Inhalt
- Rituale am Lararium – Einleitung
- Praktische Tipps, Tricks und Hinweise zur Durchführung eines Rituals im Larenkult
- Übersicht über die Larariums-Rituale
Weiterführende Infos auch in unserem Artikel: Anleitung zur Errichtung eines Larariums
Rituale am Lararium – Einleitung
Das Lararium und der damit verbundene Larenkult ist ein Grundpfeiler der Kultpraxis in der römischen Religion. Es ist ein zentraler Ort im Haushalt und spielt eine ebenso zentrale Rolle im Alltagsleben der Bewohner.
In der römischen Kultpraxis werden zahlreiche Handlungen, die Teil des Larenkults sind, sowohl vor dem Lararium als auch an anderen festgelegten Orten des Haushaltes vorgenommen. Nicht alle werden täglich praktiziert, einige finden nur zu besonderen Anlässen statt, andere können flexibel nach dem eigenen Zeitplan oder den eigenen Bedürfnissen täglich oder nur an bestimmten Tagen durchgeführt werden.
Im modernen Cultus spielt dieser zentrale Teil römischer Glaubenspraxis eine grundlegende Rolle; die Errichtung eines Larariums ist für den angehenden Cultor oft der erste (und beste) Einstieg in den römisch-heidnischen Rekonstruktionismus. Die lateinischen Formeln, die am Lararium gesprochen werden, sowie die Handlungen, die dabei durchgeführt werden, sind auf der Grundlage historischer Quellen rekonstruiert und werden möglichst exakt durchgeführt, da die Wahrung einer festen, vorgeschriebenen Form im römischen Cultus als extrem wichtig gilt.
Dies gilt jedoch vor allem im staatlichen, öffentlichen Cultus; daß im Privatkult in jeder Familie des Reichs, in jeder Provinz, von Rom bis Britannien, von Gallien bis Afrika die exakt gleichen Gebete verwendet wurden, ist höchst unwahrscheinlich. Tatsächlich gehen die Indizien eher dorthin, daß innerhalb einer Familie bestimmte Gebetsformen und Handlungen tradiert wurden, diese sich aber durchaus schon von den Formulierungen der Nachbarn unterscheiden konnten. In der Sacra Privata stehen dem Cultor deshalb größere Freiheiten zur Verfügung, die sich jedoch immer im bekannten rituellen Kontext und Ritualaufbau bewegen sollten.
Lediglich im Staatskult, der dem Wohle und Erhalt des römischen Staates und Volkes galt, war die absolute und strikte Einhaltung von Formulierungen, ja, bis zur kleinsten Handbewegung Pflicht. Versprach sich der Ritualleiter, verkleckerte der Diener etwas, verspielte sich der Musiker, wurde das Ritual abgebrochen und von vorn begonnen.
Im privaten Cultus, der auch von einfachen Leuten bis hin zu Sklaven praktiziert wurde, richtete man sich mit Anliegen auch ohne Kenntnis „offizieller Formulierungen“ an den Gott, der gerade zuständig war, ohne daß man jetzt Cato und Cicero gelesen hatte und wußte, wie im fernen Rom gebetet wurde. Es ist also durchaus legitim und auch römisch, eigene Gebete und Anrufungen zu verfassen, wenn man sich mit einem Anliegen an einen Gott wendet, sofern die Handgriffe und einzelnen Teile eines Rituals vorkommen und eingehalten werden und man auch die gängigen Floskeln einbaut, die überliefert sind.
Hinweis zum Latein der Ritualtexte
Wichtig ist der Hinweis, daß uns leider keine vollständigen Rituale aus der Antike erhalten sind; es gibt nur Bruchstücke, einzelne Formeln und Gebete. Die hier verwendeten Rituale wurden deshalb im Laufe der Zeit innerhalb des Cultus auf der Grundlage der vorhandenen Informationen rekonstruiert in einer „möglichst wahrscheinlichen“ Art und Weise, die die erhaltenen Texte und Formulierungen integriert.
Deswegen sind einige Formulierungen in einem archaischen Latein verfasst, wie z.B. im Morgenritual zu finden: zum Beispiel lautete der archaische Plural Genitiv „meum parentum“ und nicht, wie im klassischen Latein „meorum parentum“. Da das für heutige Lateiner irritierend sein kann (oder sich sogar fehlerhaft anhört), haben wir die klassische Variante in Klammern hinzugefügt; welche Version gewählt wird, steht dem Cultor frei.
