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Feste und Feiertage: Die Saturnalien


Termin: 17. bis 23. Dezember, später verlängert vom 17. bis zum 30. Dezember


SaturnalienDie Saturnalien waren eine Festzeit, die ursprünglich auf den 17. Dezember mit dem eigentlichen Saturnalia-Fest begrenzt war. Es war ein Fest zu Ehren des Gottes Saturn, ein Gott der Fruchtbarkeit und des Ackerbaus, der ebenso mit der Saturnia Regna, der Herrschaft über ein mythisches Goldenes Zeitalter verbunden war. In seinem Heiligtum, dem zweitältesten Tempel Roms, erbaut zwischen 501 und 498 v. Chr. wurde der Aerarium Saturni, der römische Staatsschatz aufbewahrt, was die Bedeutung dieser Gottheit unterstreicht. Der Beliebtheit des Festes geschuldet wurde es im Laufe der Zeit auf 3, dann auf 5 Tage verlängert, bis es später auf die Zeit vom 17. – 30. Dezember ausgedehnt wurde.

Die Saturnalien waren das beliebteste Fest im gesamten Römischen Reich und wurden – anders als manch andere spezifische Feiertage – nicht nur in Rom begangen, sondern tatsächlich bis in die Provinzen hinein gefeiert.

Saturnalien im öffentlichen Staatskult

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Tempel des Saturn auf dem Forum Romanum in Rom Erhalten ist leider nur die nördliche Fassade mit 8 ionischen Säulen, die den Architrav (den horizontalen Balken, auch Epistyl genannt: grch. „auf Säulen) tragen, der mit einer Bauinschrift versehen ist. (Foto von Denniss, lizensiert unter CC BY-SA 3.0)

Eingeleitet wurde die Festzeit durch ein öffentliches Opfer im Tempel des Saturn auf dem Forum Romanum durch die staatliche Priesterschaft. Diese löste dann die Bänder aus Wolle, die aus zeremoniellen Gründen um die Füsse der Kultstatue des Gottes gebunden waren (eine Anspielung auf den Mythos der Fesselung durch seinen Sohn Zeus/Jupiter, der sich um den griechischen Gott Kronos gebildet hatte, den die Römer mit Saturn gleichsetzten) und leitete danach mit dem Ruf IO SATURNALIA, einem Ausruf der Freude, dem sich alle Anwesenden anschlossen, quasi die Festzeit offiziell für alle Bürger ein. Zu den öffentlichen Opfergaben gehörten Ferkel.

Öffentliche Einrichtungen, Verwaltung, Schulen wurden geschlossen, Gerichtsverhandlungen ausgesetzt und es gab Speisungen der Bevölkerung. Krieg zu dieser Zeit zu führen, galt als unangemessen.

Saturnalien, das größte Volksfest der Antike

Im Gegensatz zu vielen anderen Feiertagen standen bei den Saturnalien im privaten Rahmen keine kultischen oder religiösen Handlungen im Vordergrund. Stattdessen ging es in dieser Zeit weniger darum, Götter durch förmliche Handlungen zu ehren, als dadurch, eine bestimmte Geisteshaltung und Einstellung zur Schau zu stellen. Die Saturnalien lassen sich deshalb nicht ohne Grund als eine Mischung aus Weihnachten und rheinischem Karneval beschreiben…

Zum Glück sind uns Bräuche, Praktiken und Ereignisse anläßlich der Saturnalien durch zahlreiche antike Quellen überliefert, so daß dieses Fest im Detail sehr gut belegt ist und sogar zu den am besten bekannten antiken Festen gehört. Fast alle Autoren der Antike, von Cicero über Catull, Macrobius, Martial, Tacitus, Plinius, Seneca, Livius, Horaz erwähnen in ihren Schriften oder Briefen die Saturnalien. Manche haben sogar eigenständige Werke nur zu diesem Thema geschrieben, wie die „Saturnalia“ von Lucian oder Macrobius.

