaweges gibt es eine Infotafel vor der Kirche

Als Station des Sironaweges gibt es eine Infotafel vor der Kirche

Da man – dank des Schlüssels – alleine in der Kirche ist, ist Fotografieren uneingeschränkt möglich. Auch kann man auf die Tribüne steigen, von der aus man einen guten Blick in den Kirchenraum hat.

Der Besuch der Kirche sollte auf jeden Fall mit weiteren Zielen in der Umgebung kombiniert werden, da die Stätte allein eine aufwendige Anreise nicht rechtfertigt – sie ist eher ein Kuriosum auf dem Weg, das man gut mitnehmen kann.

Wir empfehlen deshalb, diesen Ort mit einem Besuch des Archäologieparks Belginum zu kombinieren, mit den drei Sironastätten in Hochscheid und Stipshausen, sowie dem Keltendorf Bundenbach. All diese Orte sind an einem Tagesausflug (mit dem Auto) gut und entspannt zu bewältigen, da sie alle nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegen.


2 Kommentare

  1. Rudi Röper sagt:

    Sehr geehrte Damen u. Herren,

    ich bin Baukirchmeister der evangelischen Kirchengemeinde Hottenbach-Stipshausen.

    Wurde gestern vo einem aufmeksamen Zeitgenossen auf nachstehende Textpassage hingewiesen. Es ja schön wenn Menschen solche Artikel lesen.

    Der Leser moniert, und dies völlig zurecht, die Beschreibung des Chorraumes mag zum Zeitpunkt als der Artikel verfasst wurde zutreffend gewesen sein, ist es aber jetzt nicht mehr.

    Vielleicht können Sie die kritischen Anmerkungen aktualisieren.

    Vielen Dank.

    Mit freundlichen Grüßen

    Rudi Röper

    Rechts vom Eingang liegt der alte Chorraum der Vorgängerkirche, an dessen Decke und Wände noch gotische Fresken zu sehen sind. Leider wird dieser Raum etwas lieblos als Gerümpel-Ablage genutzt und die in den 80er Jahren restaurierten Wand- und Deckengemälde sowie der gesamte Turm könnten eine Renovierung vertragen. So wird der abgetrennte Seitenbereich etwas stiefmütterlich behandelt, wobei herumstehende Holzlatten, Klappstühle, Schilder, gemaltes Zubehör von Kindergottesdiensten und sonstige dort verstauten Gegenstände nicht gerade helfen diesen Eindruck der Vernachlässigung loszuwerden.

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    • Salve Herr Röper,

      vielen Dank für Ihre Anmerkungen. Selbstverständlich beziehen sich unsere Beschreibungen in diesen Artikeln zu besuchten Stätten von “römischer Relevanz” immer auf den Zeitpunkt an dem wir vor Ort waren und was das betrifft, ergab sich nun einmal das Bild, was wir beschrieben haben.

      Gerne aktualisieren wir diesen Teil des Artikels und es wäre dafür hilfreich uns mitzuteilen oder mit einem Foto zu zeigen, wie der aktuelle Stand tatsächlich ist. Sind die Fresken aufbereitet worden, oder ist der Eindruck einer “Rumpelkammer” nicht mehr zutreffend?

      Weiterführende Informationen können Sie mir gerne an folgende Email-Adresse senden:
      decimus.gratius_ludovicus@yahoo.com

      Vielen Dank für Ihren Beitrag. 🙂

      Vale optime

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