Das Morgenritual
Insbesondere das tägliche Morgenritual, das bereits alle wichtigen Grundelemente eines römischen Rituals umfaßt (capite velato, Libation, Räucherung, Speiseopfer, bis hin zum Gebrauch der lateinischen Sprache), ist für Einsteiger sehr gut geeignet, um Routine in der religiösen Praxis zu bekommen und sich an die Handlungen, Bewegungen und das Aussprechen lateinischer Formeln zu gewöhnen.
Mit dem Morgenritual bittet man um Schutz und um einen guten Verlauf des Tages, trägt seine Anliegen für den Tag vor und ehrt Götter, Ahnen und Schutzgeister des Hauses (Laren und Penaten) mit Aufmerksamkeit. Es ist das wichtigste Ritual vor dem Lararium.
In der Antike wurde das morgendliche Ritual vom Hausherrn, dem Paterfamilias, mit der versammelten Familie (inklusive der anderen Bewohner, wie Bedienstete und Sklaven) vor dem zentralen Lararium des Haushaltes durchgeführt. Bei Zeitmangel oder Abwesenheit konnte er jedoch jede andere Person bestimmen, stellvertretend für ihn den Ritus durchzuführen.
Daneben gab es „private“ Lararien in anderen Räumen, zum Beispiel im Schlafzimmer, an denen der jeweilige Bewohner seinen eigenen Ritus durchführte und seine Anliegen für den Tag vortrug (oder sich abends für den Tag und erfolgreiche und angenehme Ereignisse bedankte).
Der morgendliche Ritus ist schnell und unkompliziert auszuführen und dauert im Idealfall (in der hier beschriebenen kurzen Form) nur maximal zehn Minuten, so daß er sogar problemlos sogar vor der Fahrt zur Arbeit durchgeführt werden kann.
Eine Erweiterung dieses Ritus um zahlreiche weitere Kulthandlungen, wenn man den Wunsch danach verspürt und die Zeit dafür hat, ist beliebig möglich. Daneben können auch andere Götter (die man – aus Platzgründen – ebenfalls im Lararium verehrt oder für die man ein eigenes Sacrarium errichtet hat), in den morgendlichen Ritus einbezogen werden, was flexibel und unkompliziert möglich ist. So hat man auch ihnen die erforderliche Aufmerksamkeit gewidmet, die man als Verpflichtung mit der Einrichtung eines heiligen Ortes für eine bestimmte Gottheit übernimmt und kann gleich auch seine Anliegen an die Götter für den Tag vortragen.
Hierbei muß allerdings beachtet werden, daß man – gleich, welche Götter man zusätzlich anruft -, immer als erstes Janus nennt und immer auch Vesta miteinschließt (die als letztes genannt wird).
Ist man zeitlich wirklich nicht in der Lage, täglich morgens ein kurzes Larariums-Ritual durchzuführen, sollte man dies zumindest an den Kalenden, Nonen und Iden jedes Monats versuchen. Grundsätzlich gehören die Laren und Penaten im römischen Verständnis zur Familie, da jedes verstorbene Familienmitglied zu den Manen (di manes) geht, welche oft mit den Laren (di lares) gleichgesetzt wurden. Dies bedingt, dass der Umgang mit ihnen auch familiärer war, als mit den Göttern so daß das tägliche Ritual am Lararium auch oft schlichter gehalten wurde. Ein vollständiges Ritual mit feststehenden Rezitationen, in capite velato wurde deswegen an normalen Tagen oft nicht durchgeführt, sondern eben an den Kalenden, Nonen und Iden, sowie an besonderen Feiertagen, darunter z.B. auch den Geburtstagen Verstorbener. Der tägliche Dienst am Lararium war ein symbolisches Teilen des Mahls, ein Trankopfer, ein freies Gebet – wichtig war und ist die tägliche Aufmerksamkeit, die man diesem spirituellen Fokus des eigenen Heims zukommen lässt.
Denn Vernachlässigung und mangelnde Aufmerksamkeit, sowohl für das Lararium als auch für Götter, denen man sich evtl. verpflichtet hat, sind im Cultus denkbar ungünstig und können im schlimmsten Fall dazu führen, daß sich die Götter und Geister ihrerseits auch nicht mehr an die Einhaltung von Verpflichtungen gehalten fühlen und den Ort nicht mehr aufsuchen (die Vernachlässigung von Göttern galt schon in der Antike als Unglück bringend, so daß hinter vorgehaltener Hand sogar die Einführung des Christentums als Staatsreligion und das damit einhergehende Verbot der alten Religion – und die damit verbundene Vernachlässigung der alten Götter – als eine der Ursachen für den Untergang des Römischen Reichs verantwortlich gemacht wurde). Titus Maccius Plautus hat in seiner Komödie Aulularia (Der Goldtopf) das Thema aufgegriffen, wie ein vernachlässigter Larendienst Unheil über die Bewohner eines Hauses bringen kann.