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„Saturnalia“, Ernesto Biondi

In erster Linie ging es um das Feiern mit Freunden und Familie, Essen und Trinken (gerne auch mal zu viel), sich gegenseitig Geschenke machen, Rollenumkehr zwischen Herren und Sklaven, sowie zwischen Erwachsenen und Kindern, Spiele, Streiche, über-die-Stränge-schlagen, die strikten römischen Standesgrenzen für einen begrenzten Zeitraum symbolisch aufzuheben, sich albern zu benehmen und Dinge zu tun, die sonst verpönt waren.

Ausgelassenheit war das Gebot der Stunde, die Menschen feierten und tranken zusammen, besuchten sich gegenseitig, es wurden Geschenke ausgetauscht und die Wohnungen mit Grünzeug und Lichtern geschmückt. Hierbei wurden vor allem Türen und Fenster mit Girlanden, Kränzen, Pflanzen und kleinen Gegenständen dekoriert, draußen stehende Bäume wurden ebenfalls geschmückt (den Brauch, einen Baum zu schlagen und in die Wohnung zu holen, gab es jedoch noch nicht).

Man lief in Gruppen durch die Straßen und rief einander als Festtagsgruß „Io Saturnalia!“ zu, so wie man zu Karneval Helau oder Alaaf ruft.

SAturnalia

Lararium, geschmückt für die Saturnalien

Als Zeichen für diese Auszeit der bestehenden Klassen- und Standesstrukturen trug man eine Pilleum genannte Filzkappe. Diese wurde traditionellerweise von freigelassenen Sklaven getragen und galt nun in der Zeit der Saturnalien als symbolischer Ausdruck dafür, das jeder gleichermaßen frei war und mit jedem anderen auf einer Stufe stand. Niemand trug zu dieser Zeit Toga, sondern die sonst strenge Kleiderordnung wurde aufgehoben und man trug legere und deutlich freizügigere Kleidung, so daß auch dadurch keine Standesunterschiede mehr zu erkennen waren (Martial, XIV.141, VI.24, XIV.1, XI.6; Senec. Ep. 18).

Es gab das Recht der freien Rede auch für die Sklaven, denen es erlaubt war, Kritik an ihren Herren zu üben (wir finden diesen Brauch zuweilen heute noch an Universitäten, wo die Studenten in dieser Zeit ihren Dozenten ‚die Meinung sagen‘ können), Sklaven aßen mit dem Hausherrn und seiner Familie zusammen, oder wurden zuweilen sogar bei Tisch von diesen bedient und man wartete auf sie mit dem Essen, in einer Umkehrung der natürlichen Standesordnung (Macrob. Sat. I.7; Hor. Sat. II.7.5; Martial, XI.6, XIV.1).

Auch Kinder durften frei ihre Meinung sagen und Eltern tauschten bisweilen ihre Rollen mit ihnen. Sie wurden aber im Gegenzug, wie die Sklaven, auch von Erwachsenen bzw. den Herrschaften, die ihre Rollen einnahmen, in ihrem alltäglichen Verhalten imitiert, was durchaus auch derbe werden konnte  – durchaus erwünscht! So ließ man auch Kinder im Rahmen der Rollenumkehr die alltäglichen religiösen Handlungen am Lararium leiten (und amüsierte sich darüber).

Familien, Militäreinheiten oder andere Gruppen wählten einen der ihren per Los zum Saturnalicus princeps (Saturnalienfürst), der manchmal auch Rex bibendi („König des Trinkens“) genannt wurde, was die Bedeutung des in dieser Zeit gesteigerten Weinkonsums widerspiegelt. Dieser quasi karnevaleske ‚König‘ konnte nun seinen ‚Untertanen‘ verschiedene Späße befehlen, denen sich diese zur Belustigung aller zu fügen hatten (Tac. Ann. XIII.15; Lucian. Saturn. 4).

