Zuständigkeiten und Bezeichnungen:
Göttin der Familie, des Heims und des heiligen Feuers, als anwesend gedacht sowohl im Herdfeuer in jedem Haushalt, wie auch als ewige Flamme im Staatstempel, der auf dem Forum Romanum stand und dessen Salus (Heil) spendende Flamme an jedem 1. März rituell neu entfacht wurde.
Durch ihren Bezug zum Heim und zur Familie stand Vesta in enger Verbindung zu den Laren und Penaten, den Ahnen und Schutzgeistern der Familie (in ihrem Tempel wurden entsprechend auch die Penaten und Laren des Staates verehrt) und sie galt als Schutzgöttin der Bäcker und Müller durch den offensichtlichen Bezug zu Feuer und Ofen. Diese schmückten an ihrem Feiertag die Esel, die sie als Lasttiere für Mühlsteine und Getreide nutzten, was erklärt, daß der Esel zu ihrem heiligen Tier wurde.
Wie der heimische Herd das Zentrum in jedem Haus war, so galt der Vestatempel – einer der ältesten Tempel des römischen Reiches – als das Zentrum des gesamten Imperiums, was die überragende Bedeutung der Göttin erklärt. Nach Ovid und Dionysios von Halikarnassos galt Vesta als Verkörperung der Erde selbst. Der Tempel hatte, im Gegensatz zu anderen Heiligtümern, eine runde Form, was das Alter seiner Ursprünge mit belegt, die bis ins 7. Jahrhundert v. Chr. reichen. Seine Tore waren nach Osten hin ausgerichtet, um die Verbindung der lebenspendenden Sonne mit dem im Tempel gehüteten ewigen Feuers zu betonen. Wie Janus, wurde auch Vesta in jeder Opferhandlung angerufen, Janus als Gott der Anfänge immer zu Beginn und Vesta am Schluss der rituellen Handlungen.
Sie ist eine der Dei Consentes, der 12 höchsten Götter.
Sphäre:
Irdisch (Gemeinschaft, Heim, Herd)
Attribute und Darstellungen:
Vesta wurde sehr lange Zeit bildlos in Gestalt des Feuers selbst verehrt, erst in späterer Zeit wurde auch sie wie andere Götter in Statuen personifiziert dargestellt (außer in ihrem Tempel), entweder stehend oder sitzend, ganz bekleidet und verschleiert mit den Attributen Opferschale, Fackel und Zepter, Schöpfkelle. Gedenksteine, oft von wohlhabenden Bäckern gestiftet zeigen sie auch mit Esel.
Opfergaben:
Räucherwerk, Wein (am Lararium); Teile des täglichen Mahles (direkt in die Flammen des Herdes gegeben); Lorbeer, Wacholder, Veilchen
Kulttiere:
Esel (nicht als Opfertier), Schaf
Feiertage:
Das Fest der Göttin, Vestalia, wurde in der Zeit vom 7. – 15. Juni begangen, mit dem Hauptfesttag am 9. Juni.
Der Tempel der Vesta war das ganze Jahr über für die Öffentlichkeit geschlossen und nur am Fest der Vestalien zugänglich, allerdings nur für Frauen, die diese Zeit nutzten um den Tempel barfuß zu betreten und zu opfern. Als einzige männliche Ausnahme durfte der oberste Priester Roms, der Pontifex Maximus, den Tempel ebenfalls betreten. Am ersten Tag der Feierlichkeiten wurde der penus Vestae, ein durch Vorhänge abgetrennter besonderer Bereich im Tempel geöffnet. Hier wurden Symbole und Kultgeräte aufbewahrt, die die Macht Roms verkörperten.
Die Vestalinnen backten zu diesem Anlaß ein hartes Opferbrot mit Wasser, das von einer geheiligten Quelle transportiert wurde und keinen Kontakt mit dem Boden haben durfte, sowie Salz.
Der letzte Tag der Vestalien (die Iden des Juni) wurden zu einem Feiertag für alle Berufsgruppen, die mit Vesta verbunden waren, wie Bäcker und Müller. Diese schmückten an diesem Tag ihre Werkzeuge, Mühlsteine und Tiere ihr zu Ehren mit Blumen- oder Brotkränzen.
Sonstiges:
Der Kult der Vesta wurde von einer besonderen Priesterschaft, den Sacerdotes Vestales (Vestalinnen), gepflegt, die verantwortlich für das Hüten der ewigen Flamme waren und den kultischen Dienst der Staatspenaten versahen.
Es waren Frauen, die eine 30jährige Zeit im Dienst der Vesta abzuleisten hatten und vom Pontifex Maximus als Kinder ausgewählt wurden. Ihr Leben wurde von strikten Vorschriften der Reinheit und Jungfräulichkeit bestimmt. Augrund ihres keuschen Lebenswandels wurden sie angesprochen als Virgo Vestalis (Vestalische Jungfrau) und sie hatten ein außerordentlich hohes Ansehen in der Öffentlichkeit und saßen etwa im Theater auf Ehrenplätzen.
Wenn sie sich außerhalb des Tempels bewegten, wurden sie von Lictores begleitet, einer Art symbolischer Leibgarde, die ansonsten ausschließlich Magistrate und Konsuln begleitete und deren Amtsgewalt durch die auf der Schulter getragenen Fasces (Rutenbündel mit einer eingebundenen Axt) anzeigten. Selbst Senatoren und Konsuln ließen einer Vestalin den Vortritt und begegnete ihr ein Verurteilter, konnte er von ihr auf der Stelle begnadigt werden. Sie wohnten in einem Atrium Vestae genannten Gebäude neben dem Vestatempel und konnten nach Ablauf ihres Tempeldienstes zurück in das Privatleben gehen, auch heiraten. Die Mehrheit allerdings verblieb nach den 30 Jahren im Tempeldienst, weil sie ihre gesellschaftliche Stellung und die damit verbundenen Privilegien nicht aufgeben wollten und in der Bevölkerung die Vorstellung herrschte, dass eine ehemalige Vestalin, die später als Braut in eine Familie einzog, dieser Unglück brachte.
Brach eine Vestalin ihr Zölibat, oder ließ sie das heilige Feuer ausgehen, wurde sie mit dem Tode bestraft, unter anderem durch Begraben bei lebendigem Leibe (unter Kaiser Domitian). Hierbei wurde die Vestalin gefesselt und mit verbundenen Augen vor die Stadt getragen, wo in der Erde ein Raum ausgehoben wurde, in dem ein Bett, eine Lampe, ausreichend Essen und Trinken standen. Die Vestalin mußte auf einer Leiter durch die Öffnung in die Tiefe steigen, danach wurde die Leiter herausgezogen. Anschließend verschloß man die Öffnung und bedeckte die ganze Anlage mit Erde, bis nichts mehr zu erkennen war. Die Nahrung und Getränke sollten verhindern, daß die Vestalin nicht durch Verhungern oder Verdursten starb.