Neben dem Morgenritual (dem man, wenn man wirklich nur die Gelegenheit hat, eine Kulthandlung pro Tag auszuführen, immer den Vorzug geben sollte), gibt es weitere tägliche Kulthandlungen im Privatkult, die man zum Beispiel nach dem Aufstehen, beim Waschen vor dem eigentlichen Morgenritual, durchführen kann, sowie Rituale beim Verlassen des Hauses, bei der Heimkehr nach Hause, während der Einnahme der Mahlzeiten, oder ein Abendritual am Lararium, bei denen man sich für den Tag bedankt.
Davon unbenommen sind zusätzliche Rituale, zum Beispiel anläßlich von Familienfeiern, Geburtstagen, Geburt und Tod und an speziellen Feiertagen, sowie Rituale für Götter und Göttinnen, die nichts mit dem Larenkult zu tun haben. Inwieweit und wie oft man diese Rituale durchführt, bleibt Privatsache.
In dieser Reihe stellen wir Anleitungen für Larariums-Rituale vor, die zu den verschiedenen Anlässen abgehalten werden können.
Praktische Hinweise, Tipps und Tricks zur Durchführung eines Rituals im Larenkult
- Capite Velato: das verhüllte Haupt
Rituale im Larenkult werden im Ritus Romanus und damit capite velato, d.h. mit verhülltem Haupt durchgeführt. Der Sinn der Bedeckung des Hauptes (die von Männern wie Frauen gleichermaßen durchgeführt wird), ist weniger Respekt oder ein anderer kultureller Grund, wie man es aus anderen Religionen kennt, sondern ganz praktischer Natur: die Verhüllung dient als Schutz vor negativen Zeichen und Omen, die während des Rituals ansonsten aus dem Augenwinkel wahrgenommen werden könnten.
Im Idealfall wird das Ritual in Toga bzw. Palla durchgeführt, die über den Kopf gezogen werden kann. Nun trägt man aber relativ selten derart aufwendige Kleidungsstücke, schon gar nicht morgens vor der Arbeit, so daß hier eine pragmatische Alternative gewählt wird (wer in Stimmung ist und Zeit hat, dem sei die Durchführung eines Rituals in vollem römischen Ornat jedoch unbenommen).
Es wird aber nicht erwartet oder vorausgesetzt, daß der Larenkult (der ein täglicher Alltagskult war und sich in das Leben von beschäftigten Leuten mit wenig Zeit integrieren mußte), mit derartigem Aufwand betrieben wird, ganz im Gegenteil wäre ein solcher Aufwand – zumindest für den Alltagskult – eher unüblich. Auch war der Larenkult von den höchsten aristokratischen Kreisen bis zu den einfachsten, ärmsten Bewohnern des Reichs verbreitet, die mit vielen Personen in finsteren, engen Mietskasernen hausten und weder Toga noch ein aufwendiges Lararium besaßen. Hier gilt deswegen wieder der römische Grundsatz des Pragmatismus.
Zwar kann jedes Tuch verwendet werden, das geeignet ist, das Haupt zu verhüllen. Für die Durchführung der Rituale empfiehlt es sich jedoch, sich ein spezielles Tuch zu kaufen, das nur kultischen Zwecken dient und nicht in der Freizeit noch als Schal oder Handtuch verwendet wird. Das hilft auch dabei, sich mit dem Hervorholen dieses Tuches und dem Verhüllen des Hauptes in eine entsprechende Stimmung zu versetzen.
Hierbei sind der farblichen Phantasie zwar keine Grenzen gesetzt, wir bevorzugen jedoch einfarbige Tücher in gedeckten Farben oder in weiß, eventuell noch mit einem farbig abgesetzten Rand, anstatt mit bunt-grell gestreiften, modernen Mustern – auch, um sich gemäß dem Anspruch des römischen Rekonstruktionismus um römische Zurückhaltung und Würde zu bemühen, anstatt um modische Gimmicks (Neonfarben zum Beispiel sind ein absolutes no-go).
Das Tuch muß nicht schwer und lichtundurchlässig sein; ein einfaches leichtes Tuch, wie man es als Schal oder Halstuch trägt, erfüllt vollkommen seinen Zweck. Wer besonders authentisch sein möchte, kann beim Material darauf achten, etwas zu wählen, daß es bereits zu römischen Zeiten gab (also keine Synthetik oder Baumwolle), aber da Römer sich auch nicht dem technischen Fortschritt verschlossen, ist ein Baumwolltuch heute vollkommen ausreichend.