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Würfelspiel war an den Saturnalien ausdrücklich erlaubt und war sehr beliebt (Wandgemälde aus Pompeji)

Würfelspiel, sonst eher als Beschäftigung der unteren Kasten verpönt und nicht gern gesehen (zum Teil sogar verboten), wurde nun, wie auch andere Arten von Spielen, begeistert von fast allen ausgeübt und offiziell von den aediles erlaubt (Martial, V.84, XIV.1, XI.6).

So sprach der Dichter Horaz treffend von der Libertas Decembris, der „Freiheit des Dezembers“, die in dieser Zeit das Leben bestimmte und der antike Schriftsteller Lukian von Samosata sah sich in dieser Zeit wohl jeder Möglichkeit zum ernsthaften Arbeiten beraubt, wenn er klagt:

Es ist mir nicht gestattet, etwas Ernsthaftes oder Wichtiges zu tun, sondern bloß, zu trinken, zu lärmen, zu scherzen und Würfel zu spielen, Festkönige zu wählen, die Sklaven zu bewirten, nackend zu singen und mit Ruß bestrichen in einen kalten Brunnen getaucht zu werden.“

Es ist diese Ausgelassenheit, welche das mythische Goldene Zeitalter, über das Saturn ehemals geherrscht hat, zurückbringen soll in die dunkle Zeit des Winters.

Die Kerzen, die als Schmuck der Häuser und Strassen und als Geschenke eine herausragende Rolle spielten, zeigen den Charakter der Saturnalien als eine auf die nahende Wintersonnenwende hin orientierte Festivität, man nahm damit gleichsam die Hoffnung vorweg, daß die Tage bald wieder länger werden würden.

Religiöse Handlungen und Kultpraxis während der Saturnalien?

Gab oder gibt es in der heutigen Religio Romana spezielle Kultpraktiken, zum Beispiel am Lararium, die man während der Saturnalien praktiziert?

Wie weiter oben bereits erwähnt, begannen die Saturnalien mit einem sacrificium publicum, einem Opfer und dem öffentlichen Kult im Tempel des Saturn, der das Jahr über aufgrund mythologischer Bezüge seine Füße symbolisch mit Wollstricken gebunden hatte. Zu den Saturnalien wurden diese Fesseln gelöst, was im Rahmen des kultischen Geschehens zelebriert wurde und der Gott damit frei, um seine Herrschaft über die saturnalische Zeit anzutreten. Nach diesem kultischen Geschehen im Tempel wurde durch den Senat ein öffentliches Lectisternium veranstaltet. Dies war ein ursprünglich aus Griechenland stammendes (dort nannte man es theoxenia [grch.: Θεοξένια]) rituelles Bewirten von Gottheiten, das sich an den Tischsitten der Menschen orientierte.

Der lateinische Begriff leitet sich ab von lectus (Kissen, Bett) und sternere (ausbreiten) und beschreibt damit korrekt den Brauch, Darstellungen von Göttern (Marmorstatuen, Holzbildnisse mit Köpfen aus Bronze oder Wachs etc.) auf einer Couch zu präsentieren und ihnen auf einem Tisch symbolisch ein Mahl anzubieten. Ein solches Lectisternium konnte öffentlich geschehen, wie bei den Saturnalien, wo solche rituellen Bewirtungen in den Strassen und auf öffentlichen Plätzen abgehalten wurden, oder auch in kleinerem, privatem Rahmen, hier manchmal Teil von Begräbnissen bzw. den Feierlichkeiten danach.

Ebenso wurde vor dem Saturntempel ein convivium publicum, also ein öffentliches Festmahl veranstaltet und der Ruf IO SATURNALIA beendete diesen öffentlichen Teil des Festes und erklärte gleichermaßen die damit begonnene Festzeit für alle. Man ging zurück in seine Häuser, opferte ein Ferkel, begann die frohe Zeit mit gutem Essen, Trinken und den Besuchen von Freunden und Familie und tauschte Geschenke untereinander aus, wie bereits beschrieben.

Die Quellen überliefern uns weiter, daß alle Rituale und Opfer in dieser Zeit mit freiem Haupt (capite aperto gemäß dem ritus graecus) durchgeführt wurden und nicht, wie sonst üblich, capite velato (mit verhülltem Haupt). Diese Besonderheit hat mehrere Gründe, die man als Erklärung anführen kann. So dient das Tragen einer verhüllenden Kopfbedeckung normalerweise dazu, negative Zeichen im Rahmen eines Rituals auszublenden. Während der Saturnalien wurde angenommen, daß es in einer solch fröhlichen Zeit gar keine negativen Zeichen gab und um dieses zur Schau zu stellen, praktizierte man mit unbedecktem Kopf (Catull. 14; Martial, V.18, 19, VII.53, XIV.1; Macrob. Sat. 1.8, 10; Senec. Ep. 18; Suet. Aug. 75;  Plin. Ep. IV.9).
Weiterhin gibt es eine Gleichsetzung des Saturn mit seinem griechischen Gegenpart Kronos (grch.:Κρόνος), was den ritus graecus in diesem Fall erklären kann, aber auch die Idee des Auf den Kopf stellens von Gewohnheiten und Bräuchen, welche die generelle Intention der Saturnalien ausmacht, lässt sich hier anführen.

Happy saturnalia

Da Saturn im Mittelpunkt des Festes steht, kann man ihn durchaus in die tägliche Kultpraxis am Lararium einbinden und rekonstruierte Rituale für die sacra privata,  orientieren sich an üblichen Strukturen und Formen, die wir kennen, vergleichbar mit dem Neujahrsritual für Janus oder dem Geburtstagsritual.

Auch wenn die Entfesselung des Saturn ursprünglich ein Aspekt der sacra publica im öffentlichen Kult des Tempels war, so hat sich dies mittlerweile als Teil der sacra privata bei vielen Cultores eingebürgert. Viele haben also eine Statue des Saturn in ihrem kultischen Bereich stehen, dessen Füße das Jahr über mit Wolle gebunden sind und zur Eröffnung des Saturnalienzyklus wird Saturn auf die alte Weise seiner Fesseln rituell entledigt. Dies sollte man gleich zu Anfang des Ritus tun, nachdem man die Lampen (oder Kerzen) angezündet hat, wie bei jedem Ritual dieser Art üblich und fortfahren mit dem folgenden Ritus (ohne Kopfbedeckung!):

PRAEFATIO

Saturne, pater sanctissime,
te hoc ture commovendo
bonas preces precor,
uti sis volens propitius
amicis meis,
mihi, domo, familiae!“

„Saturnus, heiligster Vater,
durch das Opfer dieses Weihrauchs
trage ich gute Gebete vor, so
das Du wohlwollend und gütig bist,
meinen Freunden, mir, meinem Haus und meiner Familie!“

(Weihrauch wird vor dem Lararium/Sacellum aufgelegt)

„Saturne, pater sanctissime,
uti te ture commovendo
bonas preces precatus sum,
eiusdem rei ergo
macte vino inferio esto!“

„Saturnus, heiligster Vater,
wie durch das Opfer von Weihrauch schon,
habe ich gute Gebete vorgetragen
aus dem gleichen Grund sei beschenkt durch diesen Wein!“

(Trankopfer wird dargebracht)

PRECATIO 

„Saturne, pater sanctissime atque amatissime,
hoc die Saturnalium
te precor, quaesoque:
uti pacem concordiamque
familiae meae tribuas;
utique sis volens propitius
amicis meis,
mihi, domo, familiae!“

„Saturnus, unser heiligster und geliebter Vater,
an diesem Tag der Saturnalien
bete ich zu Dir und bitte darum,
daß Du Frieden und Eintracht für meine Familie bringst;
und das Du wohlwollend und gütig bist,
meinen Freunden, mir, meinem Haus und meiner Familie!“