Das Tuch wird erst glatt über die Schultern gelegt, so daß es auch die Hälfte der Oberarme bedeckt, wie eine Art Umhang oder Schultertuch. Dann wird einfach der Teil des Tuchs, der auf dem Rücken liegt, bis über den Kopf hochgezogen. Das sorgt für eine einfache und dennoch stilvolle Bedeckung des Hauptes.
Das Haupt wird vor dem Beginn des Rituals verhüllt, so daß man bereits mit verhülltem Haupt vor das Lararium tritt. Das Tuch wird nicht erst dort hochgezogen.
- Vorbereitung des Trankopfers (Libation)
In einem Ritual des Larenkults werden in der Regel zwei Dinge benötigt: ein Trankopfer (Wein) und ein Speiseopfer.
Beim Wein spielt es keine Rolle, ob es sich um Rot-, Rosé- oder Weißwein handelt. Auch ist nicht notwendig, daß für das Opfern der edelste und teuerste Tropfen verwendet wird; einfacher Wein erfüllt seinen Zweck. Denn, wie schon Plutarch in „Numa“ schrieb, wird nicht erwartet, daß Opfergaben übertrieben kostspielig sind und gar die eigenen Mittel übersteigen, (“…sondern aus Mehl, Wein und den am wenigsten kostspieligen Opfergaben bestehen“, Plutarch, Numa 8.8).
Wer ohnehin immer eine offene Flasche Wein im Kühlschrank stehen hat oder plant, eine Flasche Wein im Anschluß oder am Abend ohnehin zu leeren, füllt davon vor dem Ritual etwas in die Flasche, aus der später das Trankopfer gegossen wird (Gutus).
Wer den Wein extra für die Libation verwendet, für den bietet sich an, die heute überall (z.B. bei Aldi) erhältlichen kleinen 25 cl-Weinfläschchen, die recht günstig zu haben sind, zu kaufen. Diese reichen für das Trankopfer mehrerer Tage, sind aber klein genug, daß der Wein nicht übergeht, wenn man ihn nicht abends weitertrinken möchte. Außerdem sind sie preisgünstig und in mehreren Sorten erhältlich.
Der Wein wird vor dem Ritual in die Flasche oder Kanne gefüllt, die für das Trankopfer bestimmt ist. Hierbei empfiehlt es sich, um Flecken zu vermeiden, den Wein in der Küche einzufüllen, idealerweise mit einem Trichter, denn es ist zu vermeiden, Wein zu verschütten. Es genügt, so viel Wein einzufüllen, wie später in die Opferschale paßt, in die der Wein gegossen wird. Die Flasche muß nicht randvoll gemacht werden.
Die volle Flasche wird anschließend zum Lararium mitgenommen und dort für das Ritual bereit gestellt; nach dem Ritual wird die gefüllte Schale nach draußen getragen und die leere Flasche gespült. Sie sollte nicht leer beim Lararium stehenbleiben, sondern sofort gespült werden, damit sich keine Weinreste festsetzen oder im Sommer gar Fruchtfliegen angezogen werden.
Der Wein wird nach dem Ritual idealerweise zum Teil getrunken und zum Teil draußen auf den Erdboden gegeben. Ist das Trinken nicht möglich, weil man danach z.B. noch mit dem Auto zur Arbeit fährt oder man keinen Alkohol trinken darf, wird alles draußen verschüttet. Ideal ist ein Verschütten auf Erdboden, bei Pflanzen oder Bäumen oder in Beeten oder Büschen oder Wald anstatt auf einen zuasphaltierten Grund. Ein Hof oder Garten, der zwar mit Steinen gepflastert ist, zwischen denen jedoch noch das Versickern von Flüssigkeiten möglich ist, ist ebenfalls ausreichend. Ist das Verschütten nicht möglich (weil man zum Beispiel im zehnten Stock eines Hochhauses wohnt und es nicht aus dem Fenster auf den asphaltierten Parkplatz gießen möchte), muß alles getrunken werden; den Wein anschließend in den Ausguß zu kippen, gilt als nicht angemessen.
- Vorbereitung des Speiseopfers
Es galt als übliche Vorstellung, daß die Laren und Penaten an den Mahlzeiten teilnahmen.
Alles, was versehentlich zu Boden fiel, gehörte automatisch den Laren. Ansonsten sind für sie typische Speiseopfergaben der zuvor beschriebene Wein, Getreide und Trauben.
Für die Penaten ist es ausreichend, ihnen etwas von dem „abzugeben“, was ohnehin gerade auf dem Tisch ist (nach dem Ritual wird es verzehrt, damit es nicht verkommt). Sollte es – zum Beispiel beim Morgenritual – noch zu früh für Frühstück sein, wird ihnen Nahrung zum Opfern bereitgestellt. Hierbei ist für die Penaten vor allem Wein, Milch, Ritualkuchen oder Ritualbrot gut geeignet.
Es ist für ein tägliches, kurzes Morgenritual nicht nötig, ausschweifende Opfergaben zu suchen oder gar selbst herzustellen. Zwar ist es schön, selbst Opferbrot nach altem römischen Rezept zu backen und dieses dann am Lararium anzubieten. Hat man aber nicht die Zeit oder Gelegenheit dazu, können auch Speisen des alltäglichen Gebrauchs aus der eigenen Küche angeboten werden. Auch hier gilt: Pragmatisch sein. Muß man für das morgendliche Speiseopfer erst aufwendige Vorarbeiten leisten oder spezielle Geschäfte aufsuchen, wird man bald die Lust verlieren und immer seltener ein Ritual durchführen. Dabei tut es im Zweifelsfall auch ein Stück Toastbrot aus dem eigenen Vorrat. Denn die Laren und Penaten brauchen gar keine Sonderbehandlung, sondern sind mit den Speisen zufrieden, die man selbst auch ißt.
Wer es gerne stilvoller mag, kann ganz einfache, dünne Opferbrote (im Stile von Oblaten) selbst aus einer Mischung aus Mehl, Salz und Wasser herstellen. Zu dünnen, runden Fladen gewalzt (etwa in der Größe von Backoblaten) und zehn Minuten im Ofen gebacken, sind schnell hergestellt, halten ewig und machen natürlich mehr her als eine halbe Scheibe Toast (sie sind auch die Vorläufer der in der Kirche verwendeten Hostie in Oblatenform).
Auch aufwendigeres Opferbrot, das mit Olivenöl, Honig und anderen Zutaten gebacken wird, kann natürlich auch im Lararium verwendet werden, es ist allerdings sinnvoller, das für Rituale am Sacrarium zu verwenden, wenn man es Göttern und Göttinnen opfert (die oft aufwendigere Opfer verlangen).
Einfachheit und Pragmatismus am Lararium sind keine Schande, sondern helfen, das Morgenritual effizient und unkompliziert durchzuführen. Es ist nicht zu befürchten, daß die Hausgeister und Ahnen zürnen, wenn man ihnen nur ein Stück Weißbrot oder eine Backoblate opfert, als wenn man ihnen mit Mola Salsa rituell gebackene Brote reicht.
Wie lange die Speise nach dem Ritual auf dem Lararium liegenbleibt, kann individuell entschieden werden. Wenn es verderbliches Essen ist, das von einer aktuellen Mahlzeit abgegeben wurde, wird es im Anschluß sofort verzehrt. Ist es ein trockenes Opferbrot, eine kleine Flade, eine Oblate, kann sie bis zum nächsten Opfer liegenbleiben. Manche Cultores ziehen es vor, diese Speisen direkt nach dem Ritual oder vor dem Beginn des nächsten Rituals zu verzehren.
Ist es ein speziell gebackenes Opferbrot, das (geschmacklich) nicht unbedingt zum Verzehr geeignet ist, oder ist es so hart, daß man es nicht essen kann, so wird es nicht in den Müll geworfen, sondern draußen dort deponiert, wo Vögel es finden und fressen können. Brote aller Art nach dem Ritual draußen zu entsorgen und es damit Vögeln zugänglich zu machen (die als Boten der Götter gelten und deren Zeichen übermitteln), ist generell wünschenswert, allerdings nicht immer möglich. Auch ist eine Entsorgung dort in Ordnung, wo das Speiseopfer, sei es Brot oder Frucht, zurück in den natürlichen Kreislauf gelangt und anderen Tieren als Nahrung dient, zum Beispiel im Kompost.
Auch kann das Speiseopfer (oder Teile davon) auf dem Altar verbrannt werden, wenn man die Möglichkeiten dazu hat.
Die zu opfernden Speisen werden, zusammen mit dem Wein, vor dem Ritual zum Lararium gebracht und dort deponiert. Nach dem Ritual sind alle Reste und Krümel aus den entsprechenden Gefäßen und im Lararium selbst zu entsorgen und dafür Sorge zu tragen, daß keine Lebensmittel im Lararium übergehen.