SACRIFICIUM 

„Cuius rei ergo macte
hoc vino libando,
hoc ture ommovendo
esto fito volens propitius
amicis meis,
mihi, domo, familiae!“

„Aus diesem Grund, sei beschenkt
durch das Opfer dieses Weines,
durch das Opfer dieses Weihrauchs,
sei wohlwollend und gütig,
meinen Freunden, mir, meinem Haus und meiner Familie!“

(Wein und Weihrauch werden geopfert)

PIACULUM

„Iane,
Saturne, pater sanctissime,
Lares, Manes, Penates,
Iuppiter, Iuno, Minerva,
Omnes Di Immortales quocumque nomine:
si quidquam vobis in hac caerimonia displiceat,
hoc vino inferio
veniam peto
et vitium meum expio.“

„Ianus,
Saturnus, heiligst,er Vater,
Ihr Laren, Manen, Penaten,
Iuppiter, Iuno, Minerva,
All Ihr unsterblichen Götter, bei welchem Namen immer auch,
wenn irgendetwas in dieser Zeremonie unerfreulich für Euch war,
durch diesen Wein
entschuldige ich mich und sühne es.“

(Weinopfer wird dargebracht)

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Saturn mit Sichel und toga pinguis, einer dicht gewebten Toga, wie man sie im Winter trug. Fresko aus dem Haus der Dioskuren, Pompeji

Wer Kinder hat, kann diese (zumindest für einen Tag) im Rahmen des Rollentauschs die alltäglichen rituellen Handlungen leiten lassen, jedoch war es in der Antike durchaus üblich, sich dabei auch über die Kinder lustig zu machen und ihr typisches Verhalten zu imitieren – also nichts für sensible Gemüter!

Interessant an dieser Stelle vielleicht noch der Hinweis auf den im frühen Mittelalter entstandenen – und dabei die Idee des Saturnalicus princeps deutlich aufnehmenden – Brauch, der an Klosterschulen und Kathedralen gepflegt wurde: am Nikolaustag, den 6.12., wurde ein sog. „Kinderbischof“ oder „Kinderabt“, in Augsburg sogar ein „Kinderpapst“, aus den Reihen der Schüler resp. Chorknaben gewählt. Die früheste Erwähnung dieses Brauches findet sich in den St. Galler Klostergeschichten (Casus Sancti Galli) verfasst vom Chronisten Ekkehard IV. von St. Gallen (980-1057), der darin beschreibt, das König Konrad I. nach Weihnachten 911 zu diesem Fest ins Kloster St. Gallen kam.

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Sog. „Boy Bishop“ in Großbrittanien

Der zum Kinderbischof ausgewählte Junge wurde entsprechend eingekleidet, komplett mit Mitra, Bischofsstab und prachtvollen Gewändern aus den kostbarsten Stoffen, oft mit Edelsteinen, Gold, Silber oder kunstvollen Stickereien versehen. Nach seiner Einsetzung durfte er wiederum seine Kapläne aus den Reihen der Schüler wählen und predigte in seiner „Amtszeit“ den Erwachsenen und durfte ihr Verhalten tadeln. Daneben war er in liturgische Aufgaben, wie Prozessionen eingebunden und in seiner Amtszeit war Singen, Tanzen und das Tragen von Masken Teil des Spektakels dieser „verkehrten Welt“.

Je nach Ort blieb er eine bestimmte Zeit in seinem Amt, dies entweder nur am 6.12. oder nur am Tag der unschuldigen Kinder, den 28.12. oft aber auch die gesamte Zeit vom Nikolaustag bis zum 28.12.. Im 13. und 14. Jahrhundert wurde dieser Brauch stellenweise verboten, hielt sich aber in manchen Gegenden bis in die Neuzeit und seit den 50er Jahren erinnert man sich wieder an diese alte Tradition. Kinderbischöfe werden heute vor allem in Großbrittanien und auch in Deutschland wieder inthronisiert.