- Räucherungen
Im Rahmen eines Rituals am Lararium wird immer auch geräuchert. Römer liebten Räucherungen und verwendeten diese nicht nur im Lararium, sondern auch exzessiv in ihren Wohnungen, auch außerhalb eines Rituals, sowie bei allen Interaktionen mit Göttern.
Die traditionelle Räucherweise sieht den Gebrauch eines Räuchergefäßes (Turibulum) vor, das ganz nach den persönlichen Vorlieben aus Keramik, Metall oder Ton gefertigt sein kann. Darin können im Rahmen des Rituals auf Sand und Kohle Weihrauch, Kräuter, Harze und Teile von Speiseopfern verbrannt werden. Wie aufwendig man eine solche Räucherung gestaltet, bleibt einem selbst überlassen, wichtig ist, daß man Rauch erzeugt, der „nach oben steigt“ und damit die Aufmerksamkeit erregt.
Für das Lararium ist kein sonderlich aufwendiges Rauchopfer mit bestimmten Zutaten notwendig, wie es zum Beispiel für ein Ritual für einen bestimmten Gott erforderlich ist, dem bestimmte Harze oder Pflanzen oder Kräuter zugeordnet sind. Laren und Penaten schätzen Rauchopfer, egal um was es sich dabei handelt, und wieder gilt die Devise: es müssen keine kostbaren, aus dem Orient importierte oder in einem Kloster handgefertigten Räucherwerke sein, die am Morgen verbrannt werden. Diese sollte man sich für besondere Anlässe oder die Götter aufheben.
Auch sollte beachtet werden, daß es zeitlich immer aufwendiger ist, erst Kohle zum Glühen zu bringen und darauf dann Harze oder andere Räucherungen zu verbrennen. Nicht zuletzt ist es allein aus Gründen der Wohnverhältnisse (empfindliche Nachbarn, Brandmelder) nicht unbedingt möglich, große Weihrauchgefäße zu füllen oder gar Speisen oder Wein innerhalb einer Mietwohnung in offene Flammen zu geben.
Hat man es morgens eilig und will nur ein tägliches Alltagsritual durchführen, spricht in der heutigen Zeit auch gar nichts gegen die schnelle Verwendung von Räucherstäbchen anstatt dem Verbrennen von anderen Materialien auf Kohle und Sand. Auch hier gilt schon wieder: Pragmatisch schauen, was zur Situation paßt. Muß ich immer erst am Morgen Kohle entzünden und dort Harze und Pflanzen verbrennen, wird das tägliche Ritual zwischen Aufstehen und Fahrt zur Arbeit schnell zu aufwendig und dadurch irgendwann vernachlässigt. Entzünde ich auf die Schnelle ein Räucherstäbchen, das ich im Anschluß an das Ritual wieder lösche, fällt es mir viel leichter, eine Konstanz und Regelmäßigkeit beizubehalten und das Ritual auch dann durchzuführen, wenn ich es wirklich eilig habe. Verwendung von Räucherstäbchen wird weder Laren noch Penaten noch Götter erzürnen.
Nur in einem speziellen Ritual, bei dem man wirklich wichtige Anliegen vorträgt oder besondere Anlässe feiern möchte, sollte einer aufwendigen Räucherung mit speziellen Materialien der Vorzug gewesen werden. Im Alltagsritus eines schnellen und unkomplizierten Rituals kann man zwar auch aufwendig räuchern, muß es aber nicht.

Praktische Alternative: Räucherstäbchen, hier in einem Tongefäß mit Schlange (die in keinem Lararium fehlen darf)
Falls für den Hausgebrauch Räucherstäbchen anstelle von „richtigen“ Räucherungen verwendet werden, empfehlen wir Räucherstäbchen der Marke Auroshika. Diese Marke zeichnet sich durch vielfältige Sorten aus, die durch die Verwendung von natürlichen Harzen, Pflanzen, Hölzern und Gewürzen sehr klare und differenzierte Aromen abgeben. Die Rohstoffe werden mit Wasser zu einer Paste gemixt, um Bambusstöcke handgerollt und an der Luft getrocknet, anstatt mit billigem Kleber zu Räucherstäbchen geformt zu werden. Deswegen sind sie durch die in Genf ansässige IFRA zertifiziert und frei von Giftstoffen, wie sie oft von anderen asiatischen Räucherstäbchen abgegeben werden. Außerdem ist die Firmenpolitik der in Indien ansässigen Firma, die ein wichtiger Arbeitgeber in der Region ist und dort sehr viele soziale Projekte fördert, sehr transparent, es wird garantiert ohne Kinderarbeit gearbeitet und die Arbeiter sind vergleichsweise gut sozial abgesichert. Durch die vielen verfügbaren Sorten dürfte für jeden Geschmack etwas dabei sein, außerdem sind sie in Deutschland gut erhältlich.