Da es in der Antike üblich war, Häuser während dieser Zeit mit Pflanzen, Girlanden, Kränzen und Grünzeug zu dekorieren, insbesondere Fenster und Türen, und diese Dekoration nicht sonderlich von der heutigen weihnachtlichen Dekoration abwich, kann man hier problemlos auf Tannen, Stechpalmen oder sonstige Girlanden und Kränze aus dem Weihnachtssortiment zurückgreifen. Auch eine saturnalische Dekoration des Larariums, zum Beispiel mit Girlanden oder Zweigen, ist üblich. Es spricht auch nichts dagegen, den weihnachtlichen Tannenbaum im Haus saturnalisch zu dekorieren, auch wenn der Brauch des geschlagenen Baums in der Wohnung erst deutlich später aufkam und in der römischen Antike unbekannt war.

Es war auch üblich, Gebäck in dekorativen Formen anzubieten, zum Beispiel Mond, Sonne oder in Form von Nutztieren (die auf den landwirtschaftlichen Ursprung des Festes hindeuten). Das unterscheidet sich ebenfalls nicht wesentlich von unseren heutigen geformten Weihnachtsplätzchen, so daß auch dieser Brauch überaus römisch ist. Wer also statt Weihnachtsmann und Engel Schwein, Hase, Schaf und Mond als Plätzchen backt, liegt nicht verkehrt.

Wenn man die Saturnalien feiern möchte, kann man Saturn und die anderen Götter, die während dieser Zeit geehrt werden, in seine tägliche Kultpraxis einbeziehen – ansonsten ehrt man sie am besten, indem man ausgelassen feiert.

Saturnalien, der Ursprung von Weihnachten?

Gemessen am theologischen Gehalt – also bezogen auf die Bedeutung eines liturgischen Festes -, ist es so, daß das wichtigste kirchliche Fest Ostern ist. An diesem Tag gedenkt die christliche Gemeinschaft der Auferstehung ihres Erlösers, die als eigentliche Initialzündung der christlichen Religion anzusehen ist. Allerdings hat Ostern weder in der Gesellschaft noch in der Familie diesen Stellenwert, denn das Fest, welches in jeder Hinsicht alle anderen kirchlichen Feiertage weit überstrahlt, ist Weihnachten.

Dies überrascht sicherlich auf den ersten Blick, eben weil die Geburt Jesu nicht nur keine wirkliche ‚Heilsbedeutung‘ an sich hat, sondern auch bedingt durch die Tatsache, daß wir nicht wissen, wann er überhaupt geboren wurde.

Den ersten Christen war das Geburtsdatum Jesu unbekannt und sie feierten es konsequenterweise nicht, die Evangelien liefern keine genauen Angaben, allenfalls Hinweise bei Lukas liegen vor – diese allerdings deuten an, daß es nicht im Winter war. Die Ansprache der bei ihren Tieren lagernden Hirten durch Engel, die ihnen die Geburt des Heilandes in Bethlehem verkünden, macht deutlich, daß Lukas in seiner Weihnachtsgeschichte nicht eine Geburt zur Winterzeit im Sinn gehabt hat. Im Winter werden Schafe und Ziegen nicht mehr draussen gehalten, weil sie in dieser Zeit keine Nahrung mehr finden, sondern sie werden im Stall versorgt.

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Silberne Scheibe mit der Darstellung des Sol Invictus, 3. Jhd.

Entsprechend finden wir das Weihnachtsfest auch erst wesentlich später in der Entwicklungsgeschichte des Christentums erwähnt, die älteste Notiz darüber findet sich in einem Kalender des Kalligraphen Furius Dionysius Philocalus demnach das Geburtsfest Jesu zum ersten Mal am 25. Dezember im Jahre 336 n. Chr. in Rom gefeiert wurde.