Die zweite empfehlenswerte Marke sind die Räucherstäbchen von Holy Smokes Blue Line, die ebenfalls in Indien schadstofffrei von Hand mit natürlichen Zutaten gefertigt werden und fair gehandelt sind. Auch hier gibt es viele ausgezeichnete Sorten.
Weihrauch beziehen wir persönlich direkt aus den in unserer Umgebung liegenden Klöstern wie Abtei Mariawald bei Heimbach in der Eifel oder Kloster Maria Laach am Laacher See, die beide immer einen Ausflug wert sind und vor Ort in ihren Klostershops eine gute Auswahl an Räucherzubehör, Räuchergefäßen und Räucherungen haben.
- Handhaltung und Geste
Anrufungen im römischen Ritus werden nicht, wie beim Beten im Christentum oder in der Buddhistischen Meditation, mit gefalteten, ineinander- oder aneinander gelegten Händen durchgeführt (ganz im Gegenteil ist das Falten der Hände sogar verboten, weil diese Geste bedeutet, daß man etwas zu verbergen hat und das Gesagte nicht so meint, sondern es durch das Kreuzen der Finger direkt wieder aufhebt).
Stattdessen gibt es unterschiedliche Handhaltungen bei der Ansprache von Göttern und anderen Wesen, die sich nach der Richtung orientieren, in der man den Angesprochenen vermutet. Gottheiten, die im Himmel bzw. „oben“ angesiedelt sind, werden Manu supina angerufen, d.h. mit erhobenen Händen, Handflächen leicht nach oben gerichtet, Finger zusammen und den Blick ebenfalls nach oben gewendet (Macrobius, Saturnalia 3.9.10-12, Virgil Aeneid XII.195,6).
Da im Larariums-Ritual immer auch Janus und Vesta angerufen werden, ist diese Geste immer dann zu verwenden, wenn man sich an diese beiden Götter richtet. Auch Laren werden Manu supina angerufen (Horaz, Oden III, 23).
Götter und Wesen, die der irdischen Sphäre zugeordnet sind, werden mit nach unten gedrehten Handflächen angerufen oder die Handflächen werden in die Richtung gehalten, in der sich der Altar oder Schrein oder ein anderer zugeordneter Ort befindet. Silvanus, zum Beispiel, wird mit den Händen in Richtung Wald angerufen, Neptun mit Händen in Richtung des nächsten Gewässers oder Meeres.
Analog dazu werden Götter und Wesen, die der Unterwelt zugeordnet sind (Dii Inferi), mit der nach unten gerichteten rechten Hand (Manus prona) angerufen, die über den Altar, den Boden, ein Erdloch oder eine Erdspalte gehalten wird. Das sollte im alltäglichen Larariums-Ritual keine Rolle spielen.
Opfergaben werden mit der jeweils anderen Hand dargereicht. Mit der rechten Hand werden Opfergaben an himmlische und irdische Götter oder Laren dargereicht, mit der linken Hand Opfergaben für Unterweltgötter (damit die andere Hand wie oben beschrieben die Richtung angeben kann).
Es gibt historische Darstellungen (zum Beispiel von Kaiser Marcus Aurelius), der im Rahmen eines Triumphzuges ein Trankopfer durchführt und dabei die rechte Hand geschlossen, aber Zeige- und Mittelfinger ausgestreckt hält. Diese Darstellung findet sich öfter in alten Bildern, unter anderem im Kalender des römischen Kalligraphen Filocalus. Auch gibt es Darstellungen, bei denen die Opferschale (Patera) auf diese Weise gehalten wird. Diese Geste ist besonders in späteren Darstellungen häufig und weit verbreitet, aber bislang ist unklar, ob es sich um eine Gebetsgeste handelt und in welchem Zusammenhang sie verwendet wurde (sie wurde später als segnende Geste des Bischofs von den Christen übernommen).
Das Ritual am Lararium wird abgeschlossen mit der Adoratio, die zwar bei allen religiösen Praktiken gängig ist und von vielen Autoren beschrieben wird, deren genaue Durchführung aber bis heute umstritten ist. Antike Quellen (z.B. Sallustius) beschreiben zwei Kernelemente: eine Drehung des Körpers und das Küssen der rechten Hand.