Der 25. Dezember fiel im Römischen Reich nach dem julianischen Kalender auf den Tag der Wintersonnenwende und wurde als Festtag der Sonne gefeiert, genauer der Dies Natalis Solis Invicti (Geburtstag der Unbesiegbaren Sonne) des Reichsgottes Sol Invictus, wie auch des Mithras, Gott eines später eingeführten Mysterienkultes. Da in späterer Zeit das Christentum zahlenmäßig enorm an Anhängern gewonnen hatte, gab es eine gemischte heidnisch-christliche Bevölkerung und ein namentlich unbekannter christlicher antiker Autor erwähnt ausdrücklich nicht nur das Sonnenfest, sondern vor allem auch die Offenheit der alten Religion und ihrer Anhänger.

Die Heiden pflegen nämlich am 25. Dezember das Fest des Geburtstages der Sonne zu feiern und zu ihren Ehren Lichter zu entzünden. Zu diesen Riten luden sie oft auch Christen ein. Da nun die Lehrer der Kirche sahen, dass sich viele Christen zur Teilnahme an diesen Festen verleiten ließen, beschlossen sie, fortan am selben Tag das Fest der wahren Geburt zu begehen.“ (Syrischer Scholiast des Dionysius = CIL 1, S. 338)

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Christus dargestellt mit dem Strahlenkranz des Sol Invictus

Im Zuge der Idee der damals noch jungen Kirche, die alte Religion nicht immer nur aggressiv zu bekämpfen, sondern sich bestehende Strukturen zunutze zu machen, wurde also der ohnehin unbekannte Geburtstag Jesu auf diesen wichtigen heidnischen Feiertag gelegt. Das erlaubte einerseits den Christen eine eigene Begründung dafür zu liefern, dass sie im Grunde immer noch das alte Fest begingen, was Entfremdungstendenzen innerhalb der Gesellschaft, in der sie lebten, vorbeugte, wie auch anderseits die bekannte Symbolik der alten Religion im Sinne der neuen Botschaft zu nutzen – Jesus Christus verstanden als das ‚Licht der Welt‘.

Papst Julius I. bestimmte dann offiziell den 25. Dezember als Geburtsfest des Herrn und schriftlich belegt durch eine Weihnachtspredigt von Johannes Chrysostomos vom  25. Dezember 386 hat sich dann das christliche Alternativfest zum alten Fest der Wintersonnenwende etabliert, gestützt durch die offizielle Annahme des Christentums als Staatsreligion im Jahre 380 n. Chr., die mit dem Verbot der alten Religion einherging.


6 Kommentare

  1. Claudia sagt:

    Salve. Ich wüsste gerne, aus welcher Quelle die Anrufung des Saturns stammt.
    Selber geschrieben? Vale

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  2. Selina sagt:

    Salve!

    Gerne würde ich wissen, von wem dieses Gemälde stammt und auch in welchem Jahr es gemalt wurde. Es stellt die römischen Saturnalien dar. Wenn ihr sonst noch Infos etc. darüber habt – nur her damit!

    Vielen Dank für eure Hilfe 🙂

    https://images.gutefrage.net/media/fragen/bilder/von-welchem-kuenstler-ist-dieses-gemaelde-welches-die-roemischen-saturnalien-darstellt/0_original.jpg?v=1484062338000

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    • Das Gemälde heißt Romains de la décadence und wurde von Thomas Couture 1847
      in Öl gemalt. Es hängt im Kunstmuseum Musée d’Orsay in Frankreich. Es stellt jedoch nicht die Saturnalien dar.

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      • Selina sagt:

        Achso!

        Ich habe in letzter Zeit viel über die Saturnalien gelesen und auf mehreren Webseiten tauchte dazu dieses Bild auf (immer ohne Quellenangabe). Darum nahm ich automatisch an, es handle sich um die Saturnalien.

        Vielen Dank für die Hilfe und Gruss!

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