Es ist die gängige Praxis, daß man, wenn man sich dem Lararium nähert oder es nach dem Ritus verläßt, zumindest die rechte Hand in Richtung des Larariums küßt. Hierbei ist jedoch nicht geklärt (und bleibt deswegen einem selbst überlassen), ob man die Innenseite der Fingerspitzen wie bei einem modernen Kuß-Zuwerfen küßt und dann in Richtung des zu grüßenden Ortes zeigt, oder ob man auf dem Handrücken den Kuß zwischen die Knöchel von Zeige- und Mittelfinger platziert und dann mit der Hand zum Altar zeigt. Da es keine definitive Antwort gibt, bleibt es dem persönlichen Geschmack des Cultors überlassen, welche Variante er bevorzugt (diese Kußgeste wird übrigens auch verwendet, wenn man an einem Altar, Tempel, Schrein oder der Statue eines Gottes vorbeigeht und diesen Ort grüßen möchte). Es ist durchaus üblich, nur die Kußgeste ohne Drehung zu verwenden (Minucius Felix, Octavius, II)
Die gesteigerte Version dieser Geste, die vor allem empfohlen wird, wenn man ein wichtiges Opfer durchführt, sich dem Grab eines Angehörigen nähert (Plutarch, Roman Questions, 14) oder ein größeres Ritual praktiziert, ist, daß man diese Kußgeste mit einer einmaligen Rotation des Körpers um die eigene Achse kombiniert (das Haupt bedeckt) und dann in Richtung des Altars oder Ortes mit der Drehung endet, um dort das Ritual durchzuführen. Die Richtung der Drehung scheint dabei keine Rolle zu spielen, Plinius weist nur darauf hin, daß bei den Galliern die Vorstellung herrscht, daß eine Linksdrehung stärker wirkt (Plinius, Naturalis Historia, 28.25).
Sofern der Raum es zuläßt, ist auch die Umrundung des Altars üblich, die gefolgt wird von der Rotation des Körpers und der Kußgeste.
- Sprache und Auswendig-Lernen
Im Ritual am Lararium wird (wie allgemein im römischen Cultus üblich) laut gesprochen, die Worte werden also nicht (wie ein stummes christliches Gebet) nur im Stillen gedacht oder leise vor sich hin gemurmelt.
Wir bieten in unseren Ritualbeschreibungen sowohl den lateinischen Text als auch die deutsche Übersetzung an. Es wird empfohlen, das Ritual auf Latein durchzuführen, da entweder davon ausgegangen wird, daß Latein die Sprache der Götter ist und diese erfreut oder wer eine mehr prosaische Begründung sucht, es die durch Tradition geadelte Kultsprache ist. Außerdem ist die Durchführung auf Latein authentischer und stimmungsvoller. Natürlich ist es auch in Ordnung, das Ritual in seiner eigenen Landessprache durchzuführen. Hier sollte aber zumindest in Erwägung gezogen werden, zusätzlich den lateinischen Text zu verwenden und die deutsche Übersetzung dann quasi für sich selbst und das bessere Verständnis hinzuzufügen.
Es ist nicht nötig, das Ritual auswendig und freihändig zu praktizieren. Es ist durchaus in Ordnung, sich die Anleitung auszudrucken und dann Schritt für Schritt abzulesen. Mit der Zeit wird man von selbst feststellen, daß man bestimmte Teile auswendig kann und immer weniger auf das Blatt schauen muß. Das Endziel sollte sein, frei zu sprechen, damit man sich auf den Inhalt und die Handlungen konzentrieren kann, wobei der Text nur noch Stütze im Hintergrund ist. Pauken der Texte sollte aber nicht nötig sein und schon gar nicht sollte man sich dadurch, daß man sie noch nicht auswendig kann, daran hindern lassen, einfach anzufangen. In alter Zeit wurden Riten grundsätzlich abgelesen, um die Gefahr eines Versprechers oder anderen Fehlers in der Rezitation zu minimieren, der das ganze Ritual ungültig gemacht hätte, so das man es von vorne beginnen musste.
Übersicht über die Rituale im Larenkult
- Tägliches Morgenritual am Lararium. Ideal für Einsteiger als erstes Ritual, das man erlernt. Götter können flexibel einbezogen werden. Minimum, das im Larenkult praktiziert werden sollte (idealerweise täglich, mindestens an Kalenden, Nonen und Iden)
- Reinigungsritual zu Reinigen und Fokussieren
- Ritual beim Verlassen des Hauses
- Ritual bei der Rückkehr nach Hause
- Abendritual
- Rituale anläßlich von Familienfeiern und anderen besonderen Anlässen im Haushalt (Umzug, Einzug, Geburt, Tod, Geburtstag)
- Rituale anläßlich der jährlichen Feiertage und Feste für Laren und Penaten
- Neujahrsritual für Janus